Weltmeister Amigo und Separa (80 Bässe) für 50-jährigen Einsteiger geeignet?

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IndigoBerlin
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Hallo, ich weiß nicht wirklich, ob ich das jetzt richtig mache hier im Chat. Ich versuche es einfach:
Ich bin 50 Jahre alt und habe noch nie Akkordeon gespielt. Ich möchte herausfinden, ob es mehr liegt. Mir ist geraten worden: ein Weltmeister zu probieren mit 80 Bässen.Gebraucht habe ich von Weltmeister Amigo und Separa gefunden. Aber ich habe im Internet keine Informationen zu beiden Instrumenten gefunden. Könnt ihr mir dazu abraten oder dazu raten es auszuprobieren? Kennt ihr diese Akkordeons? Über Informationen wäre ich erfreut.
Herzliche Grüße aus Berlin
Indigo
 
Eigenschaft
 
Hallo Indigo.

Wenn es zu deiner Körpergröße passt, kauf dir ein Instrument mit 80 bzw. 96 Bässen.
Das ist die gleiche Größe: Die Instrumente mit 96 Bässen haben Septimenakkord und verminderten Akkord nebeneinander, Instrumente mit 80 Bässen haben eine Mischung aus beiden Akkorden.
Bist du größer, nimm ein größeres Instrument, bist du sehr klein, nimm ein kleineres.

Beide Instrumente, Amigo und Separato, sind Einsteigerinstrumente aus den 60er Jahren oder allerhöchstens den 70er Jahren.
(Was genau der (technische) Unterschied ist, weiß ich nicht.)

Bei Akkordeonen gehören die Materialien Wachs und Leder früher oder später (von einem Fachmann) ersetzt.
Wenn du ein funktionierendes Instrument willst, kauf dir also entweder kein so altes Instrument oder ein Instrument, bei dem das erledigt ist.
Um es vorwegzunehmen: Unter 800-1000€ brauchst du in dieser Größe gar nicht zu suchen und sogar in dieser Preisklasse musst du aufpassen, denn das ist weniger als dich alleine die Überholung eines alten Instrumentes dieser Größe kosten wird.

Viele Grüße.
 
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Hallo Indigo,

nur zum Ausprobieren würde ich mich nicht im Voraus auf ein bestimmtes Modell festlegen. Wie Arrigo geschrieben hat, hängt es ein bisschen von der Größe ab. 80 Bässe finde ich ein bisschen exotisch, 96 Bässe wäre eher das Übliche, wenn man eine Nummer kleiner als die ganz großen 120 Bässe gehen will. Das dürfte schon für die meisten Erwachsenen passen.

Ich würde so vorgehen: Ich würde mir jemand suchen, der spielen kann und die Qualität des Instruments einigermaßen einschätzen kann. Dann würde ich bei Ebay / Ebay Kleinanzeigen Querbeet nach Instrumenten namhafter Hersteller suchen (Hohner, Weltmeister, italienische oder amerikanische Fabrikate, bei asiatischen oder tschechischen Teilen muss es nicht sein, dass sie schlecht sind, aber man muss wissen was man kauft) und dann versuchen, ein notfalls auch nicht überholtes Instrument in passablem Zustand für ein paar hundert Euro zu bekommen. Wenn du Spaß daran findest, kannst du dir später was Besseres gönnen. Uralte Hohners wie Verdi oder Tango gibt es oft noch in gut spielbarem Zustand. Ohne vorheriges Testen würde ich nichts kaufen.

Was würde ich als passablen Zustand ansehen:

- Wenn ich keine Taste drücke, kann ich den Balg fast gar nicht bewegen und es pfeift nicht irgendwo Luft rein oder raus
- Keine Tasten stehen hoch
- Tasten lassen sich mit gleichmäßigem Anschlag bespielen
- Jede Taste gibt in jedem Register einen Ton von sich und zwar auf Zug und Druck.
- Jeder Ton in jedem Register klingt ausgewogen. Beim Tremolo (Symbol mit 2 oder 3 Punkten nebeneinander) klingen wirklich 2 Zungen und der typisch schwebende Klang ist zu hören. Wenn es nicht überholt ist, kann es auch mal ein bisschen ungleichmäßig sein (also manche Tonhöhen schweben ein bisschen schneller als andere). Es ist Geschmackssache, was man da akzeptieren will. Bei Registern die in mehreren Lagen klingen sollen klingen auch wirklich alle Lagen. Bei diesem Punkt kann man natürlich bewusst Abstriche machen. Wenn irgendwo beim zweithöchsten Ton des Akkordeons eine von den 2 Termolo Zungen oder die Oktavzunge fehlt, und man beschließt, dass einen das nicht stört - so what.

Viel Erfolg beim Kauf und beim Spielen!
 
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Prinzipiell muss ich dem dorforganisten völlig zustimmen, halte aber den folgenden Punkt für problematisch:
- Jeder Ton in jedem Register klingt ausgewogen.
Was ist denn der Normalfall, wenn sich Indigo eine Amigo für 300-400€ anschaut?
Das Instrument sieht gut aus, funktioniert auch und ist verstimmt - mehr oder weniger.
Das ist schließlich schon bei erheblich jüngeren Instrumenten so.
Und wenn es frisch gestimmt wäre, hätte der Verkäufer die Kosten auf den Kaufpreis umgelegt und das Instrument läge nicht in dieser Preisklasse.
Also geht Indigo zu einem Handzuginstrumentenmacher, um ihm 150€ fürs Stimmen zu bezahlen.
Jetzt besteht eine kleine Chance, dass das funktioniert und eine größere, dass der HZIM weitere 500-1000€ will, um das Instrument neu einzuwachsen, da das alte Wachs die Stimmzungen nicht mehr abdichtet, so dass die Tonhöhe schwankt, je nachdem, wieviel Luft gerade an der Stimmzunge vorbeigeht.

Sehr wahrscheinlich ist das alte Schnäppchen also teurer als das neuere oder das überholte vom Fachhändler mit Garantie und der Möglichkeit verschiedene Instrumente auszuprobieren.
 
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Ich bin 50 Jahre alt und habe noch nie Akkordeon gespielt. Ich möchte herausfinden, ob es mehr liegt. Mir ist geraten worden: ein Weltmeister zu probieren mit 80 Bässen

50 ist kein Hindernis
.
Ich habe mit Mitte 70 ohne Vorkenntnisse begonnen, Akkordeonunterricht zu nehmen und zwar mit einem heute 50-jährigen, 72-Bass Akkordeon. Ich hätte leistungsmäßig nach 1 1/2 Jahren ins lokale Akkordeonorchester eintreten können, dessen Leiter mein Lehrer war, was ich aber mangels Zeit und auch Desinteresse nicht machte.

72 Bässe reichen für einen Normalsterblichen für leichte bis mittelanspruchsvolle Stücke aus, meist reichen sogar 48 Bässe..
Alles, was an Anzahl Bässen gerade für Anfänger darüber hinaus immer empfohlen wird, kommt mir vor wie die Nötigung eines Kunden durch einen Autoverkäufer, einen Geländewagen zu kaufen, obwohl der eigentlich nur ein Alltagsauto wollte, um von A nach B zu fahren oder einen Tagesausflug auf asphaltierten Straßen zu machen.

Sei skeptisch gegenüber Schnäppchen! Du wirst unweigerlich für Reparaturen draufzahlen oder frustriert aufgeben. Der Preis für ein gebrauchtes 72er liegt bei einem seriösen Händler bei etwa 1000 €.
 
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Hallo zusammen,

ja Arrigo hat prinzipiell recht, und Qualität hat ihren Preis. Ich würde auch sagen, dass ein fachmännisch hergerichtetes Akkordeon mindestens 1000 - 2000 € kosten muss. Ich habe ja auch von Abstrichen gesprochen, die man hier und da machen muss. Es gibt halt in der Kategorie "Dachbodenfund" Stücke, die nur als Deko für die Skihütte taugen und Stücke, die weitgehend in Ordnung sind, weil sie über die Jahre gut gelagert waren, ohne zuviel Temperatur- und Feuchtigektisschwankungen. Ich hatte früher eine Hohner Verdi 3 120 Bass, gekauft für 600 €, die in wirklich gutem Zustand war. Hab sie nur verkauft, weil ich unbedingt ein vierchöriges Akkordeon wollte. Ich bereue es bis heute ein bisschen, denn der Bass der Verdi klingt einfach nur amtlich. So ein charakteristisches Röhren kriegt man sonst kaum. Ich denke man kann Glück haben, und findet ein Angebot, wo Opas altes Akkordeon verscherbelt wird und in akzeptablem Zustand ist, mit wenig ausgefallenen Zungen und einem halbwegs gleichmäßigen Tremolo. Zu Corona Zeiten ist ein intensiven Testen von Instrumenten mit fachkundigem Begleiter natürlich schwierig.

Viele Grüße
dorforganist
 
Meine ersten Tastenakkordeons waren eine alte Verdi für 80,- und eine Weltmeister Serino für 180,- und ich war damit erst mal längere Zeit zufrieden.
Das Ohr entwickelt nicht unbedingt sofort höhere Ansprüche aber mit der Zeit natürlich schon.
Die Verdi hab ich später verschenkt und die Serino weiterverkauft.
Die werden vielleicht verstimmt gewesen sein aber nicht so daß ich das bemerkt hätte.
Ein bißchen mußte ich aber dran fummeln. Ich erinnere nicht genau was.
Vielleicht hatte ich an der Verdi zwei drei Zungen gängig gemacht und Ventile wieder angeklebt.
An der Weltmeister war nur ein gebrochener Bassregisterschalter zu reparieren.
Ich stieß auch mal für 100.- auf eine Morino Artiste mit M3. Ich erhöhte direkt auf 500,- (hatte da gerade nicht mehr) da es da noch einen Interessenten geben sollte der 100 für sowas zahlen würde und bekam auch eine feste Zusage die anderntags abholen zu dürfen.
Leider war die zum Sofortabholen viel zu weit weg und der andere natürlich drübergegangen.
Habe dann später aber eine gefunden allerdings deutlich teurer.
 
Man kann selbstverständlich in jedem Alter anfangen, ein Instrument zu lernen, auch Akkordeon mit 50. Man muß sich nur realistische Ziele setzen und am Anfang nicht selbst überfordern.

Ich würde für diesen Fall empfehlen, doch mal bei einem Akkordeonlehrer, einer Musikschule, einem entsprechenden Verein oder einer Akkordeonwerkstatt nachzufragen, ob vielleicht erstmal ein Instrument passender Größe für 3-6 Monate gemietet oder geliehen werden kann. Das wird nicht die Welt kosten und man sieht dann besser, was einem der Spaß vielleicht wert ist. Möglicherweise gewinnt man auch Kontakte, die einem weiterhelfen.

Leih- oder Mietinstrumente haben gegenüber "ich kauf mir jetzt irgeneine olle Möhre unbekannten Zustands für ein paar hundert Euro bei ebay" den Vorteil, daß man relativ sicher ein Instrument kriegt, das einigermaßen in einem ordnungsgemäßen Zustand ist, ohne Defekte, nicht total verstimmt. Und man hat einen Ansprechpartner für Fragen oder ggf. auch Einstellungen, Änderungen (etwa an den Riemen) oder Reparaturen.

Für einen Anfänger wäre ohnehin wenigstens die ersten paar Monate sehr empfehlenswert, regelmäßig einen Lehrer zu konsultieren, einfach damit einen der mal was Instrumenteneinstellung, Spielhaltung und grundlegende Technik betrifft richtig aufs Pferd setzt. Mit dem Versuch, autodidaktisch einzusteigen, maximiert man auf jeden Fall die Chance, daß man die Lust schnell wieder verliert weil man nicht so recht vorwärts kommt.
 
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Also ich habe mir vor 3 Wochen mein erstes gekauft und bin ebenfalls 50. Die erste Walzer-Melodie klappt schon ;-)
Hab ungefähr 4 Wochen gesucht und dann ein Weltmeister Serino de luxe mit 96 Bässen gekauft.
Ist Plastik drin aber alles funktioniert. Die Stimmung ist erstaunlich gut (mit Handy App geprüft).
Für den Anfang ist das echt super, war günstig. Hab es selbst abgeholt und vorführen lassen.

Ich denke wenn du richtig Blut leckst kaufst du dir früher oder später eh was anderes dazu. (ich denke nur an meine Gitarren ;-) )
 
Plastik drin bedeutet in dem Fall stabile Stimmstöcke aus Spritzguss.
Das spart deutlich Gewicht gegenüber Holz.
Meine Seino (keine deluxe) war klanglich auch sehr gut und wog unter 9 kg.
Die de Luxe soll unter 10 wiegen.
Das ist für ein Instrument in der Größe angenehm wenig.
 
Plastik drin bedeutet in dem Fall stabile Stimmstöcke aus Spritzguss.
Aber nicht bei Oldtimern.
Wenn Holz trocken und bei halbwegs konstanter Luftfeuchtigkeit gelagert wird, hält es ewig.
Bei Kunststoffen - es ist abhängig von der genauen Art - verflüchtigen sich die Weichmacher und sie werden brüchig und sind nicht mehr stabil.
Ich war vor einigen Jahren genau zu der Zeit in der Münchner Pinakothek der Morderne, als die die Kunststoffdesignermöbel, die man normalerweise probesitzen kann, gesperrt waren wegen dem Verletzungsrisiko durch die Bruchgefahr.
 
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Das sind sehr harte formstabile Kunststoffe die man eher zerbrechen als verbiegen könnte.

Elastisch dürfen die an der Stelle auch nicht sein.
 
Die Materialien sehen nie brüchig aus. Sie vertragen nur keine Belastung mehr.
Ich weiß auch nicht, welche Kunststoffe Weltmeister/Harmona verwendet hat.
Ich spiele Akkordeon auf einem fast 100 Jahre alten Stuhl mit Holzbeinen, einer Sperrholzsitzfläche und einem massiven Kugellagergehäuse aus Bakelit, das Beine und Sitz miteinander verbindet.
Davor hatte ich einen (billigen) Bürostuhl. an dem genau diese Stelle aus Metall gebrochen ist. Seitdem habe ich das im Auge und kann euch bestätigen: Das Bakelit hält.
Es gibt schon Kunststoffe, die ewig halten, aber eben bei weitem nicht alle.
Es sind auch nicht nur die Weichkunststoffe, die brüchig werden. Bei denen ist es doch klar. Billigschuhen, Autoinnenausstattungen etc. kann man beim Auflösen zuschauen.
(Sogar bei meinen Bundeswehrstiefeln habe ich die Sohlen verloren, als ich sie nach 10 Jahren wieder angezogen habe.)

Hartkunststoffen werden auch Stabilisatoren zugesetzt, damit sie unempfindlich gegen (UV-)Strahlung, Wärme, Feuchtigkeit, chemische und biologische Einflüsse werden.
Diese können sich ebenfalls verflüchtigen.
Wie geschrieben: Es kommt auf das genaue Material an, wie schnell und wie sehr.

Und gerade beim Akkordeon bin ich eher pessimistisch.
Das geht beim den allseits beliebten Kunstledergurten los, von denen ich bisher drei entsorgt habe, über Brüche bei Kunststoffbauteilen, in denen aus Gewichtsgründen der Aluminiumkern weggelassen wurde, und erst vor kurzem dem kaputten Registerschalter bei der S-Morino eines Freundes.

Das Problem ist auch: Bauteile werden von allen Herstellern für die aktuelle Belastung ausgelegt und nicht für irgendwas in 50 Jahren.
Wenn es in den ersten 10-20 Jahren Probleme gibt, wird (vielleicht) etwas in der Produktion geändert, sonst nicht.
Ich war angenehm überrascht, als ich ein Kunststoffscharnier meiner 10 Jahre alten Scanner-Drucker-Kombination ersetzen wollte, bei dem ein stark belastetes Kunststoffteilchen gebrochen war, und ich nicht nur das Ersatzteil bestellen konnte, sondern beim Ersatzteil genau das gebrochene Teilchen aus einem anderen Material gefertigt war.
In 50 Jahren brauche ich da trotzdem nicht mehr anfragen.
 
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Bei Kunststoffen - es ist abhängig von der genauen Art - verflüchtigen sich die Weichmacher und sie werden brüchig und sind nicht mehr stabil

Kunststoff ist nicht gleich Kunststoff. Bei den allermeisten (weichen) Gebrauchskunststoffen sind Weichmacher beigemischt, die sich im Laufe der Zeit verflüchtigen und dann brüchig werden. Bei technischen Kunststoffen oder bei Kunststoffteilen die keine außergewöhnliche Elastizität benötigen wird in der Regel auch kein Weichmacher verwendet - und diese Kunststoffe behalten ihre Eigenschaften oft sehr lange. Ich habe Dia-Magazine die sind teilweise 50 Jahre alt und unverändert in ihren Eigenschaften. Isolationen von Elektrokabeln sind auch aus Kunststoff und halten auch locker länger als 50 Jahre und so gibts viele Beispiele für die Dauerhaltbarkeit von Kunststoffen. Auch die Kusntstoffteile von älteren Autos zerfallen nicht schon beim schieren Anblick...

Bei den Akkordeonstimmstöcken kann man davon ausgehen dass weder besondere Stoßbelastungen auftauchen, noch erhöhte UV Belastung - weil die Dinger ja im Innern eingebaut sind auch extreme Feuchtigkeitsschwankungen sind hier nicht zu erwarten. Ich kenne die Kunststoffstimmstöcke solcher Weltmeisterakkordeons ... und hätte jetzt diesbezüglich überhaupt keine Bedenken, dass die weniger haltbar sind als welche aus Holz.
 
Hohner hat 1973 ein Kunstoffmodell herausgebracht, die Startlett 40.

Vor ~25 Jahren habe ich mir eine vom Flohmarkt für 'nen 10er mitgenommen. An dem Teil ist kein Stückchen Holz verbaut. Gehäuse, Stimmstöcke, alles bis auf den Balg und Metallteile ist aus Kunststoff. Die Stimmplatten sind nicht gewachst sondern geklebt.

Das Teil ist absolut robust und stimmhaltig. Keinerlei Ermüdungserscheinungen oder Brüche im Kunststoff nach knapp 50 Jahren
Bei mir muss die immer herhalten, wenn es auf 'ner Fete mal ein bisschen eine Einlage braucht und ich nicht die Atlantic dafür schleppen will.:engel:

In unseren AkkordeonautenKreisen hat das Teil den Namen 'Feuerwehrgola' verpasst bekommen.:evil:

Ein Hoch auf diesen Plastikbomber :great:
 
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Bei der Verwendung von Kunststoff kommts sehr darauf an, welcher Kunststoff und welches Bauteil.

DIe Hohner Favorit IVp hatte ein Kunststoffgehäuse, das dazu neigt, sich mit der Zeit zu verziehen und dadurch undicht zu werden. Das ist dann ein Totalschaden.

Kunststoff in der aktuellen Hohner XS würde ich aber eher als Vorteil sehen, denn er macht das Instrument Kinderzimmertauglicher. Dieses Instrument muß auch nicht auf Jahrhundertelange Lebensdauer ausgelegt werden, wenn das nach 20 Jahren durch ist kann man damit leben, länger als 1-2 Jahre wird es eh kaum ein Schüler spielen.

Einzelne Kunststoffteile, die sich leicht ersetzen lassen, sehe ich auch weniger problematisch. Die Registermechaniken von Hohner ab Morino N etwa lassen sich bis heute bei Bedarf problemlos tauschen. Auch einzelne Kunststofftasten bei einigen Instrumenten, die gerne mal brechen, werden erst problematisch, wenn es keine passenden Ersatzteile mehr gibt. Für ein teures Oberklasseinstrument, das 50 und mehr Jahre halten soll, ist das sicher (auch bei der Morino und natürlich bei der Gola) u.U. ein Kritikpunkt. Für weniger hochwertige Instrumente, von denen niemand ernstlich erwartet, daß sie in 100 Jahren noch spielbar sind, finde ich es tolerabel.

Und die Materialkunde bleibt ja auch nicht stehen. PVC-Derivate aus den 1970ern und 1980ern waren deutlich UV-empfindlicher als das heutige PE-, PP- oder PUR-Varianten zum Teil sind. Nicht in jedem Teil braucht man Weichmacher (bei Einweg PET-Flaschen z.B. sind keine enthalten, nur bei den dickeren Mehrweg-PETs).

Auch umwelttechnisch sind Kunsstoffe nicht zwingend der böse Bube, als der sie gerne hingestellt werden. Zum Schmelzen und Verformen von PET oder PVC braucht man 80-100°C, zum Schmelzen von Glas oder Metall zwischen 1200 und 2500°C - und Temperatur ist hier ein Äquivalent zu Energieverbrauch bzw. CO2-Ausstoß. Gewicht und Volumen sind durchaus Argumente beim Transport (wo es auch wieder um Energieverbrauch geht) und so weiter.

Im Instrumentenbau ist Kunststoff zwar großräumig relativ unbeliebt, gilt als "billig" und "klingt schlecht", aber das sind häufiger lange tradierte Idealvorstellungen als konkrete Fakten, und es gibt auch Gegenbeispiele.

Blockflöten aus Kunststoff gibts schon lange und die sind mittlerweile nicht mehr nennenswert unbrauchbarer als billige Holzflöten. Bei den Blechbläsern haben sich die Plastik-Posaunen und -Trompeten zwar nicht an breiter Front durchgesetzt, sind aber z.B. bei Faschingsumzügen nicht nur wegen ihrer Farbgebung durchaus beliebt, weil Metallinstrumente im Freien bei Minusgraden ihre ganz eigenen Tücken haben. Mundharmonikas mit Plexiglaskanzellen gibts schon seit Jahrzehnten und die sind alles andere als unbeliebt.

Insofern: wo er hilft, preiswerte Instrumente günstiger und unempfindlicher zu machen, kann Kunststoff auch im Akkordeonbau durchaus ein sinnvoller Werkstoff sein. Wo er die Lebensdauer des Instruments begrenzt natürlich eher nicht. Aber wir werden auch damit leben müssen, daß nur wenige Akkordeons heutiger Bauart die Lebensdauer einer Stradivari erreichen dürften.
 
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