Wie entsteht Cinematic Musik? – Komposition, Sound & Theorie

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AmoriaSoundProduction
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Hey zusammen,

ich wollte mal in die Runde fragen:
Wie geht ihr an das Thema „Cinematic Musik“ heran?

Mich interessiert besonders:

Welche typischen Merkmale oder Strukturen nutzt ihr (z. B. Aufbau, Dynamik, Spannungsbögen)?

Wie erstellt ihr die Musik – Sounddesign, Orchestral-Libraries, Layering etc.?

Welche Tools und Libraries verwendet ihr gern?

Arbeitet ihr mit bestimmten Akkordfolgen, Skalen, Motiven?

Was habt ihr dazu aus Theorie oder Praxis gelernt, was euch geholfen hat?


Ich selbst bin noch am Anfang, was den Bereich angeht bin aber sehr fasziniert davon, wie Musik Emotionen und Bilder erschaffen kann.
Würde mich über Einblicke in eure Herangehensweise freuen – egal ob Filmvertonung, Trailer-Musik oder Ambient-Soundtracks.



LG:AmoriaSoundProduction
 
Bei der Struktur kommt es ein wenig darauf an ob man tatsächlich eine Filmsequenz vertonen will oder nicht. Dann muss die Musik drüber passen. Aber auch ohne Bewegtbilder als Grundlage kann man mit der Musik eine Geschichte erzählen. Dann kommt es eher darauf an ob man (1) eine aktive Handlung beschreiben möchte (z.B. Verfolgungsjagt, Tanz im Blumenfeld, Hexe stielt Baby und fliegt auf Besen davon) oder ob man (2) ein (Charakter-) Thema schreiben will oder (3) Charakteremotionen ausdrücken möchte oder (4) die Stimmung oder Atmosphäre einer Umgebung/Ort oder einer Gesamtsituation vermitteln will. EIne grobe Skizze was man musikalisch beschreiben möchte hilft auf jeden Fall.

Bei der Struktur dieser Art von Musik kann es häufiger vorkommen nicht einfach eine B-Sektion auf eine A-Sektion (Verse/Chorus) folgen zu lassen sondern auch mal vier Takte dazwischen zu setzen die beispielsweise Spannung halten sollen (z.B. 4 Takte Dominantseptakkord-Ostinato) oder im Gegenteil die Spannung rausnehmen (z.B. auf Tonika-Akkord bleiben) oder auf einen Höhepunkt hinauslaufen (z.B. stetig ansteigender Melodiebogen).

Was die Theorie angeht sind verschiedene Tonleitern und erweiterte Harmonie fast ein Muss. Auch da kommt es natürlich stark drauf an was man machen will. Aber wenn man tatsächlich fantastische Märchenwald- oder atmosphärisch dichte Halloween-Musik machen will dann kann es nur helfen mehr über modale Harmonik, Medianttonartwechsel und ähnliches zu wissen. Beispiel die mixolydische I-bVII Verbindung (C-Bb) gilt als abenteuerlich, sommerlich, triumphierend oder feierlich.
Das mal als Startpunkt.
Grüße
 
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Filmmusik (warum einen anderen Begriff wählen?) kann man studieren - die Lehrinhalte sind eine systematische Aufbereitung des Themas, reichen aber alleine nicht aus. Siehe Suchbegriffe "studium filmmusik" bei google. Unter den Treffern findet man je Inhalte. Außerdem kann man sich in Biographien, Interviews und Reportagen über die Vorgehensweisen von Profis informieren. Somit ist leicht erkennbar, dass wir hier nicht eine komplette Anleitung geben können, und das Anreißen von Einzelaspekten bringt (Dir) nichts. Außerdem kommt es am Schluss auf den persönlichen und Publikumsgeschmack an, wie gut etwas ankommt und damit "passt", was man wohl am Erfolg misst. Hilfreich ist es vielleicht, wenn man sich viele Beispiele (von großen Film(musik)erfolgen bis hin zu Brot-und-Butter-"Vertonungen" von z.B. Doku-Filmen und Fernsehreihen) genau anhört und auf die Korrelation zwischen Film und Musik achtet, ja diese wirklich detailliert analysiert.

Die Musik muss den Film unterstützen, ordnet sich also unter. Der Film gibt Ablauf, Stimmungen, Tempi, Instrumentierung, Stile, etc. vor. Also braucht man erst einmal sachliches, logisches und emotionales Verständnis für den Film. Daraus sollten Themen und Vorstellungen zur Musik entstehen, unter denen man dann meist mit Hilfe Dritter auswählt, was bei wem wie ankommt.

Grundsätzlich und generell gilt für Filmmusik nichts anderes, als für jede andere Musik: Man muss sich vor dem Komponieren/Arrangieren/Auswählen darüber klar werden, was man bezwecken will: Gefühle ausdrücken, eine Geschichte erzählen, jemandem etwas mitteilen und/oder ... Umso besser die Vorbereitung ist, umso besser wird die Umsetzung.

Ich kenne einen erfolgreichen professionellen Filmmusikkomponisten persönlich und habe schon viele Gespräche zu seinem Job und seinen Arbeiten geführt. Da gibt es nicht die eine 3-Punkte-Anleitung und dann flutscht es. Das ist echte Knochenarbeit mit ein "Bisschen" Kreativität, Investitionen in neue Sounds, viel Zeitaufwand uswusf.

Ein spannendes Gebiet, aber meiner Meinung nach nichts, wo man mit eben mal mit ein Bisschen "Rumdudeln" Brauchbares, geschweige denn Gutes/Erfolgreiches erreichen wird.
 
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Ich beschäftige mich nicht aktiv mit Filmmusik, schaue aber ab und an recht gerne YT-Videos von Anne-Kathrin Dern, die eine recht pragmatische Score Komponistin ist und ihre Arbeit gut dokumentiert.


View: https://www.youtube.com/watch?v=Acx7N4LO7UM

Gruß Claus
 
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Ja, es macht einen wichtigen Unterschied ob Hobby-mäßg oder als hauptberufliche Dienstleistung für eine Produktionsfirma die eine bestimmte Qualität erwartet.
Man muss nicht zwangsläufig Komposition studiert haben, aber man müsste über die Fähigkeiten verfügen mit geschultem Gehör transkribieren und analysieren zu können. Hinzu kommt das Feld des Orchestrierens und Arrangierens. Es gibt einfach zu viele Möglichkeiten für ein einzelnes Basisrezept. Man müsste tausende musikalische Situationen aus Musikstücken kennenlernen. Dieses Wissen/Können führt dann auch dazu schneller produzieren und adaptieren zu können (Beispiele: Adaption an neues Genre wie etwa 'Stride Piano' oder einen ganzen Film theoretisch in 14 Tagen vertonen zu können).

Es gibt aber auch Hobbyprojekte die dann irgendwann zur Profession führen könnten. Ich erinnere mich an so manche Trailer Trends der vergangenen 25 Jahre. Es gab tatsächlich Mitte der 2000er einen 'Counter-Strike Trailer Trend' bei dem versucht worden ist die Vorstellungsvideos von Online-Teams bestehend aus Spielszenen mit immer bombastischerer klassischer Musik zu unterlegen, die allerdings eher wie illegal reinkopiert wirkte. Es folgten Trends in echten Trailern wie die "Inception-Tröte" von 2010, die Dorische i-ii-bIII-IV Rückung (oder aeolisch nur im Bass, den verminderten Akkord der 2. Stufe vermeidend), übertrieben epische Trailermusik (bis in die Peinlichkeit, auch durch zu viele solcher Trailer) und jetzt werden alte musikalische Themen leise und langsam mit Piano gespielt (Jurassic Park, Ghostbusters, Super Mario Bros. etc.).
 
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Man muss nicht zwangsläufig Komposition studiert haben..
Siehe Hans Zimmer.
,,,mit geschultem Gehör transkribieren und analysieren zu können. Hinzu kommt das Feld des Orchestrierens und Arrangierens.
Dafür gibt es ggf. Spezialisten. Arrangieren und Orchestrieren wurde mit dem Aufschwung der symphonischen Orchester und deren Bedarf an Werken auch schon vor über 150 Jahren "ausgelagert".

Heute würde ich sagen, es geht um gute Ideen, die musikalisch sehr einfach sein können (John Carpenter, Hans Zimmer). Man bastelt die dann wie Carpenter oder Vangelis zum Synth-Opus oder man beschäftigt wie Zimmer eine Crew an Sound-Designern und Arrangeuren.
Keine Ahnung, ob für Komponisten vom Schlag der alten Garde wie Jerry Goldsmith, Jerry Fielding, Henri Mancini, Ennio Morricone oder John Williams überhaupt noch ein Markt existiert.

Gruß Claus
 
Nur als Randbemerkung zu "ob da noch ein Markt existiert": Meines Wissens klopfen bei Filmmusik sehr stark KI-Dienstleister an.
Gerade dass die Musik nicht im Vordergrund steht, die Motive oft schlicht, aber die Ausführungen elegisch-opulent sind, macht das zu einem recht geeigneten Feld, zumal man über prompts die relevanten timelines eingeben kann.

Will jetzt hier keine KI-Diskussion.vom Stapel reissen und soll einen nicht hindern, in dieses Feld zu gehen, aber auf dem Schirm sollte man es haben.

x-Riff
 
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Nur zu - ich "liebe" es, wenn ich Chat-GPT Ausführungen wegen offenkundiger Widerprüche und sachlicher Fehler widerspreche und als Antwort kommt "Du hast völlig recht", gefolgt von meiner paraphrasierten Antwort und redunantem Müll plus einem Vorschlag, mir bei irgendetwas zu helfen, was mir nicht weiterhilft. :facepalm1:

KI-Einsatz bei kostenlosem Zugang ist bisher allenfalls für Aufgaben geeignet, bei denen man Zeitaufwand sparen kann, aber die richtige Lösung 100% kennt.

Gruß Claus
 
Der Bereich, von dem ich sprach, liegt jenseits der Amateur-umsonst-Schnittstelle. Und der Vergleich wäre eher Suno und nicht ChatGPT. Und der Bezug waren eher USA-KI-Dienstleister, die sich an die dortige Filmindustrie wenden und nicht kleine deutsche Start-Ups.

Aber es war schon bewusst als kleines Ausrufezeichen an Leute gedacht, die vorhaben, in diesen Markt businessmässig einzusteigen und womöglich zu investieren, denn die Entwicklung vollzieht sich sehr schnell.

Wer seine homevideos musikalisch untermalen will, kann das eh machen, wie es ihm oder ihr gerade beliebt. Aber ich habe den Eindruck, dass @AmoriaSoundProduction durchaus mit ersterem, also dem businessmässigem Einstieg, mindestens liebäugelt.

x-Riff
 
Zuletzt bearbeitet:
Siehe Hans Zimmer.
Seit seinen Anfängen sind über 50 Jahre vergangen, so dass sich die Herangehensweise auch fortentwickelt hat. Herr Zimmer, mal ganz abgesehen von seinem eigenen Erfahrungsschatz, der weit mehr ist, als jedes Studium vermitteln kann, arbeitet heutzutage mit einer großen Crew, in der auch studierte Professionals mitarbeiten. Time changes :prost:

Dafür gibt es ggf. Spezialisten. Arrangieren und Orchestrieren wurde mit dem Aufschwung der symphonischen Orchester und deren Bedarf an Werken auch schon vor über 150 Jahren "ausgelagert".
Mal ganz abgesehen davon, dass es seit geraumer Zeit dafür professionelle Software(unterstützung) gibt, die halt ein paar 10k € kostet und daher nicht für jedermann erschwinglich ist. Aber natürlich arbeiten Komponisten immer noch selbst daran, auch um die entsprechenden Kosten zu sparen...

Heute würde ich sagen, es geht um gute Ideen
Meiner Meinung nach ging es immer um gute Ideen. Dabei hilft natürlich auch, wenn man einen bekannten Namen hat und Erfolge nachweisen kann. Für all die genannten bekannten Namen gibt es natürlich immer noch genug zu tun und Nachfrage, wobei nicht nur Hans Zimmer hauptsächlich seinen Namen und seine Kompetenz hergibt und Teams für sich arbeiten lassen.

Das ist aber alles nicht relevant, wenn jemand
ist und nach Tipps für diese Schaffensphase fragt. Weder Experience, Kreativität, Verbindungen, noch Equipment sind mit denen der großen Namen zu vergleichen. Für mich gibt es da nur fundierte Ausbildung und/oder Try-and-Error.

Mir ist jedenfalls für Filmmusik-Komposition nichts bekannt, wie auf dem Recording Sektor z.B.
Alan Parsons' The Art & Science Of Sound Recording
(beschränkt auch als Buch:
Hal Leonard Alan Parsons' Art & Science of

)
um von einem wirklich großen lernen zu können (ich hab beides und vor allem das DVD-Set ist dermaßen eindrucksvoll). Man kann sich aber, wie schon geschrieben, aufmerksam die vielen Interviews z.B. auf youtube anschauen und wird viel daraus lernen.
 

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