Wilkinson VSV mysteriöses Verhalten bzgl. Stimmstabilität

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Ich spiele seit über einem Vierteljahrhundert Gitarre und gehöre hier im Board eher zu denen, die Ratschläge geben, als welche suchen. Aber diesmal brauche ich eure Hilfe. Ich stehe etwas auf dem Schlauch.

Ich habe mir eine wunderschöne Power-Strat aus Teien zusammengebaut und mich dabei etwas von der Andy Timmons Gitarre inspirieren lassen.

Strat plus Marshall.jpg

Es ist also ein Erlekorpus mit einem Ahornhals und den Pickups, die Andy auch auf seiner Gitarre hat: 1x AT-1 und 2x Cruiser von DiMarzio. Dazu ein Wilkinson VSV Vibrato, das aufliegend eingestellt ist.

Die Gitarre macht auch richtig Spaß und klingt gut, aber ich hab ein merkwürdiges Problem: Wenn man das Vibrato bedient, bleibt sie schön in Stimmung, aber wen man auf dem Griffbrett ganz normale Bends spielt, verstimmt sich die betroffene Saite total! Betätigt man dann wieder den Hebel, ist die richtige Stimmung wieder da.

Man muss beim Stimmen auch schon immer den Vibratohebel drücken, damit die Stimmung erreicht wird. Wenn alles stimmt, dann ist der Hebel wie ein Reset-Knopf. Ich habe sonst immer Floyds oder feststehende Brücken gespielt. Ist das normal für ein Strat-Vibrato?

Es muss an der Brücke liegen. Die Mechaniken sind Sperzels mit Locking und der Sattel ein Fender LSR Rollensattel. Ich hab auch schon vermutet, dass Saiten etwas damit zu tun haben, weil die Verdrillung um das Ballend herum auf dem Saitenknick in der Brücke zu liegen kommt. Aber auch mit Fender Bullets, die diese Verdrillung nicht haben, hat sich nichts geändert.

Die Verstimmung beim Saitenziehen ist drastisch: 30-40 Cent liegt die Stimmung nach einem weiten Bend daneben.

Ich hab mal ein paar Takte dazu aufgenommen:
https://soundcloud.com/901gtr/wilkiprob

Zuerst spiele ich ein paar Akkorde, die eine Verstimmung ohne Gande bloßstellen würden. Da ist noch alles in Ordnung. Dann drück ich ein paar mal den Vibratohebel runter und spiel die Akkorde nochmal. Immer noch alles ok. Dann spiele ich paar Singlenote Bends und die Akkorde danach sind hässlich verstimmt. Nochmal Vibrtao fast bis zum Saitenschlabbern und die Stimmung ist wieder da.

:(

Headstock.jpg
Pickguard.jpg
 
Eigenschaft
 
Dieses spunghafte Stimmungsverhalten kenne ich eigentlich nur im Bereich Sattel , leider kenne ich den Fender LSR nicht ,könnte mir aber schon vorstellen , dass bei einem derartigen System Verschmutzung und mangelnde Wartung ein solches Problem verusachen könnten.
 
Der Sattel, wie auch alle anderen Teile an der Gitarre sind nagelneu. Ich kann auch ohne Problemedie Saite hinter dem Sattel ziehen, wie es einige Country-Spieler machen. Sattel und Mechaniken kann man ausschliessen. Es muss irgendwas an der Brücke sein.

Wenn es der Sattel wäre, würde das Problem ja auch bei Vibrato-Einsatz auftauchen.
 
Hi,

das mit dem Sattel und den Mechaniken sehe ich wie Du, das erscheint hier eher unwahrscheinlich. Beim Sattel überprüfe ich die Reibung immer gerne, indem ich lose Saiten mit beiden Händen spanne und durch die Kerben ziehe. Dabei fühlt man mit den Fingerspitzen eigentlich recht gut, ob es da reibt oder stockt.

Eine Möglichkeit wäre auch, dass die Saiten an dem Punkt mit der Grundplatte Reibung haben, wo sie aus dieser austreten. Manchmal reißen an der Stelle auch gerne Saiten. Der Tech von SRV hat deshalb kleine Plastikschläuche (wozu er wohl die Isolierung von Elektrokabeln runtergezogen hat) über den untersten Teil der Saiten gezogen, damit sie an der Kante nicht direkt aufliegen. Obwohl das Foto recht groß ist, konnte ich nicht genau erkennen, ob in irgendeiner Stellung die Grundplatte (vorne links?) vielleicht minimalen Kontakt zum Pickguard haben könnte. Das solltest Du also auch prüfen, falls Du es nicht schon getan hast.

Ich tippe allerdings auf die Befestigung des Tremolos. Bei Bendings zieht die Saite ja immer ein wenig am Trem, und die Kraft relativ zu den Befestigungsschrauben wirkt dabei aus einem anderen Winkel ein als beim Dive mit dem Arm. Nachdem das VSV wie ein Vintage-Trem keinen definierten Auflagepunkt an den Schrauben hat, sondern an deren Schaft beim Kippen ganz leicht runter und wieder rauf wandert, könnten die Bendings hier zu einer abweichenden Ruheposition führen.

In dem Zusammenhang darf ich bemerken, dass sich bei mir das Fender-Trem als stimmstabiler erwiesen hat, wenn es hinten ganz leicht schwebt, wie übrigens in Fenders Patent vorgesehen. Nur so erreicht man auch Fenders Ziel, dass die Tremologrundplatte in Ruheposition genau auf einer einzigen, geraden Linie aufliegt, nämlich auf der "Knickkante" der Unterseite. Deines scheint dagegen aufliegend eingestellt zu sein. Wie Fender wohl auch erkannt hat, wird man es aber nie schaffen, dass zwei Flächen 100 % plan aufeinander liegen - man erhält also einen nie ganz definierten Kontakt.

Der Zug der Federn führt noch dazu in der Ruheposition dazu, dass ihre Zugkraft über den Hebel des Masseblocks und eine nicht erwünschte zweite Hebelachse, nämlich die der Hinterkante (!), die Vorderkante minimal anhebt - sie wandert an den Schrauben etwas hoch. Die Kraft des Tremoloarms setzt nun beim Bending senkrecht zum Saitenzug an der Grundplatte an und kippt diese durch Winkeländerung nach vorne, wobei die Grundplatte wieder nach unten wandert, nach dem Ende aber auch wieder in die gleiche Stellung - was bei Dir ja noch ganz gut zu funktionieren scheint.

Die Kraft beim Bending dagegen wirkt nicht senkrecht, sondern in gleicher Richtung wie der Saitenzug, was Auswirkungen auf den Kippvorgang und dessen Endstellung nach dem Ende der Krafteinwirkung hat.

Wenn Du unbedingt eine feste Auflage haben willst, rate ich deshalb dazu, vor dem Tremoloblock ein passendes Stück Holz in die Federkammer zu leimen - nicht ausfüllend, sondern nur ein kleiner Quader von vielleicht 10x20 mm mit passender Dicke. Auf die Weise wird die Federkraft unten aufgefangen, wo sie ansetzt, und die Hebelwirkung ist ausgeschaltet. Selbst wenn bei Bendings das Trem leicht weiter nach vorne kippt, geschieht das, ohne dass sich eine Gegenkraft an der Hinterkante aufbaut. Die einzige Hebelachse bleibt in allen Stellungen die besagte Knickkante an der Unterseite. Bei meinem Trem in der Warmoth hat sich das als wesentlich stimmstabiler erwiesen als das nur scheinbar vollflächige Aufliegen auf der Korpusoberfläche. Falls Du da Bedenken hast: Sound und Sustain waren so auch besser, mehr Fläche ist nicht alles.

Ebenfalls hilfreich sind mMn Rillenschrauben á la PRS, zu haben bei Rockinger oder Göldo. Sie schaffen eine Messerkante, die ebenfalls immer für eine definierte Hebelachse bei der Bewegung der Grundplatte sorgt. Dabei sind dann auch alle sechs Schrauben kein Problem (schon gar nicht bei den Langlöchern eines 5+1-Wilkinson). Auch hier arbeite ich entweder mit einem ganz leicht schwebenden Tremolo (selbst wenn mal eine Saite reißt, kannst Du mit einem hinten unters Trem geklemmten Plektrum wieder die Stimmung retten) oder eben einem Anschlag in der Federkammer.

So, dann hoffen wir mal, dass Dich das alles weiter bringt. Viel Glück!

Gruß, bagotrix

Ach ja: Wunderschön trifft es wirklich, tolle Gitarre!
 
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Gut beschrieben, Bago... Er sollte es ggf. auch einmal mit einer Backbox versuchen und die Federn dann etwas strammer ziehen lassen?
 
Wenn Du unbedingt eine feste Auflage haben willst, rate ich deshalb dazu, vor dem Tremoloblock ein passendes Stück Holz in die Federkammer zu leimen - nicht ausfüllend, sondern nur ein kleiner Quader von vielleicht 10x20 mm mit passender Dicke.
Ok, das probier ich mal aus!

Ach ja: Wunderschön trifft es wirklich, tolle Gitarre!
Vielen Dank, das geht runter wie Öl! :hail:
 

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