Gedanken "verpacken"

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mariealpaka
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Hey, sorry falls das hier eine Themendopplung ist, ich habe mich gerade erst angemeldet und dachte, vielleicht kann mir ja jemand Tipps geben.

Folgendes Problem: Ich versuche mich seit mehreren Jahren immer wieder am Songwriting und bekomme es einfach nicht hin - so geht's wahrscheinlich vielen. An der Kreativität oder dem Schreibtalent mangelt es bei mir nicht (ich schreibe seit ich klein bin und studiere Kreatives Schreiben, müsste es also eigentlich ganz gut können). Ich glaube es ist einfach dieses Format SONG das mich total verzweifeln lässt.

Weil so allgemeine Fragen immer blöd sind, hab ich mal versucht konkret zu überlegen, wo ich Schwierigkeiten habe.

1.) Ich habe Ideen und Gedanken zu einem Thema und auch eine Melodie im Kopf - alles schön und gut. Aber wie zur Hölle soll ich all meine Gedanken auf ein paar Sätze runter kürzen, dabei alles wichtige auf den Punkt bringen/ filtern/ strukturieren/ einen Fokus finden? Hat da jemand einen Tipp?

2.) Es fällt mir unheimlich schwer meine Gedanken "künstlerisch" zu verpacken. Ich habe persönlich immer den Anspruch es nicht zu einfach zu machen. Angenommen ich leb so mein Leben vor mich hin und dann kommt plötzlich eine Idee. Hatte ich zB. heute morgen, da hab ich ein bisschen rumphilosophiert und kam zu dem Entschluss, dass ich, immer wenn ich glücklich bin, Angst habe, dass das Glück zu ende geht - d.h. mich total unwohl fühle während ich lache/ mich freue/ weil ich weiß, dass es nicht ewig hält. Und dann dachte ich kurz darauf hey, schreibst du ein Song über dieses Gefühl bzw. einen Song der das irgendwie beinhaltet. Ging aber nicht, weil ich gerne diesen Gedanken irgendwie künstlerisch verpacken würde und ungern einfach so wie er ist aufschreibe. Wie geht ihr mit diesem Problem um? Und wie zur Hölle schafft ihr es, dass sich das ganze dann auch noch reimt? Es ist mir ein Rätsel ...

Oh und falls es hier schon ganz viele Antworten auf genau solche Fragen gibt, tut es mir leid, ich hatte keine Lust das ganze Forum zu durchsuchen.
Danke schonmal und sorry für den halben Roman
Marie
 
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Hallo Marie,

ein Gedicht oder eben auch ein Songtext müssen sich erstmal nicht unbedingt reimen. Ich habe in diesem Forum schon mal ein bisschen gestöbert und bin mehr oder weniger auf die Meinung gestoßen, dass es besser ist, ungereimt zu schreiben als einen Reim zu erzwingen.

Ich persönlich sehe einen Songtext als Gedicht an, nur eben mit Melodie versehen.

Das tatsächliche Problem scheint hier aber eher die Länge deiner Texte zu werden. (Bei mir wäre das eher umgekehrt - ich bekomme meist zwar ein Gedicht, kaum aber eine Kurzgeschichte hin.)

Nun aber wieder zum Wesentlichen. Ein paar Empfehlungen.
Nimm ein Gefühl, z. B. an deiner Stelle die Angst, dass das momentane Glück nicht ewig hält. Jetzt würde ich nach Metaphern suchen. Damit das Gefühl umschreiben - hier aber eben keinen Roman, sondern wirklich nur einen Satz. Im nächsten Schritt kannst du deinen Gedanken weiter Spinnen. Zum Beispiel das Gefühl ins Gegenteil verkehren.

Ich gehe gleich wieder auf dein Beispiel ein:
Wenn du glücklich bist stehst du vielleicht auf einem Berg und hast Angst vor dem Fall. Doch warst du nicht schon einmal dort unten im Tal?
Ja, dort hättest du das Ziel: den Berg,
ist das Ziel erreicht scheint alles so leer.

Und wenn das immer noch zu lang ist, kann man es natürlich auch kürzen. Wichtig finde ich dabei noch, kurze und bündige Sätze zu schreiben sowie Nebensatze zu vermeiden. Frag dich zum Beispiel (bei zu viel Text): brauche ich diesen Satz, um den Inhalt zu transportieren.

Bitte versteh mich hier nicht falsch, das ganze ist schlicht und einfach nur meine Meinung und natürlich können und dürfen das andere auch anders sehen. So, das soll's erstmal von mir gewesen sein - hab nämlich das Gefühl, das war schon ein halber Roman.

Liebe Grüße

Tino
 
Hallo Marie,

wenn du grundsätzlich keine Probleme mit dem Schreiben selbst und der Kreativität hast, dann würde ich dir als erstes empfehlen viele Songtexte zu lesen und zu schauen wie die anderen das so machen.
Was für mich auch gut funktioniert ist, wenn ich den Text zuerst so schreibe wie er mir in den Kopf kommt (ggf. auch zu lang, nicht reimend, etc.) und dann in einem zweiten Schritt kann man sich Zeile für Zeile durch den Text arbeiten und korrigieren. Das hat aus meiner Sicht den Vorteil, dass man schon die grobe Richtung des Inhalts kennt und dann versuchen kann passende Synonyme, Metaphern, etc. suchen.

Hast du schon mal Gedichte geschrieben?
Ich persönlich sehe einen Songtext als Gedicht an, nur eben mit Melodie versehen.
So sehe ich das nämlich auch und im Nachhinein hat es mir sehr geholfen, dass ich früher viel gedichtet habe bevor ich auf die Songtexte gekommen bin.


Viele Grüße

Shoto
 
1.) Ich habe Ideen und Gedanken zu einem Thema und auch eine Melodie im Kopf - alles schön und gut. Aber wie zur Hölle soll ich all meine Gedanken auf ein paar Sätze runter kürzen, dabei alles wichtige auf den Punkt bringen/ filtern/ strukturieren/ einen Fokus finden?
2.) Es fällt mir unheimlich schwer meine Gedanken "künstlerisch" zu verpacken.
...
Danke schonmal und sorry für den halben Roman
ich würde gar nicht versuchen, alles bis ins kleinste detail in den text zu packen.
die grössten songs bestehen nicht aus möglichst vielen zeilen mit möglichst vielen einzelheiten.
das problem ist ja nicht, alles bis ins kleinste auszuwalzen, sondern eben die eine formulierung zu finden, die den nagel auf den kopf trifft.
dafür braucht man keinen halben roman ;)
statt dessen: songtext schreiben, dann alles rausschmeissen, was redundant ist, dann mit den restlichen 30 oder 40% arbeiten.

Es fällt mir unheimlich schwer meine Gedanken "künstlerisch" zu verpacken. Ich habe persönlich immer den Anspruch es nicht zu einfach zu machen.
"nicht einfach"? - das einfache ist die grösste kunst.
schnörkel, verzierungen und vergoldungen weglassen, und das was bleibt, ist die essenz. Und das beste daran: eben die nicht-eindeutigkeit erlaubt die schönsten interpretationen.
 
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Hey, danke für die schnellen Antworten! Die Sache mit dem Gedicht ist ein guter Hinweis. Gedichte schreiben fällt mir gar nicht so schwer, ich kann sogar vielleicht mal versuchen eins meiner Gedichte in einen Song umzuwandeln.

Ich gehe gleich wieder auf dein Beispiel ein:
Wenn du glücklich bist stehst du vielleicht auf einem Berg und hast Angst vor dem Fall. Doch warst du nicht schon einmal dort unten im Tal?
Ja, dort hättest du das Ziel: den Berg,
ist das Ziel erreicht scheint alles so leer.

Das gefällt mir echt gut, was du daraus gemacht hast, vor allem mit der Überlegung, das Gefühl ins Gegenteil umzuwandeln.

ein Gedicht oder eben auch ein Songtext müssen sich erstmal nicht unbedingt reimen.

Für meinen persönlichen Geschmack gehören Reime einfach dazu, weil ich das bei Liedern besonders mag und meiner Meinung nach die Sätze so besser ins "Gehirn eingebrannt" werden, wenn du weißt was ich meine. Aber es funktioniert wahrscheinlich auch ohne.

"nicht einfach"? - das einfache ist die grösste kunst.

Mit "nicht einfach" meine ich nicht, dass ich es unglaublich umständlich machen will oder groß um ein Thema rumreden will. Mir geht es eher darum, ein Gefühl nicht so wie es ist einfach zu benennen, sonderlich künstlerisch aufzuzeigen.

Ein Beispiel dafür aus einem Lied wäre: Anstatt zu sagen, dass die Ich-Figur erschrocken ist, lautet der Text: "You swept all the red from my cheeks" - wodurch eben dieses Gefühl des Erschrockenseins bildlich klar wird, ohne es beim Namen zu nennen. Das ist für mich gutes Songwriting und solche Textstellen faszinieren mich immer und bleiben im Kopf.
 
Doppelposting
 
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Hi Marie,

Mir wäre deine Idee ebenfalls noch zu allgemein. Dass Du DAS nicht reimen willst, ehrt dich geradezu. ;-)
Eine Geschichte besteht aus Details. Du hast noch keine. Außer dem Anfang einer Geschichte, die keine Geschichte werden will. Was ja schon mal mehr als nix ist. Also eine verspielte Judith Holofernes würde daraus vielleicht eine Art Kindergeschichte machen über eine Geschichte, die keine Geschichte werden will.

Muss aber nicht sein. Wir kommen ja bestenfalls gerade erst in Fahrt. Ich seh eine Liebesnacht mit einer neuen Liebe. Er schläft schon, du liegst noch wach, betrachtest ihn lächelnd und träumst in die Zukunft. Haus, Kinder, er mit Bauch und Glatze ... Du mit ..... Und schon kommst du ins Grübeln...

Oder du am regennassen Fenster. Er verspätet sich. Das erste Mal. Die ersten Zweifel...

Such dir Kulissen, Requisiten und Momente. Lass sie an deine Idee andocken. Bau sie in Kurzeilen aus. Marke Hemingway. Mach dir keinevSorgen um die Reime. Nur die übergeordneten Begriff wie Traum, Sterne, Licht, Regen haben ausgelutschte Reime. Je konkreter die Details, umso unverbrauchter die Reimwörter. Und dann gibt es ja noch den Tausch der Satzglieder und manch anderen Trick,mit dem man recht einfach das Reimarsenal erweitern kann.

Stell dir eine Musik vor. Ist sie traurig? Lustig? Neutral? Steigen Satzfetzen innerlich auf? Schreib mehr auf, als dir im ersten Moment logisch oder sinnvoll erscheint. Hast du schon eine Überschrift? Taugt sie zur Hookline? Kannst du die Überschrift in eine Hookline verwandeln? Fällt dir eine Gegenstimmung ein, die sich vielleicht als Bridge eigenen könnte?

Na, kommt was in Bewegung? Es müssen ja noch gar nicht die späteren Songzeilen sein. Aber irgendwann kommt garantiert die erste gute Zeile!

Lg
 
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...Für meinen persönlichen Geschmack gehören Reime einfach dazu, weil ich das bei Liedern besonders mag und meiner Meinung nach die Sätze so besser ins "Gehirn eingebrannt" werden, wenn du weißt was ich meine. Aber es funktioniert wahrscheinlich auch ohne.
...


Wollte damit ja auch nur sagen, dass erzwungene Reime unnatürlich wirken könnten, z. B. wenn sie nicht zum Inhalt passen.
 
Wichtig finde ich, eine erste Idee überhaupt mal aufzuschreiben, egal in welcher Form, damit sie nicht verlorengeht. Sei es als Stichpunkte, sei es als Kurzgeschichte, als Essay, als ... Nur überhaupt mal aufschreiben. Und dann daran weiterarbeiten. Metaphern finden, Reime finden, ausbauen, kürzen, ... Möglicherweise bleibt vom ursprünglich Aufgeschriebenen genau gar nichts übrig. Oder evtl. schmeißt Du irgendwann genau den Gedanken, der alles auslöste, weg ("Kill your babies"). Das müsstest Du vom creative writing her ja schon kennen; lässt sich hier meiner Meinung nach 1:1 anwenden.

Disclaimer: ich schreibe keine Songtexte, habe auch sonst schon lange nichts mehr geschrieben :D
 
Ja Antipasti, hab ich gefunden - aber bisher nur grob überflogen. Erde ich mir noch genauer anschauen. Dennoch danke für den Hinweis.
 
Du fragtest eingangs nach dem Handwerk: Wie kriegt man das in Reime? Naja. ob es überhaupt ein Schreibhandwerk gibt, ist umstritten. Ich denke: Es gibt eins! Aber es wird kaum oder ungenügend gelehrt. Ich bin heut etwas unkonzentriert, aber ich will wenigstens einige Stichworte zum Thema "Form" erwähnen.

Popsongzeilen sind vor allem eins: fragmentarische Kurzsätze mit 6-11 rhythmisch geordneten Silben, die sich meistens reimen. Oft glaube ich, dass Klang und Rhythmik einer Zeile beim Publikum stärker wirkt, als ihr inhaltlicher Anspruch. Und nun einige Stichworte, um die man sich kaum drücken kann.

Klang erreicht man u.a., wenn man genau auf Silbenlängen achtet:
Das Bad klingt eben etwas länger als die Tat.
Eine Anhäufung gleicher Vokale klingt etwas "monoton".
"Willkür auf Teufel komm raus"- also ein bunter Vokalsalat, klingt eher unruhig.

Rhythmus ergibt sich aus der Metrik der einzelnen Worte.

Drei Grundgedanken für heut und hier:

Erstens: Lyrics arbeite überwiegend nur mit Kurzsätzen. Deren Satzglieder (Gegenstand, Prädikat, Objektbestimmung) muss ein Texter nicht nur kennen, sondern auf Anhieb fühlen! Und optimal variieren können! -

Silbenzahl: viele Popsongzeilen enthalten zwischen 8- 11 Silben. Das ist wenig Platz für eine Aussage (11Silben) Die Kürze macht die Würze (7). Silben machen Musik (6 Silben). Weniger ist mehr (5). Kürzer! (2 Silben). Kürz' !!! (1 Silbe)

Durch Umstellungen der Satzglieder können viele neue Reimvarianten geschaffen werden. Auch die Metrik kann durch Umstellungen schnell und entscheidend geändert werden.

Ein schrecklich theoretischer Beitrag ..... (und das an einem schönen Maitag)
Schrecklich der Beitrag, zu theoretisch.... ( Mir ist nach Beischlaf - Geht nicht.)
Ist der Beitrag nicht schrecklich?... ( Ein cooler Autor? Unmöglich!)
Theorie - O Schreck!! .... ( Break und weg)

(Ich hab für diese Umstellungen kaum mehr als eine Minute gebraucht. Es geht bei dieser Übung ja nur darum, sich nicht in einen Reim zu verbeißen.)

Zweitens: Musikzeilen laufen auf mehrfüssigen Wortmetren. Auf 2 füssigen (jamBUS und TROCHäus) oder 3 füssigen (anaPÄST und DAKtylus). Diese Versfüße machen den Zeilenrhythmus aus.
Zweifüßige Metren ermöglichen forsches und drängendes Erzählen - dreifüssige eignen sich gut zum balladesken Erzählen, klingen aber auch schnell mal angestaubt.

Selbst ein fragmentarischer Kurzsatz kann, von einer Zäsur (//)geteilt, zwei Aussagen enthalten: "Das ist verrückt // aber wahr." Ich baue gern Zäsuren ein. Sie schützen vor Redundanz und klingen oft lakonisch.

Der Texter sollte im besten Falle leicht und schnell zwischen musikalischen und lexikalischen Metren switchen können. Der Autor muss beide ständig gleichzeitig checken können, wenn seine Konzentration möglichst lange fließen soll. Vom Text zur Audiodatei und zurück ermüdet schnell.

Drittens reimen sich Songtexte zu gefühlten 95%. Reime sind nicht mehr als Klang und Metrum,

Das wohl Wichtigste an einerSongzeile ist das letzte Wort, die Kadenz ( oder einfacher: der Reim). Die Zeile kann weiblich, weich (BEIne) oder männlich, hart (BEIN) enden.

Ein Texter sollte sich immer Zeit nehmen, Gesprächen zu lauschen. Die laufen oft in Kurzsätzen. Ich konzentriere mich dann besonders auf die Art und Katenz eines Satzes. Wenn 's interessiert, schreibe ich mehr darüber. Ansonsten unter "Versfüsse" googeln.

Ich texte eine Zeile übrigens häufig rückläufig: Vom Reimwort zum Satzanfang. Mein metrisches Wissen ermöglicht es, dass das oft blitzschnell funktioniert.

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Also, wenn du schnell in einen kreativen Modus kommen willst, solltest du möglichst viel über Kurzsätze und Wortrhythmen wissen. Stichwort einfache Sätze, Fragesätze, Befehlssätze, Stammworte, Vorsilben, zusammengesetzte Worte.

Natürlich geht das alles auch naiv. mit Try and Error. Aber allein das Bewusstsein, immer sofort eine Lösung parat zu haben, erhöht immens mein Konzentrationsvermögen.

Du fragtest eingangs: wie kriegt man das in Reime? Naja, manchmal intuitiv, aber professionell besser über das (mMn existierende) Handwerk. Klingt theoretischer, als es sich beim Schreiben anfühlt... :)
Automatisiertes Schreiben muss man nicht mehr begreifen, sondern nur noch fließen lassen!
 
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2.) Es fällt mir unheimlich schwer meine Gedanken "künstlerisch" zu verpacken. Ich habe persönlich immer den Anspruch es nicht zu einfach zu machen. Angenommen ich leb so mein Leben vor mich hin und dann kommt plötzlich eine Idee. Hatte ich zB. heute morgen, da hab ich ein bisschen rumphilosophiert und kam zu dem Entschluss, dass ich, immer wenn ich glücklich bin, Angst habe, dass das Glück zu ende geht - d.h. mich total unwohl fühle während ich lache/ mich freue/ weil ich weiß, dass es nicht ewig hält. Und dann dachte ich kurz darauf hey, schreibst du ein Song über dieses Gefühl bzw. einen Song der das irgendwie beinhaltet. Ging aber nicht, weil ich gerne diesen Gedanken irgendwie künstlerisch verpacken würde und ungern einfach so wie er ist aufschreibe.
Hi mariealpaka,
generell ist es nicht mein erstes Ziel, Gedanken oder sonstwas künstlerisch zu verpacken. Sondern das, was ich sagen will, so zu sagen, dass es ankommt. Ich habe vielleicht das Ziel, dass ich nicht die erstbeste und schon hundertausendmal verwendete Formulierung nehme, aber das hat eher was damit zu tun, dass es mir darum geht, meine Gedanken und Beobachtungen zu Gehör zu bringen und nicht das, was einladend genug an jeder Straßenecke herumliegt. Mein Bezugspunkt ist also nicht Kunst - ich will nicht unbedingt Kunst machen - ich will songs und texte schreiben und umsetzen.

Ich kann Deinen geschilderten Gedanken gut nachvollziehen und finde ihn klasse. Ich würde schon auch hingehen und versuchen, ein Bild, eine Person, eine Situation etc. zu finden, mit deren Hilfe dieser Gedanke "transportiert" werden kann.
Ich habe transportieren bewußt in Klammern geschrieben, weil es mir eigentlich um etwas anderes geht. Das kommt mir nämlich wie ein Umweg vor. Beschreib doch lieber, wie DU zu diesem Gedanken gekommen bist. Dann brauchst Du meines Erachtens Dir gar nichts auszudenken oder etwas zu verpacken. Wenn Du gut genug beobachtest und das gut genug schilderst, hast Du meiner Meinung nach alles, was Du brauchst - und vor allem: alles was die Zuhörenden brauchen.

Denn das einzige, um was es geht, ist, dass der Gedanke, der Dir gekommen ist, nicht aus der Luft gefallen ist, sondern einen Hintergrund hat und entstanden ist. Wenn Du den Zuhörenden quasi nur das Resultat vor den Kopf knallst, passiert das unvermittel und die Zuhörenden können entweder etwas damit anfangen oder nicht, können es glauben oder nicht. Wenn Du aber schilderst, wie es passiert ist, passiert etwas anderes: Du nimmst die Zuhörenden mit auf eine Reise - und wenn Du diese Reise attraktiv genug schilderst und die Musik passt, dann machen sie diese Reise mit - und kommen, wenn es gut läuft, von selbst auf diesen Gedanken (wenn Du diesen nicht in den Refrain packen willst, was eine andere Möglichkeit ist).

"Beschreiben, statt belehren" hat mal jemand gesagt, dessen Name mir entfallen ist. Ich finde das einen guten Spruch.

Herzliche Grüße

x-Riff
 
Hallo x-Riff,

stimme dir zu. Würde aber ergänzen, dass auch dein vorgeschagener linearer Weg (Suche nach dem Auslöser der Idee) nur in der Stoffsammlung landen könnte, falls unterwegs endlich die ultimative Idee auftaucht. Texten ist immer auch ein wenig Therapie: Keiner kennt am Anfang die Schlussdiagnose. ;-)
 
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Hallo Jongleur,
nun bin ich der Zustimmende ... :)

Die von mir geschilderte Vorgehensweise ist natürlich nicht die einzige - sie hat lediglich den Vorteil, dass man sich nichts "ausdenken" muss, sondern bei seinen konkreten Erinnerungen und Beobachtungen ansetzen kann ... wenn einem das hilft, auf Ideen zu kommen, wenn es darauf hinausläuft, dass die eigene Phantasie angekurbelt wird, dass eine Geschichte, eine Person, eine Situation auftaucht, die gut, vielleicht besser paßt, lyrischer ist, möglicherweise besser nachzuvollziehen etc. - umso besser.

Ich hatte den Anspruch, einen Gedanken künstlerisch verpacken zu wollen/zu müssen auch als Hemmnis, als Problem verstanden - und das ist halt ein Weg, bei dem man nicht auf die schöpferische Inspiration zu warten braucht, sondern ihr gewissermaßen auf die Sprünge hilft bzw. eben auch Geschichten erzählen kann wie es viele andere singer/songwriter auch machen ...

x-Riff
 
Ich hatte den Anspruch, einen Gedanken künstlerisch verpacken zu wollen/zu müssen auch als Hemmnis, als Problem verstanden -

Ich auch.

Zurecht! Denn oft gehen Inhalt und Form ja zunächst getrennte Wege: Dann stehen viel zu viele und viel zu lange Sätze in der Stoffsammlung (falls man die anlegt). Und dann wird man trotz gutem Inhalt entmutigt. Verliert die Konzentration.

In meinem Rücken stehen dutzende Bücher über 's kreatives Schreiben. Die wenigsten beschäftigen sich mit Kurzzeilen, Reimen oder Klängen. Meistens wird über dramatische Strukturen oder Schreibpsychologie gesprochen. Deshalb verstand ich gut, dass die ideengeladen Marie plötzlich angesichts vermutlicher Reimzwänge oder Silbenbegrenzungen/Zeile erschrack. Im Grunde berechtigt. Da schreibt man im Kopf bereits seinen ersten dreihundertseitigen Roman ... und muss plötzlich eine Idee in 16 Strophenzeilen und einen Refrain packen.

Wie viele kluge Köpfe haben das mehrere Tage erfolglos probiert und dann gelassen. Für immer! Gerade die klugen Köpfe! :D

Also sollten wir auch die Angst vor der Form behandeln. Im doppelten Sinne ;-)

lg
 
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