Meine Meinung: Wenn man das Tascam mit den Kugeln in der Nähe der Orgelbank auf ein normales Stativ in ca 1,50-2,00m Höhe setzt, wo man gerade noch drankommst zum Aufnehmen, dann hat man das Klappern drauf.
Das sehe ich genauso! "In der Nähe der Orgelbank" und nur max. 2m hoch ist einfach noch viel zu weit weg von dem eigentlichen Pfeifenwerk und viel zu nah an der Traktur.
Wenn man einen ähnlichen Handyrecorder mit Nierencharakteristik an dieselbe Stelle setzt und so auf die Pfeifen ausrichtest, daß die Orgelbank und der Spieltisch gerade außerhalb des Nierenbereiches liegen, hat man das Klappern wesentlich leiser drauf. [Hervorhebung von mir]
Das will mir wiederum nicht recht einleuchten.
Die Niere ist nach hinten/rückwärts hin am wenigsten empfindlich. Um also Störgeräusche möglichst effektiv auszublenden, müssen sich diese am besten genau ´im Rücken´ der Nieren befinden. Die Mikros ´schauen´ dann sozusagen mit ihrer Haupt-Einsprechrichtung in genau die entgegengesetzte Richtung.
Die meisten Orgeln die ich kenne (und ich kenne wirklich sehr viele), haben ihren Spieltisch meistens im Orgelgehäuse integriert (meistens mittig im Gehäuse, mitunter auch seitlich), oder der Spieltisch steht mittig mit etwas Abstand vor dem Orgelgehäuse, mitunter auch mit etwas Abstand seitlich. Bei Orgeln mit mechanischer Traktur ist der Abstand dieser abgesetzten Spieltische zur Orgel aber recht gering, schon um die Abstrakten nicht zu lang werden zu lassen.
Wenn die Nieren das Geräusch der Trakturen also ausblenden sollen, müssen sie von diesen weg ausgerichtet werden.
Damit wird aber das Mikrofon komplett von der Orgel weg gerichtet - nach dieser Logik müssten die Nieren zum Schiff hin ausgerichtet sein. Was natürlich absurd wäre.
Alle Spieltische die ich kenne, die wirklich weiter abseits der Orgel aufgestellt sind (manche sogar auf Rollen um sie flexibel positionieren zu können), haben eine elektrische Traktur (also im Spieltisch Schalterelemente an den Tasten und elektrische Ventile in der Orgel). Deren Spieltische machen mangels echter Mechanik aber kaum Geräusche.
Hilf aber auch nichts, weil die elektrischen Ventile in der Orgel ihrerseits alles andere als geräuschlos sind.
Mein Fazit daher nach wie vor: Die Mikros möglichst etwa mittig vor dem Pfeifenwerk und nicht zu dicht am Gehäuse, dann dominieren im Pegel die Pfeifen, und die Traktur bleibt akustisch (bestmöglich) verborgen.
Tatsächlich habe ich für eine Orgel-Produktion nur einmal Nieren als Stereomikrofonie-Set benutzt, in der Kirche St. Josef in Langenfeld. Dort steht die Hauptorgel (in Blickrichtung zum Altar) ganz rechts im Seitenschiff (ebenerdig), und das Rückpositiv/Schwellwerk hinter dem Altar rechts im Chor (Prospekt bündig mit der Wand, ebenfalls ebenerdig).
Da habe ich der Hauptorgel Nieren spendiert, und zwar gezielt, um möglichst wenig vom Rückpositiv in diesen Mikrofonen zu haben. Bei Kugeln wäre rückseitig ein viel zu diffuser Klang vom Rückpositiv eingestreut worden (es war natürlich auch in den Nieren hörbar, aber ausreichend leise).
Dem Rückpositiv habe ich ein eigenes Stereomikrofon-Set vorgesetzt, ebenfalls mit Nieren, damit hier wiederum weniger von der Hauptorgel einstreut.
Da es eine Produktion war wo kein Publikum anwesend war, gab es diesbezüglich keinen Anlass für Nieren, aber die - in dieser Form etwas kuriose und eher seltene Anordnung dieser beiden Werke suchte nach einer Lösung - für die Kugeln definitiv weniger geeignet gewesen wären.
Sollte jemand die Notwendigkeit haben, Störgeräuschquellen ausblenden zu müssen, die mehr
seitlich zur Aufnahmeachse des Mikrofons liegen, wäre die Hyperniere, je nach Winkel ggf. auch die Superniere das Mikrofon der Wahl, siehe hier:
https://sengpielaudio.com/UnterschiedHyperniereSuperniere.pdf
Überhaupt blenden Hypernieren durch ihre Verteilung der empfindlichen und unempfindlichen Bereiche im Polardiagramm am meisten Störschall aus im Vergleich zu den anderen für Aufnahmezwecke nutzbaren Richtcharakteristiken.
Zitat aus dem verlinkten Dokument:
"Die Richtcharakteristik "Hyperniere" ist gegenüber einem Mikrofon mit Kugelcharakteristik so optimiert, dass der
geringste Rundum-Raumschall aufgenommen wird, also der meiste Störschall unterdrückt wird."
(Noch mehr würden Keulen und Richtrohre ausblenden, wegen ihrer wenig neutralen Klangcharakteristika spielen sie aber für Aufnahmezwecke praktisch keine Rolle.)
Noch eine Anmerkung zu EQ und Kompressor:
Mit der
guten Positionierung und
guten Mikros (das Rode-Set sollte auf jeden Fall ausreichend "gut" sein) ist bei Orgel-Aufnahmen kein EQ-Einsatz nötig, bzw. sollte nicht nötig sein. Ebenso kommt bei Orgelaufnahmen Kompression allenfalls dann zur Anwendung, wenn die aufgenommene Dynamik so groß ist, dass sie nicht über normale Stereoanlagen reproduzierbar ist (wobei dann ein
guter Brickwall-Limiter oft die bessere Wahl ist, da er nicht "pumpt").
Beides würde ich bei Orgelaufnahmen eher nicht als "Standard" ansehen.