Electro-Voice Raven Testbericht / Review!

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EV BLUE Raven Review

Ein cooles Mic im Retro-Style, das billig ist - sollte das auch noch was taugen, wäre dies natürlich fantastisch! Da hilft eigentlich nur ausprobieren. Also habe ich mir nach langem Überlegen das Electro Voice Raven zugelegt.
Vor der Besprechung kurz noch einige Hintergründe:
1.Mein Background: Ich bin Hobby-Homerecorder, der seine ersten Erfahrungen noch mit einem Fostex-Vierspurgerät gemacht hat. Meine anderen Mikros sind ein Shure SM 58 sowie ein McCrypt Kleinmembran-Kondensatormikro mit Batteriespeisung und ein recht empfindliches Dynamisches von Kenwood, das wohl mal zu einem Tonbandgerät gehört hat. Also wie gesagt Hobby-Niveau. (Aber nichts gegen das gute alte SM58!)
2.Warum überhaupt ein dynamisches Mikro für Recording-Zwecke? Mein Audio-Interface hat keine Phantomspeisung und ich verfolge quasi eine "Null-Steckdosen-Politik". Mit Macbook pro, Interface und robustem dynamischem Mic bin ich wirklich mobil und flexibel bei der Auswahl eines geeigneten Aufnahmeraums. Außerdem denke ich, dass hochsensible Kondensatormikrofone in akustisch ungünstigen Umgebungen eventuell mehr Probleme schaffen als lösen.

Nun also los.
Die Werbung für das Mikro verspricht ja "condenser-like clarity". Kritiker können nun anmerken, dass hier einfach durch eine starke Höhenanhebung das Klangbild eines (preiswerten) Kondensatormikros imitiert werden soll. Der Frequenzumfang ist natürlich nicht so "condenser-like". Aber wie hört sich das nun in der Praxis an?
Kontrabass: Mit einer Positionierung ca. 30 cm von einem F-Loch entfernt ergibt sich ein Klang mit viel Wumms, aber auch noch holzigen Klanganteilen und Charakter. Ich werde noch mit der Mikro-Position experimentieren, aber es zeichnet sich ab, dass ich hier zukünftig mit einem Mikro auskomme, wo ich zuvor ein zusätzliches Raummikro oder aber eine gedoppelte zweite Spur mit anderer EQ-Abstimmung gebraucht habe.
Akustische Bassgitarre: Auch hier bekomme ich druckvollen Bass und "Holz" in einem Durchgang. Klingt jedenfalls besser als der eingebaute Piezo-Pickup.
Westerngitarre: Geht gar nicht, sollte man meinen. Geht aber doch. Nicht nur ich, sondern auch andere Testhörer fanden den Klang natürlich und angenehm, und das ohne (!) EQ-Nachbearbeitung. Probiert habe ich die 12/12- Methode sowie eine Ausrichtung zwischen Steg und Schalloch. Bei der Akustischen übertrifft das Raven auf jeden Fall deutlich meine Erwartungen. Macht auch Sinn, denn meines Wissens reicht der Grundtonbereich einer Akustischen bis ca. 1kHz und die Obertöne bis ca. 12 kHz. Gerade in letzterem Bereich hat das Raven eine deutliche Anhebung. Darüber fällt es allerdings recht schnell ab.
Cajon: Auch hier wollte ich eine einfache Lösung, also Snare und Bassbereich mit einem Mikro. Auch das klappt, wobei die Cajon aber schon noch EQ braucht, damit sie mehr nach Schlagzeug klingt. Das liegt aber an dem Instrument selbst. Das Raven gibt den Eigenklang der Kiste halt naturgetreu wieder, auch die eher unerwünschten Klanganteile.
Gesang: Hier zeigt sich über Kopfhörer ein etwas anstrengender Klang, der wohl mit einer Frequenzanhebung des Raven bei ca. 3 kHz zu tun hat. Hier also evtl. etwas absenken. Über bessere Boxen klingt aber auch (meine) Stimme dann gut, sehr klar, sauber und höhenreich. Das Shure bettet sich im Vergleich allerdings leichter in ein Playback ein, es klingt unauffälliger. Bei einer weiblichen Stimme waren die Unterschiede zum vorher genutzten Shure eher subtil - Shure mehr Bass, Raven dezent mehr Höhen, das Raven insgesamt etwas feiner und femininer, wenn man das so sagen kann.
Sprache: Hier zeigt das Raven noch einmal Größe. Es klingt bei dieser Anwendung, wo z.B. das Shure SM58 ja nun wirklich weniger taugt, richtig gut. Also für Podcasts eine echte Empfehlung.
Noch ein Wort zum Mechanischen: Von der doppelt beweglich Aufhängung bin ich noch nicht 100%ig überzeugt. Die Flügelschraube muss man schon recht fest anziehen, und für das andere Gelenk liegt nicht ohne Grund gleich ein Inbusschlüssel bei. Aber die Optik ist dafür natürlich toll. Schon mal die Rockabilly-Gesangsgruppe "The Baseballs" gesehen? Die benutzen im Video sowie auch live Ravens. Macht einfach was her.
Ach so: Ploppschutz bei Vocals verwenden oder schräg am Raven vorbeisingen / -sprechen! Ich nutze eine selbst gebaute Konstruktion à la Damenstrumpf über Drahtbügel. Funktioniert tadellos.

Fazit: Wer schon über gute Kondensatormikros verfügt, wird diese wohl nicht gegen ein Raven eintauschen wollen. Aber wer ein robustes dynamisches Allroundmikro sucht, soll sich das Raven ruhig mal anhören. Immerhin kostet das "amtliche" dynamische Allroundmikro, das Sennheiser MD 421, mehr als dreimal so viel. Und vergleichbar günstige Kondensatorteile wie das Studio Projects B1 brauchen dann immer noch Phantomspeisung und evtl. auch zusätzliche akustische Dämmmaßnahmen im Raum.
 
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Hallo,

mittlerweile habe ich es hingekriegt mal einen Song zu veröffentlichen, der komplett mit dem Raven aufgenommen wurde.

www.youtube.com/blackberryblossom Song: THE VISIT (Hey old lover)
Natürlich wurde mit EQ nachbearbeitet, aber der Grundcharakter wird ja doch vom Mikro bestimmt.
Also: Akustikgitarre, cleane E-Gitarre über Vox Cambridge 15, Cajon, Guiro, Shaker, Woodblock, Cabasa und Triangel sowie der Gesang wurden mit diesem Mikro aufgenommen und dann im Mac mit Garageband weiter verarbeitet.
Für mich persönlich und meine Ansprüche bestätigt sich damit der Ersteindruck, dass das Raven als günstiger Allrounder gut zu gebrauchen ist. Ich halte die 99 € für gut angelegt.
Wer übrigens die Echo-Verleihung verfolgt hat, konnte beim Auftritt der Baseballs die Mikros im live-Einsatz sehen. Also offenbar durchaus Profi-taugliche Teile, denn die Band bestritt auch ihre Tour mit den Dingern und nutzt sie demnach nicht nur wegen der Optik, sondern verlässt sich auf sie.

Okay, dann bis demnächst!
 
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Wau. Hochanständige Arbeit, dieser Song. Musikalisch gefällt es mir auch, sehr charmanter Gitarrensound, und die Cajon macht sich ebenfalls sehr gut. Ich würde sagen, man hätte es im Studio kaum sehr viel besser machen können - und das sage ich obwohl ich selbst ein Studio habe.
Dein Track ist ein sehr guter Beweis dafür, was ich gerade erst in einem anderen Thread geschrieben habe: Nicht die teure Ausstattung macht gute Musik, es bedarf vielmehr der langen Erfahrung um etwas gutes zu schaffen.
:great:
Zum Review: Ich habe mir vor einigen Jahren das Cardinal gekauft (das Kondensermic, das als rotes "Schwestermodell" des Raven verkauft wird), und habe damit auch gute Ergebnisse erzielt - vor Gitarrenspeakern und für Livegesang. Es hat sehr viel weniger Brillianz als Studiomics, sondern ist klanglich näher an typischen dynamischen Livemics. Ursprünglich sollten diese beiden Mics ja mal als das Mic "für Sie und Ihn" vermarktet werden, aber sie sind eigentlich viel mehr als das.
Hinsichtlich der Mechanik muss ich dir zustimmen was das Gelenk mit den Inbusschrauben angeht, das hätte man besser lösen können. Am besten ist es vielleicht, diese Schrauben ordentlich festzuziehen und dem Mikro so eine mehr oder weniger feste Ausrichtung zu geben. Es macht sich an dieser Mic Bauform auch ein XLR Winkelstecker sehr gut. Das untere Schwenkgelenk finde ich aber ok. Diese zwei Mikros sind ja das Ergebnis einer Zusammenarbeit von BLUE und EV, und weder für den einen noch den anderen Hersteller charakteristisch. Blue macht meines Wissens keine dynamischen Mics und EV sehr gute, hingegen ist das Gehäuse oder Teile davon eindeutig aus der Schmiede von Blue.
Wozu ich nichts sagen kann ist das Thema Feedbackfestigkeit im Liveeinsatz - ich habe das Cardinal zwar live eingesetzt, aber bisher nur einmal und da gab es keine Floormonitore. Kann jemand anderes vielleicht hier etwas aus Erfahrung beitragen?
Bei dem Sound den du alleine mit dem Raven hingezaubert hast, ist das durchaus eine Überlegung wert wenn man das nächste Mal einkaufswillig vor der Wahl steht.
 

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