• Bitte beachten! Dies ist ein Forum, in dem es keine professionelle und auch keine verbindliche Rechtsberatung gibt. Es werden lediglich persönliche Meinungen und Erfahrungen wiedergegeben. Diskussionen bitte möglichst mit allgemeinen Beispielen und nicht mit speziellen Fällen führen.

Aktuelles BGH-Urteil von heute zur Sampling-Problematik

  • Ersteller rockbuerosued
  • Erstellt am
rockbuerosued
rockbuerosued
HCA Musik-Praxis
HCA
Zuletzt hier
19.03.21
Registriert
30.03.05
Beiträge
685
Kekse
4.783
Ort
Musikakademie Schloss Alteglofsheim
Hi all,

für alle Sampler interessant - aber NOCH NICHT RECHTSKRÄFTIG! - das heutige Urteil des BGH zum Sample-Streit zwischen Moses Pelham und Kraftwerk.

Lest dazu z.B. den Artikel "Tonfetzenklau erlaubt - manchmal" aus der SZ:
http://www.sueddeutsche.de/,ra4m1/kultur/405/346243/text/

Aber lest den Artikel ganz, denn dann seht Ihr dass sich zum Schluss alles wieder arg relativiert!

lg.
 
Eigenschaft
 
das heißt also, moses p. muss dem richter lediglich klarmachen, dass er den 2-sekunden-beat seinerzeit nicht alleine gebacken gekriegt hat und dann ist er aus dem schneider?

unfähigkeit schützt vor strafe?
 
unfähigkeit schützt vor strafe?

Anscheinend schon, wenn man glaubhaft nachweisen kann, dass man nix kann :D. Wobei der genaue Wortlaut des Urteils ja noch nicht öffentlich vorliegt, sondern nur eine komprimierte Zusammenfassung für die Presse. Was natürlich Spekulationen darüber lostritt, was bei "befähigt und befugt" nun genau definiert wurde.

Pressemitteilung Bundesgerichtshof schrieb:
Eine freie Benutzung ist allerdings in zwei Fällen von vornherein ausgeschlossen: Ist derjenige, der die auf einem fremden Tonträger aufgezeichneten Töne oder Klänge für eigene Zwecke verwenden möchte, befähigt und befugt, diese selbst einzuspielen, gibt es für eine Übernahme der unternehmerischen Leistung des Tonträgerherstellers keine Rechtfertigung. Eine freie Benutzung kommt ferner nicht in Betracht, wenn es sich bei der erkennbar dem benutzten Tonträger entnommenen und dem neuen Werk zugrunde gelegten Tonfolge um eine Melodie handelt

http://juris.bundesgerichtshof.de/c...&Datum=2008&Sort=3&nr=45952&linked=pm&Blank=1
 
was mir auffällt:

das urteil sagt nicht aus ob es sich auf kompositionen oder aufnahmen bezieht.

im UrhG (Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte) wird nicht unterschieden zwischen komposition und tonaufnahme, beides wird gleich behandelt und als werk bezeichnet. dementsprechend werden komponisten genauso wie musiker als urheber bezeichnet.

sehr verwirrend, wo man im musikbusiness doch eigentlich darauf bedacht ist urheber- und leistungsschutzrechte klar zu trennen.
 
im UrhG (Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte) wird nicht unterschieden zwischen komposition und tonaufnahme, beides wird gleich behandelt und als werk bezeichnet. dementsprechend werden komponisten genauso wie musiker als urheber bezeichnet.

Sicher? Für mich waren Musiker wie die an den Aufnahmen stark beteiligten Toningeneure immer ausübende Künstler nach § 73 UrhG und auch so zu behandeln...und mMn habe ich das auch so in der musikrechtlichen Literatur so vernommen. Wie kann eine Aufnahme ein Werk sein?
 
ja, für mich auch, schließlich kassieren produzenten und tontechniker auch GVL.



ich finde verwirrend, dass nach diesem urteil:
...hat heute entschieden, dass bereits derjenige in die Rechte des Tonträgerherstellers eingreift, der einem fremden Tonträger kleinste Tonfetzen entnimmt.
in dem es es meiner ansicht nach also um die verwertungsrechte geht, später gesagt wird, dass auch §24 geprüft werden muss. ein paragraph, in dem nur der urheber und sein werk erwähnt werden.

sind urheber- und leistungsschutzrecht im UrhG nun getrennt, dann hat dieser paragraph den inhaber der urheberrechte, aber nicht den tonträgerhersteller zu interessieren, und hat in diesem urteil nichts zu suchen.

entweder das urteil schert urheber- und verwertungsrecht über einen kamm, oder das UrhG tut es. für mich undurchsichtig, ich glaube ich muss mal einen anwalt fragen.
 
Meine Auffassung ist, dass der §24 hier als zusätzlicher Tatbestand geprüft werden muss.

Im Allgemeinen ist ja in §70ff. nicht mehr das Werk selbst Gegenstand, sondern Rechte an der Verwertung. Leistungsschutzrechte sind ja Rechte, die aufgrund einer Verwertung geistigen Eigentums entstehen, und nach meiner Einschätzung von den Urheberrechten klar abzugrenzen, wo es in der Regel um das Werk selbst geht. Und eine Aufnahme ist entsprechend natürlich kein Werk sondern eine Leistung.

Das Urteil bezieht sich für mich darauf, dass die Entnahme eines Tonfetzens bereits die Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers berührt. Hier sehe ich §85 betroffen. Ist dieser Tatbestand erfüllt, ist im weiteren Schluss zu prüfen, ob nicht auch das Werk selbst (und ich denke es geht hier im Besonderen um §24 Absatz 2) durch die Entnahme des oder der Werkteile/s unerlaubt benutzt wurde.

Grüße
Marc
 
ich hab jetzt mal jemand kompetenten gefragt, zwar kein rechtsanwalt, aber jemand der sein geld mit rechteauswertung, labelarbeit und verlagsgeschäften verdient.

demnach unterscheidet das UrhG wirklich nicht großartig zwischen Urheber- und Leistungsschutzrecht. und vermutlich haben kraftwerk als inhaber der urheber- und leistungsschutzrechte geklagt, somit wird beides geprüft.
 
Labelarbeit und Verlagsgeschäfte? Hm, ohne die Person zu kennen, hätte ich auch vorher schon darauf getippt, diese Antwort zu erhalten (das ist jetzt nicht böse gemeint ;-)).

Wenn Du jetzt z.B. jemanden von einem Komponistenverband fragst, würde ich drauf wetten, dass dessen Rechtsauslegung wie selbstverständlich eine deutliche Abgrenzung der Urheber- und Leistungsschutzrechte beinhaltet.

Ich persönlich sehe zwar klare Analogien bei der Formulierung und Anwendung der Gesetztesteile hinsichtlich der einzelnen Rechte, aber auch die bereits in meinem letzten Post erwähnte Differenzierung.

Deinen letzten Satz sehe ich allerdings vollkommen genauso. Die Klage beruht sicherlich auf der Inhaberschaft beider Rechtearten.

Grüße
Marc
 
es gibt ein zweites Urteil zu diesem Fall: BGH zum Tonträger-Sampling

der bundesgerichtshof verfeinert hier was mit der einschränkung zur freien benutzung gemeint ist. diese sollte ja gestattet sein, wenn man beweisen kann, dass man selbst nicht in der lage ist, das sample nachzustellen.

im neuen urteil spricht das gericht von einem "durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten" dem "zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original bei einer Verwendung im selben musikalischen Zusammenhang aus Sicht des angesprochenen Verkehrs gleichwertig ist."

aus meiner sicht ändert sich da nicht großartig was. für amateure und hobby-bastler wird sampling wohl immer noch möglich sein, alle die das professionell betreiben müssen sich entsprechende rechte einholen.
 
Das ist mal eine eiskalte Antwort:

Als Verfassungsrichter Andreas Paulus ganz grundsätzlich fragte, ob die Forderung von Lizenzgebühren für Sampling nicht "die Beatles des 21. Jahrhunderts im Keim ersticken" würde, bat Kraftwerk-Mitglied Hütter noch einmal ums Wort: "Die Beatles-Generation zeichnet sich dadurch aus, dass sie ihre eigene Musik geschrieben hat."

Ist eine sehr interessante Debatte und das Urteil wird sehr spannend. Gerade für den professionellen Bereich wird sich ja scheinbar etwas mehr ändern.
 
Tja, wo ist die Grenze zwischen klauen, zitieren, Bezug und "Intertextuialität"? Seit jeher bezieht sich Kunst aufeinander, Filmszenen werden in anderen Filmen aufgefriffen, Lieder über Geschichten geschrieben, Literaten beziehen sich aufeinender...

Wenn Moses P einen von meinen Songs (ungefragt) verwenden würde, wär ich vielleicht auch sauer, bei einem befreundeten Musiker freu ich mich, wenn er einen von meinen Songs im Programm hat...
 
Ich muss ja sagen, ich bin hier bei Kraftwerk... aber davon ab:

Spannend wird es doch, wenn auf meiner aktuellen Seite des Atlantiks (USA) Leute sogar wegen "geklautem Funk" verurteilt werden (Thicke/Pharell und so), auf der anderen Seite (Deutschland) das Pendel der Rechtsauslegung in die andere Richtung schwingt. Dann kann ich also in Deutschland Samples klauen und verbauen, aber in den USA werde ich dafür bestraft? Wie bittesehr soll das in der Praxis aussehen?

Aber wie dem auch sei - bleibt spannend.
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Urheberrecht nicht mit Leistungsschutzrecht verwechseln, das sind zwei paar Schuhe!

Bei der Funk-Sache gings um die Komposition, bei Kraftwerk um die Rechte an der Aufnahme!
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben