Endstufe himmeln bei Standby off Spannungsspitze?

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Hallo Forengemeinde!

Ich habe jetzt innerhalb von vielleicht 4 Wochen von mehreren Mitmusikern hören müssen, daß es teilweise zum Supergau kommt, sobald vom Standby in den Betrieb geschaltet wurde.

Das bezieht sich auch nicht zwingend auf spezielle Amps (hier ging es um einen Twin, einen 1959er Marshall und einen Supro).

Nun vermute ich, daß es sich dabei um eine Konstruktionsschwäche handelt, da sich ja bei Betrieb (Standby off) schlagartig die HF-Elkos in die Endstufenröhren entladen und somit diese mit dieser Spannungsspitze himmeln.
Liege ich da richtig und gibt es da Erfahrungen?

Wäre es nicht ratsam, da eine Art "Einschalt-Verzögerung" in Form eines NTC oder ähnlichem zu verbauen?
Irgendwie diese Spannungsspitze mit Kondensator abfangen?

Oder liege ich da falsch?

Danke für konstruktive Posts.

Greetz,

Oliver
 
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Hallo Olli,

das ist ziemlicher Unsinn.
Erste Frage: Woher soll die Spannungsspitze kommen? Wenn du einen Standby hast, der vor dem Gleichrichtter sitzt, dann baut sich die Spannung langsam innerhalb einer halben Sekunde oder Sekunde auf und du hast daher keine wirklichen Spannungssprünge. Und im anderen Fall gibt es irgendein Siebglied zur Ug2 hin, das eine Verzögerung bewirkt, d.h. in dem Fall hätte man zwar eine hart eingeschaltete Anodenspannung aber eben im Einschaltmoment praktisch keinen Anodenstrom (Ug2 ist noch zu niedrig),

Ein weiterer Punkt ist, dass der AÜ als reaktives Element in dieser Schaltung nur dann relevante Selbstinduktion zeigen kann, wenn er nicht korrekt abgeschlossen ist (in der Realität ist das aber immer der Fall, es ist ja ein Lautsprecher als Last vorhanden) und somit eventuelle Selbstinduktionen nicht bedämpft werden.
Außerdem musst du bedenken, dass es sich bei den meisten Endstufen um Parallel-Gegentaktschaltungen handelt, bei denen ja im Einschaltmoment beide (!) Endröhrenseiten den selben Stromanstieg verursachen, wodurch sich der Einfluss derselben aufhebt (durch den Wickelsinn des Trafos).

Die Selbstinduktionsspannung kann außerdem beim Einschalten nicht höher werden als Ub, also so um die 450V.
Beim Ausschalten kann man sich darüber eher Gedanken machen, aber auch hier geht die Sache eigentlich bei beiden Endröhrenseiten gleichzeitig vonstatten und daher sollte es auch hier keine nennenswerte Selbstinduktion geben. Und falls doch eine Induktionsspannung auftritt, dann tritt sie am hochohmigsten Schaltungsteil auf und das dürfte in dem Fall wohl der Schalter sein, der dann abbrennt.
Um das zu verhindern, kann man an dem Schalter einen Kodnensator gegen Masse verbauen (Mesa Rectifier: 47n), der die Transiente killt.

Aber wie gesagt - normalerweise ist das alles kein Problem. Es wundert mich, wie deine Quellen darauf kommen :D

MfG Stephan
 
Es wundert mich, wie deine Quellen darauf kommen

Meine "Quellen" sind da nicht drauf gekommen:redface:. Das ist eine reine Vermutung meinerseits, die ich in dieser Form natürlich nicht geäußert habe, weil eben "ich nix Plan".

Mir wurde berichtet, daß sich jeweils direkt mit dem "Standby off" schalten die Kolben mit einem ordentlichen "Pups" im Speaker verabschiedet haben. (War übrigens doch kein Twin, sondern ein Blues Deluxe).
Der Techniker bei "Just Music" in Berlin erzählte dem Fender-Besitzer zudem von eben diesen "Transienten" (hui, das mußte ich erstmal googeln:D), die von den Elkos ausgehen würden.
Ich habe es mir zuerst als eine Art hoher Zündspannung (<-eben die tödliche) und niedriger, konstanter Brennspannung vorgestellt, aber damit liege ich ja auch total daneben, gelle.....

Aber jetzt muß ich mir Deinen Post nochmal in aller Ruhe lesen und etwas sacken lassen.

Greetz,

Oliver
 
Ein Fall ist noch drin: Beim Einschalten des Standby stirbt der Gleichrichter für die Hochspannung, so passiert in meinem Jubilee. Das hat aber gar kein Geräusch gemacht.
 
Das heißt aber nur, dass der Gleichrichter Müll war... :D

MfG Stephan
 
Das heißt aber nur, dass der Gleichrichter Müll war... :D

MfG Stephan

Denk ich auch. Irgendwie gabs in der Zeit wohl ein Qualitätsproblem beim großen M. Bei der dazugehörigen Box hats auch relativ kurz nach Kauf auch einen Speaker zerlegt. An der Leistung sollte es nicht gelegen haben, 2 G12T75 an 50W sollte Peanuts sein. Eine später dazugekaufte Box aus dem selben Zeitraum hatte auch einen Speaker tot. Gott sei Dank hab ich nicht mehr Ausfälle zu beklagen. Innerhalb von 20 Jahren find ich das Ok.

Um wieder zurück zum Topic zu kommen:

Ich hab es meinem gesammten Musikerumfeld noch nicht zu hören bekommen, das ein Amp beim Standbyschalten gestorben ist. Ok, ausser meiner, aber das war geräuschlos ;).
 
Ich hab es meinem gesammten Musikerumfeld noch nicht zu hören bekommen, das ein Amp beim Standbyschalten gestorben ist. Ok, ausser meiner, aber das war geräuschlos ;).

Naja, mir ist sowas bisher auch noch nicht passiert und ich mache schon eine Weile Krach.
Es ist mir aufgefallen, weil man sich in den Proberäumen halt über den Weg läuft und die erwähnten Mucker in der Raucherecke darüber diskutierten, ob das Stromnetz im Haus irgendeine Macke hätte.
Ist halt arg seltsam, daß es bei drei Amps innerhalb von wenigen Wochen zu dem Problem kam.

Naja, anyway.....
 
Nun vermute ich, daß es sich dabei um eine Konstruktionsschwäche handelt, da sich ja bei Betrieb (Standby off) schlagartig die HF-Elkos in die Endstufenröhren entladen und somit diese mit dieser Spannungsspitze himmeln.

Zwar ist im Grunde schon alles erklärt worden, hier möchte ich allerdings nochmal zum Grundverständnis beitragen:
Laut dem, was du schreibst, gehst du davon aus, dass mit Einschalten des Power-Knopfes die Elkos (HF-Elkos? Meinst du Hochfrequenz? Die Frequenz beträgt dort nur 100Hz..) bereits geladen werden und dann mit Umlegen des Standby-Switches auf die Anoden gelegt werden. Das ist idR nicht der Fall.
Mit Umlegen des Standby-Switches gibst du quasi die 230V Richtung Anodentrafo frei. Die bis dato ungeladenen Elkos stellen auf der Sekundärseite des Trafos für extrem kurze Zeit quasi einen Kurzschluss dar, weshalb man Softstartschaltungen verbaut. D.h., der Strom ist anfangs extrem hoch, die Spannung extrem klein. Nach den Krichhoffschen Gesetzen ist also die Spannung an den Anoden beim Einschaltzeitpunkt minimal und erreicht das Soll erst, wenn die Kondensatoren voll geladen sind (was allerdings je nach Kapazität in Sekundenbruchteilen der Fall ist). Demnach gibt es beim Einschalten der Anodenspannung kein Spannungsmaximum.

Hoffe das war verständlich :)

Gruß,
Julian
 
Mit Umlegen des Standby-Switches gibst du quasi die 230V Richtung Anodentrafo frei.


Hmm.. Das verstehe ich nicht. Der Stdby ist doch sekundärseitigseitig verbaut. D.h.vor oder nach der Gleichrichtung? Das ist aber wohl auch ampspezifisch...
 
Hmm.. Das verstehe ich nicht. Der Stdby ist doch sekundärseitigseitig verbaut. D.h.vor oder nach der Gleichrichtung? Das ist aber wohl auch ampspezifisch...

Hi,

du verwirrst mich in der Tat ein wenig, weil ich auf dein Posting hin mal nach ein paar Schaltplänen geschaut habe. Ich komme eher aus dem HF Bereich und habe immer mit Switches auf der Primärseite gearbeitet, alleine deshalb, weil Schalter für eine Spannung jenseits der 500V teuer sind.
In der Tat scheint das bei NF Amps öfter anders geregelt zu sein. Der von mir beschriebene Ablauf wäre identisch für ein Schalter VOR der Siebkette (ob vor oder nach der Gleichrichtung ist im Grunde egal). Sollte er aber hinter der Siebkette sitzen, liegt in der Tat die maximale Spannung direkt beim Umlegen des Switches an den Röhren. Ein Grund für eine Spannungsspitze in diesem Falle kann ich aber trotzdem nicht finden. Der Schalter würde in diesem Fall den Lastwiderstand von unendlich (offene Klemmen) auf einen niedrigeren Wert reduzieren, was mit einem Spannungsfall einhergeht.

Viele Grüße,
Julian
 
Hallo Julian!

Zwar ist im Grunde schon alles erklärt worden, hier möchte ich allerdings nochmal zum Grundverständnis beitragen:
Laut dem, was du schreibst, gehst du davon aus, dass mit Einschalten des Power-Knopfes die Elkos (HF-Elkos? Meinst du Hochfrequenz? Die Frequenz beträgt dort nur 100Hz..) bereits geladen werden und dann mit Umlegen des Standby-Switches auf die Anoden gelegt werden. Das ist idR nicht der Fall.

Er meint wohl HV-Elkos, also "High Voltage" - was streng genommen auch falsch ist, weil die Betriebsspannungen in einem Musikeramp meist deutlich unter 1000V liegen - und somit die Anodenspannungs-Lade- und Siebelkos.

Mit Umlegen des Standby-Switches gibst du quasi die 230V Richtung Anodentrafo frei. Die bis dato ungeladenen Elkos stellen auf der Sekundärseite des Trafos für extrem kurze Zeit quasi einen Kurzschluss dar, weshalb man Softstartschaltungen verbaut. D.h., der Strom ist anfangs extrem hoch, die Spannung extrem klein. Nach den Krichhoffschen Gesetzen ist also die Spannung an den Anoden beim Einschaltzeitpunkt minimal und erreicht das Soll erst, wenn die Kondensatoren voll geladen sind (was allerdings je nach Kapazität in Sekundenbruchteilen der Fall ist). Demnach gibt es beim Einschalten der Anodenspannung kein Spannungsmaximum.

Du hast Recht, wenn man voraussetzt, dass vor dem Gleichrichter und den Elkos geschaltet wird, also keine Stromflanken auftreten können. Es gibt aber auch Konstrukte, wo der Schalter bescheuerterweise direkt am Ausgangsübertrager liegt und da KANN es beim Ausschalten zu Selbstinduktionsspannungen kommen, wenn die Endstufe nicht absolut symmetrisch ist.

In der Regel ist das aber zu vernachlässigen, weil man eine Endstufe nur sehr schwer SO unsymmetrisch bauen kann, dass das relevant wird. Dass eine Abschaltung direkt am AÜ bei Class A Eintakt zum Inferno führen würde, das erklärt sich damit auch von selbst :)

Ich komme eher aus dem HF Bereich und habe immer mit Switches auf der Primärseite gearbeitet, alleine deshalb, weil Schalter für eine Spannung jenseits der 500V teuer sind.

Ui, ein HF-ler :)
Wenn du HF schreibst, meinst du damit Senderbau? Weil da macht man das ja wirklich oft so, dass man praktisch zwei getrennte Netztrafos hat, also einen für die Heizung einen für die Anodenspannung, von denen zumindest die Anodenspannungswicklung meist definitiv die Bezeichnung "high voltage" verdient hat.
Dass man da nicht mehr sekundärseitig schaltet, das ist klar. Bei 1-2kV an der Wicklung wird das etwas kompliziert. Und DC schalten geht da schonmal überhaupt nicht wirklich. Das müsste man dann indirekt über IGBTs/MOS-FETs machen...

In der Tat scheint das bei NF Amps öfter anders geregelt zu sein. Der von mir beschriebene Ablauf wäre identisch für ein Schalter VOR der Siebkette (ob vor oder nach der Gleichrichtung ist im Grunde egal).

Bei NF Amps kann man sparen. Man kann Schalter verwenden, die für 500V zugelassen sind und braucht daher keinen zweiten Trafo. Oft verwenden die Hersteller sogar einfache 230V-Schalter, auch wenn sie dafür NICHT zugelassen sind...auf gut Deutsch: Bei den NF-Amps kann man pfuschen, im Senderbau macht man das nur einmal...

Und die Frage vor oder hinter der Gleichrichtung würde ich so beantworten: Grundsätzlich hast du Recht, aber mir ist aufgrund eventueller Ionen, wenn da doch mal ein Lichtbogen brennen sollte, die AC-Variante deutlich lieber. Außerdem kann man da besser beide Pole abschalten als auf der DC-Seite, wo das ja eher "unschön" wäre...;)

Sollte er aber hinter der Siebkette sitzen, liegt in der Tat die maximale Spannung direkt beim Umlegen des Switches an den Röhren. Ein Grund für eine Spannungsspitze in diesem Falle kann ich aber trotzdem nicht finden. Der Schalter würde in diesem Fall den Lastwiderstand von unendlich (offene Klemmen) auf einen niedrigeren Wert reduzieren, was mit einem Spannungsfall einhergeht.

Spannungsspitze: Der Ausgangsübertrager ist induktiv, hier hast du aber beim Einschalten keine Spannungsspitze. Aber eben beim Ausschalten könnte es im worst case eine geben, wie ich in diesem Thread schon mehrmals angemerkt habe.

MfG Stephan
 
1. Ui, ein HF-ler :)
Wenn du HF schreibst, meinst du damit Senderbau? Weil da macht man das ja wirklich oft so, dass man praktisch zwei getrennte Netztrafos hat, also einen für die Heizung einen für die Anodenspannung, von denen zumindest die Anodenspannungswicklung meist definitiv die Bezeichnung "high voltage" verdient hat.

2. Spannungsspitze: Der Ausgangsübertrager ist induktiv, hier hast du aber beim Einschalten keine Spannungsspitze. Aber eben beim Ausschalten könnte es im worst case eine geben, wie ich in diesem Thread schon mehrmals angemerkt habe.

Hi Stephan!

1. Ich meine u.a. Senderbau, obwohl ich dort nicht allzuviele praktische Erfahrungen habe. Mein letztes Projekt war eine Kurzwellen-Endstufe mit 2*813 Röhren, die ich mal billig erstanden habe. Anodenspannung ca. 2,3kV, Pout je nach Band ca 800W. Da schaltest du nun wirklich nichtmehr einfach auf der Sekundärseite.. Zwar ist das mit Gebrauchtteilen nicht allzuteuer, aber nervig. Das Ausgangsrelais ist ein Jennings RF1E, das könnte man auch zum standby schalten nehmen. Aber warum kompliziert, wenns auch einfach geht ;)
In der Tat verwende ich 2 seperate Trafos. Es gibt jedoch in kommerziellen Endstufen sehr oft nur ein Trafo mit einer zusätzlichen Heizwicklung. Ist aber für Bastelprojekte, vorallem wenn man Platz hat, viel zu teuer. Mein Anodentrafo mit ca. 1,5kVA wiegt alleine 23kg ;)

Ist natürlich alles anders dimensioniert, die Röhren wollen zusammen 100W Heizung haben.

2. Na, ich hab ja nichts anderes gesagt :)
Bin allerdings mit den Ausgangsübertragern nicht allzu vertraut, bei uns gibts da nur PI-Filter zur Anpassung auf (hoffentlich) 50Ohm. Der Plattenabstand des Anodendrehkos beträgt dementsprechend rund 2mm.

Anbei noch ein kleines Bildchen.


Gute Nacht!

Gruß,
Julian
 

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