Noch ein Ökolied

Jed
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In einem anderen Thread haben wir es mit der sterbenden Erde zu tun. Besser gesagt: mit einem Lied über eine sterbende Erde.

Da entdeckte in einer Schublade bei mir einen Songtext, den ich vor 10 oder 20 Jahren schrieb. Ein kleines mythologisches Stück, das nicht über Umweltverschmutzung und Raubbau an sich geht, sondern darum, wie die schreibende, singende Zunft - also wir - damit umgeht; wie wir unsere Zeitkritik formulieren.

Damals war ich im Deutschen nicht ganz so sattelfest - Verbesserungsvorschläge erwünscht!

Der Herr und der Sänger

Eines Tages ging der Schöpfer in der Welt hienieder,
Um zu schauen nach dem Rechten, wie schon hin und wieder.
Sah sich an, was Menschen trieben
mit der Schöpfung alles;
Ärgerte und freute sich, je nach Art des Falles.

Sah die Männer in dem Walde stolze Bäume fällen,
Hörte auch ihr Jagdgetöse und die Hunde bellen.
Bergleut' wühlten unter Tage,
Abraumhalden wuchsen;
Wo die Leute Erze schmolzen, war der Himmel duster.


Einer aber stand beiseite, ab vom muntern Treiben,
Seine Miene war recht finster, und er war am schreiben.
Sprach der Herr zu ihm: "Wer bist du?"
"Herr, ich bin der Sänger,
Und die Schändung Deiner Welt dulde ich nicht länger!

"Leute, die die Bäume fällen und die Tiere töten,
Sollen aus den Liedern lernen, Schonung ist vonnöten,
Und dass Schätze dieser Erde
Allzuschnell verschwinden,
Pufft man sie so achtungslos in die freien Winde!"


Sprach der Schöpfer zu dem Sänger: "Kläglich ist dein Singen!
Hättest du bloß Instrumente, tät' es wohler klingen!"
Sprach der Sänger: "Instrumente
Tät' ich wohl begehren,
Würdest Deinem Sänger Du welche doch bescheren."

"Töte," sprach der Herr, "ein Kalb; mach' aus dem Fell die Pauke!
Und aus Hölzer edler Bäume bau' dir eine Laute!
Lass' dafür die Saiten ziehen
Aus geschmolzenen Erzen;
Spiel zum Tanz, und sing dein Lied dann für frohe Herzen!"

© John Dallas

Cheers,
Jed
 
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Der Text erinnert mich etwas an den französischen Fabeldichter Lafontaine.
Soweit, so gut.

Allerdings wenn Du das als allgemeine Beschreibung des Umgangs der Schreiberlinge mit der Umweltverschmutzung ansiehst, kann ich Dir nicht folgen.
Und Gott dabei ins Spiel zu bringen, als denjenigen, der dann fünfe wieder gerade sein läßt, finde ich geradezu verwegen. Das grenzt dann schon an Blasphemie.
Als gläubiger Christ bin ich der festen Überzeugung, dass Gott die Erde nicht erschaffen hat, damit wir fröhlich singend und tanzend diese allmählich zu einem Schrotthaufen machen!
Wenn Du an anderer Stelle Dich mit Recht beklagst über meine Äußerung zu Trump, kann ich das hier überhaupt nicht verstehen. Okay, es ist ein Text, der 10 oder 20 Jahre in der Schublade lag.

Das spricht dann wiederum für Dich. Lass ihn am besten dort wieder verschwinden.
 
Damals war ich im Deutschen nicht ganz so sattelfest - Verbesserungsvorschläge erwünscht!

Wenn manch Biodeutscher seine Sprache tät beherrschen so wie du, wär's gut um ihn bestellt. ;)

Ich finde es schlichtweg toll. Die Erzählweise, Sprache, Pointe, der Dialog ... allerliebst.

Danke für dieses Kleinod.
 
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m Feuilleton bezeichnet man damit einen Deutschen ohne Migrationshintergrund. In Umlauf g

wieder was gelernt, danke Dir! Der Begriff war mir unbekannt.

Jetzt versteh ich auch was Du damit sagen wolltest. Ich vermute mal, der Autor hat einen Migrationshintergrund und Du lobst ihn für seine Verse.

Das sehe ich übrigens genauso, hab ja auf die Ähnlichkeit zur französischen Fabel hingewiesen, aber vllt ist das bei meiner inhaltlichen Kritik zu sehr in den Hintergrund geraten.
 
@n****t,
Der Autor hat keinen Migrationshintergrund - der Autor ist Migrant. Seit Dezember deutscher Staatsbürger, aber immer noch "Bio-Ire" im strengsten Sinne der Vorsilbe Bio. (Steuerdeutscher bin ich übrigens seit über 40 Jahren.)

Cheers,
Jed
 
Lustig, in „dem anderen Thread“ wollte ich schon schreiben, dass mir der Text so zu plump ist, und dass ein songschreibendes Boardmitglied ob Energieverbrauch des gerne genutzten Internets, dem anzunehmenden Equipment-Besitzt und Wechsel, sowie der Nutzung von Instrumenten aus rohstoffhungriger Elektronik oder schwindenden Edelhölzern wohl selber an die Nase fassen muss - und da kommst Du genau damit... :great:
 
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ob Energieverbrauch des gerne genutzten Internets, dem anzunehmenden Equipment-Besitzt und Wechsel, sowie der Nutzung von Instrumenten aus rohstoffhungriger Elektronik oder schwindenden Edelhölzern wohl selber an die Nase fassen muss

Lustig. Eine (dann doch nicht ausgesprochene) Idee von mir war, besagten Text vielleicht so anzulegen, aufzulisten, welche Ressourcen man während des Schaffensprozesses verbraucht. Ich habe es mir dann aber verkniffen.

Und: Sorry für Off Topic.
 
:) Komisch, irgendwie sehe ich jetzt die ganze Zeit diese Butterwerbung vor meinem geistigen Auge... Eindeutig konsumgeschädigt.

Zu deinem Text: Der ist sehr hübsch und hat diesen hintergründigen Witz, den man in humorigen Balladen oder Bänkelgesängen manchmal findet. Sprachlich ist mir nur aufgefallen (ich hab's aber nicht nachgesehen), dass mir die Vokabel "hienieder" fremd vorkommt. Ich kenne "hernieder" und "hienieden", aber keine Kombi aus beidem. Ansonsten schließe ich mich inhaltlich antipasti an - es wäre sogar schon toll, wenn deutsche Textproduzenten nur annähernd so gut und kreativ mit ihrem Idiom umgehen könnten wie du.

LG

Nicole
 
Der Autor hat keinen Migrationshintergrund - der Autor ist Migrant. Seit Dezember deutscher Staatsbürger, aber immer noch "Bio-Ire" im strengsten Sinne der Vorsilbe Bio. (Steuerdeutscher bin ich übrigens seit über 40 Jahren.)

Danke für die Info, wusste nicht, dass Du Ire bist bzw. warst.
Dann herzlich willkommen als deutscher Staatsbürger!

Aber eine weitere Frage sei erlaubt: warum lehnst Du einen Migrationshintergrund bei Dir ab und bezeichnest Dich als Migrant?

(sorry for offtopic, so sagt man es wohl hier)
 
Aber eine weitere Frage sei erlaubt: warum lehnst Du einen Migrationshintergrund bei Dir ab und bezeichnest Dich als Migrant?

Weil er einer ist: Ein Migrant ist ausschließlich derjenige, der selbst migriert ist. Einen Migrationshintergrund haben die Nachkommen der Migranten, die hier geboren wurden - also keine Migranten mehr sind.
 
@antipasti, nur ergänzend zu dem, was du schreibst - wobei ich denke, dass Jed sich da auch noch zu Wort melden wird - "mit Migrationshintergrund" rückt m. E. auch den (potenziellen) Benachteiligungscharakter durch die Migration viel stärker in den Vordergrund, vielleicht gerade auch, weil es so eine politisch korrekte Vokabel ist. Eventuell sollte es auch deshalb differenziert werden.
 
"mit Migrationshintergrund" rückt m. E. auch den (potenziellen) Benachteiligungscharakter durch die Migration viel stärker in den Vordergrund,

Das lass ich lieber diejenigen beantworten, die eines von beiden sind. Ich weiß nicht, ob "mit Migrationshintergrund" einen höheren Benachteilungscharakter beschreibt als der Migrant selbst. Im demografischen Diskurs - ja, vielleicht schon... Es bezeichnet halt einen bestimmten, recht großen Bevölkerungsteil mit eigener Problematik.

Klar ist, dass "Menschen mit Migrationshintergrund" selbst an keinem Migrationsprozess beteiligt gewesen sein müssen. Ähnlich wie ein "Mensch mit musikalischem Hintergrund" völlig unmusikalisch sein kann. Es reicht, wenn der Opa ein Instrument spielen konnte. Ich denke, jeder aktive Musiker würde ebenfalls ganz vehement auf diese Unterscheidung pochen. Und so verstehe ich auch Jeds Hinweis.
 
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Und Gott dabei ins Spiel zu bringen, als denjenigen, der dann fünfe wieder gerade sein läßt, finde ich geradezu verwegen. Das grenzt dann schon an Blasphemie.
Als gläubiger Christ bin ich der festen Überzeugung, dass Gott die Erde nicht erschaffen hat, damit wir fröhlich singend und tanzend diese allmählich zu einem Schrotthaufen machen!

Es tut mir leid, wenn ich Empfindlichkeiten verletzt habe. Vielleicht sollte man, wenn man schon mythologisch wird, die Götter anderer Kulturen agieren lassen. Als Christ hätte ich vielleicht Zeus oder Odin auftreten lassen. Aber dann hätte es meinem Text in einem doch eher christlich geprägten Umfeld an Nähe gefehlt.

Die Entstehung des Textes ist vielleicht erwähnenswert. Ich bin wie gesagt Christ, und zwar recht bibelfest erzogen. Die Evangelien berichten, was Jesus zu oder über alle möglichen demoskopischen Gruppen gesagt hat: Männer, Frauen, Kinder, Greise, Einheimische, Ausländer, Könige, Bettler, Fischer, Bauern, Soldaten, Kaufleute, Beamte, Priester, Ehebrecher, Bauherren und, und, und - bloß Musiker kommen nicht vor!

Da fragte ich mich, warum nicht? Hat Jesus die Musiker für so vollkommen gehalten, dass er sie nicht belehren musste? Oder für so verkommen, dass sich der Versuch nicht gelohnt hätte, sie zu belehren? (Zumindest hat er uns nicht als abschreckendes Beispiel hingestellt!:great:)

Dann fragte ich mich, was Jesus wohl gesagt hätte, wenn man ihm das Stichwort "Musiker" gegeben hätte. Und es fiel mir dieser Text ein.

Cheers,
Jed
 
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Allerdings wenn Du das als allgemeine Beschreibung des Umgangs der Schreiberlinge mit der Umweltverschmutzung ansiehst, kann ich Dir nicht folgen.
Und Gott dabei ins Spiel zu bringen, als denjenigen, der dann fünfe wieder gerade sein läßt, finde ich geradezu verwegen. Das grenzt dann schon an Blasphemie.
Als gläubiger Christ bin ich der festen Überzeugung, dass Gott die Erde nicht erschaffen hat, damit wir fröhlich singend und tanzend diese allmählich zu einem Schrotthaufen machen!

Das habe ich interessanterweise ganz anders verstanden, mehr als Spiegel vorhalten. Nach dem Motto, was gibt Dir das Recht andere zu kritisieren, wo Du selber die Umwelt ausbeutest, nur um schönere Musik zu machen...
 
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Klar ist, dass "Menschen mit Migrationshintergrund" selbst an keinem Migrationsprozess beteiligt gewesen sein müssen. Ähnlich wie ein "Mensch mit musikalischem Hintergrund" völlig unmusikalisch sein kann. Es reicht, wenn der Opa ein Instrument spielen konnte. Ich denke, jeder aktive Musiker würde ebenfalls ganz vehement auf diese Unterscheidung pochen. Und so verstehe ich auch Jeds Hinweis.

Wieder mal muss ich Dir danken für die Erläuterung des Begriffs. Wie heisst es so schön? "deutsche Sprache schwere Sprache". Ok, ich hab Abi, aber während meiner Schulzeit gab es solche Begriffe wie Migranten bzw. Migrationshintergrund noch nicht, dafür den Hydranten oder die Erbtanten, ich glaub es gab sogar einen Erbtantenhintergrund, kann das aber nicht mehr beschwören... ;-)
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Dann fragte ich mich, was Jesus wohl gesagt hätte, wenn man ihm das Stichwort "Musiker" gegeben hätte. Und es fiel mir dieser Text ein.

ich glaube Dir, dass Dir so die Idee gekommen ist, aber der Inhalt der Fabel, so nenn ich das mal, geht doch eindeutig in die Richtung, die ich versucht habe zu skizzieren.

Wenn das kein anti-ökologischer Text ist, fress ich einen Besen, ehrlich.
 
Weil das zwei verschiedene Sachen sind: Ein Migrant ist ausschließlich derjenige, der selbst migriert ist. Einen Migrationshintergund haben diejenigen, die hier geboren wurden - und deren Nachfahren. Auch wenn sie mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurden.

Klar ist, dass "Menschen mit Migrationshintergrund" selbst an keinem Migrationsprozess beteiligt gewesen sein müssen. Ähnlich wie ein "Mensch mit musikalischem Hintergrund" völlig unmusikalisch sein kann. Es reicht, wenn der Opa ein Instrument spielen konnte. Ich denke, jeder aktive Musiker würde ebenfalls ganz vehement auf diese Unterscheidung pochen. Und so verstehe ich auch Jeds Hinweis.

@antipasti Genau so habe ich es gemeint!

nur ergänzend zu dem, was du schreibst - wobei ich denke, dass Jed sich da auch noch zu Wort melden wird - "mit Migrationshintergrund" rückt m. E. auch den (potenziellen) Benachteiligungscharakter durch die Migration viel stärker in den Vordergrund, vielleicht gerade auch, weil es so eine politisch korrekte Vokabel ist. Eventuell sollte es auch deshalb differenziert werden.

@Swingaling Ja, es wird m.E. im politischen Diskurs zu wenig differenziert. Der Politiker an sich malt mit breiter Pinsel.
Ich bin Ire, meine Frau ist (Bio-) Deutsche - aber unsere längst erwachsene Tochter hat erst kürzlich mit erstaunen festgestellt, dass auch sie einen "Migrationshintergrund" hat. Ihre Überraschung über das Erkenntnis, dass sie einen Migrationshintergrund hat, rührt m.E. daher, dass sie sich nie hat darauf zurückgreifen müssen, um irgendwelche Benachteiligungen zu begründen - sie war nie benachteiligt. Vielleicht liegt es daran, dass ihr Migrationshintergrund nicht auffällt. Bis auf ihren Nachnamen verrät nichts, dass sie keine "Biodeutsche" ist.
Bei Menschen deren beide Eltern (vor allem die Mutter, die für die Sprache zuständig ist) Migranten sind mit einem nicht-europäischen Aussehen, Art sich zu kleiden und Feste zu feiern, und die mangels muttersprachlicher Kenntnisse der deutschen Sprache ihre volle Bildungspotenzal nich ausschöpfen konnten, mag es anders aussehen.
Ich denke, man muss zwischen inner-europäischen und außer-europäischen Migranten und deren Nachkommen sehr wohl differenzieren. Germane, Kelte und Römer stecken in allen Europäer. Da wird es schwierig, z.B. Deutsche, Engländer und Franzosen auf ethnologischer Basis zu unterscheiden, wenn sie als zweite oder dritte Generation in einem jeweils anderen Land geboren werden.

Cheers,
Jed
 
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Ich denke, man muss zwischen inner-europäischen und außer-europäischen Migranten und deren Nachkommen sehr wohl differenzieren.

Vermutlich. In der politischen Debatte wird der Begriff ja meist in Hinblick auf die Nachkommen der "Gastarbeiter" angewandt, die in den 50er/70erjahre hierher gekommen sind.
 
ich glaube Dir, dass Dir so die Idee gekommen ist, aber der Inhalt der Fabel, so nenn ich das mal, geht doch eindeutig in die Richtung, die ich versucht habe zu skizzieren.

Wenn das kein anti-ökologischer Text ist, fress ich einen Besen, ehrlich.
Ich glaube, der selbst aufgestellte Kontext (noch ein Ökolied) ist da Schuld dran, Besen hin oder her.

Ich lese den Text so:
Da ist die normal-fleißige Bevölkerung, die alletweilen zu schaffen hat und mit ihrer Hände Arbeit ihrem Verdienst nachgeht. Und da ist der dargestellte Idealtyp des eingebildeten, dünkelhaften Kopfmenschen, der sich über die anderen erhaben sieht und erstens meint, den anderen sagen zu müssen, wie es wirklich ist (dass nämlich die Zustände zum Schämen sind), der zweitens handwerklich = gesanglich nichts auf der Pfanne hat und der sich drittens noch erdreistet im Namen Gottes zu sprechen und andere von der selbst erschwindelten Kanzel von oben herab - nun ja, was wohl? - abzukanzeln.

Der Clou dieser ganzen Konstruktion ist, dass die Mißstände nur eingebildet sind. Oder jedenfalls bei weitem nicht so schlimm, wie dieser selbsternannte Moralapostel meint. Hätte er recht, würde das nur verwirren und von der Fährte ablenken - dass es nämlich um diesen Idealtypus geht und nicht um die Zustände in der Welt.

Der lebensunfrohe, faule, eingebildete und sich dennoch moralisch über den anderen stehend fühlende Sänger wird dann von dem, in dessen Namen er zu sprechen vorgibt, nämlich Gott, eines besseren belehrt. Dieser bedeutet ihm nämlich:
"Töte," sprach der Herr, "ein Kalb; mach' aus dem Fell die Pauke!
Und aus Hölzer edler Bäume bau' dir eine Laute!
Lass' dafür die Saiten ziehen
Aus geschmolzenen Erzen;
Spiel zum Tanz, und sing dein Lied dann für frohe Herzen!"

In anderen Worten: komm von Deinem hohen Roß runter, werde Teil des Lebens und der materiellen Welt, fange an, das Leben zu genießen und mache etwas sinnvolles mit Deiner Existenz und Gabe: nämlich anderen eine Freude - denn dazu bist Du da.

Diese ganze Umwelt-Problematik ist für den Text völlig unerheblich - er ist einfach ein eingebildeter, an der Welt leidender Mensch, der auch noch andere dafür verantwortlich macht und ihnen vorhält, falsch zu leben. Für Jed´s Text ist wichtig, dass das falsche Leben und die Schuld, die das Lyrische Ich den anderen Menchen vorhält, eingebildet ist, also tatsächlich nicht da ist. Und tatsächlich ist rein sprachlich die Geschichte ins Mittelalter gesetzt: Menschen holen mit ihrer Hände Arbeit das Erz aus dem Berg - es sind nicht die Montankonzerne des Spätkapitalismus und die Jäger sind noch mit den ausgelassen wedelnden Hunden und den tutenden Hörnern auf der Jagd und weder auf einer Safari, wo die letzten Nashörner geschossen werden, noch geht es um das Ausrotten von Lebewesen oder das Artensterben. Es ist die gute alte Welt, wo die Menschen noch mit ihrer eigenen Hände Arbeit ihr Werk verrichten und wo sie nur so weit Schaden anrichten können, wie ihre (glücklicherweise) eingeschränkten Kräfte es ihnen erlauben.

Dadurch, dass Jed diesen Text aber in den Kontext eines Öko-Liedes gestellt hat - nämlich eines anderen Liedes, dessen Inhalt tatsächlich die immensen Umweltsünden anprangert, die auch real passieren, wurde er unter der Brille gelesen, dass in diesem Text auch irgendwelche Umweltsünden angeprangert werden. Ist aber nicht so.

Deswegen stellt der Text auch keinen Gott dar, der Umweltsünden gut heißt und gut heißt, dass wir alle singend und tanzend die Erde zu einem Müllhaufen machen.

Okay - so habe ich den Text gelesen und verstanden. Allerdings - das muss ich gestehen - bringt die zweite Strophe dann doch wachsende Abraumhalden und einen verdusterten Himmel zur Sprache, welche aber weiter nicht thematisiert werden - weder von Gott, der sich letztlich nur an den eingebildeten Sänger wendet und ihn heißt, froh am Leben teilzunehmen und den anderen eine Freude zu sein - noch vom übergeordneten Erzähler.
Hmmmm ... für mich ist damit eigentlich mit dieser Strophe eine für den Text unnötige Spur gelegt ... und mit dem Kontext "noch ein Ökolied" ein zweiter ...

And now to something completely different:

Dieses "hinieden" ist mir auch aufgefallen - das gibt es so nicht. Aber: man weiß, was gemeint ist und es knüpft an diesen volkstümlichen Mittelalter-Klang ran, der für den ganzen Text den roten Verortungsfaden bildet und ihn als Bänkel-Ballade zur geistigen Erbauung zum einen und zum vergnüglich-genußvollen Hören zum anderen einordnet.
Geht imho im Sinne künstlerischer Freiheit voll in Ordnung.

Dies schon weniger:
Sah die Männer in dem Walde stolze Bäume fällen,
Hörte auch ihr Jagdgetöse und die Hunde bellen.
Bergleut' wühlten unter Tage,
Abraumhalden wuchsen;
Wo die Leute Erze schmolzen, war der Himmel duster.
denn neben der für mich inhaltlich in die Irre führende Spur mit Abraumhalden und dusterem Himmel wird für mich ohne Not das gängige Reimschema der 5 Zeilen pro Strophe (AABCC) aufgegeben. Aus dem Bauch heraus:
Bergleut tief unter der Erde
holten das Erz hervor
und wo heiß es ward geschmolzen, stieg dicker Rauch empor.

Hier ist es ähnlich:
"Leute, die die Bäume fällen und die Tiere töten,
Sollen aus den Liedern lernen, Schonung ist vonnöten,
Und dass Schätze dieser Erde
Allzuschnell verschwinden,
Pufft man sie so achtungslos in die freien Winde!"
Verschwinden und freie Winde ist der saubersten Reime einer nicht und Abhilfe könnte geschaffen werden:
Und dass Schätze dieser Erde
gleich den freien Winden
nicht sollen achtlos geh´n und aus der Welt verschwinden.

Gleichwohl: eine großartige Bänkel-Ballade, sprachlich fein geschnitzt und ich vermute auch musikalisch hübsch und passend ins Werk gesetzt und feilgeboten - ob nun ohne oder mit oder neben jedem Hintergrund.

x-Riff
 
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