[Gitarre] Review Taylor Solidbody Classic

skerwo
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Kleine Vorgeschichte:

Auf der Suche nach einem Allround-Instrument für Live-Auftritte und in froher Erwartung eines bevorstehenden USA-Besuchs habe ich mich in letzter Zeit nach Gitarren umgesehen, die diesen Zweck erfüllen könnten und in den Staaten deutlich billiger zu haben sind als bei uns. Dabei waren für mich insbesondere Hersteller wie PRS, Musicman und G&L von Interesse. Durch mehrere Tests in Fachmagazinen bin ich dann auch auf die neuen Solidbodys von Taylor gestoßen. Recherche im Netz nach US-Preisen: ah ja, die sind ja zu augenscheinlich fairen Kursen zu haben. Und dann die Überraschung: die hiesigen Händler bieten die Klampfen ja zu einem noch günstigeren Preis an. Also dachte ich mir, mal ab in den Laden und testen. Als jemand, der Schraubhalskonstruktionen (Tele, Strat) bevorzugt, war für mich natürlich insbesondere das Classic-Modell von Interesse, das im übrigen auch das preiswerteste aus der Reihe ist.


Fakten:

- Korpus aus Sumpfesche, transparent weiß lackiert
- Ahornhals mit Palisandergriffbrett, geschraubt, matt lackiert
- 22 Bünde, Mensur in etwa wie bei PRS, also zwischen Gibson und Fender
- 2 Minihumbucker auf Perloid-Schlagbrett montiert
- Tone- und Volume-Poti sowie 5-Wege-Schalter
- inklusive Taylor-Rechteckkoffer mit Formeinlage

Bilder gibt’s hier: http://www.taylorelectricguitars.com/Models/ModelDetails.aspx?modelid=1


Verarbeitung und Technik:

Die gesamte Verarbeitung entspricht dem Standard, den man von dem Namen Taylor erwarten kann. Saubere Lackierung, bei der am Korpus die Maserung leicht durchschimmert. Sehr gut abgerichtete Jumbobünde mit einem 15“-Griffbrettradius. Hier gibt’s nichts zu meckern. Lediglich der Hals musste etwas nachgestellt werden. Ab Werk ist die Gitarre mit einem 10-46-Saitensatz Elixir Nanoweb ausgerüstet. Der mitgelieferte Koffer ist ordentlich, aber nichts besonderes.

Einige technische Besonderheiten hat sich Bob Taylor für diese Gitarren wieder einfallen lassen:

Die Halsbefestigung erfolgt analog zum T5-Modell mit nur einer Schraube. So wie es hier gemacht wurde, hält das trotzdem bombenfest, zumindest ich konnte hier keinerlei Nachteile dieser Konstruktion erkennen.

Die Brücke ist nicht nur optisch ein richtiges Schmuckstück. Sämtliche Einstellungen können natürlich vorgenommen werden (Saitenlage, Intonation etc.). Die Saiten werden von hinten durch die Reiter gefädelt, also kein String-thru-Body. Durch die Verrundungen ist das Spielen mit dem Handballen auf der Brücke ein absoluter Genuss. Hier stört aber auch gar nichts, das ist Komfort pur, wie überhaupt die gesamte Gitarre ergonomisch wunderbar gestaltet ist mit durchdachten Korpuskonturen. Zudem ist sie sehr leicht, ich schätze mal im Bereich von ca. 3 kg.

Die Pickups haben eine ausgefuchste Schaltung. Stellung 1 ist der Bridge-HB, 2 betreibt die inneren Spulen der HBs in serieller Schaltung, 3 verwendet den Hals-HB + innere Spule des Bridge-HB, 4 sind wieder die inneren Spulen diesmal parallel und 5 ist der Hals-HB alleine.

Das Volume-Poti agiert über den Regelweg hinweg sehr gleichmäßig und nahezu ohne Höhenverluste. Aufklaren aus verzerrten Einstellungen geht sehr gut. Das Tonepoti funktioniert auf 2/3 des Weges als Höhenblende und zum Schluss aber als Mittenfokussierung, das klingt dann in etwa wie ein feststehendes Wah-Pedal.


Sound:

Trocken angespielt resoniert die Gitarre wunderbar. Die Eigenschaften aus der Konstruktion und den Hölzern werden für meinen Geschmack bestätigt, also der schnelle Attack und ein dennoch lang anhaltendes Sustain.

Am Verstärker hat mich die Taylor in allen Pickupstellungen überzeugt. Der Steg-PU ist bissig und durchaus mittig fokussiert, lässt sich aber auch clean wunderbar einsetzen. Position 2 ist sehr kräftig und klingt bei crunchigen Einstellungen warm, vom Frequenzspektrum deutlich breiter als der Steg-HB alleine. Clean würde ich andere Schalterstellungen bevorzugen. Position 3 hat den Tele-Twang und Knack, anders kann ich das nicht beschreiben, hier kann man sowohl clean wie crunchig wunderbar teleähnliche Sounds erzeugen, die mich auf der ganzen Linie überzeugt haben. Position 4 ähnelt sehr den Zwischenpositionen einer Strat, sehr schön für funkiges oder cleane Akkordarbeit. Der Hals-HB klingt wie erwartet voll und rund, neigt aber auch bei höheren Gaineinstellungen nicht zum Matschen und singt schön. Alle Stellungen sind pegelmäßig gut angepasst, Stellung 4 hat vielleicht einen etwas geringeren Output. Generell liegen die Werte der PU sowieso im niedrigen Bereich, genauso wie ich es mag. Bis auf Stellung 3 sind alle Kombinationen brummfrei, auch bei Stellung 3 ist nur ein minimales Brummen zu vernehmen (und ich bin da in unserem Proberaum mit meinen Strats durchaus geplagt). Das Sustain ist lang anhaltend und gleichmäßig abklingend.

Die Bespielbarkeit ist hervorragend. Auf dem Hals flutscht es nur so, die Halsrückseite ist in etwa so, wie man das von Musicman kennt, also dieses absolut holzige Gefühl, sehr schön. Hier muss man nicht sonderlich um den Ton kämpfen, das Spielen wird unterstützt. Getestet habe ich die Gitarre an einem Fender Deluxe, einem Marshall JMP 1974X handwired, einem Mesa Boogie Express sowie meinem eigenen Amp, einem Berger JTM 45. Die Eindrücke waren an allen Amps sehr gut. Bei der gestrigen Probe habe ich den ganzen Abend nur die Taylor verwendet für unterschiedliche Sachen wie Classic Rock, RnR, Balladen, Oldies und Countryeskes. Alles konnte die Gitarre sehr überzeugend wiedergeben. Natürlich klingt eine Strat oder Tele bei einigen Songs noch etwas authentischer, aber ich hatte nie das Gefühl, dass etwas nicht passt. Die von mir erhoffte Flexibilität ist bei diesem Instrument mit Sicherheit gegeben.


Fazit:

Ein wirklich tolles Instrument, das Taylor hier auf die Füße gestellt hat. Ein eigener Sound, der dennoch den großen Klassikern huldigt, und es durch diese Flexibilität ermöglicht, einen wirklich breiten Bereich abzudecken. Ein Instrument für viele Fälle und eindeutig für die Bühne gemacht. Der Preis von z.Zt. ca. 850 - 900.- Euro inklusive einem guten Koffer muss da als Schnäppchen bezeichnet werden. Zum Antesten unbedingt empfohlen !! Ich selbst habe ja auch noch etwas Zeit zum Probieren, aber ich denke, dass die Taylor bei mir bleiben wird und dafür eine meiner Strats gehen muss.


Gruss Rainer
 
Eigenschaft
 
Tolles Review - tolle Gitarre :great: Werde ich sicher auch antesten müßen - klingt sehr vielversprechend.

lg,NOMORE
 
Danke, auch für die Bewertung. Und endlich mal wieder was abseits der traditionellen Normen. Bin mal gespannt, wie es mit der Reihe weitergeht. In den Staaten bietet Taylor die Gitarren ja jetzt bereits mit eigen entwickelten Singlecoils an. Bei uns konnte ich die bislang noch nicht entdecken. Gott sei Dank hat eine Firma wie Taylor durch den Erfolg bei den Akustikgitarren den finanziellen Background, sich eine gewisse Durststrecke bei den elektrischen leisten zu können. Die mehrfachen Preissenkungen hier bei uns in der letzten Zeit scheinen ja auch ein Hinweis darauf zu sein, dass der Verkauf noch nicht so wie gewünscht läuft. Schade, denn meine Erfahrung ist, dass es sich immer mal wieder lohnt, neben den etablierten Sachen auch über den Tellerrand hinauszuschauen. Sonst gäbs heute keine Firmen wie PRS.


Gruß Rainer
 
Wirklich gelungenes Review - einzig die Bilder deiner Gitarre fehlen :D... Ich würd mir die Gitarre bzw. generell die Gitarren von Bob Taylor nicht kaufen. Dies liegt nicht daran das die Gitarren schlecht sind, sondern eher daran, dass Mr. Taylor bei Scientologie ist :(.
 
... einzig die Bilder deiner Gitarre fehlen :D...dass Mr. Taylor bei Scientologie ist :(.

Eigene Bilder folgen noch, bin vor lauter Spielen noch nicht zum Fotografieren gekommen.

Dass Mr. T. Scientologe ist, war mir bislang unbekannt :confused: . Von diesem Verein halte ich nämlich mal überhaupt gar nichts. Na ja, fürs nächste Mal weiß mans dann ja. Danke für den Tipp und natürlich für die Bewertung.

Gruß Rainer
 
Die haben mich auch interessiert, danke für den Bericht. Hört sich interessant an.
 
Gutes Review!
Aber genau wie SELE vermisse ich schon die Bilder .... :rolleyes:
 
Hier die versprochenen Bilder zur Gitarre:

67ih-3.jpg


67ih-4.jpg


67ih-5.jpg



Gruß Rainer
 
So eine steht bei Checkpoint Music in Berlin. Aussehen tut sie wirklich ganz fein. Nimmt man sie in die Hand erscheint sie unheimlich leicht und handlich. Und da beginnt das Problem: Sie wirkt ein wenig wie ein Spielzeug. Im Vergleich zu einer Paula oder Singlecut ist sie einfach mickrig.

Ich kann den Hype nicht ganz nachvollziehen - ohne dass ich sie dir madig machen will. UVP 1300 ist Wunschdenken, selbst die 850 bei T. erscheinen IMHO für die etwas zu hoch angesetzt, da sie wirklich kein Luxus-Gefühl vermittelt. Zumindest wirkte es so auf mich. Schade eingentlich, ich kann deine Begeisterung nicht teilen aber das ist sicher nicht weiter schlimm... ;)

Greetz
 
Jo, Geschmäcker sind unterschiedlich, und mit einer Paula oder Singlecut ist die Gitarre auch wirklich nicht zu vergleichen. Sie ist eher etwas für Leute aus der Fenderecke, die gerne mal über den Tellerrand schielen (so wie ich). Sumpfeschekorpus, Ahornhals mit RW-Neck, geschraubter Hals, das ist etwas anderes als eine Paula.

Gerade wegen ihres geringen Gewichts liebe ich die Gitarre und hasse die Paula. Für die gelieferte hervorragende Verarbeitung (zumindest meines Modells), die durchdachten und innovativen Details und die hochwertigen Zutaten erscheint mir der Preis von 850.- inkl. eines guten Koffers nicht zu hochgegriffen, ganz im Gegenteil.

Sicher, die Gitarre ist leicht und filigran, und das wichtigste: sie klingt einfach gut, wenn man als Vergleich nicht eine Paula, sondern die Fenderecke heranzieht. Diese Sounds kann die Taylor ziemlich gut und dazu noch ein paar sehr gute HB-Sounds.

Deswegen bin ich z.B. mit einer Paula trotz mehrfachen Probierens noch nie warm geworden. Da fehlt mir einfach der Knack, die schnelle Ansprache, einfach alles zu wuchtig vom Klang bis zur Gitarre selbst.

Das schöne ist halt, dass es heutzutage für jeden Geschmack etwas gibt. Und die Taylor ist etwas für den speziellen Geschmack, so wie eigentlich alle Sachen, die ich spiele, keine "Massenware" sind. :)

In diesem Sinne

Gruß Rainer
 
Ich meinte von der Größe her. Als Werkzeug ist sie auf jeden Fall gut zu gebrauchen. Ich bin ja auch eher ein "Kämpfer" ;) und dafür ist sie einfach zu filigran, wie du schreibst. Sie bietet kaum Widerstand und ist einfach etwas zu brav und niedlich - bezogen auf meine Körpergröße, natürlich... ;)

Klar, wenn man mit der Gitarre nicht warm wird, dann ist jeder Preis zu hoch - vergiss' bitte, was ich darüber geschrieben habe...:redface:

Greetz
 
Ich meinte von der Größe her. Als Werkzeug ist sie auf jeden Fall gut zu gebrauchen. Ich bin ja auch eher ein "Kämpfer" ;) und dafür ist sie einfach zu filigran, wie du schreibst. Sie bietet kaum Widerstand und ist einfach etwas zu brav und niedlich - bezogen auf meine Körpergröße, natürlich... ;)
Greetz

Vom Eindruck her war die Taylor für mich vom Handling her ziemlich ähnlich zu einer Musicman Silo Special, die hat auch so einen kleinen Korpus und etwas "anschmiegsames". Dass das nicht jedermanns Sache ist, ist klar, sonst würde ja keine alte Sau mehr Paulas oder Jazz-Mamas spielen ;).

Gruß Rainer
 
Hey Rainer !

Fines Review !! Dafür gibts Punkte !

Mir gehts übrigens genauso wie Dir. Suche auch ne Paula, aber alles in allem ist mir die Dame zu wuchtig im Tone (egal welches Modell) und zu übergewichtig. Bin auch ein Fender (Strat/Tele) Player.

Die Taylor Solidbody werd ich mir auf jedenfall mal näher Anschauen !
 
Hey Rainer !

Fines Review !! Dafür gibts Punkte !

Mir gehts übrigens genauso wie Dir. Suche auch ne Paula, aber alles in allem ist mir die Dame zu wuchtig im Tone (egal welches Modell) und zu übergewichtig. Bin auch ein Fender (Strat/Tele) Player.

Die Taylor Solidbody werd ich mir auf jedenfall mal näher Anschauen !

Danke für die Bewertung :) . Wenn ich jetzt nach einigen Wochen ein Zwischenfazit zur Taylor ziehen soll, muss ich feststellen, dass ich immer noch schwer begeistert bin von der Vielseitigkeit der Gitarre. Ich habe jetzt schon einige Gigs ausschließlich mit der Taylor gespielt und konnte Sounds von Country bis kräftigen Rock problemlos abdecken. Gesamt betrachtet würde ich sagen, dass die Classic auf jeden Fall die Fender-Ecke ziemlich gut abdeckt. Für den klassischen LP-Sound fehlts etwas an der Wärme und Tiefe im Bass, aber das war bei einem Eschekorpus + Ahornhals nicht zu erwarten. Dennoch bekomme ich insbesondere über den Hals-HB schon sehr ähnliche Sachen hin, wirklich toll. Außerdem habe ich jetzt auch die zweite Schalterposition für Cleanes entdeckt. Hier kommt es super, wenn man das Volumenpoti leicht zurücknimmt, dann geht auch hier clean wirklich klasse und mit ordentlich Druck.


Gruß Rainer
 

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