Was analoges zu Weihnachten...

  • Ersteller MrNicHoe
  • Erstellt am
M
MrNicHoe
Registrierter Benutzer
Zuletzt hier
16.08.17
Registriert
10.09.12
Beiträge
172
Kekse
225
Hallo Community,

Ich denke darüber nach, mir einen Arturia Minibrute zu Weihnachten zu gönnen.
Hierbei handelt es sich um einen komplett analogen Synthesizer.

Meine Frage an Euch wäre, ob es sich überhaupt lohnt, mit so einem Gerät vertraut zu werden, da ich zumal einige Software Synthies benutze. Und wenn ja: Warum ist dieses "analoge" so besonders?

Liebe Grüße und Danke für alle Antworten!
 
Eigenschaft
 
Da hilft nur in ein Geschäft gehen und möglichst viele Geräte vergleichen. Zu erklären ist das schwierig, das muss man hören und dann für sich selbst entscheiden.

Es ist aber nicht abzustreiten, das um Analoge Synthesizer momentan ein gewisser Hype entstanden ist (man muss sich nur mal die Preisexplosion von allem was irgendwie "analog" ist, auf Ebay in den letzten Jahren anschauen). Davon abgesehen ist der Minibrute, ob analog oder nicht, ein interessanter Synthesizer mit eigenständigem Klang.

Chris
 
Ganz signaltheoretisch liegt der Unterschied zwischen analog und digital in der Beschaffenheit des Signals.

Diskretisierung der Werte
Ein analoges Signal kann innerhalb gewisser Grenzen z.B. 0 und 5 Volt beliebige Werte annehmen. Als Beispiel 2,345V oder auch 1,23455689883774V. Ein digitales Signal ist dagegen in seiner Auflösung eingeschränkt. Bleiben wir als Beispiel bei einer Obergrenze von 5 Volt und erzeugen uns ein Signal mit einer Auflösung von 8 Bit. Dann kommen wir auf 2^8 = 256 mögliche Werte die das Signal annehmen kann. Damit ist der kleinste Schritt, den das Signal zwischen zwei Werten machen kann, auf 5 Volt / 256 = 19,5mV festgelegt. Daher die Bezeichnung diskret.
Zwischen 0 Volt und 0,0195 Volt ist es demnach nicht möglich, ein Signal zu erzeugen. Hier entsteht eine sogenannte Diskretisierungsstufe, also eine Lücke, die es bei einem analogen Signal nicht gibt. Analoge Signale sind kontinuierlich.

Diskretisierung der Zeit
Das selbe gilt für die Zeit: Jedes digitale Signal wird mit einer bestimmten Wiederholfrequenz verarbeitet. Man kennt den aktuellen Wert eines Signals also nur zu bestimmten Zeitpunkten.
Nimmt man zum Beispiel aller 10ms einen Wert auf, dann gibt es zwischen diesen Zeitpunkten keine Information - es entsteht eine Lücke. Versucht man für 15ms ein Ergebnis zu bekommen, existiert kein Wert, da es exakt zwischen 10ms und 20ms liegt. Bei analogen Signalen ist dies kein Problem. Zwischen zwei Zeitpunkten, auch wenn der Abstand noch so gering ist, existiert immer ein weiterer Wert.

Diskussion
Was hat das nun alles mit echten Analogen vs Software zu tun? Ein aktueller Rechner ist per Definition ein digitales System und verarbeitet intern wert- und zeitdiskrete Daten. Dies hat zur Folge, daß jedes Signal eines Software Instruments IMMER Lücken sowohl in den Werten als auch in der Zeit aufweist. Für uns klingt das Signal aber trotzdem nicht abgehackt oder verfremdet, da wir am Ende stets ein analoges Signal hören. Die sogenannten Digital / Analog Wandler einer Soundkarte erzeugen aus den digitalen Signalen wieder analoge Signale. Diese lassen sich dann z.B. über einen Lautsprecher hörbar machen.

Woher kommen nun aber die fehlenden Informationen zwischen zwei Werten? Dort sollten doch überall Lücken sein, schließlich weiß der Computer nicht was zwischen 10ms und 20ms liegt. Das Schlüsselwort hier heißt Interpolation, der D/A Wandler muß die fehlende Information erschaffen. Dafür gibt es mehrere Verfahren, als einfachstes sei die Mittelwertsbildung genannt. Siehe Abbildung.
D/A und A/D Wandlern kommt daher eine enorme Bedeutung zu, entsprechende Geräte können sehr viel Geld kosten.

Erkenntnis
Mit diesem Wissen gerüstet, ist hoffentlich auch der Unterschied zwischen Analog und Software klar. Software kann niemals das gleiche Signal erzeugen wie ein analoger Synthesizer, es gibt stets Lücken in den Werten und der Zeit. Die enorme Steigerung der Klangqualität heutiger digitaler Synthesizer und Software Instrumente ist dem Bestreben zu verdanken, diese Lücken ständig kleiner werden zu lassen.

Bei diskreten Werten wird die Auflösung erhöht, so sind wir von den frühen 8bit über 16bit heute bei 24bit mit festen Werten oder 32bit mit variablen Fließkommas gelandet. Um die Lücken in der Zeit zu verkleinern, wird die Frequenz erhöht - hat man irgendwann einmal mit 22,050kHz und weniger angefangen, sind wir heute über 44,1kHz und 96kHz bei mittlerweile 192kHz angekommen. Tendenz steigend.

Soweit die Theorie, jetzt beginnt das Graswachsen. Das menschliche Gehör kann natürlich nur einen bestimmten Bereich von Werten voneinander unterscheiden und benötigt ebenfalls eine gewisse Zeit, um ein Signal zu erfassen. Liegt nun die Auflösung und Wiederholfrequenz des Signals über dem, was das menschliche Gehör maximal unterscheiden kann, dann hören wir theoretisch keinen Unterschied mehr. Allerdings wird Musik nicht allein durch das Gehör wahrgenommen, der gesamte Körper ist dabei beteidigt.

Psychologie, Vorurteile, Erwartungshaltungen und viele andere Faktoren spielen dabei ebenso eine Rolle. In der Praxis entscheidet jeder selbst und wie Chris eingangs schrieb: es geht letztenendes um den Klang. Wenn das Resultat überzeugt, spielt analog oder digital meiner Meinung nach keine Rolle mehr! :great:
 

Anhänge

  • Signaltheorie.png
    Signaltheorie.png
    16,4 KB · Aufrufe: 246
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 12 Benutzer
Okay, danke für die ausführliche Erklärung!

Ich werd mal schauen, ob ich das irgendwo finden kann, dann werd ichs mir anhören.
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben