[Amp] Mesa/Boogie JP-2C - Reissue eines Klassikers mit modernen Features?

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Mesa/Boogie JP-2C

Wie die meisten Leute sicherlich mitbekommen haben, ist der Boogie JP-2C der Signature Amp des Dream Theater Gitarristen John Petrucci.
Der Amp wird auch als Re-Issue des Boogie Mark IIC+ vermarktet! Mesa Boogie verspricht dies jedenfalls auf der Homepage, wird der Amp dem Klassiker gerecht?


20220106_101722 1280.jpg



Die Antwort dazu ist ganz klar: "Es kommt drauf an...."
Lasst mich diesbezüglich mal auf das Original eingehen, an das der JP-2C angelehnt ist.

Mesa/Boogie Mark II
Die Mark II Boogies sind ungefähr von 1978 bis 1984 hergestellt worden. Das große neue Feature des Mark II gegenüber dem Mark I ist, dass man nun zwei Kanäle zur Verfügung gehabt hat, die man per Footswitch wechseln kann.
Das sollte man sich aber nicht vorstellen, wie bei modernen Amps, dort sind das ja meistens komplett getrennte Signalwege, bei denen auch jeder Kanal noch getrennte Tone Stacks/EQs hat!
Nein, damals sind quasi eine oder mehrere Gainstages im gleichen Signalweg rein- oder rausgeschaltet worden, und es hat passend dazu auch nur einen globalen EQ gegeben.

Außerdem sind die Boogies dieser Ära quasi Semi-Custom auf Bestellung gebaut worden, sprich man hat seine Wünsche aus einer Liste angekreuzt und dann ist der Amp mit den gewählten Optionen gebaut worden.
Daher liest man auch gerne mal Kürzel wie HRG, SR oder KG , wenn man sich mit Mark II Boogies beschäftigt, diese schlüssle ich euch mal kurz auf:


  • D = "Dual" =Simulclass Endstufe (Triode, vier Endstufenröhren, ein paar läuft in Class A, ein paar in Class A/B, und das simultan)
  • G = "Graphic" =grafischer Equalizer
  • H = "Hundred" = 100 Watt Endstufe (Pentode, 4 Endstufenröhren)
  • K = "Kill" (kein Scherz) = 180 Watt Endstufe (Pentode, 6 Endstufenröhen)
  • R = "Reverb" = Federhall
  • S = "Sixty" = 60 Watt Endstufe (Pentode, 2 Endstufenröhren)
  • X = "Export"= Export Transformer (internationale Version, 100 - 240 Volts einstellbar)

Normalerweise sind die Kürzel folgender Reihenfolge: Endstufe, Hall, EQ und Trafo. (Beispiel: ein DRG ist Simulclass, hat einen eingebauten EQ, und einen eingebauten Federhall, ein SGX wäre ein 60 Watt Amp,
und dem internationalen Transformer)

Die Simulclass Endstufen klingen etwas harmonisch komplexer und breiter, die klassischen Class A/B Endstufen im Gegensatz fokussierter und solider in den Mitten.



B? C? C+? C++?
Desweiteren gibt es bei den Mark IIs diverse Revisionen, um, unter anderem bekannte Probleme zu lösen (z.B. hat die Urversion Mark IIA ein Knallgeräusch beim Umschalten zwischen den Kanälen verursacht).
Teilweise sind schaltungstechnisch auch Stages an andere Stellen im Signalweg gewandert (z.B. der FX-Loop) oder der Amp ist vom Voicing angepasst worden.

Die bekannteste bzw. begehrteste Revision ist C+, daher auch der Name "IIC+". Diese ist von 1983 bis 1984 gebaut worden, ungefähr 2500 Stück, viele natürlich ohne Export Trafo. Der Amp ist eh schon selten,
für Leute, die in 200+ Volt Ländern wohnen ist es dadurch extrem schwer einer dieser Amps zu ergattern

Desweiteren sind Mark IIBs und Mark IICs gerne bei Mesa/Boogie zu C+ Specs umgebaut worden, außerdem es gibt noch eine sehr seltene Variante davon, der C++.
Der Mark IIC++ hat bissigere obere Mitten und nochmal mehr Gain, und klingt noch brutaler, dafür opfert man leider auch etwas des tollen Clean-Sounds.
Der Mark IIC ist die unbeliebteste Version des Amps, und wird daher auch gerne IIC- genannt, fast alle davon sind AFAIK zu IIC+ umgebaut worden.
Auch heute noch kann man bei Mesa/Boogie sein IIC+ oder auch seinen Boogie Mark III zu IIC+ bzw IIC++ Specs modden lassen.



Warum erzählich ich euch das Ganze?
Meiner Meinung ist das für das Verständnis, was der JP-2C alles beinhaltet, bzw welche Funktionalität er erfüllt, ziemlich relevant. Der Amp ist von der Schaltung authentisch,
aber nach dem kurzen Exkurs werden sicher Unterschiede auffallen, die erklären, warum der Amp für die einen genau das ist, was sie sich schon lange gewünscht haben,
während andere enttäuscht davon sind, dazu aber später mehr.

Ich gehe erstmal kurz auf das Kontroll-Layout vom Original ein, dann gehts zum JP-2C:



C+.jpg



Was zuerst auffallen dürfte, ist dass es bei fast jedem Poti eine Pull-Funktion gibt, man keinen Presence Knopf findet, und "Gain" gibts irgendwie auch nicht.
Der Presence Knopf befindet sich in diesem Fall auf der Rückseite, Gain ist in diesem Fall in zwei Potis aufgeteilt, Volume 1 und Lead Drive.
Volume 1 ist das, was bei anderen Amps der klassische Gainregler ist, Signalempfindlichkeit direkt nach der Input-Stage.
Lead Drive ist an einer späteren Stelle im Signalwegs des Amps, eigentlich ist das so gedacht gewesen, dass man mit Volume 1 sein Clean-Kanal einstellt und mit Lead Drive sein Lead Gain.

Das ganze funktioniert aber dummerweise nicht so, wie man sich das vorstellt, weil es, wie schon erwähnt keine echten zwei getrennten Kanäle sind.
Sprich ist Volume 1 niedrig eingestellt, und man dreht den Lead Drive auf, hat man trotzdem nicht viel Gain, da der eine Regler den anderen beeinflusst. Das bereichert zwar die klanglichen Möglichkeiten,
da es logischerweise anders verzerrt, jenachdem, wie man die regler passend zueinander einstellt.

Außerdem dürfte bei den Potis die Pull-Optionen auffallen. Diese machen imprinzip das, was draufsteht, die beiden Pull-Bright sind Bright-Switches, Treble-Shift verschiebt das Höhenspektrum-Spektrum etwas nach unten.
Der Bass-Shift erhöht den Bass am Anfang des Signalwegs, Pull-Deep hat die gleiche funktion, nur deutlich später im Signalweg. Pull Lead ist einfach nur der Kanalumschalter, wenn man keinen Fußschalter am Amp hat.


Zurück zum JP-2C!
Wenn wir uns jetzt mal den JP-2C ansehen, sieht das Layout komplett anders aus, man erkennt drei 6er Blöcke, die fast identisch aufgebaut sind. Diese spiegeln die drei Kanäle wider, die dieser Amp besitzt.
Vom Konzept her bekommt man hier zweieinhalb Mark IIC+ Amps (drei Kanäle, zwei EQs). Die zugehörigen EQs kann man jedem Kanal individuell zuweisen (Beispiel Kanal 1 -> EQ 2, Kanal 2 -> kein EQ, Kanal 3 -> EQ 2)

Klanglich bekommt man übrigens nur zwei Sounds, obwohl der Amp drei Kanäle hat! Jetzt fragen sich einige, zwei Sounds, aber drei Kanäle? Es gibt kein Low Gain Crunch-Kanal beim JP-2C, also man hat nur Clean und Hi-Gain.
Der zweite und der dritte Kanal sind quasi klanglich identisch gespiegelte Kanäle, die man nach belieben einstellen kann. Sind beide gleich eingestellt, ist der Sound fast identisch.


20220106_101832 1280.jpg



So klar und simpel das Layout beim JP-2C auch ist, es dürften Fragen im Raum stehen:
  • kein Volume 1, kein Lead Drive, aber Gain?
  • keine Pull Brights, keine Pull Shifts, kein Pull Deep? Aber Pull Presence, und Pull Gain?
  • Was sind das für EQ-Settings? Treble 10, Mids 6, Bass 1, das klingt?
Gain ist bei Kanal 2 und 3 das, was beim IIC+ der Lead Drive Regler ist. Volume 1 ist intern fixiert und daher nicht frei einstellbar. Beim Clean Kanal ist Gain Volume 1, da Lead Drive nur im Lead Mode aktiv ist.
Die Pullfunktionen kann man auch nicht einstellen, diese sind auch intern fixiert. Bei Kanal 2 und 3 ist alles, außer der Pull Shift vom Bass-Poti daueraktiviert, beim Clean Kanal bin ich mir nicht ganz sicher.
Dort dürfte aber nur Pull Shift des Bass Potis aktiviert sein.
Volume 1 ist bei Kanal 2 übrigens auf 6 fixiert, bei Kanal 3 auf 7.5, das ist der einzige Unterschied zwischen den zwei Gain-Kanälen, ein etwas höherer Volume 1 Wert.
Pull Gain ist eine neue Funktion, die erhöht Volume 1 bei Kanal 2 auf 7.25, bei Kanal 3 auf den Wert 9, damit kommt man aber immerhin auf vier verschiedene Volume 1 Werte, die man abrufen kann.

Pull Presence ist eine "Signature-Funktion" des JP-2C, die es erlaubt ein alternatives Presence-Voicing zu aktivieren, das klassische Mark II Voicing ist übrigens im gezogenen Zustand aktiv!
Bei Mark II Boogies ist Presence normal relativ ätzend und giftig, macht aber gleichzeitig auch die typischen Sound aus, der relativ sägende obere Mitten hat und in den Höhen einen Tick stumpfer wirkt im Vergleich zu anderen Amps.
Das alternative Presence Voicing erinnert mich deutlich mehr, an den Presence-Regler von nem Marshall Amp, es ist deutlich milder, die Mitten verlieren etwas an Dichte, dafür wirkt der Amp damit klanglich obenrum offener bzw. größer.

Was die EQ-Einstellungen betrifft, ja das sind realistische Einstellungen, das so ziemlich für alle Mark Amps vom Mark II bis zum Mark V, der Grund dafür liegam Schaltungsdesign.
Viele EQs basieren auf dem klassischen Marshall Tonestack, und das kommt in der Regel nach allen Gain-Stages des jeweiligen Amps. Bei den Boogies ist die Klangregelung aber direkt nach der Input-Stage,
also noch komplett vor der Verzerrung.
Im Klartext bedeutet das, dass man die Regler nicht für die eigentliche EQ-Anpassung benutzen kann, es seidenn man benutzt den Clean-Kanel. Bei den Gainkanälen haben die Regler einen anderen Effekt,
ich würde sie in dem Fall eher mit "Attack" (Treble) , "Thickness" (Mids) und "Tightness" (Bass) betiteln.
Treble beeinflusst die Aggressivität der Verzerrung, und damit indirekt auch, wieviel Verzerrung am Ende rauskommt. Mids macht den Sound dicker oder klarer, jenachdem ob man den Regler rauf oder runterdreht.
Und ja Bass, der beeinflusst die Straffheit, wobei der Regler den Klang relativ schnell matschig machen kann.

Man kann also damit sein Spielgefühl und sein Klang zusätzlich noch formen. Hat man zum Beispiel bei einem Kanal mehr Gain gewählt, und es klingt dadurch nicht definiert genug, dreht man einfach die Mitten runter.
Ist der Sound super straff und fühlt sich dadurch aber sehr steif und unlebendig an, dreht man etwas Bass rein. Soll die Verzerrung weicher werden, dreht man das Gain rauf, gleichzeitig aber Treble runter.

Das erklärt dann auch sofort die Beliebtheit des Grafischen EQs bei den Boogie Mark Amps, weil irgendwie muss man ja noch seinen Klang formen können. Anstatt drei Regler, gibts beim grafischen EQ halt fünf.
Außerdem sind die EQs aktiv, also im Gegensatz zum klassischen Marshall EQ, kann man die dort geregelten Frequenzen auch boosten.
Durch die zwei zusätzlichen Regler, kann man noch die Tiefmitten und die oberen Mitten beeinflussen, dadurch bieten sich viele Anpassmöglichkeiten an die jeweiligen Klangwünsche oder das vorhandene Equipment.

Der typische Badewannen EQ eigentlich auch ganz normal, da das Gain-Voicing der Mark-Serie sehr mittig und auch relativ komprimiert ist. Macht man zum Beispiel den EQ aus, bei den Einstellungen,
die man in den hier gezeigten Fotos findet, klingt der Verstärker, wie klassischen "AM-Radio".

20220106_101748 1280.jpg



Betrachtet man nun das Kontroll-Panel der grafischen EQs beim JP-2C, springen einem noch die vier Mini-Toggles, ins Auge, die um die EQs platziert sind.

Zuerst ist oben links der FX-Schalter, mit diesem kann man den integrierten Effektweg ein- oder ausschalten. Der FX-Loop ist, wie beim Original seriell ausgeführt, allerdings ist der beim IIC+ immer an gewesen.
Man hat also beim Original keinen Hardware-Bypass, wie hier, für authentischen IIC+ Sound sollte man den also eingeschaltet lassen.
Eine wichtige Info zum FX-Loop , der ist an genau der gleichen Stelle, wie beim Original, und das ist nach dem Federhall. Sprich läuft ein Chorus und der Federhall ist an, wird der Hall mitgechorust,
solche Situationen sollte man mitberücksichtigen.

Der zweite Schalter auf der linken Seite schaltet den Federhall ein oder aus, zu diesem befinden sich auf der Rückseite drei Potis, es lässt sich zu jedem Kanal die Lautstärke des Reverbs anpassen.
Der Federhall klingt etwas anders, als ich ihn z.B. von einem alten Boogie Mark kenne, aber ist gleichzeitig auch einer der besten, die ich je gehört habe.

Oben rechts der Mini-Toggle schaltet den Amp einfach nur durch die einzelnen Kanäle durch, ist im Studio oder wenn kein Fußschalter angeschlossen ist, bestimmt hilfreich.

Der letzte Mini-Toggle schaltet "Shred" an und aus, da kommt sicher auch die Frage auf, was zum Geier ist das?
Shred ist das zweite Signature Feature des Amps, dahinter versteckt sich aber nichts anderes, als ein in den Amp integrierter Tubescreamer, der passend zum Amp auf Petruccis Bedürfnisse gevoiced ist.

Damit ist Bedienkonzept und die Umsetzung abgearbeitet, evtl ist beim betrachten der Bilder die Aufschrift "FS" bzw "MD" aufgefallen.
Der Amp kommt natürlich auch mit einem passenden Footswitch.


20220108_114435 1280.jpg



Der Footswitch hat sechs Schalter, man kann die Kanäle durchschalten, die EQs aktivieren und den Reverb an und ausschalten. Was mich beim Footswitch irritiert, ist, warum hat der sechs Buttons?
Wenn das ein Fußschalter mit acht Schaltern dabei gewesen wäre, hätte man noch Shred und den FX Loop schalten können, dann wären alle schaltbaren Features dabei gewesen,
die man auch an der Gerätefront schalten kann.

Als zweite Fernsteuerungsmöglichkeit kann der Verstärker auch auf Midi Befehle reagieren, dazu hat der Amp auf der Rückseite einen Midi In und einen Midi Thru/Out, den Midi Kanal kann man einstellen.
Dort lassen sich dann alle Funktionen schalten, die an den Mini-Toggles des Verstärker mit "MD" gekennzeichnet sind.

Desweiteren befindet sich auf der Rückseite, neben den üblichen Speaker Outs auch noch eine Cabinet Simulation mit Kopfhörer Ausgang, XLR Ausgang und einem Dummy Load,
um den Amp ohne Cabinet betreiben zu können. Die Idee ist nett, rein klanglich ist diese Funktion aber unterirdisch. Gefühlt klingt jede Impulse-Response, die man laden kann,
deutlich besser, als diese integrierte Lösung.

Als Speaker Outs gibt es 16Ohm, 8Ohm und 4Ohm, interessant ist hierbei, dass das Original keinen 16Ohm Ausgang gehabt hat. Wer authentischen Mark IIC+ Sound möchte,
aber z.B. ein Marshall Cab oder irgendein anderes 16Ohm Cabinet benutzt, sollte das in den 8Ohm Ausgang stöpseln.
Der Impedanz-Mismatch gehört auch hier definitiv zum Sound des Originals! Die Höhen werden dann etwas runder, die Bässe schieben sich mehr in den Oberbass/Tiefmittenbereich,
mir fällt dazu nur das Wort "chunky" ein.

Es gibt noch einen 100/60Watt-Schalter, im 60 Watt Modus klingt der Amp etwas schöner und komplexer in den Mitten, im 100 Watt Modus, gibts deutlich mehr Tiefmitten und eine Schippe extra Brutalität.

Ansonsten ist auf der Rückseite neben den Röhren eigentlich nur noch ein verhältnismäßig gewaltiger Output Trafo zusehen. Für den hat Mesa/Boogie afaik einen Original C+ geopfert,
um die Trafos originalgetreu nachbauen zu können, allerdings ist wohl die B+ Spannung etwas niedriger, als beim Original.

Die Endstufe des JP-2Cs ist die "H" Version, sprich die klassische 100Watt Class A/B Version ohne Simulclass Trafo.


Wie ist die Kiste denn jetzt klanglich und allgemein?
Leider hab ich kein Mikrofon und auch kein Mic Pre, evtl mache ich nachträglich noch einene Handyaufnahme oder ähnliches aber fürs erste muss da wohl die Beschreibung genügen.

Kanal 1:
Der erste Kanal ist, wie vorhin schon erwähnt, Clean, und zwar immer, selbst mit Gain auf rechtsanschlag. Ist klanglich klassisches Fender Blackface Clean, halt komplett ohne Breakup und nicht ganz so sparkly.
Wirkt erstmal unspektakulär, aber wenn man das Gain relativ hoch hat, klingts ähnlich, als hätte man einen Kompressor eingeschaltet. Der Gitarrensound wird schön angedickt, aktiviert man dazu noch den Federhall,
geht klanglich schon irgendwie die Sonne auf. Ist auch eine sehr gute Basis für Chorus-Cleansounds oder 80s-Sessionplayer-Pitch-Detune-Cleansounds. Schönes IIC+ Clean.

Kanal 2/3
Im Gegensatz zu Kanal 1 kommen die Kanäle aber nicht vom IIC+, sondern vom IIC++, sprich der Amp hat das aggressivere Voicing der C++ Revision. Für Fans von Metallica,
John Sykes (Whitesnake Ära), Dream Theater und Leute, die allgemein auf 80s Higain stehen, dürfte das der Himmel auf Erden sein, gerade mit den voreingestellten Pull-Optionen.
Eine aggressivere, fiesere und gainigere Version des Mark II Sounds bekommt man nicht.
Also wenn man sich damit, und mit den vorgegebenen Volume 1 Werten arrangieren kann, ist das definitiv die ultimative Mark IIC+ Kiste.

Gefällt einem das C++ Voicing aber nicht, oder man sucht eher die Mid Gain, etwas Dumble-isheren Sounds, die ein originaler IIC+, hat man aber komplett verloren, gibt der Amp nicht her.
Die vorgewählten Pull Optionen begünstigen Hi-Gain Sound zwar deutlich, aber wer Pull Master Deep nicht mag und lieber ein etwas rockigeren Bass hat, kann genau diese Optionen aber nicht umstellen.
Genau diese Leute dürften dann enttäuscht sein, wenn Sie sich ein Mark IIC+ Reissue wünschen.

Das zweite Presence Voicing und Shred in Kombination ergibt übrigens sehr coole Sounds, die auch etwas mehr an 80er Jahre frisierte Marshalls erinnern.

Für alle, die mit dem Mesa Mark Sound nicht vertraut sind, die Verzerrung ist sehr mittig und komprimiert gevoiced, die Höhen relativ glatt und polished, die Mitten sind superdick und saftig, der Bass ist sehr straff. Im Oberbass-/Tiefmittenbereich ist die Kiste richtig punchy und muskulös, die oberen Mitten haben eine eher sägende Qualität. Da die Höhen eher weicher wirken, klingen komplexe Chords und Single Notes auch mit sehr viel Gain von den Obertönen toll.


Kurzes Fazit
Ich bin mit dem Amp extrem zufrieden, da ich bevor ich den Amp gekauft hab, schon über eine Dekade einen IIC+ wollte. Habe jahrelang einen frisierten 2203 gespielt, der ist auch gefühlt 90% an dem Punkt gewesen, den ich mir gewünscht hab,
aber als ich den Verstärker das erste mal benutzt hab, ist das so, als wär ich davor nie angekommen gewesen.
Was ich ganz furchtbar gefunden habe, sind die ab Werk gelieferten Röhren. Der Amp klingt damit schon etwas eindimensionaler, komprimierter (im Sinne von "klein) und obenrum etwas buzzy.
Hab mir dann noch in der ersten Woche vom TAD passende STR 415 Replikas gekauft und die Vorstufen Röhren durch Versionen ersetzt, die man auch in einem originalen IIC+ benutzt hat. Das hat meiner Meinung nach den Klang deutlich verbessert.

Ansonsten kann ich eigentlich nicht klagen, außer dass ich mir einen Fußschalter mit acht Buttons gewünscht hätte.

Über die "Honey-Moon Phase" bin ich übrigens schon lange drüber, da ich den Amp schon drei Jahre besitze.


Externe Links:
Am Ende möchte ich euch noch ein paar Links hierlassen, zuerst ein Playthrough von einem IIC+, das bildet die klanglichen Optionen mit den ganzen Pull-Optionen des Originals und den Effekt des EQs etc. gut ab:



Dann ein JP-2C, der in eine Simulclass Endstufe geslaved ist, das verdeutlicht den Unterschied zwischen der Simulclass-Endstufe und der normalen Endstufe:



Dann gibt es passend dazu noch ein Video, dass die klanglichen Unterschiede zwischen IIC+ und IIC++ verdeutlicht, ein JP-2C wird passen dazu auch gespielt:



Hier noch ein JP-2C Review, da ich keine eigenen Soundclips gemacht habe bisher:



Hier ist ein toller Vergleich zwischen dem C++ Sound, und anderen Amps, wie dem Soldano SLO oder Diezel VH4:



Outro:
Ich hoffe natürlich, dass alle beim lesen Spaß haben, und das der Ansatz eines Reviews gefallen hat.

Vielen Dank fürs lesen!
 
Eigenschaft
 
Grund: Text nochmal überarbeitet, fehlende Infos hinzugefügt
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Danke, dass Du Dir die Mühe gemacht und dieses sehr lehrreiche Review getippt hast.
 
Und hier noch ein One-Take Video vom Smartphone. Wie oben erwähnt, hab ich leider kein ordentliches Mic, aber ich wollte trotzdem nochwas da lassen.
Hab versucht gut darzustellen, wie die Zerrstruktur bzw. Kompression reagiert. Natürlich hab ich auch ein paar Riffs eingeschmissen, die mit Boogie Mark Sound aufgenommen worden sind :)
Keine Bodentreter vorm Amp, einziger Effekt ist ein 500ms Delay ohne nachträgliche Wiederholungen vom SPX-90.

 
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Spielst Du da zufällig eine 88er 540S-SH in Heather Pearl? Welche Pickups hast Du da drin, es scheinen noch die originalen zu sein?
 
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Ja, ist ne Ibanez 540S-SH in Heather Pearl. Pickups sind die originalen, also Bridge und Neck die Ur-Versionen der IBZ/USA ,(sind Dimarzios mit Ibanez Specs).
Der Bridge Humbucker ist am ähnlichsten zu nem Dimarzio The Breed, Neck Pickup ist ein Dimarzio HS-2, halt umgebrandet.
Auch der Ibanez Back-Stop ist hintendrinne, sprich die Gitarre ist 100% Stock.

Gut erkannt (y)
 
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Und hier noch ein One-Take Video vom Smartphone.
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Beitrag automatisch zusammengefügt:

Der Bridge Humbucker ist am ähnlichsten zu nem Dimarzio The Breed, Neck Pickup ist ein Dimarzio HS-2, halt umgebrandet.
Bei IBZ USA Pickups gibt es - meiner bescheidenen Meinung nach - keinerlei Anlass für irgendwelche Modifikationen. Die Teile (auch in zweiter Generation mit den zusätzlichen Codes wie F1, F2 usw.) passen eigentlich immer zur Gitarre.
 
Und hier noch eins für die klanglich tiergestimmten Jungs und Mädels; am Ende ist noch ein Clean-Schnipsel. Irgendwie kommen und gehen in der Aufnahme die oberen Mitten bzw. Höhen manchmal, sorry, aber der Komplettheit möchte ichs trotzdem hier anfügen:





[...]

Bei IBZ USA Pickups gibt es - meiner bescheidenen Meinung nach - keinerlei Anlass für irgendwelche Modifikationen. Die Teile (auch in zweiter Generation mit den zusätzlichen Codes wie F1, F2 usw.) passen eigentlich immer zur Gitarre.
Da bin ich schuldig in allen Anklagepunkten, früher konnte ich mit dem typischen Ibanez Sound nicht soviel anfangen, obwohl ich die Äxte optisch und spielerisch immer toll gefunden habe.
Sprich ich hab meistens die Dimarzios rausgeholt und irgendwelche Seymour Duncans oder EMGs eingebaut, und den Tremolo-Block getauscht, der die Kisten dann deutlich mehr nach "US-Superstrats" klingen lässt.
Mittlerweile weiß ich den Ibanez Sound aber sehr zu schätzen.

Bei den IBZ/USA stimme ich zu, deshalb hab ich auch extra erwähnt, dass es echte Dimarzios mit anderen Specs sind .
Der Ur-IBZ/USA ist übrigens mein favoriter Dimarzio in den Ibanez Saber/S-Series Gitarren, hab diesbezüglich auch mal Mailverkehr mit Steve Blucher gehabt. Auf Wunsch kann man den auch noch ordern. IBZ/USA Stempel haben Dimarzio wohl leider verloren, gibt stattdessen dann ein IBZ/USA F1 Stempel drauf (y)
 
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Erst einmal mein riesen Respekt für dieses große umfangreiche Review. :)(y)

Da hab ich auch schonmal zwei Fragen an den Experten:

Es gibt kein Low Gain Crunch-Kanal beim JP-2C, also man hat nur Clean und Hi-Gain.

War das beim alten IIC+ auch so?

Und kann man mit dem JP-2C trotzdem einen guten Overdrive Tone hinbekommen?

Ich meine zum Beispiel so einen Sound wie hier bei der Demo vom Mark V 25 im IIC+ Modus:

 
Freut mich, dass es dir gefällt.

Das mit dem Low Gain Crunch-Kanal ist beim Original genau so, man hat entweder Clean oder Lead, dazwischen ist nichts. Natürlich ist der Gainsound deutlich flexibler anpassbar, dank der ganzen Pull Optionen und stufenloser Volume 1.
Der Crunch Modus bei den Boogies ist mit dem Mark III eingeführt worden. Wenn du dir bei Google mal ein Bild vom Mark III raussuchst, wirst du feststellen, imprinzip sieht die Kiste genauso aus, wien Mark IIC+,
nur dass du am Middle Poti noch die Pull-Funktion "Rythm2" hast, für den Crunch Mode (aber auch hier kein getrennter echter Kanal, sondern ne reingeschaltete Gainstage auf dem gleichen Grundkanal, wie beim IIC+ auch).

Imprinzip ist Mark II -> Mark III -> Mark IV ja jeweils so ein Evolutionsschritt, sprich der Mark III hat den Rhythm Modus, der Mark IV hat dann richtig getrennte Klang- und Gainregelungen für Clean und Gain.
Natürlich sind grade beim Mark IV hier und da noch ein paar Schalter und dadurch Möglichkeiten dazugekommen, aber imprinzip ists vom Grundton immernoch das Gleiche.
Wechselnde Trafos, Komponenten, verfügbare Röhren und Voicing-Anpassungen haben natürlich bei den Amps dann auch den jeweiligen Signature Sound geprägt.

Zu dem verlinkten Video, ja ich denke den Sound kannst du ohne Probleme mit nem JP-2C erreichen, das ist noch Gain-y genug. In den oberen Mitten wird halt mehr Verzerrung und Aggressivität sein. Die EQ-Slider sind außerdem im Allgemeinen sehr empfindlich, sprich 1mm rauf oder runter am 750hz Slider kann schon den Unterschied zwischen Metallica und Dream Theater machen, also da kann man schon sehr viel klanglich formen.

In der Demo ist auch der typische Sound einer Mesa Box mit Celestion Vintage30 zu hören, das hat auch großen Einfluss auf den Klang und wird auch gerne unterschätzt. In meinen Videos ists ja ne Marshall 1960B 4x12 mit Electrovoice EV12L Lautsprechern. Celestion Vintage30 und sowas wie Celestion G12-H30 haben ja gerne, ich nenns mal ein etwas "raspelndes Hi-End", während Lautsprecher wie Celestion G12-65, G12-T75 oder EV12Ls im Hochton schon mehr "HiFi/glatt" sind.

Beim C+ Mode des Mark V haben Mesa/Boogie interessanter weise den Preamp vom Non-EQ Modell gewählt, soweit ich das im Kopf habe. Die Non-GEQ Version hat irgendwo im Signalweg andere Koppel-Kondensator-Werte,
die den Amp schlanker klingen lassen, als die Version mit grafischem EQ. Ich vermute einfach, dass dadurch ein größerer Unterschied zwischen C+ Mode und Mark IV Mode erzeugt werden soll.

Nach meinem empfinden klingt der Mark IV Mode beim Mark V: 25 eher wie der JP-2C, als der C+ Mode. Im C+ Mode fehlt einfach dieses saftigere Low End, daher würde ich mir da eher ne Demo vom Mark IV Mode anhören.
Aber wiegesagt, die Klangregelung ist sehr effektiv, und mit dem Bass-Poti kann man sich ohne Probleme die gewollte Schlankheit holen.

Das ist halt son bisschen das Ding vom Mark V, der hat neun Preamp Sounds, oder die kleineren sechs Preamp Sounds, da sind auch keine Nieten dabei, klingen alle durch die Bank gut, könnte mir aber vorstellen,
dass halt auch da Leute, die vorher nen Mark III oder Mark IV hatten nicht immer ganz glücklich werden. Ist quasi, wie wenn Leute nen Marshall 1959SLP Reissue haben, aber den Sound von nem z.B 69 Plexi suchen,
ist ähnlich, aber halt eben nicht das Gleiche.
 
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den Unterschied zwischen der Simulclass-Endstufe und der normalen Endstufe
RAW ist der Unterschied gar nicht mal gering. Die normale Endstufe ist viel wärmer meiner Meinung nach. Im mix merkt man es aber nicht mehr so.
 
RAW ist der Unterschied gar nicht mal gering. Die normale Endstufe ist viel wärmer meiner Meinung nach. Im mix merkt man es aber nicht mehr so.

Für mich haben Simuls, zumindest wenn man die Amps auf Hi-Gain Thrash Sound einstellt, immer diesen ...And Justice For All-Album Vibe. Die Mitten und die, uff wie beschreibt man das, "Loudness im Bassbereich" macht das einfach.
Der Unterschied zwischen Simul und Nicht-Simul ja auch je nach Mark Amp auch etwas unterschiedlich ist. Bis zum Mark III Blue Stripe ist das Class A Röhrenpaar AFAIK in Triode verdrahtet, ab dem Mark III Green Stripe ists Pentode.
Ab dem Mark IV ist auf der Rückseite ein Switch.

Hab hier noch ein schönes JP-2C Video entdeckt, inkl Clean Sounds und Vergleich zum Mark IV:




PS: "Stripes" sind übrigens die Revisionen beim Mark III, da ist je nach Revision auf der Rückseite ein andersfarbiger Filzstift-Strich an einer Ecke des Amp-Chassis
 

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