[Amp] Orange AD 50 Combo

hooty
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Vor einigen Jahren habe ich mir einen Orange Retro 50 Combo gekauft, den ich auch immer noch liebe und spiele. Hier noch einmal der Link zum Review:

https://www.musiker-board.de/threads/amp-orange-retro-50-combo.337851/

Allerdings ist der Retro 50 jetzt nicht mehr meine alleinige Nummer 1, denn er hat einen Bruder bekommen…


Vorgeschichte

Wie ich bereits in meinem Review zum Retro 50 geschrieben hatte, bin ich nach jahrelangen Irrwegen vor einigen Jahren dem Orangesound verfallen. Sicher gibt es viele andere Amps, die sehr gut klingen aber eben anders gut und ich mag "oranges gut". Ist immer schön saftig und manchmal schrullig aber nie langweilig. Tja, was kann da noch kommen…
Ich wußte, daß es zum Retro aus der ehemaligen Custom Shop Serie noch ein Geschwisterchen gibt, den AD 50. Beide Amps sind sehr selten und schwer zu finden. Nach Aussage von Rohan Byrt von Orange gibt es weltweit weniger als 10 Stück von beiden Varianten in der Comboversion (Retro 50 / AD 50). Aber warum sollte ich denn danach suchen, denn ich hatte doch genug Amps? Neben meinem Retro 50 spiele ich auch auf größeren Bühnen zwei AD 30. Die Amps klingen alle so toll und außerdem war der Retro 50 damals so ein Schnäppchen, das kommt nicht noch einmal. Auch nachdem ich über die Jahre aus Neugier immer mal wieder die Weiten des Internets bis zu dessen Ende durchstöbert hatte, fand ich den AD 50 Combo nur für einen unverschämt hohen Preis bei einem Anbieter aus der Schweiz. Aber wie Ihr Euch schon denken könnt, kam es so wie ich es nicht mehr erwartet hatte: Ein Musikhaus aus deutschen Landen bot eben diesen AD 50 in der Comboversion an. Der Amp war als Demogerät ausgewiesen aber nach Aussage des Verkäufers tip top in Ordnung. Er sollte aber nun endlich verkauft werden, da er schon eine Weile im Laden verbracht hatte. Ja und der Preis… ohne ihn zu nennen, es war geradezu ein Super-Schnäppchen. Auf die Frage meiner Frau, ob ich den Amp denn unbedingt bräuchte, konnte ich nur antworten: Nein ich brauche ihn nicht aber ich muß ihn habe, sonst ärger ich mein Leben lang. Meine wunderbare Frau hat nur gelächelt… und die orange Kiste war kurze Zeit später bei mir.


Aufbau

Der Amp ist vom Aufbau her dem Retro 50 sehr ähnlich. Er ist ein einkanaliger, handverdrahteter Verstärker (Seriennummer auf dem Chassis handschriftlich vermerkt) mit Gain und Mastervolume. Allerdings besitzt der AD 50 gegenüber dem Retro 50 nur eine zweibandige EQ-Sektion mit Bass und Treble sowie einem zusätzlichen Presence-Regler nach der Endstufe. Diese ist passiv, dreht man alle auf null, hört man nichts. Bass- und Treble-Regler können über einen Fußschalteranschluß umgangen werden, der Presence-Regler bleibt aber immer im Signalweg. Die Verarbeitung ist abermals vorbildlich und als Lautsprecher wurden auch ein Celestion G12H Heritage und ein Celestion G12M Heritage verbaut. Hier die technischen Daten im Überblick:

30 Watt RMS Class A oder 50-Watts RMS Class AB
Fußschalteranschlußbuchse für den Gain Boost/EQ Bypass
Ton Kontrolle: Gain, Bass, Treble, Presence, Master.
Vorstufenröhren: 2x 12AX7
Endstufenröhren: 2x EL34
Gleichrichter: Solid State
Lautsprecher: 2 x 12" Celestion UK Heritage, 1x G12M-20 / 1x G12H-30
Lautsprecher Outputs: 1 x 16 Ohm, 2 x 8 Ohm.


Sound

Ja, nun zum wichtigsten: Wie klingt er denn und wie klingt er denn im Vergleich zum Retro 50? Um das Resultat vorweg zu nehmen und die geneigte Leserschaft nicht auf die Folter zu spannen, er klingt mindestens genau so gut aber eben doch anders. Nun aber vielleicht doch von Anfang an…
Nachdem das große Paket eingetroffen war und ich mich von der Unversehrtheit des Amps überzeugt hatte, habe ich ihn wieder mit meiner geliebten Rickenbacker 360 angespielt. Dabei hatte ich alle EQ-Regler auf 6 Uhr (Bass, Treble, Presence), denn das war bereits so eingestellt. Mastervolume schön weit auf und die Vorstufe nur dezent gekitzelt. Das Ergebnis war wirklich sensationell und im Prinzip das, was ich manchmal an meinem Retro 50 etwas vermisse. Aus den Lautsprechern kam ein Ton mit einem wunderbaren Growl. Ich kann es nicht anders beschreiben aber manchmal hatte ich das Gefühle, der AD 50 knurrt und gibt dem Ton so eine wildere Note als der Retro 50. Letzterer ist manchmal etwas zahm und rund, was im Bandgefüge zu einem laid back Gefühl führt. Nachdem ich etwas an den Regler gedreht hatte, habe ich aber festgestellt, daß der AD 50 für meine Ohren mit der oben beschrieben Reglereinstellung bereits bestens eingestellt war. Fast so, wie die geheime Einstellung eines Fender Blackface, alle Regler auf 6. Vielleicht noch ein wenig mehr Bass zum Feintuning, mehr nicht. Es gab im Gegensatz zum Retro 50 allerdings auch Einstellungen, die nicht so ganz meiner Vorstellung entsprechen. Bestens steht dem Amp dagegen das Presence-Poti. Damit kann man den Sound durch das Hinzufügen von Brillanz schön "scharf" stellen, ohne das er zu schrill wird. Das steht der saftigen Orange wirklich bestens und verhilft ihr zu mehr Durchsetzungskraft im Bandgefüge. Beim weiteren Aufdrehen der Vorstufe und etwas gebremster Endstufe stellt sich eine Verzerrung mit einem dezenten fuzzartigen Unterton ein, was zu einem im besten Sinne ungehobelteren und etwas roheren Auftreten des AD 50 führt und diesem bestens zu Gesichte steht.
In Hinblick auf die Dynamik und das Spielgefühlt nehmen sich beide Verstärker dagegen nichts, eine überragende Dynamik mit einem traumhaften Übergang vom Clean- zum Crunchsound. Prima haben sie das hinbekommen, die Leute vom Orangen-Großmarkt! Ganz nach meinem Geschmack.
Was aber das Sahnehäupchen war, war das Zusammentreffen und parallele Spielen beider Amps. Beide scheinen sich auf eine wunderbare Weise zu ergänzen und lassen keine Wünsche mehr offen. Ein super kompakter und plastischer Ton mit vielen Obertönen, einfach… ähm, ich laß mal die Superlative, nicht daß es langweilt.
Ein kleines Manko noch am Ende, wenn man es denn so nennen möchte. Beim AD 50 sind die Speaker phasengedreht verlötet, was zu einem "Out-Of-Phase"-Sound führte. Erst nachdem ich die Phase an meinem Lehle Splitter gedreht habe, gab es den entsprechenden Bass-Schub. Wobei allerdings auch auch der "Out-Of-Phase"-Sound seinen Scharm hat aber sicher nicht in jeder Spielsituation. Wenn man dieses Manko positiv ausdrücken möchte, dann sagt man eben, daß die Amps eben Hand verdrahtet sind. Wenn man es negativ betrachten möchte, dann wird so mancher sagen: "Is halt nüsch Med in Dschörmenie". Aus meiner Sicht nichts, was mich stört.


Fazit

Ja, was soll ich sagen, die Orange-Familie ist komplett, so lange nicht noch ein bisher unbekannter oder ignorierter Verwandter auftaucht…! Dann wird meine Frau wohl dann doch sauer. ;-)
Nein im Ernst, ich kann festhalten, daß der AD 50 der etwas wildere Bruder des Retro 50 ist. Er klingt etwas roher, im besten Sinne ungehobelter und klingt ein bißchen mehr nach Indie, wo der Retro 50 nach Rock klingt. Er ist zudem etwas flexibler, wobei nicht jede Einstellung meinem Geschmack entspricht, der Sweetspot klingt aber traumhaft und ergänzt sich gerade im Zusammenspiel mit dem vielleicht etwas zurückhaltenderen Retro 50 zu einem wunderbaren Ton, bei dem man die Gitarre nicht mehr weglegen möchte. Tja, und so spiele ich noch heute…
 
Eigenschaft
 

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Reaktionen: 3 Benutzer
Cooles Review, klingt sehr interessant! :great:
 
Vielen Dank für die Blümchen... :D
 
Sehr geiler Amp und nettes Review;) Jimmy Page hat diesen Amp als Head, wenn ich mich recht entsinne. Mich würde mal interessieren, in wie fern sich der Sound des AD50 von einem Orange OR50 unterscheidet. Cheers
 

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