(AMP Vergleich) Bogner XTC Classic vs Cornford MK50II vs Friedman SS100

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Liebe Leute,

heute habe ich mir die schwere Aufgabe gemacht, drei Röhrentopteile miteinander zu vergleichen, die auf den ersten Blick ziemlich ähnlich sind. Da sie sehr teuer und teilweise nur sehr schwer überhaupt irgendwo zu finden sind, lohnt sich ein intensiver Vergleich aus meiner Sicht.

Disclaimer: Das Review enthält meine persönliche Meinung und ich urteile ausschließlich auf Basis meines persönlichen Höreindrucks in meinem Studio. Die Eindrücke können von geschmacklichen Vorlieben oder schlicht der Tagesform meiner Ohren und Hände abhängig sein. Auch wenn ihr hier Hinweise für eine Kaufentscheidung für euch ableiten könnt, will ich am Ende nicht dafür verantwortlich sein, wenn ihr nicht das gleiche hört wie ich hier bei mir daheim. So weit so klar.

Testequipment: 2000'er Gibson Les Paul Classic Plus (100% stock), Voodoo Labs Amp Selector, Palmer Tino Amp Switcher, 4x12 Tube Thomsen Box mit 4x Vintage 30 und 4x12 Earforce mit Vintage 30
Test Setup: Der Cornford hängt an der Tube Thomsen Box und der Friedman und der Bogner werden mit dem Palmer Tino an der Earforce hin und her geschaltet.
Vorschaltpedale hab ich keine aktiviert.

Nun zu den einzelnen Höreindrücken:

Cornford MK50H II
Ausstattung: 50 Watt aus 2x 6L6 in der Endstufe, 2 Kanäle mit OD-Boost im 2. Kanal, getrennte Klangregelung für beide Kanäle, zusätzlich Resonance-Regler, 5-fach Fußschalter

Clean: warm, dicht, sehr angenehm, klingt amerikanisch, aber mehr nach dem dicken S als nach dem dicken F, mit hartem Anschlag clipt er ab etwa 11 Uhr
Crunch: dichtes Klangbild, viel Bottom End, viele Tiefmitten, gute Saitentrennung, mag lieber mit etwas mehr Gain gespielt werden, da er mit weniger Gain nicht so soft clipt, wie ich das am liebsten mag
Overdrive (2. Gainstufe im Crunch-Kanal): fett, dicht, gute Saitentrennung, Bottom End selbst bei niedrigem Resonance-Level, kann schon richtig nach 5150 klingen, wenn man es will

Gesamteindruck: Der MK50H-II ist ein sehr guter Allrounder. Er liefert einen absolut hervorragenden Cleansound gepaart mit 2 sinnvoll und passend geschneiderten Zerr-Kanälen. Mit diesem Amp werde ich wahrscheinlich mit jeder Gitarre und in jeder Situation glücklich sein.


Bogner Ecstasy Classic
Ausstattung: 100 Watt aus 4x EL34 in der Endstufe, 3 Kanäle, getrennte Klangregelung für die Kanäle 1 und 2/3, jeder Kanal kann in Gain und Volume getrennt geregelt werden, fußschaltbarer Boost pro Kanal 1 bzw 2/3, Plexi-Mode, der entweder auf Ch2 der Ch3 gelegt werden kann, 5-fach Fußschalter

Clean: warm, rund, sehr angenehm, perlig, ausgeprägte Hochmitten, klingt amerikanisch, eher Brownface/Blackface F, bleibt aber ewig clean
Crunch: ohne Plexi-Mode: sehr gut sitzendes Gain-Spektrum, Klangspektrum dem Cleankanal recht ähnlich nur eben mit Gain (ich justiere getrennte Klangregelungen intuitiv immer sehr ähnlich, weil ich an einem Amp nur EINEN Grundsound haben möchte), wesentlich weniger Bottom End aber keinesweigs schwachbrüstig, gute Saitentrennung, mit Plexi-Mode ist das Gain-Level sehr viel niedriger, nun gibt es das geliebte Knistern und Saiten-Pling, wenn man zart anreißt. Die Saiten sind aber nicht so "klebrig", wie beim Cornford, der Bogner ist deutlich straffer
Lead: kein HighGain sondern TurboBoost-Plexi, sehr gute Saitentrennung, Bottom End selbst bei niedrigem Resonance-Level

Gesamteindruck: Der XTC ist ein perfekter Allrounder. Er liefert einen absolut hervorragenden Cleansound gepaart mit 2 optimal abgestimmten Zerr-Kanälen. Jeder einstellbare Sound ist absolut nutzbar und klingt immer premium mit Sahnehäubchen. Diesen Amp kann man nicht so einstellen, dass er doof klingt. Er ist unfassbar vielseitig, er liefert praktisch 5 verschiedene Sounds, die per Fußschalter abrufbar sind.


Friedman SS100 Steve Stevens Signature (neue Version mit fußschaltbarem Boost)
Ausstattung: 100 Watt aus 4x EL34 in der Endstufe, 2 Kanäle, getrennte Klangregelung für beide Kanäle, Boost für Ch2, 2-fach Fußschalter

Clean: warm, sehr angenehm, perlig, ausgeprägte Hochmitten, klingt amerikanisch, eher Silverface F, bleibt ewig clean, sehr druckvoll
Crunch: schon früh heißer Plexi-Sound mit JCM800-Anleihen, zartes Geknister ist (wie beim Cornford) nicht so gut machbar, zumindest nicht, wenn man nicht zusätzlich mit dem Gitarrenvolume arbeitet. Premium-Marshall-Deluxe-Sound mit Bottom End
Crunch mit Boost: kein HighGain sondern TurboBoost-Plexi, zum Crunch-Kanal kommt ein bisschen Gain und ein bisschen Volume dazu, der Sound etwas dichter. In niedrigen Volume-Stellungen ist der Unterschied kaum wahrnehmbar

Gesamteindruck: Der SS100 ist ein perfekter Premium Marshall, aber kein Allrounder. Er klingt gnadenlos englisch. Er ist sehr viel aufgeräumter im Zerrbild. Sehr straff und direkt. Mit Bass-Settings muss man vorsichtig umgehen. Hier hängt viel von Gitarre und Box ab. Der Cleansound ist wirklich ein SF Twin. Einen Reverb vermisst man hier ganz sicher nicht. Der Cleansound kann aber auch sehr durchdringend sein. Der Crunchsound ist genau so fleischig und frech, wie man es eben von einem erlesenen M-Plexi erwartet. Der SS100 erinnert mich sehr stark an meinen ehem. Splawn Nitro. Die beiden Amps könnten Geschwister sein.


Ein direkter Vergleich ist wirklich sehr, sehr schwierig, denn mal ist der eine im Cleansound ne Nase mittiger, dafür aber im Zerrbetrieb dicker und umgekehrt. Alle drei Amps haben eine absolute Daseinsberechtigung. Da sie alle 3 ähnlich vielseitig sind, macht es wahrscheinlich keinen großen Sinn, sie alle drei zu besitzen.

Ich versuche mal einen Vergleich mit Pro und Cons immer im Vergleich unter den drei Amps:

Cornford:
Pro: vielseitig, Preis, klanglich mit klarerer Abgrenzung zu den anderen beiden, das dichte Klangbild überspielt spielerisches "noch nicht"-Können besser als die anderen beiden
contra: je nach geschmack könnte er etwas zuviel Bass und ein zu dichtes Klangbild liefern; er matscht nicht, aber er wirkt eben nicht so aufgeräumt und präzise wie die anderen beiden

Bogner:
pro: der flexibelste von den drei Amps, hier stimmt einfach alles. Punkt.
contra: hinten ist ein Lüfter drin, der bei niedrigen Lautstärken zu hören ist (meine "Zimmerlautstärke" übertönt den allerdings spielend), der Preis, für mich ist es ein Nachteil, dass der Power Switch auf der Rückseite ist, aber den meisten wird das Wurscht sein

Friedman:
Pro: best of both world in one box, SF Fender und Marshall Crunch, kompromisslos und mächtig, sehr mittiges und präsentes Klangbild, der Amp scheint durch jeden Mix durch
contra: Boost erst bei höheren Lautstärken wirklich wirkungsvoll, Preis, der unflexibelste Amps von den drei

Es gibt keinen Gewinner oder Verlierer. Einzig der persönliche Geschmack entscheidet, was man wirklich braucht. Besitzen darf man ruhig alle drei, wenn man die Kohle und den Platz hat.

Müsste ich mich ad hoc für einen Amp entscheiden, würde ich mit dem Bogner gehen. Bräuchte ich die Kohle, würde der Cornford bleiben, weil man für die anderen beiden mehr auf dem Gebrauchtmark erlösen könnte.

So, nun hab ich erstmal alles rausgeschrieben, was mir so durch den Kopf ging, nachdem ich die Amps im A/B/C-Check gespielt habe.

Vielleicht hilft es ja dem einen oder der anderen.

Beste Grüße, Seppo
 
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