Bandoneon: 442,5 und 442 Hz im Zusammenspiel

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Bando
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Ich habe da vielleicht eine etwas ungewöhnliche Frage, aber mich würde interessieren, wie ihr es handhaben würdet: Mein Bandoneon ist gerade komplett restauriert worden. Es wurde zuvor auf 442 Hz hochgezogen, nun nach der Restaurierung ist es etwas höher, also auf 442,5 Hz gegangen - das kann lt. dem Restaurator durchaus passieren. Er bietet mir nun an, das Instrument wieder auf 442 Hz zu bringen, empfiehlt allerdings, die Stimmung so zu belassen, da durch den Vorgang des Stimmens immer auch Material von den Stimmzungen abgetragen werden muss und er das bei einem sehr alten Instrument wie meinem eher vermeiden wollen würde. Zudem würde man seiner Meinung nach den Unterschied im Zusammenspiel mit anderen auf 442 Hz gestimmten Instrumenten und insbesondere mit mehreren Bandoneons eh kaum wahrnehmen.

Ich spiele zwar auch, aber nicht nur Tango-Musik und wenn, dann eher konzertante Stücke als Tanzmusik. Wenn ich allein spiele ist die Höhe der Stimmung abgesehen vom allgemeinen Feeling von tieferen und höheren Stimmungen relativ egal, aber es fällt mir schwer mir vorzustellen, wie es klingen mag, wenn ich z. B. mit einem auf 442 Hz gestimmten Klavier zusammen spiele?

Was meint ihr? Würdet ihr den Unterschied stark wahrnehmen oder wäre der Unterschied wirklich zu vernachlässigen? Würdet ihr die Stimmung so lassen oder würdet ihr sie lieber "geradeziehen" lassen?
 
Das ist ein Unterschied von 2 Cent. Ich mag von vielen Metalkonzerten taub sein, aber persönlich wäre mir das egal.
 
Deine Frage bezieht sich auf die Wahrnehmung von exakten Frequenzen. Das ist bei den Leuten verschieden. Und bei dir wieder anders. Ich würde sagen, erst ausprobieren bevor du die Säge ans Instrument läßt. Manche Instrumente leben davon, daß minimale Tonhöhenunterschiede den Klang lebendiger machen (ein Rudel Streicher oder Blechbläser)
 
Ich würde den Unterschied in jedem Fall nicht hören.

Aber ich würde erstmal mit nem Stimmgerät nachmessen, wie stark denn die anderen Töne schwanken. Die 442Hz beziehen sich ja auf das A. Ich kenn mich mit Akkordeons nicht aus, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass alle anderen Töne perfekt gleichstufig vom A aus gestimmt sind, . Und nur falls das der Fall sein sollte, würde eine Anpassung überhaupt Sinn machen. Außerdem muss das mögliche Klavier, mit dem du zusammen spielst, auch absolut perfekt gestimmt sein, was in der Praxis ja auch eher selten der Fall ist.
Und wenn du mit anderen Instrumenten, wie z.B. Gitarre zusammen spielst, kannst du's ganz vergessen, weil da die Intonation bauart-bedingt niemals so genau ist.
 
Zudem würde man seiner Meinung nach den Unterschied im Zusammenspiel mit anderen auf 442 Hz gestimmten Instrumenten und insbesondere mit mehreren Bandoneons eh kaum wahrnehmen.
Aus Erfahrung kann ich sagen: iss so! Keine zwei Akkordeons sind über den ganzen Bereich so sauber, dass die perfekt zueinander stimmen.. da ist immer ein klein wenig "Reibung" zwischen den Instrumenten - von daher lass die 0,5 Hz Unterschied.

Sobald du mit Bläser zusammenspielst sind die eh auf 442,5 oder 443 Hz und können den Rest anpassen - denen macht der kleine Unterschied auch nichts aus.

nach der Restaurierung ist es etwas höher, also auf 442,5 Hz gegangen - das kann lt. dem Restaurator durchaus passieren.
das hat den Grund im Verhalten der Stimmzungen.

Stimmzungen verstimmen sich so gut wie immer in Richtung höhere Freuquenz... was den Stimmungsmacher freut, denn tiefer stimmen ist einfacher als höher stimmen. Aber jedesmal stimmen bedeutet dass man an der Stimmzunge Material abträgt... und was weg ist ist weg! Und wenn das Instrument dann nicht unbedingt orchestertauglich sein muss und eher im Einzelbetrieb verwendet wird, dann wird in der Regel nachgemessen wo denn die meisten Töne hingewandert sind. Und dann wird auf die Frequenz gestimmt, weil man dann damit das Minimum an Tönen hat an denen man rumstimmen muss - das ist damit der materialschonenste Weg.

- Jede Stimmzunge die der Stimmer nicht anfassen muss, schont das Instrument. Von daher ist es nicht ungewöhnlich dass die Instrumente im Laufe der Stimmungen etwas nach "oben" wandern. So habe ich z.B. auch ein Akkordeon, das ursprünglich mal mit 440 Hz gestimmt war und jetzt im Laufe der Zeit (Jahrzehnte) mittlerweile bei ca. 440,8 Hz angelangt ist. Und selbst mit dem kann ich mit anderen zusammenspielen, ohne dass das jemals irgendwem aufgefallen wäre... auch im Orchester!

und apropos Klavier.. da musst du auch erstmal schauen auf welche Grundfrequenz das gestimmt ist! ... Konzertflügel sind sehr häufig auf 443 Hz gestimmt, weil viele (Streich) Orchester ihre Stimmung auf 443 Hz beziehen! Aber gegen ein Klavier ist das kein Problem, weil ein Klavierklang grundsätzlich ganz anders klingt als ein Akkordeon. Und damit wird das schon wieder unempfindlicher gegenüber "kleinen " Abweichungen.
 
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Ich spreche hier mal aus Gitarrensicht: bei Aufnahmen werden die Gitarren meist gedoppelt. Um sie etwas fetter klingen zu lassen kann man sie so 2-3 cent gegeneinander verstimmen. Da ist das Soundtechnisch erwünscht. Ich glaube nicht, daß es dem Akkordeon- Ensemble schaden tut.
 
Ich glaube nicht, daß es dem Akkordeon- Ensemble schaden tut.
das stört sicher nicht, zumal bei einem Akkordeon ( und alle artverwandten Instrumente) die Stimmzunge eh oft nicht konstant ist über den gesamten Lautstärkebereich.

Denn fertigungstechnisch kommt es oft vor., dass die Stimmzungen über den Dynamikbereich hinweg eine leichte "Tondrift" aufweisen. Von daher müsste die Stimmung auch noch genau auf einen genau definierten Spieldruck bezogen werden.. was aber in der Praxis nicht sinnvoll ist. Von daher "schwimmt" ein Akkordeon in sich schon mal über den Lautstärkebereich ein bisschen umher... Und der Stimmer stimmt das in aller Regel so, dass es für den "typischen Spielbereich" in sich stimmt, so dass die nicht vermeidbaren Abweichungen ( bei anderer Lautstärke) insgesamt minimiert sind und das Instrument über den gesamten Bereich möglichst weit in sich stimmig ist.

Tja... Ein Akkordeon verhält sich leider eben nicht wie ein Messgerät und ist über den gesamten Bereich konstant... sondern lässt sich leider nur bestmöglich annähern. Und schon alleine deshalb ist es viel wichtiger dass das Instrument in sich stimmig klingt und es reicht, aus wenn es ungefähr bei der Zielfrequenz liegt.. aber es ist wegen der Unsauberkeiten der Stimmzunge unerheblich ob die Stimmung nun auf a= 442,1 oder 442,5 Hz liegt ... der Unterschied verschwindet in den instrumententypischen unvermeidbaren "Sauereien"!
 
Vielen Dank für eure Antworten. Ja, das ergibt alles grundsätzlich Sinn. Ich habe auch bei meiner weiteren Recherche zu 442,5 Hz den Begriff "Venus-Stimmung" gefunden, mit deren zugrundeliegenden Theorien ich allerdings so gar nichts anfangen konnte ;) Letztendlich habe ich den Restaurator doch darum gebeten, die Stimmung wieder nach unten zu korrigieren - irgendwie fühle ich mich damit wohler. Er meinte, es sei kein Problem, also alles gut.

@maxito Bei deiner Signatur wollte ich nach dem ersten Satz zunächst protestieren, musste dann aber herzlich laut lachen, als ich die zweite Zeile gelesen hatte! Ich befürchte, meine Nachbarn werden eine ähnliche Erfahrung auch schon gemacht haben ;):ROFLMAO:
 
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ch habe auch bei meiner weiteren Recherche zu 442,5 Hz den Begriff "Venus-Stimmung" gefunden, mit deren zugrundeliegenden Theorien ich allerdings so gar nichts anfangen konnte
Sachen gibts! Den (angeblichen) Zusammenhang kannte ich noch nicht.. aber wir hatten mal eine Diskussion, als es drum ging ob 436 ( oder waren es 432 Hz?) eine "natürliche Weltfrequenz" sei.. und wir zum Resumee kamen , dass es einem besser geht , wenn man dran glaubt:), aber es einem auch genausogut geht, wenn man nicht dran glaubt:D


habe ich den Restaurator doch darum gebeten, die Stimmung wieder nach unten zu korrigieren - irgendwie fühle ich mich damit wohler. Er meinte, es sei kein Problem, also alles gut.
Kein Problem - passt schon! Wie ich oben schrieb - im Prinzip gilt: kann man machen, kann man auch anders machen.. wie jeder mag. alles gut!
 
Ich würde es auf 441,8 stimmen lassen, geht eh wieder hoch.
 
auf 441,8 stimmen lassen, geht eh wieder hoch.

Klingt theoretisch sinnvoll... aber praktisch wahrscheinlich nicht wirklich umsetzbar.

Wir sprechen hier von einer Abweichung von 0,8 Cent gegenüber 442 Hz. Das muss man erstmal so stabil messen können, was gar nicht so einfach ist, weil der Ton beim Akko selten so stabil "steht" dass man das präzise genug messen kann. Und aus praktischer Erfahrung heraus weiß ich dass die Stimmung selbst durchaus im Bereich von ca. +/-1 ct schwanken kann.

Das kommt daher dass die Stimmzunge an sich durchaus auch eine Tondrift von mitunter bis zu 4 Ct aufweisen kann über den Lautstärkebereich. Daneben bringen die Ventile auch noch eine gewisse Toleranz ins Spiel. Und der Ton ist ebenfalls bei der Stimmzunge aufgrund der Tonerzeugung nicht so sauber dass man immer eine korrekte Ferquenz ermitteln kann.

Drum sollte man es hier nicht übertreiben mit der akademischen Genauigkeit. Wenn man die Stimmung auf ca. 0,5 Hz genau vorgibt und der Stimmer danach stimmt und die Kiste in sich stimmig ist und "in etwa" auch bei der Frequenz liegt dann würde ich mich darüber freuen und glücklich sein.

Wer nun meint das mit einem Messgerät nachzumessen, macht sich nur unglücklich , denn das ist zum Scheitern verurteilt, weil sich die Stimmzungen in aller Regel nicht so stabil verhalten und entsprechend je nach dem wie laut oder leise man spielt mal eher in die oder in die andere Richtung abweichen!
 
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Da kann ich nicht mitreden: mein altes Bandoneon (Bj. ca. 1900) ist nach Kammerton A=435 ausgerichtet!
Das heißt, wenn ich mein Stimmgerät auf A=435 einstelle, sind die meisten Töne meines Bandoneons mehr oder weniger in der Nähe eines bestimmten Tones. Der klangliche Gesamteindruck des Instruments ist sehr gefällig, denn die Hauptreihen sind offensichtlich ncht nach der gleichtemperierten Skala gestimmt. Das heißt: das Instrument ist in sich stimmig, obwohl viele Töne nicht genau mit den entsprechenden Tönen eines gestimmten Klaviers übereinstimmen. Das macht für mich den Reiz dieser "diatonischen" Instrumente aus!
Übrigens: mein Bandoneon ist einstimmig, also nicht oktaviert, wie das bekannte Tabgo-Bandoneon. Deshalb mag es sein, dass der eine oder andere Ton ein paar Cent daneben liegt; ohne den Oktavvergleich fällt das gar nicht auf !:cool:

Eine Frage noch: es ist doch so, dass gewisse Akkordeonregister ihren Effekt mit zwei, leicht gegeneinander verstimmten Zungen erzeugen. Welche dieser beiden Zungen wird nach Kammerton gestimmt?
Cheers,
Jed
 
Nach einer langen und ermüdenden Diskussion über die 432 Hz Stimmung ist bei mir die Frage hängen geblieben, wie denn die Stimmung der Bandoneons im Buenos Aires der 30ger/40ger Jahre war.
Da kann ich nicht mitreden: mein altes Bandoneon (Bj. ca. 1900) ist nach Kammerton A=435 ausgerichtet!

Ist das die Antwort? Meine beiden Bandoneons liegen komplett anders, das eine, rheinische, Argentinischer Reimport, ist nach oben gewandert, so ca bei 445, das andere ist wohl eher bei 417. (Das d klingt wie ein etwas zu hohes c.) Was haben die Tangoorchestras damals benutzt? Weiß das jemand?
 
Was haben die Tangoorchestras damals benutzt? Weiß das jemand?
Ich weiß es nicht - eins weiß ich aber: der Kammerton A ist in den letzte 150 Jahren erheblich gewandert. Und zwar nicht überall in die gleiche Richtung!
Mein Bandoneon mit seinen 435Hz ist wohl in der alten deutschen (europäischen?) Stimmung. Vom englischsprachigen Concertinaforum CNet weiß ich , dass der alte britische "philharmonic"-Kammerton A deutlich über 440Hz lag. Unter britischen und US-Concertinisten gilt heute (noch) A=440Hz. Die alten englischen Concertinas werden regelmäßig im Zuge der Renovierung "heruntergestimmt."

Ich habe keine Ahnung, ob Argentinien früher den europäischen, britischen oder US Kammerton hatte, oder was ganz anderes. Ich schätze aber, die Bandoneons werden schon in dieser Stimmung gehalten, schon wegen der Klaviere, die auch eine Rolle im Tango spielten.
Cheers,
Jed
 
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