Behringer RV-600 revisited

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Für alle, die es interessiert. Ich habe den Behringer RV600 Reverb-Machine auf das Rauschen hin analysiert und muß sagen:
"ES IST DER CODEC".
Schlimmer ist noch, daß der Codec nur für 0,6Vs ausgelegt ist und nicht für 1Vs, wie es bei Line-Effekten gebraucht wird.

Was macht Behringer nun ? Das Eingangssignal wird, nachdem es durch die Eingangsnotbegrenzung (Dioden + 10kOhm)
gewandert ist, gepuffert (smd Dual-Op EZ0.. alias TL072 auf der Buchsenseite, da ist nur einer), um dann mit Treblebleed um 50%
reduziert (36kOhm+36kOhm) und auf den Codec gegeben zu werden (AK455x die ersten beiden, nahe bei der Eingangsbuchse
liegenden Pins auf der Eingangsseite).
Das komplette Signal (dry + wet) wird auf den beiden gegenüberliegenden Pins vom Codec wieder abgeholt und auf einen
Tiefpass gegeben (das ist der ganze symmetrisch aussehende Kram auf der smd-Seite unter den Ausgangsbuchsen). Von
da geht das Signal dann auf die andere Seite in den Analogmultiplexer, der nichts aber auch gar nichts mit dem Pedal zu tun
hat. Er tut einfach nichts, ist immer an und dient nur dem Hauptprozessor um jegliches Reglergeräusch aus dem Audiostream
raus zu fischen. Im Betrieb macht sich das aber nicht bemerkbar, der Prozessor ist bei genauerem hinhören sowieso immer
am wuppern.
Egal, das Signal geht dann wieder auf die smd-Seite, wo ein weiterer Dual-OP darauf wartet, das Signal um 50% verstärken
zu dürfen. Über ein weiteres Filter und einen prozessorgesteuerten bipolaren Attenuator (die zwei Einzeltransen auf der smd-Seite)
geht es dann endlich Richtung Ausgang (würg)...

Sieht aus, als hätte da jemand alle Register gezogen um alle Application-Notes, die er jemals über den Chipsatz gelesen hat, in
den Behringer zu pressen. Als Ergebnis liegt da eine Schaltung vor, die
- trotz 100kOhm Codecimpedanz noch einen Buffer benötigt, was für Line nicht nötig ist (0dB) und höchstens für Gitarre (-10dB)
- das Eingangssignal um 50% reduziert, um den Codec nicht zu überladen, was für Gitarre nicht nötig wäre
- einen stark rauschenden Codec verwendet auf dem im Hintergrund noch bassige Busgeräusche zu hören sind.
- zu keiner Zeit eine wirkliche Beipass-Schaltung besitzt
- durch Ausgangsfilter auch das Clean-Signal bedämpft
- durch Nachverstärkung das allgemeine Codecrauschen verdoppelt.

Was hab ich nun gemacht ??
- Den Eingang direkt über Koppelkondensator an den Codec angeschlossen
- Den Ausgang direkt über Koppelkondensator an den Codec angeschlossen
- Alle anderen erwähnten Schaltungsteile vernichtet

Ergebnis !
- Weniger Rauschen trotz geringerem Eingangs-/Ausgangspegel
- Weiterhin funktionierender Beipass
- Keine zusätzlichen Störgeräusche durch Bus/Prozessor etc.

Mein Vorwurf an Behringer ist also, daß viel zu viel Aufwand getrieben wurde, um den Effekt Linetauglich zu machen und daß diese
Eigenschaft mit doppeltem Rauschen erkauft wird. Die Aussage aus der Werbung, daß damit studiomäßige Effektqualitäten zu erwarten
wären, ist also gelogen. Und weil ein Kompander-IC nicht viel mehr kostet, als die zwei Dual-OPs, die bereits auf der Platine verbaut sind,
ist es eigentlich schon Betrug, so zu werben, selbst wenn das Pedal nur 40 Euro kostet. Im übrigen ist es für mich als Elektroniker beschämend,
wenn die behaupten, daß dieser Behringer-Effektserie eine Entwicklung aus Deutschland ist, wenn die einfachsten Dinge mißachtet werden.
Es sollte heißen "Entwicklung von Schul-Praktikanten aus Deutschland", dann wäre alles wieder in Ordnung.

Um meine Investition zu retten werde ich als nächstes versuchen, einen Kompander um den Codec herum aufzubauen. Bei meinem Ibanez DE7
habe ich das schon gesehen (SA571). Ohne den Kompander klang der DE7 scheußlich, weil er ebenfalls stark rauschte und pfiff und deßwegen hab ich
den SA571 wieder an seine Stelle gelötet und bin bis jetzt von der Cleanheit mit Kompander begeistert. Wenn ich das beim RV-600 ausprobiere, kriege
ich wahrscheinlich denselben Effekt: kein Rauschen + echter Line-Effekt.

Mfg Alex
 
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Auch wenn ich nicht genau verstehe wie Du was analysiert hast (Codec bedeutet in dem Fall wohl Chip?), habe ich Deinen Bericht mit großen Interesse gelesen. Ich schätze die REVERB MACHINE nämlich bis auf das verfluchte Rauschen - man könnte es fast Fauchen nennen - sehr. Sie macht mir tatsächlich mehr Freude als der dreimal so teure Hall of Fame von TC Electronics. Da das RV600 aufgrund seines Schnäppchenpreises, aber auch wegen seiner Features weit verbreitet sein dürfte, wundert's mich, dass noch niemand auf Deinen Thread reagiert hat.

Bist Du mit Deinen Optimierungen und Schaltungskorrekturen weitergekommen? Haben sie sich bewährt? Eine detailliertere Dokumentation Deiner Eingriffe, ggf. eine Anleitung mit Fotos, die auch weniger elektrotechnisch Bewanderten bei der RV600-Entrauschung helfen würde, wäre ein verdammt cooles Ding!

Neugierig grüßt

Georg
 
Leute, da Uli Behringer selbst hier im Board aktiv ist. Vielleicht wäre es sinnvoll ihn auf diese Diagnose mal hinzuweisen. Vielleicht kriegt er es ja hin, das Ding dann "fehlerfrei" auszuliefern.
 
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Hallo Alex/LeadingZero,

Wir freuen uns, dass Du Dich so eingehend mit dem RV600 beschäftigt hast. Es wäre natürlich toll, wenn man die Audioperformance so einfach verbessern könnte—ist es aber leider für ein Produktionsgerät nicht.
Stichwort Eingangspegelabschwächung: Der RV600 ist als typische Gitarren-Stompbox ausgelegt, und muß deshalb am Eingang hochohmig gepuffert sein (100k reichen für passive Gitarrentonabnehmer wegen der empfindlichen Resonanzbedämpfung nicht aus) und zugleich Pegelspitzen von aktiver Gitarrenelektronik verkraften. Übrigens ganz interessant in dem Zusammenhang: Wir haben an einer Gitarre mit passivem Stegtonabnehmer (Bill-Lawrence L500XL) Pegelspitzen von 3,6 Vp gemessen, und an einem ebenfalls passiven Gibson Thunderbird Bass Pegelspitzen von fast 7 Vp!
Es muß bei der Auslegung also um einen adequaten Kompromiß gehen. Für Deine persönliche Gitarre kannst Du sicherlich eine impedanz- und pegeloptimierte Version basteln—für die Serienfertigung geht das leider nicht. Abgesehen davon ist das weglassen der ESD-Schutzkomponenten ("Eingangsnotbegrenzung") relativ riskant, weil der Codec sehr leicht durch statische Entladung zerstört werden kann. Für den Heimgebrauch kann das Risiko jeder selbst eingehen, als Hersteller können wir das nicht, zumal wir damit gegen geltende EN Normen verstoßen würden.

Stichwort Kompander: In meinem "Schülerpraktikum in Deutschland" (...was zugegebenermaßen schon einige Jahre zurückliegt) habe ich gelernt, dass Kompanderschaltungen sehr nützlich sein können, insbesondere wenn Eingangs- und Ausgangssignal idealerweise gleiche oder ähnliche Zeitverläufe haben (wie bei Tonbandaufnahmen oder Funkstrecken). Der Effekt eines Kompanders auf einer komplexen Stereo-Hallfahne könnte vielleicht irgendwie interessant klingen, passt aber überhaupt nicht in das Konzept einer realistischen Raumsimulation, bei der Vieles von der präzisen Pegelabstimmung der Reflexionsparameter abhängt. ;-)) Bin sehr gespannt was Deine weiteren Versuche ergeben.
Natürlich wollen wir mit einem 40 Euro Bodeneffekt keinen professionellen Studioeffektgeräten Konkurrenz machen, und ich denke das erwartet auch keiner. Allerdings haben wir viel Sorgfalt auf die Effektalgorithmen verwandt, um eben Studiohallsounds in einer Stompbox verfügbar zu machen. Ich vermute Du stimmst zu, dass sie tatsächlich weitaus besser klingen als die anderer Standardeffekt-Chips, die häufig in vergleichbaren Geräten verbaut werden, denn sonst wären Deine Bemühungen den Störabstand noch zu verbessern ja sinnlos. Wenn es Dir primär auf Line-Signale ankommt, kann ich übrigens den FX2000 uneingeschränkt empfehlen, der nur etwas mehr als das Doppelte kostet und eben genau für diesen Zweck konzipiert wurde.

Vielen Dank dennoch für Deine Anregungen, wir werden schauen welche Verbesserungsmöglichkeiten uns tatsächlich bleiben.

Gruß,
Jan Duwe.

p.s. es lohnt durchaus mal weit teurere digitale Stompboxen anderer Hersteller wie etwa Line6, zum Vergleich heranzuziehen, die übrigens die gleichen Codec Typen verwenden wie unsere RSM Pedale.
 
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Hallo Jan Duwe,

ich finde es bemerkenswert, dass Du so detailliert auf den Beitrag von Alex eingehst. Danke für die Infos! Trotzdem möchte ich nochmal nachhaken, weil ich in Deinem Post keine direkte Stellungnahme für das eigentliche Problemen - das Rauschen - finde.

Mittlerweile hatte ich auch ein DR100 in den Händen bzw. unter den Füßen und bin bei diesem mittlerweile nicht mehr produziertem Pedal zum gleichen Schluss gekommen. Mir gefallen einige der verfügbaren Hall-Presets ausgesprochen gut. Und wie beim RV600 begrüße ich den Tone-Regler, mit dem sich die Höhen des Hallanteils dämpfen lassen und der vielen wesentlich teureren Hallpedalen fehlt. Daher würde ich beiden günstigen Behringer-Hall-Tretern den Vorzug geben, selbst wenn Sie deutlich teurer wären - wäre da nicht das Grundrauschen, dass für mich beide Pedale tatsächlich unbrauchbar macht. Daher trifft diese Aussage meinem Empfinden nach auch nicht den Punkt:

Natürlich wollen wir mit einem 40 Euro Bodeneffekt keinen professionellen Studioeffektgeräten Konkurrenz machen, und ich denke das erwartet auch keiner. Allerdings haben wir viel Sorgfalt auf die Effektalgorithmen verwandt, um eben Studiohallsounds in einer Stompbox verfügbar zu machen.
Das, was die beiden Behringer-Hallpedale von den gerne 3 bis 7 mal so teuren Geräten andere Hersteller trennt, sind für meine Ohren nicht die Effektalgorithmen. Es ist das Rauschen. Oder stammt das von den Algorithmen? Da beide Pedale auch dann rauschen, wenn sie (untrue) gebypassed sind, vermute ich, dass die Quelle eine andere ist.

Ich finde es jedenfalls wirklich jammerschade, dass das Gerausche des RV600 die Frage nach der eigentlichen Effekt-Qualität erübrigt. Für mich ist das Pedal dadurch nicht einmal 5 Euro Wert. Mit einem Rauschanteil im erträglichen Rahmen würde ich hingegen auch 80 Euro und mehr dafür zahlen.

Viele Grüße

Georg
 
Ich häng mich mal hier dran... hab es selber noch nicht aufgeschraubt hab aber noch ein RV600 hier
liegen was ich mal kostenlos bekommen hab und bisher nie genutzt hab.

@LeadingZero oder jeder andere der es sagen kann wo im Pedal kann ich das reine "wet" Signal
abgreifen ( ich bräuchte nämlich nur das wet Signal also nur den Hall und nicht das original Signal ).
 
Ich will Dir die Hoffnung nicht nehmen aber der TE war zuletzt im Dez 2011 und der Georg im März 2013 online hier....
 
Hat sich erledigt...... bei voll aufgedrehtem MIX-Regler liefert das Behringer sowieso nur noch
das Wet-Signal.
 

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