Bericht: Fehlersuche und Reparatur alter Höfner Tonabnehmer

Uli
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In diesem Thread beschreibe ich die Fehlersuche an einem alten Höfner Violinbass und die Reparatur, die durch Erneuerung der Tonabnehmerspulen erfolgte. Da das Kernthema hier das Neuwickeln der Tonabnehmer ist, halte ich es für allgemein genug, um es nicht im Violinbass Userthread zu veröffentlichen.



Wenn man einen fast 50 Jahre alten Bass mit der Aussage bekommt, daß ihn schon zwei Gitarrenbauer untersucht haben, die zu dem Schluß gekommen sind, daß beide Pickups defekt sind, so kann man zum einen davon ausgehen, daß die ihr Handwerk verstehen und die Tonabnehmer tatsächlich hin sind, zum anderen bleibt doch eine gewisse Skepsis und zumindest die Frage: wovon geht eine Kupferspule, die nur mit kaum meßbaren Kleinstspannungen und -strömen zu tun hat, kaputt?

Eines steht jedenfalls fest: Durchbrennen im Sinne von Überlastung können sie schonmal nicht, das ist aber die Hauptursache von Wicklungsdefekten in Elektromagneten, Trafos und Motoren. Aus unterschiedlichen Gründen fließen dann durch den Wicklungsdraht hohe Ströme, die zu starker Erwärmung der Wicklung führen, was irgendwann zum Versagen der Isolation oder gar zum Durchbrennen des Wicklungsdrahtes führt.

Die drei Hauptgründe dieses Versagens sind:

  • Wicklungsunterbrechung - oft an einer Sollbruchstelle wie einem bei der Wicklungserstellung verursachten Knick oder einer Schlinge, bei sehr dünnem Draht oft auch im Anschlußbereich an scharfkantigen Lötstellen...gelegentlich ist die eigentliche Wicklung gar nicht unterbrochen, sondern die Lötung des Anschlußdrahtes war fehlerhaft (zB Isolierlack nicht richtig entfernt oder kalte Lötstelle).
  • Windungsschluß - was im Elektromaschinenbau oft nur durch die erwähnte Überlastung geschieht, entsteht auch schonmal durch Alterung des Isolierlackes, der nach 40+ Jahren gelegentlich einfach brüchig wird und abblättert, oft reagiert er auch mit den Klebstoffen von Isolier(klebe)bändern oder den Weichmachern alter Isolierschläuche im Anschlußbereich. Ein Windungsschluß führt meist nicht zum direkten Tod einer Spule, da die noch wirksamen Windungen immernoch Spannung induzieren, aber die Leistung wird deutlich geringer und der Wirkungsgrad sinkt, was u.a. auch den Brummanteil im Signal vergrößern kann.
  • Körperschluß - die Spule hat aus irgendeinem Grund Kontakt zum Eisenkern bekommen und ist insofern teilweise oder ganz unwirksam geworden. Das kann den Grund zB in defektem Spulenkörper haben, überstehender Wicklung (also mehr Windungen auf dem Spulenkörper als eigentlich draufpassen) oder auch in Isolationsfehlern im Anschlußbereich.
Wie kann man die möglichen Fehler messen?

Eine Unterbrechung ist recht einfach nachweisbar. Man lötet den Pickup von der restlichen Schaltung ab und mißt mit dem Widerstandsbereich eines einfachen Multimeters die Spule. Mißt man unendlichen Widerstand, ist die Spule irgendwo unterbrochen, denn ihr ohmscher Gesamtwiderstand sollte bei den üblichen hochohmigen Pickups etwa im Bereich zwischen 5 und 10 kΩ liegen.

Beim Körperschluß ist es oft umgekehrt. Da das eine Ende des Pickups oft direkt auf die Eisenmasse gelötet wird, wirkt ein Kurzschluß irgendwo in der Spule verringernd auf den Gesamtwiderstand, er liegt also an einem der Spulenenden gegen den Eisenkern gemessen im niederohmigen Bereich oder geht gar gegen Null.

Ein Windungsschluß ist am schwierigsten zu messen, für den tatsächlichen technischen Nachweis ist ein Meßaufbau oder ein spezielles Meßgerät erforderlich, das den Tonabnehmer als Spule in einem Schwingkreis betrachtet und ihr Ausschwingverhalten bewertet. Im Elektromaschinenbau verwendet man dazu auch Magnetinduktoren, deren Feldströme zB mit einem Kopfhörer betrachtet werden, wobei dann der Bereich mit der defekten Spule deutlich 'anders brummt' als die restliche Wicklung. Zum Glück ist dieser Fehler in Tonabnehmerspulen eher selten, wenn auch nicht ausgeschlossen, weil früher die Isolierlacke noch nicht so hoch entwickelt waren und zB in Nachkriegszeiten einfach keine ausreichend guten Rohstoffe für deren Herstellung zur Verfügung standen.

Erstes Vorgehen bei der Diagnose: es kommt kein Ton mehr raus!

  • Davon überzeugt man sich erstmal selbst und stöpselt das Instrument an einen Verstärker. Es werden alle Schalter und Potis bedient, dabei alle Stellungen berücksichtigen... ich habe auch schon einen Bass bekommen, bei dem das Volume Poti falsch herum angelötet war, so daß er in der vermeintlich lautesten Stellung komplett zugedreht war!
  • Ist da tatsächlich nichts zu hören, löte ich für gewöhnlich die Pickups vom Rest der Elektronik ab und schließe sie direkt an einen Verstärker an. Oft stellt sich mit diesem Test dann heraus, daß der Pickup durchaus noch funktioniert, aber irgendwo in der Elektrik - also bei Schaltern, Kondensatoren, Widerständen, Potis oder Anschlußbuchse irgendetwas nicht stimmt, wo man dann systematisch weitersuchen kann.
    Bei eher unübersichtlichen Lötanschlüssen und/oder für Leute, die nicht so sehr in der Elektronik zu Hause sind, bewährt es sich gelegentlich, vor dem Ablöten ein Bild der Anschlüsse zu machen, das verhindert spätere Fehler.
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Die Kontrollplatte, an der sich beim Höfner-Violinbass die gesamte Steuer-Elektrik befindet, birgt übrigens bei Instrumenten aus den 60er Jahren außer den Serienmerkmalen des Instrumentes den einzigen konkreten Hinweis auf das Baujahr. Die Potentiometer des Zulieferers Preh waren bodenseitig mit einer Pertinaxplatte vernietet, auf der mit einem Prägestempel hinter dem Widerstandswert das Produktionsdatum (des Potentiometers...nicht des Basses!) eingestanzt war. Die letzte Ziffer gab dabei das Jahr der 60er Dekade an, ein oder zwei Ziffern davor wurde die Produktionswoche ausgewiesen. Bei den Bässen, die noch zur aktiven Beatles-Zeit verkauft wurden, waren Produktionszeit von Poti und Bass nahezu identisch, denn man kam kaum mit der Herstellung nach und die Potis hatten insofern kaum nennenswerte Lagerzeit nach der Lieferung. Das vorliegende Schätzchen mit der Kennzeichnung 250K 177 hat also wahrscheinlich im April 1967 das Licht der Beatwelt erblickt...als gerade der letzte Song für das Album Sgt. Pepper in den Abbey Road Studios fertiggestellt wurde. :)

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  • Bleibt der Verstärker aber auch bei Direktanschluß des Tonabnehmers stumm, führt kein Weg mehr an der Erkenntnis vorbei, daß er wohl tatsächlich defekt ist. Beim Höfner Violinbass wurde ab 1967 der verbesserte Tonabnehmer Typ 513 eingesetzt, den der damalige Zulieferer Franz Pix entwickelt hatte, um dem Instrument einen höheren Output zu verleihen.
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Diesen Effekt brachte die Änderung auch, gleichzeitig ging aber ab diesem Zeitpunkt die Nachfrage nach dem 500/1 auch stetig zurück, was nicht zuletzt auch daran gelegen haben mag, daß sich dieser auch 'blade pickup' genannte Tonabnehmer optisch zu sehr von dem auch 'staple pickup' genannten Vorgängertyp 511 unterschied (der seit den 90er Jahren wieder produziert wird...jetzt allerdings in China) ...und der Bass somit ja nicht mehr das Beatles Original war.

Ein kleiner technischer Seiteneffekt dieses Wechsels war auch eine höhere Brummempfindlichkeit, denn der ältere Typ 511 war ein Humbucker, der hier verwendete Nachfolger 513 ein Singlecoil.

Auf die offenbar auch bei diesem hier vorliegenden Instrument häufigste Fehlerursache - die Spulenunterbrechung - und ihre Beseitigung (durch Neuwicklung) werde ich in den Folgeposts am Beispiel dieses bald 50 Jahre alten Höfner Violinbass' näher eingehen.
 
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Beide Pickups defekt heißt zunächst einmal beide Pickups ausbauen. Beim Neck Pickup ist das recht einfach: man lötet ihn am zugehörigen Poti der Kontrolleinheit ab. Beim Bridge Pickup hingegen macht die Anschlußleitung noch einen kleinen Umweg zum Saitenhalter, wo dessen Erdungsdraht eingeklemmt ist. Leider muß man dafür die Saiten komplett entspannen und das Tailpiece demonteren, anders wird der Draht nicht freigegeben. Die einzelnen Bauteile der Kontrollplatte müssen später ohnehin überprüft werden und so sieht der Bass bald ziemlich nackt aus.

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Die Eingangsfrage, wo die Unterbrechung in einer Tonabnehmerspule herrühren kann, führt zunächst einmal zur Betrachtung der Randbedingungen:

  1. die Spule besteht aus hauchdünnem Draht, ein recht verbreiteter Wert ist ein Drahtdurchmesser von 0,063mm. Zum Vergleich: ein ausgewachsenes menschliches Haar (Terminalhaar) hat im Durchschnitt etwa einen Durchmesser von 0,12mm, das ist doppelt so dick!
    Der Grund ist ganz einfach: je mehr Windungen man auf den Spulenkörper bekommt, desto höher ist die induzierte Spannung. Da die Stromstärke hier nur eine untergeordnete Rolle spielt, kann der Draht hierbei so dünn sein wie eben möglich, also nimmt man den dünnsten verfügbaren, der sich gerade noch verarbeiten läßt, wenngleich das auch nicht wirklich einfach ist, weil er bei der kleinsten Dehnung reißt.
  2. Im Vergleich zu Elektromotoren, die mit hohen Spannungen arbeiten müssen und deren Wicklung deshalb nach ihrer Erstellung mit einem speziellen Lack getränkt wird, bleiben Gitarrentonabnehmer meistens ungetränkt, denn im Millivoltbereich droht keine Gefahr von Spannungsüberschlägen. Einige Hersteller vergießen die Spulen anschließend zwar mit Wachs, das dient aber weniger der Isolationsverbesserung, sondern soll die Mikrofonie - also die Rückkopplungsneigung - verringern. Insofern sitzt die Spule, die meist aus mehreren tausend Windungen besteht, im Regelfall locker auf dem Spulenkörper. Locker deshalb, weil man beim Wickeln den extrem dünnen Draht ja nicht wirklich spannen darf wie bei größeren Trafos oder Statorwicklungen, denn sonst reißt er wie gesagt.
Dieser relativ lockere Wicklungs-Pack hat bei den zig-tausend Windungen natürlich ein gewisses Eigengewicht, weshalb es bei einem Sturz von Pickup (oder im worst case des Instrumentes) passieren kann, dass sich die schwere Spule im Moment des Aufpralls ein winziges Stück auf dem Spulenkörper bewegt - wie die Ladung im LKW bei Vollbremsung - und dabei kann es zur Dehnung bzw zum Abreißen des Drahtes - in den häufigsten Fällen an den beiden angelöteten Anschlußleitungen, den sog. Ausführungen - kommen.

Beim vorliegenden Patienten gibt es nach dem Ausbau von Pickups und Kontrollplatte einen Hinweis, dass dieser Bass auch mindestens einen schweren Sturz hinter sich hat, denn der Hals ist wohl dabei aus der Halstasche gebrochen und wurde nicht wie üblich - nur mit Knochenleim wieder eingepasst, sondern man hat ihm 'zur Sicherheit' durch den Gurtpin hindurch einen Gewindestab gebohrt, der im Korpusinneren mit einer Flachmutter verschraubt ist.

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Reißt die Spule durch den Unfall nicht unmittelbar, so ist es doch immerhin möglich, daß der Draht dadurch an ein oder mehreren Stellen eine Materialdehnung erfährt, die dann zu Sollbruchstellen werden. Bei einem der Pickups stellte sich beim Abwickeln heraus, daß der Draht wohl in dem Bereich, wo er mit dem Weichmacher des Isolierschlauchs am Spulenanfang in Berührung kam, gleich mehrere Unterbrechungen hatte, offenbar war da auch noch Chemie am Werk.

Öffnen des Tonabnehmers.

Ist die Erkenntnis, daß die Spule unterbrochen ist, erstmal unumstößlich, muß das Gehäuse des Tonabnehmers als erstes geöffnet werden. Im vorliegenden Fall hat das ganz offensichtlich schon jemand an einer Seite versucht, war aber nicht sehr erfolgreich, denn die andere Seite ist noch zu. Wie es aussieht, war auch ein Lötkolben mit zu geringer Leistung beteiligt, dessen Lötspitze zwar jeweils in die Lötstelle eingetaucht ist, aber nicht die gesamte Naht erwärmen konnte.

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Dabei kann man sich den Lötkolben bei diesen alten Pickups eigentlich oft sparen. Das Lötmittel war damals noch recht Blei-haltig und unterlag einer ziemlichen Schwindung, ein Effekt, den man später durch Beimischungen anderer Stoffe (zB Antimon) weitgehend neutralisieren konnte. Dadurch ziehen sich lange Weichlot-Nähte nach Jahren zurück und werden spröde, so daß man sie in vielen Fällen einfach mit einer Messerklinge ohne nennenswerten Kraftaufwand aufhebeln kann, ohne das Werkstück stundenlang mit Löthitze zu stressen. Auch hier sieht man im oberen Bild dort, wo der Lötkolben noch gar nicht war, daß die Lötnaht bereits aufgesprungen ist. Geht man also vorsichtig mit einer Messerklinge in die Lötnaht, kann es bei sehr alten Pickups passieren, daß sie praktisch freiwillig aufgehen, ohne daß man zum Lötkolben greifen muß...der wird dann erst beim wieder Verschließen unumgänglich.

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Sind die seitlichen Lötnahte - auf welchem Weg auch immer - irgendwann geöffnet, läßt sich die verchromte Schutzhaube mit dem Höfner-Logo abnehmen und gibt den Blick frei auf den eigentlichen Tonabnehmer, der mit Aluminium Stauchnieten auf eine Messingplatte genietet ist. Daß man Aluminiumnieten gewählt hat, liegt sicher an mehreren Faktoren
- es ist magnetisch neutral, erzeugt also keinerlei Wirbelströme
- es ist relativ weich und verträgt sich insofern am ehesten mit den verwendeten Kunststoffen ohne sie zu sprengen
- es läßt sich mit geringem Aufwand verarbeiten, ein Werkzeug ähnlich einer Spitzzange genügt

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Die im Vordergrund sichtbaren Schrauben erfüllen bei dieser Konstruktion die Aufgabe von pole pieces, die bei üblichen Singlecoil Konstruktionen meist mittig durch die Spule bzw den Eisenkern verlaufen. Da sie im unteren Bereich ein Hemmgewinde aufweisen, daß ein selbsttätiges Herausdrehen durch Resonanzschwingungen verhindern soll, sind sie zumindest über den Schlitzantrieb gar nicht so ohne weiteres herauszudrehen, da muß schon eine Zange helfen. Bei der Montage werden solche Schrauben oft in erwärmtem Zustand hereingedreht, wodurch der Kunststoff des Spulenkörpers an dieser Stelle etwas weich wird.

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Im eingebauten Zustand sitzen diese Schrauben so, daß der untere Teil mit dem Hemmgewinde unmittelbar an dem einen der beiden Stabmagnete liegt und der obere Teil unmittelbar neben der Spule (noch mit rotem Klebeband verdeckt) verläuft. Je näher die magnetisierte Schraube der darüber schwingenden Saite kommt, desto stärker ist die Erregung dieser Saitenfrequenz in der Spule.

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Leider müssen die Schrauben entfernt werden, weil sonst die Spule weder ab- noch bewickelbar ist. Die Konstruktion mit den Hemmschrauben und den Nieten weist eigentlich darauf hin, daß man herstellerseitig wohl nicht damit gerechnet hat, daß der Tonabnehmer nochmal jemals geöffnet werden müßte, sonst hätte man an dieser Stelle sicher wartungsfreundlichere Konstruktionen gewählt, die auch einen mehrmaligen Aus- und Einbau problemlos überleben.
In der Seitenansicht kann man den Aufbau des Höfner 513 recht gut erkennen:

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Um den Spulenkörper bewickelbar zu bekommen, müssen also die lose hineingesteckten Magnete herausgezogen und die Polschrauben herausgedreht werden und auf der anderen Seite muß der angenietete Ausgleichskern entfernt werden, erst dann ist der Spulenkörper frei, so daß er zunächst ab- und später ggfls wieder neu bewickelt werden kann.

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Um die Alunieten herauszubekommehn, kann man sich anfangs mit einem kleinen Vornschneider behelfen. Sie sind nicht sehr gestaucht, denn sie werden auch auf der Seite der Polschrauben verwendet, um den Kunststoff-Spulenkörper an der Messingplatte zu befestigen und eine starke Stauchung würde den Kunststoff sprengen.

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Im nachstehenden Bild ist der Ausgleichskern entfernt und einer der Stabmagnete herausgezogen, was den Blick auf den flachen Eisenkern freigibt, der oben leicht gerundet heraussteht und dem Pickup deshalb den Namen 'blade' gegeben hat.

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Ausgleichskern und Stabmagnete sollten möglichst direkt 'in Sicherheit' gebracht - idealerweise also in einer Tüte oder einem Behälter aufgehoben werden, damit sie keine Eisenspäne aufsammeln können, die man später nur mühsam (zB mit Klebeband) wieder komplett entfernen kann. Die Schutzhaube mit dem Höfner-Logo ist aus verchromtem Buntmetall und insofern nicht magnetisierbar.

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Jetzt ist die Spule frei und der ca. 45 Jahre alte Klebstoff des Isolierbandes zerbröselt beim entfernen...so ähnlich muß sich Howard Carter gefühlt haben, als er Tutanchamun entdeckte...

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Als erstes wird getested, ob die Spulenunterbrechung nicht vielleicht schon im Bereich des Anschlusses ist, deshalb werden ein paar Windungen abgewickelt und sicherheitshalber noch einmal direkt an Spulenanfang und -ende Durchgang gemessen...in diesem Fall leider mit gleichem Ergebnis: die Spule ist irgendwo unterbrochen...und muß deshalb neu gewickelt werden.

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Dazu muß zunächst die Stärke des verwendeten Kupferdrahtes gemessen werden, auch wenn bekannt ist, daß da zumindest zu damaliger Zeit immer der gleiche verwendet wurde.

Bei dem extrem dünnen Draht hilft nur eine digitale Mikrometerschraube, die bei erster Messung 0,068mm Drahtdurchmesser anzeigt.

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Dieses Ergebnis kommt durch den Isolierlack zustande, der für eine genaue Messung entfernt werden muß.
Dazu brennt man den Draht mit einem Gasfeuerzeug oder einer Lötlampe ganz kurz an, meistens ist aber 'ganz kurz' auch schon zu viel und das Drahtende schmilzt zur Kugel.

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Die Messschraube hat (für den 'normalen' Einsatz am Ende eine 'kleine Fühlschraube', die mit einer Rutschkupplung ausgestattet ist. Wenn man Dinge wie eine Stahlwelle oder Blechstärken - aber durchaus auch Kupferdrähte, deren Stärke bereits im Millimeterbereich liegen - messen will, dreht man an dieser Fühlschraube, bis sie durchrutscht und liest dann das Ergebnis ab.
Bei diesem extrem dünnen Kupferdraht darf man das aber keinesfalls machen, die beiden gehärteten Wangen der Schraube würden den Draht einfach zusammendrücken und so das Messergebnis verfälschen. Man muß insofern ganz vorsichtig zudrehen, bis der erste Widerstand fühlbar ist - das Drehmoment der Fühlschraube liegt deutlich höher!
Wenn man es dann irgendwann richtig raus hat und den Ruß des abgebrannten Lackes mit einem Papiertaschentuch und etwas Isopropylalkohol abgewischt hat, bekommt man das amtliche Ergebnis:

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Nachdem jetzt endgültig sicher ist, daß die Spule neu gewickelt werden muß, geht es im Folgenden zunächst um die technischen Voraussetzungen dafür.
 

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Der Draht

Da jetzt die Drahtstärke feststeht, kann der Lackdraht schon bestellt werden. Aus den Bestellunterlagen des Kupferdrahtes gehen dessen Eckdaten hervor:

Nenndurchmesser: 0,063 mm
Außendurchmesser (mit Lack):0,066-0,076 mm
Querschnitt: (qmm) 0,002827
Gleichstromwiderstand bei 20°C Ohm/m: 5,484
Qualität: V 180 DIN EN 317-20
Länge: 8417 m
Gewicht: 0,250 kg-Spule
Lieferform: Kunstoffspulenkörper nach DIN Bez.: K100 D=100mm
Verarbeitung: lötbar

Daraus ergibt sich bei einer mittleren Windungslänge von 14,3cm, die ich mit Hilfe einer Drahtschlinge ermittle und zum einfacheren Rechnen etwas runde, etwa 1m Draht für 7 Windungen mit einem Widerstand von 5,484Ω.

Daraus wiederum ergibt sich, daß ich bei einem Spulenwiderstand >= 5kΩ mit mindestens 7000 Windungen rechnen muß - das macht eigentlich niemand von Hand, deshalb muß irgendein Antrieb her!

Ist der Draht besorgt, muß man darauf achten, daß zumindest einer der Ränder des Spulenkörpers optimal glatt und abgerundet ist, damit sich der hauchfeine Draht später nicht daran verfangen kann. Insofern sollte man die Drahtrolle immer wie ein rohes Ei behandeln, die kleinste Kerbe an diesem Rand kann das spätere Ergebnis in Frage stellen!

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Die Spannform

Um eine Spule maschinell wickeln zu können, muß man den Spulenkörper irgendwie so in Drehung versetzen können, daß sich der geführte Draht in der erforderlichen Form aufwickelt. In der Industrie hat man da fertige Formen, die die Stelle des späteren Eisenkerns einnehmen indem der Spulenkörper draufgesteckt wird. In Reparaturbetrieben sind diese Formen dagegen meist über Gewindestangen so verstellbar, daß man sie an alle Isolierkörper anpassen kann.
Im vorliegenden Fall sehe ich keinen Vorteile darin, wenn ich den Spulenkörper vom Eisenkern trenne, dafür müßte ich alle Nieten entfernen und es bestünde eine größere Gefahr, den 45 Jahre alten Kunststoff vielleicht doch noch zu beschädigen - und da gibt es keine Ersatzteile mehr für.

Also beschließe ich, einen Adapter aus Holz anzufertigen, an den man die Montageplatte des Pickups schrauben kann, was mit einem simplen Holzbrettchen zu erledigen sein sollte.

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Es sind im Grunde nur drei Schrauben erforderlich, eine größere als Spanndorn und zwei kleine für die Befestigung des Adapters an der Montageplatte

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Die Wickelmaschine

Eine Spule mit mehreren tausend Windungen hauchfeinen Drahtes von Hand zu wickeln - also ohne Zuhilfenahme einer Maschine, die einem den Spulenkörper dreht - ist praktisch unmöglich. Wenn man von dem ungeheuren Zeitaufwand absieht, bekäme man wahrscheinlich so viele Kreuzungen, daß das Packmaß nicht eingehalten werden könnte und der Spulenkörper bereits vor Erreichen der erforderlichen Windungszahl gefüllt wäre.

Da im Vergleich zu den anderen Wicklungen, die im Elektromaschinenbau so täglich entstehen, ein Gitarrentonabnehmer zu den einfachsten Spulen gehört, die man sich denken kann, muß eine solche Wickelhilfe auch keine großen Anforderungen erfüllen. Da die Windungszahl nicht das Ergebnis einer Spannungsberechnung ist, sodern es der Sinn der Spule ist, aus einer Saitenbewegung über einer permanent magnetisierten Kupferspule eine möglichst hohe Spannung zu generieren, ist die Parole: so viel Windungen drauf, wie eben draufpassen...was einerseits meistens einige tausend sind und andererseits das bei Wickelmaschinen ansonsten unabdingbare Windungszählwerk entbehrlich macht, denn hundert Windungen mehr oder weniger machen da bei 10000 insgesamt praktisch nichts aus.
Insofern bestand meine erste 'Wickelmaschine' vor langer Zeit aus einer handbetriebenen Bohrmaschine, die in einen Schraubstock gespannt war. Größter Nachteil damals: man hat nur eine Hand frei zur Drahtführung, weil man mit der anderen kurbeln muß! Auch wenn es heute nicht mehr ganz so primitiv sein muß, ist mein momentan genutzter Hilfsapparat auch kaum an Einfachheit zu überbieten:
Ein alter Akkuschrauber, für den es mittlerweile keinen Ersatzakku mehr zu kaufen gibt, dessen Regelschalter ich ausgebaut und in eine Art Primitivpedal mit Scharnier eingebaut habe, damit ich mit dem Fuß 'Gas geben' kann und die Hände frei habe. Mit ein paar untergelegten Holzresten wird die axiale Horizontale wieder hergestellt, sieht furchtbar aus, funktioniert aber! Darüber hinaus braucht es dann nur noch ein leistungsfähiges Netzteil, das den Akku ersetzt.

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Zunächst benutze ich die Maschine zum Abwickeln der Spule, dafür ist es ganz praktisch, daß am ausgebauten und in ein Pedal umkonstruierten Regler des Akkuschraubers noch der Drehrichtungs-Umschalter verblieben ist

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Wichtig ist es, sich zu Beginn des Abwickelns den 'Füllstand' der Wicklung zu merken, wenn man ohne Zählwerk arbeitet. Bei dieser Spule ist das besonders einfach, weil zum einen das Abdeck-Klebeband eine deutliche Kennzeichnung hinterlassen hat und zum anderen die Spule ohnehin bis zu Rand bewickelt ist...mehr geht nicht!
Ist der Spulenkörper leer, muß er zunächst gereinigt werden und von allen eventuell hervorstehenden Graten befreit werden, an denen sich später der Draht verhaken könnte. Dazu zählen hier auch die Nietenköpfe (rote Pfeile), die es ja bei der Herstellung der Spule noch nicht gab, da wurde ja auf dem nackten Kunststoffkörper gewickelt, was ich hier aus oben erwähnten Gründen unterlassen habe.
Ebenfalls bereinigt werden müssen die Grate, die beim Herausdrehen der Polschrauben entstanden sind (grüne Pfeile)...auch die gab es bei der Herstellung der Spule noch nicht.

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Die Grate werden mit einem scharfen Messer (Skalpell) bereinigt, für die Glättung der Nietenköpfe verwende ich etwas Zweikomponentenkleber, der nach kurzer Zeit eine glatte und glasharte Haube ohne Spalt über die Köpfe legt, an der der Draht problemlos vorbeigleiten kann.

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Um den Draht beim Wickeln des Tonabnehmers reibungslos von der Vorratsspule abwickeln zu können, muß man dessen besondere Zugempfindlichkeit berücksichtigen. Normalerweise befindet sich bei industriellen Wickelmaschinen die Drahtrolle hinter dem Ausführenden auf einem Gestell und rollt über eine kugelgelagerte Achse ab. Bereits bei Drähten unter 0,1mm kann man dieses Verfahren nicht mehr anwenden, weil die Vorratsspule so schwer ist, daß sie dem ruckartigen Zug beim Wickelvorgang nicht gewachsen ist und der Draht überdehnt bzw reißt. Der ruckartige Zug kommt dadurch zustande, daß es sich ja nicht um eine Rundspule handelt, sondern einen im weitesten Sinne als rechteckig zu bezeichnenden Spulenkörper. Dadurch gibt es zwei lange und zwei kurze Seiten, die bei jeder Umdrehung pro Seite jeweils eine unterschiedliche Menge an Drahtnachschub fordern.

Um dieses Problem zu umgehen, läßt man Rollen mit sehr dünnem Draht nicht von einem Gestell abrollen, sondern stellt sie unter die Wickelform, so daß der Draht schlingenweise über den (wie oben erwähnt: deshalb möglichst glatten!!) Rand der Drahtrolle abrutscht. Dabei sollte man einen zu kurzen Abstand von Vorratsspule und Wickelform vermeiden, ich habe eine Ecke in der Wohnung ausgesucht, wo ich über einen Meter Gefälle habe. Wenn man genau hinsieht, kann man im rechten Teilbild die nach oben ablaufenden Drahtschlingen sehen.

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Als letzte Vorbereitung klebe ich mir noch ein paar kleine Stücke Klebeband griffbereit an die Maschine für den Fall, daß ich die Wicklung unterbrechen muß. Damit wird dann der Draht an der momentanen Stelle fixiert, damit beim loslassen nicht die bisherige Festigkeit verloren geht. Dann kann das eigentliche Wickeln losgehen.
 

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An den Anfang (und später auch an das Ende) der Spule wird üblicherweise ein Stück dünne Litze gelötet, der direkt herausgeführte Draht würde zu leicht abreißen, was zumindest beim Spulenanfang das Todesurteil ist.
Für diese Arbeit ist der Hinweis 'lötbar' auf dem Beipack des neuen Drahtes hilfreich. Lötbar heißt in diesem Fall, daß der Lack in der Temperatur flüssigen Lötzinns nahezu rückstandslos verdampft, was zumindest früher durchaus nicht immer üblich war, da mußte man den Isolierlack irgendwie anders loswerden. Trotzdem muß das Drahtende, das man zweckmäßigerweise mit einem Werkzeug wie zB einer Grip-Pinzette fixiert, zunächst vorverzinnt werden, bevor die (ebenfalls vorverzinnte) Litze angelötet wird. Die Lötung wird mit einem kleinen Stück Schrumpfschlauch verdeckt und die Ausführung im Bereich des Anschlusses an den Spulendraht mit dem Spulenkörper verklebt. Ich verwende zum Andrücken des Klebebandes ein Wattestäbchen, um nichts zu beschädigen, dann kann es losgehen. Idealerweise schneidet man sich ausreichend Klebeband vorher in der exakten Breite des Spulenkörpers zurecht, so daß man es auch zur Hand hat, wenn die Spule fertig ist.

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Das Wickeln ist nicht unbedingt so einfach wie es auf den ersten Blick scheint. Einerseits sorgen Fliehkraft und Drahtsteife dafür, daß die Wicklung dazu tendiert 'rund' zu werden, weshalb man den Draht beim Aufwickeln etwas spannen muß, andererseits ist dann nur eine bestimmte (relativ geringe) Höchstdrehzahl erreichbar, sonst sorgt die dann erforderliche Vorspannung dafür, daß der Draht reißt. Man muß sich an den idealen Wert herantasten und kommt dabei iaR nicht drumrum, etwas Lehrgeld zu bezahlen. Im nachstehenden Bild ist am linken Spulenrand der Motor mal kurz durchgegangen, weshalb die Wicklung zu locker wurde und wieder runter mußte.

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Idealerweise wird 'lagenweise' gewickelt, d.h. man beginnt an der Ecke, wo die Ausführung in den Spulenkörper eintritt und versucht, möglichst eine Windung neben die andere zulegen, bis man an der anderen Seite angekommen ist, von wo es dann wieder zurückgeht. Auf keinen Fall sollte man blnidlings draufloswickeln und mit der Fuhrungshand dem Draht schon gar keine abrupten Richtungsänderungen geben, weil das zu sog. Kreuzungen führt, deren harmloseste Auswirkung es ist, daß der Füllfaktor deutlich höher wird und insofern möglicherweise nicht genügend Windungen auf den Spulenkörper passen. Man kann sich das Problem mit einer Streihholzschachtel veranschaulichen: wenn man sie kauft, liegen alle Streichhölzer schön nebeneinander. Kippt man sie aus und versucht sie dann wieder in die Schachtel zu füllen, passen sie nicht mehr rein, bevor man sie nicht wieder schön parallel (eben ohne Kreuzungen) nebeneinander sortiert hat.
Fehlversuche wickelt man am besten komplett ab, lötet neu an und beginnt erneut, auch wenn das sehr lästig ist. Bereits verwendeter Draht ist schon gestreßt, hat Knicke und neigt beim erneuten Aufwickeln zur Knotenbildung - den Endprodukten einer zusammengezogenen Schlinge.

Ich habe bei ca 1-2 U/sec eine Geschwindigkeit gefunden, bei der ich mit dem Ergebnis leben kann, aber man ist dann auch leicht mal eine Stunde dran...

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Wenn man es irgendwann geschafft hat, die Spule unter diesen Voraussetzungen bis zum ursprünglichen Füllstand zu bewickeln, fixiert man den Wickel zunächst mit einem Stück Klebeband und kann die Form dann aus dem Bohrfutter nehmen.

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Die Ausführung des Spulenendes geschieht in gleicher Weise wie am Anfang und der gesamte Wickel wird mit Klebeband fixiert.
Zu diesem Zeitpunkt ist es eine gute Idee, mal den Widerstang der Spule zu messen, bevor man alles zusammenbaut. Eine erneute Unterbrechung während des Wickelvorgangs ist nicht ausgeschlossen und zu dem Zeitpunkt könnte man das noch als Trainingseinheit verbuchen, wenn erstmal alles wieder zusammengebaut ist, ist der Frustfaktor deutlich höher...
Aber gottseidank...hat alles geklappt

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Jetzt werden die Polschrauben wieder eingedreht und der Ausgleichskern wieder angenietet. Die Nieten werden an ihren Enden etwas mit einer Spitzzange gestaucht, das entspricht etwa dem Befestigungszustand vor der Reparatur. Der Kern wird im Grund durch den benachbarten Magneten an seinem Platz gehalten, weshalb er lediglich daran gehindert werden soll, sich seitlich zu verschieben.

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Jetzt wird die verchromte Kappe wieder aufgesteckt und zB mit einer kleinen Zwinge in die Lage gebracht, daß wieder zugelötet werden kann. Auf der sichtbaren Seite der Kappe legt man dazu zweckmäßigerweise ein Holzbrettchen oder Pappe zwischen, um mit der Zwinge keine Kratzer oder Dellen zu verursachen.

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Das Löten sollte mit ausreichender Hitze erfolgen, damit es schnell geht und man nicht stundenlang drauf rumbraten muß. 100W sind da etwa ein guter Wert, viel neuen Lötzinn braucht es nicht dafür, es ist meist noch genug alter dran.

Ist alles zu, kann der Zusammenbau erfolgen, der sich von der Zelegung hauptsächlich dadurch unterscheidet, daß man den Draht für die Saitenerdung meistens nicht mehr durch die winzige dafür vorgesehen Bohrung bekommt, weil man auch nicht mit der Hand durch den Ausschnit der Kontrollplatte kommt.
Deshalb wird das gleiche Verfahren angewendet wie bei der Produktion: man schiebt einen langen (Silber)draht von außen durch die Bohrung und lötet sie an der Stelle an, wo vorher der Erdungsdraht befestigt war. Dann zieht man das Kabel mit dem Draht so weit durch die Bohrung, daß man innen noch bequen verdrahten kann und kürzt den Erdungsdraht außen anschließend entsprechend.

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Die Kontrolleinheit wird noch überprüft, was ich aber an anderer Stelle beschreibe, dann werden die letzten Schrauben eingedreht und die Saiten können wieder gespannt werden. Noch bevor er einen Verstärkereingang sieht, ist eine Kontrolle mit dem Tuner sinnvoll und siehe da: er tut wieder was und wird bald darauf von seinem Kollegen zur gelungenen Genesung beglückwünscht! :)

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Mir fehlen ein wenig die Worte.:redface: Ich bin überwältigt von dem ausführlichen Reparaturbericht, perfekt illustriert von professionellen Fotos. Der ganze Bericht würde gut in ein Fachbuch passen.:great: Sogar mir als totalem Laien ist der Text in großen Teilen verständlich geworden. Ich hätte nie geahnt, daß soviel Sachkenntnis, Erfahrung und Sorgfalt nötig sind bei der Neuwicklung eines Tonabnehmers. Ich kann nur sagen: "Hut ab!" und das mindestens 10 x wiederholen.:hat:
Vielen herzlichen Dank für deine große Hilfe!:hail: :)

Nur ein winziger Fehler hat sich in Post #3 eingeschlichen. Da ist im zweiten und dritten Satz beide Male die Rede vom Neck Pickup, aber einmal müßte es Bridge Pickup heißen. (hier spricht ein Lehrer :D )

Leider darf ich Uli immer noch nicht hier bewerten, vielleicht machen die Mods mal eine Ausnahme und lassen ihm die Punkte zukommen? Leider sind wertvolle Beiträge dieser Art ja selten geworden im Forum.:(

PS
Das Foto von den fast gleichen Zwillingsbrüdern ist auch Klasse! :D
https://www.musiker-board.de/attach...1385298623-bilder-euren-baessen-veterans2.jpg
 
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Danke für das feedback und den Hinweis mit der Verwechslung, ich geb das mal an einen Mod weiter. Kommt davon, wenn man ständig Anglizismen verwendet, anstatt zB 'Hals-Tonabnehmer' zu sagen, dann hätte ich es wohl beim Schreiben gemerkt...:D Aber das ist wohl mittlerweile irgendwie drin...siehe 'feedback'...:rolleyes:
 
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Wow! Danke für den Einblick, Uli! Hätte nicht gedacht, dass das SO kompliziert sein kann:eek:

Du musst erst einige Beiträge anderer Benutzer bewertet haben, bevor du Uli erneut bewerten kannst.
 
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Toll! Und eins ist klar, sollte mal Tonabnehmer kaputt gehen, werde ich es bestimmt nicht selber reparieren.

Nebenbei, wie unterscheidet sich klanglich der Violinbass mit Humbucker vom Single-Coil-Modell?
 
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Ich tue mich schwer mit Klangbeschreibungen, weil die mE der subjektiven Wahrnehmung des Einzelnen unterliegen, der oft unter den stellenweise recht blumenreichen 'singenden Höhen' oder 'knurrenden Bässen' etwas völlig anderes versteht, als der Empfänger dieser Botschaft.

Was ich glaube sagen zu können, ist daß die Wahl der Saiten und die Wahl/Einstellung des Ampings mehr ausmacht, als die Frage, ob ein 511er oder ein 513er verbaut wurde. Letzterer hat einen höheren Output, dafür aber auch eine höhere Brummneigung, unter den geeigneten Randbedingungen hören sich nach meinem Empfinden aber beide recht typische nach Sixties an. :)
 
Okay, wenn die beiden Typen ähnlich klingen bestätigt das eigentlich meine Ansicht, dass es zumindest bei Bässen nicht so wahnsinnig wichtig ist, welchen Typ Tonabnehmer man einsetzt. Um dein Saitenbeispiel aufzugreifen: Wer "Plopp" will, nimmt die Pyramid Flats, wer "Pling" möchte die D'Addario Chromes. Ob das ein SC oder HB ist spielt dabei keine so große Rolle. Anders ausgedrückt: ein Single Coil macht aus einem Bass kein anderes Instrument, wenn alternativ ein Humbucker montiert ist. Oder greift das zu kurz? Leider hat man so selten die Gelegenheit, zwei gleiche Instrumente mit unterschiedlichen Tonabnehmern zu testen.
 
Anders ausgedrückt: ein Single Coil macht aus einem Bass kein anderes Instrument, wenn alternativ ein Humbucker montiert ist. Oder greift das zu kurz?
Ich würde es vllt nicht pauschalisieren, sondern mein statement mal nur speziell auf den Höfner und die beiden angesprochenen Tonabnehmer beziehen.
Ich habe zB einen Fame Bass, den es bei sonst gleicher Konstruktion und Elektronik mit unterschiedlichen Pickup-Bestückungen gibt, da merkt man recht deutliche Unterschiede zB zwischen MM und JB Typ.
Was alte Tonabnehmer unabhängig von der Philosophie der Spulenanordnung ähnlich macht, ist sicher auch die Konstruktionsmethode und die damals vorhandenen Materialien. Heute hat man alleine bei der Auswahl der Permanentmagnete eine relativ große Auswahl von Reineisen über Legierungen, gesinterten Ferriten, AlNiCo oder Neodym, ganz abgesehen von unterschiedlichen Techniken zum Magnetisieren, da sind sicher schon dadurch Unterschiede möglich. Früher gab es da halt...Permanentmagnete. :)
 
Ich hab's befürchtet, aber es klingt schlüssig. ;) Und da bin ich schon wieder bei meiner anderen Baustelle. Ich würde zu gerne mal die beiden Fender Mustangs nebeneinander spielen, den Pawnshop mit Humbucker und den regulären mit dem Single-Coil, aber niemand in meiner Nähe hat beide Typen vorrätig. :(
 
Hallo Uli. Du bist wahrscheinlich meine letzte Hoffnung, um mein Problem zu lösen. Ich besitze zwei Höfner Blade 513 Pickups aus einer alten Höfner. Ich habe den dafür vorgesehenen Pickup in die Neck Position in meine Fender Tele eingebaut und bin von dem Sound total begeistert. Aber jetzt kommt das Problem. Die H-Saite klingt leiser als die benachbarten Saiten. Meine erste und auf den ersten Blick schlüssigste Erklärung ergibt sich aus der bauartbedingten Einkerbung in Höhe der H-Saite, die den Abstand zwischen Saite und Pickup vergrößert und sie somit leiser klingen lässt. So weit so schlecht. Dies würde ja im Umkehrschluss bedeuten, dass all die tausende anderen Höfner Gitarren mit diesem Pickup auch eine leisere H-Saite hätten. Macht also auch keinen Sinn.
Weißt du welche Funktion diese Einkerbung sonst hat? Was könnte an meinem Pickup defekt sein?
MfG Monkeyland
 
Die 'blade notch' war der Versuch, die häufig überproportional laute H Saite auf den gleichen Level zu bringen wie die anderen Saiten. Das hat bei Höfner Gitarren offenbar funktioniert, kann natürlich durchaus auch an deren werksmäßig aufgezogenen Saiten gelegen haben... vllt war in dem Satz die H Saite etwas dicker. Du kannst aber doch an der zugehörigen Kernschraube die durch die Saite induzierte Spannung etwas beeinflussen. Wenn du sie zB rausdrehst, sollte die Saite lauter werden...
 
Erst einmal Danke. Die Kernschraube habe ich versuchsweise mal sehr hoch gedreht, aber der Effekt war dann doch sehr gering. Eine Überlegung geht dahin eine ummantelte G-Saite aufzuziehen, die leiser bzw. nicht so höhenreich klingt. Ich habe auch schon eine Standard G-Saite auf H gestimmt und aufgezogen. Das brachte auch keinen Erfolg. Aber ganz ehrlich. Das Ganze bleibt für mich trotzdem rätselhaft. Selbst die nun erhältllichen Reissues besitzen diese Einkerbung. Meine Recherche ergab, dass Höfner diese Pickups mit allen möglichen Brücken in verschiedensten Modellen verbaute.
 

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