Das 'Aus' für alten Jazz in Deutschland ?

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naldosuhr
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Uns Oldtime-Jazzern (gesprochen 'Oldteimjatzern' in Deutschland sind
wegen (und leider auch nach) Corona aus diversen Gründen fast alle
Auftrittsmöglichkeiten verloren gegangen.
Veranstalter scheuen das Risiko, weil das Publikum für unsere Musik
so gut wie ausgestorben ist. In den Kneipen, wo früher ab und zu oder
wie bei uns in Köln im Streckstrump sogar jeden Tag und Sonntags sogar
zweimal Jazzbands spielten, läuft inzwischen 'bunte Knete-Musik' und
wenn doch nochmal Jazz, dann lohnt es sich finanziell nur für
Kleinst-Besetzungen.
Meine Frage heute : Ist das 2024 irgendwo in Deutschland noch anders?

Ich grüße Euch mit meiner Klarinette
(Live-Aufnahme mit meiner Band CDC - Cologne Dixieland Company)
und 'Over the Waves'

 
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.. ich kann mich an solche Musik erinnern als Stadtfest-Standard in den 70ern (und ich war nicht die Zielgruppe, sondern genervt davon ;) ) ... und nach meiner Beobachtung wurde die dann irgendwann durch 50s-RnR abgelöst ... so ist das wohl mit Trends ... antizyklische Musikvorlieben brauchen wohl sehr viel Durchhaltevermögen ...
 
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Nicht jeden Tag und nicht jede Woche, aber ca. 1-2x im Monat spiele ich hier Oldtime-Jazz.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Was heißt "hier"? Wo spielst Du? Vielleicht kann man mal dazustossen zum Zuhören? LG, Frank
 
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@naldosuhr
Über Auftrittsmöglichkeiten kann ich leider nichts beitragen, möchte aber nur mal bemerken, dass du eine richtig heisse Klarinette spielst. Chapeau, gefällt mir sehr gut (y)
 
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Ja, würde mich auch interessieren.

Rock'n Roll lief übrigens zeitlich keineswegs später, sondern sogar schon vor Chris Barber & Co und dann immer parallel zum trad. Jazz. Im TV-Musikladen (erinnert sich jemand an Uschi Nerke?) traten in den 60ern Bands aus beiden Lagern auf.
 
na ja, ich bin ja nun sehr jazzaffin, aber speziell diese Besetzung wollte ich (sehr persönlich) nicht länger als 4-5 Stücke hören... - nix dabei, was Klarinette und Banjo entschärfen könnte??

Ansonsten sind doch gerade Dixieland/ältere Jazzspielarten im allgemeinen Raum leichter unterzubringen, als modernerer Jazz - wenn jemand richtige Probleme hat Gigs zu kriegen, dann doch wohl letztere.

Jammern auf hohem Niveau, die Aufnahmen sind gut gemacht, die Musik ist super gespielt, der Rest ist Geschmacksache...
...der Baß gefällt sehr und der Drummer ist hoch mannschaftsdienlich, gefällt auch.
 
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Ist doch völlig klar. Wäre ich ein paar Jahre später geboren und hätte meine Sturm- und Drangzeit mit den Beatles verbracht, hätte ich mir mit Sicherheit keine Klarinette zugelegt. Andererseits kann man auch selbst damit recht heiße Musik machen.

 
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Ist doch völlig klar. Wäre ich ein paar Jahre später geboren und hätte meine Sturm- und Drangzeit mit den Beatles verbracht, hätte ich mir mit Sicherheit keine Klarinette zugelegt. Andererseits kann man auch selbst damit recht heiße Musik machen.
ich bin Jahrgang 1950 und spiele nicht Klarinette..., auch nicht Geige oder Dudelsack...

Unter "heißer Musik" kann man vieles verstehen, ich (sehr persönlich) mag halt Klarinetten nicht wirklich, die immer am Limit (heiß??) spielen.
Die Klarinette hat viele Facetten, Sounds, Dynamik, etc. wie z.B. Eddie Daniels, Anat Cohen,...
 
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Siehst Du, das ist nun wiederum überhaupt nicht meine Musik.
Wie wäre es mit Giora Feidman und seiner Klezmermusik.
 
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...Giora Feidman ...
mit ihm hab ich sogar schon gespielt, als spontane Aushilfe, eigentlich waren wir nur Gäste in seinem Konzert - er kannte mich durch zwei Workshops und hat mich gebeten.


Die allerwichtigste Aussage seiner Workshops: das was alle Musiker am intensivsten miteinander verbindet, ist die Stille - da phrasieren alle gleich.
 
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Klasse Spruch
Wir hatten immer den Spruch: Seit Bach weiß man, daß das Wesen der Musik die Pause ist
 
fast alle Auftrittsmöglichkeiten verloren gegangen.
Sollte das in einer Gegend wie Raum Köln so sein, würde ich daran denken, mich mit anderen Jazzmusikern zusammenzuschließen und Auftrittsmöglichkkeiten in Eigeninitiative zu schaffen.
Es gibt z.B. einen Jazzclub e.V, in Regensburg, und wenn das eine mittelgroße Stadt in der von Nichtbayern eher belächelten Oberpfalz (Bayern) schafft, dürfte das anderswo auch zu stemmen sein. Vorausgesetzt, man hat Publikum für diese Art von Musik, die wird nämlich gefühlt immer rarer.

Im Moment (bis Sonntag) läuft das Jazzweekend in Regensburg (das ist allerdings kein Katzensprung von Overath aus). "Beim Jazzweekend vibriert Regensburg in allen Spielarten des Jazz. Rund 110 Konzerte präsentieren die gesamte Bandbreite des Jazz – von Dixieland und Swing über Vocal …" (Quelle: https://jazzwe.de)
 
Ich habe in den 1980ern/90ern als Jugendlicher viel Oldtime-Jazz gespielt, als Posaunist, Pianist und Schlagzeuger. Habe öfters die Barrelhouse Jazzband aus Frankfurt gehört, Vor einiger Zeit ist im Musikertreff auch mal Horst Schwarz, Trompeter der Barrelhouse Band, vorbeigekommen: https://www.musiktreff.info/vorstellungsrunde/29433-mein-leben-fuer-den-jazz.html
Mit den Buschmann-Lokalen in Köln “Em Streckstrump” & "Klimperkasten" hatte ich früher viel zu tun, im Klimperkasten habe ich regelmäßig gespielt (Pianist in einem Salonorchester). Mit der Betreiberfamilie Buschmann hatte ich auch zu tun, die begeistern sich sehr für Musik, müssen aber natürlich ihre Lokale wirtschaftlich führen. Die Gastro-Szene ist dahingehend auch nicht leichter geworden. Für die "Pneuphoniker", das mechanische Musikinstrument, von dem ein Exemplar ja im Klimperkasten steht, habe ich mal MIDI-Files programmiert.

Uns Oldtime-Jazzern (gesprochen 'Oldteimjatzern' in Deutschland sind wegen (und leider auch nach) Corona aus diversen Gründen fast alle Auftrittsmöglichkeiten verloren gegangen. Veranstalter scheuen das Risiko, weil das Publikum für unsere Musik so gut wie ausgestorben ist. In den Kneipen, wo früher ab und zu oder wie bei uns in Köln im Streckstrump sogar jeden Tag und Sonntags sogar zweimal Jazzbands spielten, läuft inzwischen 'bunte Knete-Musik' und wenn doch nochmal Jazz, dann lohnt es sich finanziell nur für Kleinst-Besetzungen.
Meine Frage heute : Ist das 2024 irgendwo in Deutschland noch anders?
Von alleine gibt es wenig Nachfrage nach Oldtime-Jazz, das ist richtig. Regelmäßige "sichere" Veranstaltungen gibt es kaum noch, dazu ist das Freizeitverhalten in der Gesellschaft, auch was die Nutzung von Gastronomie angeht, viel variabler und schwerer vorhersehbar geworden. Eine Band zu engagieren, ist unter Umständen ein wirtschaftliches Risiko, das nicht jeder Gastronom eingehen will. Immerhin arbeiten auch jetzt schon viele Gastrobetriebe am Rande des wirtschaftlich Möglichen und Sinnvollen.

Oldtime-Jazz ist immer wieder mal in rustikalen Umgebungen wie z.B. Brauhäusern möglich und unter Umständen auch gefragt. Beispiele:
Die Kollegen spielen hier sogar regelmäßig: http://drjb.de/shtml/ueber_uns.shtml

Mögliche Veranstalter werden sich aber, wie auch bei anderen Musikrichtungen, vermutlich an der Medienpräsenz einer Band orientieren, bevor sie sie buchen. Aber das ist ja nicht neu, das ist ja seit 40-50 Jahren so, dass Nischen-Bands Medien brauchen.
 
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Hallo, zuerst mal wollte ich mich für deine Musik bedanken.

Auch wenn ich mit Klarinette und Dixie eher wenig anfangen kann, finde ich das Ganze musikalisch dennoch sehr beeindruckend.

(Ich selber höre was Jazz angeht, vorwiegend klassische Piano-Trios oder wühle mich z. B. durch den Blue-Note-Backkatalog.)

Man muss es eben sehen wie es ist. Jazz war hierzulande immer eher (!) Randgebiet, selbst in den Hochphasen. Man korrigiere mich bitte, sollte ich da komplett falsch liegen.

Und Jazz erfordert eben in gewissen Maße genaues hinhören, sich Zeit nehmen und drauf einlassen. In einer immer schnelllebigeren Gesellschaft, in der alles, was länger als 30 Sekunden dauert, schon die Aufmerksamkeitsspanne des Konsumenten an ihre Grenzen bringt, ist das nun mal momentan kaum noch angesagt. Leider.

Ich denke aber, dass z. B. auch Rockbands es in den vergangenen gut 20 Jahren es immer schwerer haben, Aufmerksamkeit und Publikum zu generieren. Entweder man spielt beliebte Coversongs auf irgendwelchen (mehr oder weniger fragwürdigen?!) Events und verdient sich damit höflichen Applaus und vielleicht noch einige Kröten dazu, oder man krebst halt mit eigenen Songs in einer sehr großen Masse von Bands herum, die heutzutage alle ihren Kram selber aufnehmen, mischen, hochladen etc.

Durch Spotify und co. wurde das Ganze natürlich auch nicht besser.

Das von dir angesprochene Problem mit den Auftrittsmöglichkeiten ist nachvollziehbar. Ich bin zwar schon lange aus dem Geschäft raus, kann mir aber durchaus vorstellen, dass ohne eine ausgeklügelte Web-Präsenz kaum noch was geht. Aber auch dadurch hören letztendlich nicht mehr Leute gerne Jazz.

Letztes Jahr habe ich das Omer Klein Trio live gesehen. Das war natürlich absolut genial, dennoch war selbst dort die Location zwar sehr gut besucht, aber offenbar nicht komplett ausverkauft. Eigentlich unvorstellbar, zumindest für meine Begriffe.
 

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Schöner Beitrag, nur mit 'Randgebiet' liegst Du daneben. Oldtime Jazz (Chris Barber- Dutch Swing College Band, Mr. Acker Bilk, Kenny Ball, Papa Bues Viking Jazz Band usw.) lagen einige Zeit bei Jugendlichen voll im Trend - parallel zu den Rock'n Roll Ikonen jener Zeit. Papa Bue hält mit seiner verjazzten Version des deutschen Wiegenlieds bis heute den Record am längsten auf der Nummer 1 bei den deutschen Charts zu stehen. Wer hätte das gedacht ? Mit den Beatles wurden dann die Karten komplett neu gemischt und der schöne alte Jazz war innerhalb kürzester Zeit Schnee von gestern. Erst einige Jahe später ist er dann in eingen Städten wie z.B. Hamburg zu neuem Leben erwacht.
 
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Ja, wer hätte das gedacht? Hab gleich mal Chris Barber und Viking Jazz Band rausgesucht (schöne neue Welt 🙄) und siehe da, dass es da hierzulande mal so erfolgreiche Interpreten in der Richtung gab, war mir nicht bewusst (ich hätte da bestenfalls an die 1920er oder so gedacht).

Dabei hätte ich durchaus mal behauptet, nicht wenig über Musik zu wissen, Asche über mein Haupt 🙈

Bin eben ein Kind der 90er und bekam vorher in den 80ern als Kind von meinem Vater den Rock eingetrichtert, Stones, CCR, Chuck Berry, … Den Jazz entdeckte ich erst viel später für mich.

Die Beatles waren irgendwie sowas wie die erste Boygroup, zumindest was die Hysterie angeht. Kein Wunder, dass da vieles andere abgemeldet war.
Ich war immer Team Stones (dank der Prägung durch meinen Dad, von den Beatles gab es höchstens mal „Hard day‘s night“) und höre die Beatles bis heute nicht.

Ich danke dir auf jeden Fall für das Schließen meiner Wissenslücke.
 
Vielleicht ist es mit dem Jazz wie mit Fußball und Basketball: Fußball "kennt" jeder, Basketball ist was für Kenner = Eingeweihte, weil es wird halt nicht massenverbreitet vermarktet.

Vor kurzem waren wir in Dresden in der Frauenkirche. Dort spielte Till Brönner zusammen mit Sinfonikern aus der Schweiz. Er experimentiert, indem er Jazz mit Klassik versucht, zu verbinden. Ich hatter sowas vorher noch nie gehört und es klang unglaublich gut. Mitnichten war es alter Jazz.

Aber auch das war nur ein Zufall, weil wir unmittelbar dran vorbei kamen und noch Karten zu haben waren. Sonst wüssten wir das gar nicht. Und voll besetzt war die Kirche auch leider nicht.
 
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