Das Neue benennen/ausdrücken

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Naduna
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Hallo ihr Lieben,

ich weiß nicht so ganz, ob dieses Thema überhaupt hier reinpasst. Vielleicht könnt ihr mich sonst weiterleiten.. Hatte aber trotzdem das Bedürfnis hierüber ggf. eine Diskussion anzustoßen.

Ich habe mir heute einen Song angehört: "Folle de toi" von Benjamin Biolay und Chiara Mastroianni. Dabei ist mir aufgefallen, wie intensiv ich dieses Lied nachempfinden kann, wie intensiv ich dieses spüren kann, wie intensiv ich mich hineinversetzen kann.

Danach viel mir auf, dass ich es zwar intensiv nachempfinden kann, aber dies nicht das widerspiegelt, was ich aktuell empfinde. Daaaann stellte ich fest, dass ich beim Texten aktuell echt Schwierigkeiten habe, weil ich versuche etwas auszudrücken, das völlig neu ist. Das ist noch nicht das Problem.. ich versuche das Neue mit dem Alten auszudrücken/zu beschreiben. Und da haben wir den Casus Knacksus... Ein innerer Abgleich mit bisherigen Erfahrungen ist nicht möglich, aber wie kann ich dies dann in einen Text bringen? Was man häufig erlebt hat, kann man einfacher einordnen/kategorisieren, was man noch nie erlebt hat, eben nicht. Ich meine am Ende können wir uns ja nur dem bedienen, was wir bereits an Material im Leben gesammelt haben/kennen/benennen können. Was ist, wenn dafür bisher noch kein Repertoire vorhanden ist? Was ist, wenn dies erst erlebt werden möchte, um es tatsächlich in Worte fassen zu können?

Mich würde wirklich einmal interessieren, wie ihr dies angeht?

Vielleicht ist dies auch fast schon eher eine philosophische und nicht eine technische Frage. Aber irgendwo geht es um den Transport des Inneren nach Außen, da geht es dann vielleicht doch wieder um Technik. Irgendwelche Ideen, wie ich das angehen könnte?

Ganz liebe Grüße,

Naduna
 
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Das ist eine tolle Frage: Wie drücke ich etwas aus, für das ich (noch) keine Worte habe.

Aber vieleicht ist genau das ein Anfang: Der eigenen Wortlosigkeit Ausdruck zu verleihen. Nicht umsonst gibt es dafür ja ein Sprichwort: Mir fehlen die Worte. Das dann halt ein bisschen länger.
 
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Textest du auf deutsch?

Wie wäre ein Zettelkasten, in dem du kleine und große Gedanken festhältst.

Es gibt so viele Arten, etwas auszudrücken, bin von Kunze immer wieder überrascht,

z.B.
"Dieser Segen aus Versen und Geld
... eigentlich gar nicht bestellt."
 
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Wie hast Du denn gelernt, das was Du schon ausdrücken kannst, auszudrücken, nachdem Du es zum ersten mal erlebt hast?
 
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Das hier so zu formulieren ist sicher schon ein Anfang.

Wenn ich auf was Neues stoße und nach Ausdruck suche, dann muß ich ausprobieren. Ausprobieren ... und Warten... und wieder Ausprobieren... Ich habe für mich gelernt, dass das Warten zwischen dem Probieren wichtig ist. Ich probiere dann auch nicht die ganze Zeit, einen Ausdruck für diese spezielle Sache oder Gefühl zu finden, sondern probiere alles mögliche aus. Schreibe viel - und warte dann wieder.

Ich denke, du bist da an einem Punkt, an den wir immer wieder kommen, wenn wir künstlerisch tätig sind. Gute Sache das!
 
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Das ist eine tolle Frage: Wie drücke ich etwas aus, für das ich (noch) keine Worte habe.
Das finde ich auch!

Ich assoziiere mal ein bißchen rum - wenn man es akademisch-wichtig ausdrücken wollte, könnte man auch sagen, dass ich mich heuristisch der Fragestellung nähere ... :cool:

Eine Möglichkeit sehe ich in der - möglichst genauen - Beschreibung: Wie fühlt es sich an? Ist es nah, ist es fern, ist es kalt, ist es ein Schauern, ein Zittern, ein Beben oder eher Ruhe? Welchen Gefühlen ähnelt es? Womit kann ich es vergleichen? Es kann ja ein Mix sein aus unterschiedlichen Gefühlen: Es ist ein bißchen wie Angst, aber auch ein bißchen wie Neugier und ein bißchen wie, aber nicht wie ... Fallen mir dazu Bilder ein? Wenn es nicht Schmetterlinge im Bauch sind - vielleicht sind es ja Raupen im Bauch ... oder ein Grummeln im Bauch ... oder oder oder ... Und dann noch: ... Vielleicht macht es auch Sinn, die Situation zu beschreiben, in der das Neue auftaucht oder entsteht ... Was alles gehört dazu? Was macht das Neue so einzigartig - worin unterscheidet es sich von dem Bekannten - was macht es anders?

muss leider jetzt weg - vielleicht machen andere weiter oder ich später oder beides ...

Tolle Frage!

x-Riff
 
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Na ja, man könnte es durchaus als philosophische und erkenntnistheoretische Frage auffassen. Wittgenstein meinte: 'Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.' SCNR
Und ja, unsere Sprache hat Grenzen!!!
Aber, und da schließe ich mich @x-Riff an, unsere Assoziation geht da deutlich weiter.
Arbeite mit Bildern, ganz assoziativ und frei und lass dich vom Ergebnis überraschen...
 
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Wenn ich keine Worte habe
Schreib' ich einen Text
Über was, was ich nicht kenn'
Das klingt erstemal perplex

Ich weiß nicht, ist es Kälte
Wärme oder Hitze
Macht es mir Angst, bedroht es mich
Oder reiß ich dazu Witze

... oder so...
 
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Man kann auch sehr assoziativ mit etwas Neuem umgehen: Was kommt mir als erstes in den Sinn, was taucht auf ... Und das aufschreiben - und nicht erklären oder bewerten wollen - alles aufschreiben, was einem dazu einfällt, sehr spontan ... es ist wie bei einem Traum: zuerst sich erinnern: Was habe ich geträumt, was ist geschehen, wie war das, wie hat es sich angefühlt etc. Dann assoziieren: Was ruft es in mir hervor, wie habe ich mich gefühlt, wie fühle ich mich jetzt, was kommt mir in den Sinn ...

Manchmal kann man sich etwas Neuem annähern, indem man beschreibt, was es nicht ist. Das fällt oft leichter als zu beschreiben, was es ist. Aber über die Annäherung quasi vom Rand her, von dem, was es nicht ist, kommt man oft zu dem, was es ist - nämlich das, was übrig bleibt, wenn man alles wegläßt, was es nicht ist ...

Eine andere Möglichkeit wäre noch, sich von dieser neuen Erfahrung ausgehend zu fragen: Wann und in welcher Situation habe ich diese neue Erfahrung gemacht? Mit wem habe ich sie gemacht? Wie lange hat diese neue Erfahrung angedauert und ab wann war es eine Erinnerung an diese Erfahrung? Wie intensiv war diese Erfahrung? Was hat diese Erfahrung mit mir gemacht, was hat sie bewirkt, was hat sie in Gang gesetzt? Wie kommt es, dass gerade ich diese Erfahrung gemacht hab? Wie kommt es, dass ich gerade jetzt diese Erfahrung gemacht habe? Und von was könnte diese Erfahrung Ausdruck sein - und wozu könnte es gut sein, dass ich diese Erfahrung gemacht habe?

Eine andere Möglichkeit des Ausdrucks von etwas Neuem, wäre, eine neue Sprache zu erfinden ... Das klingt erst mal groß, aber es fängt mit neuen Wörtern an - und da bietet die deutsche Sprache die tolle Möglichkeit, neue Wortketten oder -zusammenfügungen zu bilden ... ein Beispiel wäre Angstlust - was eine Neuschöpfung war und die beiden diametralen Gefühle Angst und Lust zusammen zu fügen. Kindergarten war mal so eine Neuschöpfung oder Blitzkrieg ... Man kann auch lautmalerisch herangehen und Worte bilden, die gefühlsmäig das ausdrücken, was man empfindet: vielleicht ist es ploreisch oder larisch oder sullig? Viele Worte der Jugendsprache entstehen auf diese Art und Weise oder auch viele Worte der Umgangssprache: granteln, grummeln, dängeln, drömeln ...

x-Riff
 
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Der eigenen Wortlosigkeit Ausdruck zu verleihen.
Mir kam als erstes "Ich weiß, dass ich nichts weiß" in den Sinn

Textest du auf deutsch?
Grundsätzlich gemischt (Deutsch und Englisch), aber aktuell hauptsächlich auf Deutsch..ich versuche es zumindest 😄

Wie wäre ein Zettelkasten, in dem du kleine und große Gedanken festhältst.
Mache mir zurzeit immer Notizen auf dem Handy, sobald mir irgendwas einfällt/ein neuer Gedanke kommt und schreibe Tagebuch.

Wie hast Du denn gelernt, das was Du schon ausdrücken kannst, auszudrücken, nachdem Du es zum ersten mal erlebt hast?
Jaa durch Austausch und Kommunikation mit anderen, die ggf. schon derartige Erfahrungen gemacht haben und es in Worte fassen konnten, dann durch Wiedererleben und dem Abgleich, irgendwie

Wenn ich auf was Neues stoße und nach Ausdruck suche, dann muß ich ausprobieren. Ausprobieren ... und Warten... und wieder Ausprobieren... Ich habe für mich gelernt, dass das Warten zwischen dem Probieren wichtig ist.
Ausprobieren es auszudrücken, oder es selbst ausprobieren? Ich will mich nicht in meinen Gedanken verlieren, ich will erleben! Durch das Erleben kann ich fühlen und durch das Fühlen kann ich ausdrücken, denke ich.

Ja ich kann dazu gerade nicht mehr sagen, komme doch immer wieder ins Erklären und bin müde zu erklären, bin müde..
Könnte echt heulen..naja

Einen guten Abend euch allen und ganz lieben Dank für eure Kommentare 🌺
 
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Durch das Erleben kann ich fühlen und durch das Fühlen kann ich ausdrücken, denke ich.
Für mich sieht die Kette etwas anders aus: Jedes intensive Erleben geht mit Gefühlen einher ... es ist nicht das selbe, aber es passiert zur selben Zeit. Die Wahrnehmung und das Erinnern des Erlebten und Gefühlten macht es dem Bewußtsein grundsätzlich zugänglich - jedenfalls zu einem Teil. Der Ausdruck des Erlebten oder Gefühlten ist (für mich) dagegen eine Transformation des Erlebten und Gefühlten: es ist eine Verwandlung in Sprache oder Bilder - das Erlebte und Gefühlte wird sozusagen in eine andere Welt versetzt - und das hat auch damit zu tun, wie geübt man darin ist, etwas in diese Welt zu übersetzen ... in Sprache, in Bilder, in Zeichen oder Symbolen ...
Bei Kindern passiert das auf eine unglaubliche Art und Weise: Bevor Kinder sprechen lernen und auch noch danach, malen sie viel - und ihr Malen ist Ausdruck des Innenlebens, des Erlebten und Gefühlten zugleich ... wobei die Sprache des Gemalten auf eigentümliche Art und Weise ausdrucksstark ist: Was groß ist, ist wichtig, was im Vordergrund ist, ist bedeutsam etc. Insofern sind Bilder von Kindern nicht die Wiedergabe der "objektiven" Realität im Sinne von: dieses Haus ist aber kleiner als jenes, Vati ist aber größer als Mutti etc. Ähnlich funktioniert naive Malerei oder die Kunst von Urvölkern, von Aborigines etc. und die frühere christliche Malerei: das Jesuskind wurde immer größer gemalt als ein normaler Säugling ist - weil er wichtig ist. Er hat einen Heiligenschein, damit er sich hervorhebt und sichtbar ist, damit er strahlt. Wie groß die eine Szene umgebenden Personen gemalt waren, hat Aufschluss darüber gegeben, als wie wichtig sie empfunden wurden ...
Wenn es um Bilder und Neues geht, sind vielleicht auch die Surrealisten empfehlenswert, unter anderem Salvador Dali - zum einen kombinierte er Symbole, die normalerweise nicht in Beziehung gesetzt werden, zum anderen erfand er Symbole, wie etwa die weichen, fast zerfließenden Uhren als Zeichen für die Vergänglichkeit der Zeit ... nicht von ungefähr erinnern seine Bilder an Träume oder traumhafte Sequenzen ... offensichtlich ging es den Surrealisten darum, für ihre innere Wahrnehmung der Welt eine neue Formensprache zu entwickeln ...

Vielleicht wäre dies alles auch eine Form, dem Neuen zu begegnen: Sich wieder in ein Kind hineinversetzen und das Neue in der Sprache des Erlebten und Gefühlten zu "malen" - eben nicht als Ausdruck von etwas "Objektivem", sondern als Ausdruck einer subjektiven Welt mit einem ganz anderen Koordinatensystem ...

x-Riff
 
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Danach viel mir auf, dass ich es zwar intensiv nachempfinden kann, aber dies nicht das widerspiegelt, was ich aktuell empfinde.
Den Satz verstehe ich nicht.

Irgendwelche Ideen?
1. Metaphern als Brückenbauer
2. Vergleiche mit Halterung, d.h. Vergleiche können ruhig wackeln, das erzeugt Spannung (die du wohl gerade erlebst.)
3. Bilder ohne fertige Erklärung, also ohne das Bild vollständig zu deuten.
4. Mut zum Fragmentarischen

Die Punkte 3 und 4 werden oft nicht beachtet, so dass viele Texte überladen sind, Texte werden überfrachtet mit Erklärungen, Absicherungen, Deutungen. Dabei liegt die eigentliche Kraft in der Magie des Unerklärten, im Offenlassen.
 
Ausprobieren es auszudrücken, oder es selbst ausprobieren?
Ausprobieren ohne auf die Lösung zu zielen, meine ich. Sich zwingen, etwas ausdrücken zu wollen, was noch nicht ausdrückbar ist, wird Krampf und Streß. Bis dahin kann aber andres ausgedrückt werden, nämlich dass, was jetzt gerade los ist: Schreib über dein Ringen, dein Suchen, deinen Frust möglicherweise...
 
Mut zum Fragmentarischen
+1
Ich ergänze: Mut zum Unvollendeten, zum Versuch, zum Übergang, zur Weite, zum Unwägsamen, zur Offenheit, zur Neugier, zum Moment des Unfassbaren, zum Überwältigtsein, zum Unfassbaren, Ungreifbaren ...
 
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Christian Kracht formuliert z.B. auch gern Unschärfe. Ein Roman beginnt sinngemäß mit:

"Es war fürchterlich, aber auch nicht wirklich."

Edit:
Hab es gefunden, plus Erläuterung:

"Das Leben war voller Sorgen, aber auch nicht wirklich." So lautet der erste Satz von "Air", und in diesem aus dem Englischen entlehnten "but also not really", dem lässigen Abmoderieren der aufgeblasenen Geste, hat man Christian Kracht im Kern. Man könnte sagen, in diesem Buch wird von Anfang die Luft herausgelassen. "Erste Sätze sind schön, wenn sie klappen. Ich glaube, dieser ist ganz gut", resümiert der Autor. Und damit willkommen im Spiegelkabinett des Christian Kracht, in einem Roman, der so schwer zu fassen ist wie die "Luft", die ihm den Titel gibt.
 
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