Der ideale Chorleiter - so müsste er aussehen!

Tonja
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Hallo alle!

Der Schubert-Messe-Thread von moniaqua, wo dem Chor scheinbar etwas viel zugemutet wird, hat mich auf die Idee gebracht, mal die Frage in die Runde zu werfen, wie ihr euch den optimalen Chorleiter vorstellen würdet. Zum "Wunsch-GL" gibts im Board ja schon einiges, zum "Wunsch-Chorleiter" aber glaub noch nicht.

Also, ihr lieben ehemaligen, jetzigen oder zukünftigen Choristen: Wenn ihr euch den idealen Chorleiter backen könntet, welche Zutaten müsstet ihr zur Verfügung haben? ;)

Was soll ein Chorleiter an Ausbildung mitbringen, wie soll er charakterlich sein, wie den Chor führen, wo Schwerpunkte setzen, wie die Stimmeneinteilung vornehmen, wie viel Mitspracherecht den Chor-Mitgliedern bei Literaturauswahl, Solisten- und Instrumentalistenverpflichtung gewähren usw.
 
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Hallo,

dann werde ich gleich mal was in den Ring werfen - ich habe vor gerade mal vier Monaten in einem der Chöre, in denen ich singe, einen Chorleiterwechsel mitgemacht, da hörte der "alte" auf und wir hatten das Glück, von einem sehr guten zum nächsten sehr guten Chorleiter zu wechseln.
Unser "neue" ist jünger als viele im Chor (es handelt sich um einen Kammerchor) und hat an Ausbildung ein Gesangsstudium sowie Orchesterleitungsstudium vorzuweisen. Wie er schon unter Beweis stellen konnte, ist er in der Lage, ein kombiniertes Ensemble Chor/Orchester hervorragend zu führen, das ist ja oft nicht so, weil meist die eine Hälfte leiden muß.

Durch das Gesangsstudium ist er in der Lage, aus eigener Erfahrung ein sehr gutes Einsingen anzubieten - er weiß, was er mit den verwandten Übungen für die Stimmen erreichen will und kann. Betreffs der einzelnen Stimmen arbeitet er eng mit "unserer" Gesangslehrerin zusammen, so ist gezielte Arbeit an stimmlichen Problemen möglich.

Den Führungsstil, so man dieses Wort hier verwenden sollte, würde ich als sehr "kollegial" beschreiben - er hat in der ersten Probe nach nicht mal fünf Minuten das "Sie" abgeschafft ;), hat aber ansonsten eine sehr klare Linie und vergibt sich auch beim "Du" absolut nichts von seiner Leiterfunktion.
Die Anforderungen sind enorm hoch - am liebsten würde er uns wie Vollprofis behandeln, auch wenn wir ja alle in "zivil" auch im Beruf oder Studium stehen. Allerdings zeigt er auch deutlich, wenn etwas zu seiner besonderen Zufriedenheit ausgefallen ist. Kritisieren tut er deutlich, aber fair, und so, daß man es einfach besser machen WILL, sich aber nicht angegriffen fühlt (das übrigens auch in Fällen, wo eigentlich durchaus deutlichere Worte möglich wären).
Zu den Anforderungen: Seit Oktober haben wir ein komplett neues Konzertprogramm einstudiert und bauen dies derzeit noch aus (Schütz, Buxtehude, Bach, Britten, Schein...) und so quasi nebenbei lief am vierten Advent auch noch das Weihnachtsoratorium (Bach) 1 - 3. Vorschläge aus unseren Reihen nimmt er gerne an und prüft sie genau in Bezug auf Machbarkeit mit unserer Besetzung und auf "Verwertbarkeit" (...nenne ich es mal...) im großen Rahmen seiner Programmkonzeption.
Derzeit haben wir alle den Eindruck, sehr, sehr nah ans Ideal geraten zu sein...

Viele Grüße
Klaus
 
Der Schubert-Messe-Thread von moniaqua, wo dem Chor scheinbar etwas viel zugemutet wird,

Das möchte ich so nicht stehen lassen, denn ich weiß nicht, wie es den anderen Sopränen des Chores mit der Messe geht. Ich habe für mich gefragt. Nicht, dass da ein falscher Eindruck entstanden ist.

Zum Thema hier:

Den idealen Chorleiter fände ich, wenn meine beiden zusammengebacken würden ;) Die beiden ergänzen sich für mich wunderbar. Und wenn ich noch einen Chorleiter hätte, hätte der bestimmt etwas, was auch noch in den "idealen" Chorleiter müsste :)

Basselch, das klingt bei Euch auch gut. Es scheint schon darauf hinauszulaufen, dass gefordert aber nicht überfordert werden soll, gelobt natürlich auch und er muss wissen, was er tut. Wie im richtigen Leben :)
 
Von einem Chorleiter erwarte ich mir persönlich ein gutes Gehör, musikalisches Einfühlsvermögen für alle Stimmfächer, eine gute fundierte Ausbildung (wobei das für mich persönlich nicht das wichtigste ist), pädagogische Fähigkeiten (was für mich bedeutet, dass er gut mit Menschen kann und auch die Fähigkeit besitzt, musikalische Gegebenheiten (ganz egal ob das die Notenlehre oder Intonation eines Stückes betrifft) gut zu erklären und zu verdeutlichen/veranschaulichen.

Wichtig wäre mir persönlich auch noch, dass er/sie ein tolles Repertoire mitbringt und offen für Neues ist, dass man sozusagen alte aber auch neue Sachen singt und sich als Chor, aber auch als einzelnen Mitglied auf diese Weise immer wieder neu entdecken und definieren kann. Schön würde ich es auch finden, wenn er/sie jeden einzelnen Sänger stimmlich kennt, also die Stimme eines jeden einzelnen "grob geschätzt" im Ohr hat. Desweiteren sollte er/sie nach Möglichkeit den Chor immer wieder heraus-, aber auch nicht überfordern und ein schönes Mittelmaß finden zwischen "loben" und konstruktiv "kritisieren".

Ein guter Chorleiter sollte meiner Meinung nach auch in der Lage sein, jedes Stimmfach gleichermaßen zu fördern und zu schulen, um den Chor als GANZES zu präsentieren. Bei einem Ungleichgewicht der Stimmen (überspitzt formuliert heißt das: die Soprane singen super, während es im Tenor beispielsweise auf Grund unterschiedlicher Gründe enorme Probleme gibt) sollte er in der Lage sein dies in den Griff zu bekommen, bzw. ein Gehör für das Ganze haben.

Charakterlich sollte er aufgeschlossen, flexibel, freundlich und nicht all zu autoritär sein. Eine strenge Linie ist gut und auch sinnvoll, aber übertreiben sollte man es dabei nicht. Schön finde ich, wenn der Chorleiter nebenher noch ein Instrument spielt (Klavier, Orgel...) und vielleicht auch selbst ein wenig komponiert ;)
 
@ Basselch
das tönt ja wirklich nach Idealbesetzung, da kann man gleich ein bisschen neidisch werden :)

Wie er schon unter Beweis stellen konnte, ist er in der Lage, ein kombiniertes Ensemble Chor/Orchester hervorragend zu führen, das ist ja oft nicht so, weil meist die eine Hälfte leiden muß.

Ja, passiert oft. In den Chorproben alles i.O., dann erste Tuttiprobe und schon werden die Hälfte der Einsätze nicht mehr gegeben, da hilft nur gutes zählen und/oder ein so finanzstarker Chor, dass er sich mehrere Proben mit Orchester leisten kann.

Durch das Gesangsstudium ist er in der Lage, aus eigener Erfahrung ein sehr gutes Einsingen anzubieten - er weiß, was er mit den verwandten Übungen für die Stimmen erreichen will und kann.

Finde ich sehr wichtig! Habe auch schon in Ensembles gesungen wo Chorleitung ein(e) Profi-SängerIn war. Einsingen hat dort wirklich was gebracht, war auch auf die momentane Literatur zugeschnitten und nicht nur ein 5-10minütiges abspulen von den ewig gleichen Übungen. Und solche Sänger-Chorleiter können auch mitten in der Probe mal eine sinnvolle Übung einschieben, wenn es wo technische Probleme gibt (für einen Nichtsänger ist das schwieriger zu managen). Und sie haben oft auch mehr Verständnis für die stimmlichen Befindlichkeiten der Chorsänger und lassen sie nicht bis an oder über ihre Grenzen (Heiserkeit) gehen.

Mein Grundsatz: bei Ensembles wo der Chorleiter nicht gleichzeitig Profisänger ist, singe ich mich grundsätzlich zuhause ein.

Allerdings zeigt er auch deutlich, wenn etwas zu seiner besonderen Zufriedenheit ausgefallen ist. Kritisieren tut er deutlich, aber fair, und so, daß man es einfach besser machen WILL, sich aber nicht angegriffen fühlt

Ist eigentlich wie bei einem guten GL: Lob ist wichtig für Motivation, Aus-sich-herauskommen beim singen und die gute Stimmung im Chor, aber nur Lob alleine bringt den Chor qualitativ nicht weiter, dafür muss auch gesagt werden können was noch verbesserungsfähig ist.

Ich habe schon beides erlebt: Chorleiter die nur loben, bis es ihnen niemand mehr glaubt und Sauertöpfe, die beim dirigieren dauernd ein böses Gesicht machen (was enorm hilfreich für den Chorklang ist :rolleyes:) und den Mund nur öffnen wenn sie was zu motzen haben :mad:

Fast am schlimmsten aber finde ich die Gönnerhaften. Der Chorleiter eines anderen Chores in unserem Ort ist so. Immer mal ein (wie er findet) lustiges Sprüchlein auf den Lippen, daneben aber Null Respekt vor den Chormitgliedern, muss ihnen immer zu verstehen geben, dass er der gottgleiche Profi und sie nur elende Laien sind - grässlich! Die Stimmung in diesem Chor ist dann auch entsprechend!

Von einem Chorleiter erwarte ich mir persönlich ein gutes Gehör, musikalisches Einfühlsvermögen

Klar, hohe Musikalität ist eine Grundbedingung die ich an einen Chorleiter stellen würde, hätte er das nicht, ich würde den Chor fluchtartig verlassen!


Was ich aus meinen Erfahrungen noch anfügen würde ist ein gewisses Mindestmass an Organisationstalent (gerade Vollblutmusiker sind ja im organisatorischen Bereich nicht selten ein bisschen Chaoten ;)) D.h. rechtzeitig Solisten und Instrumentalisten anfordern (sofern das zu seinem Aufgabenbereich gehört), die Proben so einteilen, dass man auch für den letzten Satz des Werkes noch genügend Zeit hat, klare Ansagen an den Chor was wann, wo und wie abläuft.
 

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