Dudelsack mit Auto-Tune. Mein steiniger Weg zu Löwenherz

vidus
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Hallo alle zusammen,
Es wurde mal wieder Zeit für eine musikalische Herausforderung, und da meine Lieblings- Mittelalter-Rock-Band Saltatio Mortis gerade ein neues Album herausgebracht hat,
stand mein Entschluss schnell fest, einen Song von dieser Platte mit allem Drum und Dran zu covern.
Damals ahnte ich aber noch nicht, dass es sich zu einem der umfangreichsten und aufwändigsten Projekte entwickeln würde, das ich je mit meiner „Ein-Mann-Band“ umzusetzen versucht habe.
Wer also etwas Zeit und Interesse hat, hier ein kurzer Bericht zum Entstehungsprozess und Allem was schief lief . :)




Das Heraushören und Üben der typischen Rock-Instrument (Gitarren, Bass, Schlagzeug), ging relativ zügig.
Im Bezug auf diese Instrumente handelt es sich um einen nicht allzu komplexen, punkigen Rocksong.
Da ich musikalisch aus dieser Ecke komme, fühlte sich alles schnell vertraut an.
Da mir vorher schon bewusst war, dass ich als Bariton nicht ganz so hoch singen kann, wie der Sänger von Saltatio Mortis (Tenor), habe ich ein bisschen mit tieferen Stimmungen herumexperimentiert.
Mein erster Versuch war eine Baritongitarre.
Das klang mir aber dann doch zu böse und passte nicht zum Charakter des Songs.
Letzten Endes habe ich mich für eine Drop C Stimmung entschieden. (Original Drop D)
Ein guter Kompromiss, so hatte ich für den Gesang einen Ganzton nach oben eingespart, die Gitarren hatten aber noch genügend Leichtigkeit, die für diesen Song so wichtig ist.

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Zum Aufnehmen verwende ich immer meinen Kemper, so muss ich nicht für jedes Instrument in den Proberaum fahren und kann auch nachts arbeiten.
Im Song ist meine Gibson Les Paul Standard von 2014 mit einem von mir erstellten Profil meines heiß geliebten JVM 410h von Marshall und meine Telecaster von RBC-Guitars mit einem JCM800 Profil.
Für den Bass habe ich meinen Cort A5 Custom Z mit einem Mesa Bass Profil verwendet.

Als Schlagzeug ist der Hard Rock EZX EZ-Drummer 2 von Toontrack zu hören, eingespielt über Midi mit einem TD-50 von Roland.
Sorry an alle Schlagzeuger die mich jetzt vermutlich am liebsten lynchen würden, aber mein akustisches Set ist eher eine zusammengewürfelte Schießbude, als ein brauchbares Schlagzeug, was für eine Bandprobe schon ok, aber für Aufnahmen einfach unbrauchbar ist.

Nachdem die Rockfraktion fertig war, wurde es Zeit für das Mittelalter.
Also meinen Dudelsack ausgraben, denn ich erst mal flicken musste, stimmen und loslegen.
So einfach der Plan, so schwierig die Umsetzung.
Das Stimmen stellte sich als schwieriger heraus als gedacht.
Vorweg aber ein paar Infos zu meinem Dudelsack.
Ob man dieses Ding überhaupt so nennen darf ist fragwürdig.
Ich habe ihn vor über 10 Jahren auf dem Tollwood in München gekauft.
Der damalige Verkäufer meinte, dass er diesen Dudelsack neu entwickelt habe, er sei so einfach zu spielen, wie eine Blockflöte.
Da ich in der Grundschule die obligatorischen drei Jahre Blockflöte gelernt habe, bevor man mich an mein Wunschinstrument (Gitarre) gelassen hat, konnte ich schnell einige Melodien spielen und war damals hellauf begeistert.
Da ich damals aber kaum Möglichkeiten hatte, ihn irgendwo einzusetzen, ist er leider schnell wieder in der Ecke verschwunden. Es blieb also bei einer Spielerei.
Das Instrument besteht aus einem rosarotem Plastiksack, der vom Material sehr an das PVC eines Schlauchbootes erinnert.
Zur Tonerzeugung wird, nicht wie gewöhnlich ein Rohrblatt, sondern Frischhaltefolie verwendet.
Eigentlich gar nicht so blöd die Idee, denn wenn man nicht gerade Oboe spielt, hat man die ja nicht einfach so rumliegen, und so ist das Instrument zumindest sehr günstig und einfach im Unterhalt.
IMG_0099.jpeg IMG_0102.jpg
Aber zurück zur Stimmung.
Die Melodiepfeife soll laut des Verkäufers eine C-Dur Pfeife sein.
Der tiefste Ton der Pfeife ist allerdings ein B, was das da verloren hat, habe ich bis heute nicht ganz verstanden.
(Vielleicht weiß ja einer von euch mehr?)
Aber gut, den Grundton der Pfeife auf C gestimmt und auch die zusätzliche Bourdonpfeife passend eingestellt….
Naja wäre es eine Gitarre, würde ich sagen sie ist Bund unrein.
Egal wie man die Pfeife stimmt, ein Ton tanzt immer aus der Reihe.
Gott sei Dank hat Logic eine eingebaute Pitch Correction.
Auch wenn ich beim Gesang darauf verzichte (fühlt sich irgendwie nicht richtig an), kann es mir an dieser Stelle doch aus der Patsche helfen.

Da ein Dudelsack alleine doch etwas dünn klingt, habe ich mir das alte Akkordeon meines Vaters ausgeliehen, was dem Song ein ein leicht nautisches Feeling verleiht.
Eine Drehleier konnte ich leider nicht mehr auftreiben.
Schade eigentlich.

Für die Aufnahme der beiden Instrumente habe ich im ersten Versuch meine M5 MP von Rode verwendet.
Mit dem Akkordeon hat das auch gut funktioniert.
Dem eh schon sehr quäkigen Dudelsack fehlte aber doch einiges im Bass und Mittenbereich, was ihn fast unangenehm schrill klingen lies.
Also habe ich im zweitem Versuch mein Gesangsmikrofon (Rode nt1a) verwendet.
Das hat gut funktioniert und ist so auch im Mix gelandet.

Im ruhigeren Teil des Stückes ist noch eine Akustik-Gitarre und ein Klavier zu hören.
Für die Gitarre habe ich wieder die Rode M5 verwendet.
Als Klavier ist ganz unspektakulär mein E-Piano, über Klinke direkt ins Interface eingespielt, zu hören.
Für den Gesang habe ich das bereits erwähnte Rode nt1a benutz.

Nach dem Mischen und Mastern wurde es Zeit, sich über das Video Gedanken zu machen.
Zum Thema würde ja eine Burg ganz gut passen.
Da ich habe keiner blaublütigen Familie entspringe und die Coronalage auch nicht gerade hilfreich ist, musste ich mir etwas anderes überlegen.
Also musste ich mir wohl selbst eine bauen und da wir gerade alle nicht rausgehen sollten ist meine Burg nun digitaler Natur.
Um mein eigener Burgherr zu werden, habe ich mich mit dem Animationsprogramm Blender auseinander gesetzt.
Meine Güte, dieses Programm ist umfangreich und erschlägt einem auf den ersten Blick.
Aber nach ein paar Tagen Übung und viel Gefluche hatte ich den Dreh einigermaßen raus und konnte in sehr primitiver Form anfangen, meine Festung zu bauen.
Leider ging mein Macbook, das mich seit fast 7 Jahren eigentlich noch nie im Stich gelassen hat, doch relativ schnell in die Knie. 4 GB Arbeitsspeicher sind dann wohl doch zu wenig.
So blieb es also bei einer doch sehr einfachen Burg.
Für den ersten Versuch bin ich aber dennoch ganz zufrieden.
Was dann folgte war ein langer Tag im Proberaum mit den diversen Greenscreen Aufnahmen, bei dem mir das Schlagzeug die meisten Schwierigkeiten machte.
Die vielen Verstrebungen der Ständer und Stative sorgen immer für einen gewissen Schattenwurf, außerdem ist mein Proberaum nicht so groß, was dazu führt, dass ich mehr als die Hälfte des gesamten Raumes in grünen Stoff wickeln musste, um es ganz ins Bild zu bekommen.
Danach habe ich nur noch alle einzelnen Videos in Final Cut in einem Gesamtbild zusammengebaut.


Das Ergebnis könnt ihr jetzt auf YouTube begutachten.



Über etwas konstruktives Feedback würde ich mich sehr freuen.

Fazit: Das Projekt war für mich eines der anspruchsvollsten Arbeiten, die ich mir in den letzten Jahren vorgenommen habe. Das Anspruchsvolle war nicht, die einzelnen Instrumente zu lernen, sondern die schiere Menge der benötigten Instrumente. Nicht ohne Grund besteht Saltatio Mortis aus neun Musikern. Auch die Arbeit mit Blender war am Anfang sehr schwierig, da das Programm sehr komplex und mein Computer entschieden zu langsam dafür ist. Trotzdem hat es sehr viel Spaß gemacht und ich hoffe, euch gefällt das Ergebnis.

Einen schönen Tag euch allen und bleibt gesund.​
 
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Hi,

das Video hat mir auf anhieb gefallen, da es mich sehr an Gothic 1 und den Gastauftritt darin erinnert.

Gruß
Wirr
 
da es mich sehr an Gothic 1 und den Gastauftritt darin erinnert
Ich hab das Gothic 1 zwar nie gespielt, aber bei mir kamen beim erstellen in Blender auch alte Kindheitserinnerung an die PC Spiele dieser Zeit hoch :)
Freut mich das es dir gefällt
 
Hallo Vidus,
ich finde das Ergebnis sehr gut. Es steckt ja auch eine Menge Arbeit darin. Einziger kleiner Kritikpunkt wäre das der Dudelsack zu wenig zur Geltung kommt. Da wäre es eventuell besser das Akkordeon ein wenig zurück zu nehmen. Aber insgesamt sehr hörenswert. Daher Daumen hoc und weiter so! (Da ich noch neu im Forum bin kenne ich mich mit den Gepflogenheiten hier noch nicht so aus.)

Beste Grüße von Kanarius
 
Einziger kleiner Kritikpunkt wäre das der Dudelsack zu wenig zur Geltung kommt
Hey
Schön das es dir gefällt.:)
Ja da hab ich im Mix auch länger rumgebastelt, allerdings klingt der Dudelsack nicht so besonderer, deswegen hab ich ihn mehr in den Hintergrund gestellt.
Du hast aber schon recht das Akkordeon ist eindeutig dominater.
 

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