[Effekt] Dytone Smoozy & Barber Direct Drive & Lehle Sunday Driver

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Dytone Smoozy & Barber Direct Drive & Lehle Sunday Driver

Um allen Spekulationen vorzubeugen, nein ich bin nicht der amtliche Zerrentester, sondern lediglich auf der Suche nach den optimalen Pedalen für meine Bedürfnisse. Die Umstellung vom Boss Multi scheint kein Ende zunehmen und wer jemals erwartet mit Pedalen die Vielfalt eines Multi abzudecken, sollte sich schleunigst seinem Bankberater anvertrauen. Mit der Anzahl der Pedale schrumpfte in meinem Fall die Klangqualität direkt proportional. Mit dem Okko Diablo und dem MI Tube Zone haben bereits zwei recht unterschiedliche Vertreter dieser Gattung eine feste Unterkunft auf meinem Pedalbahnhof gefunden. Während der Diablo die Abteilung Marshall & British Rock bedient und das Tube Zone mit seinen endlosen Gainreserven von Brown Sound bis Van Halen für druckvolle Sounds prädestiniert ist, war ich noch immer auf der Suche nach dem optimalen TS-Sound. Etwas mehr Schmalz und Gain Reserven nach oben sind dabei durchaus willkommen.


Zum Test geladen und frisch ersteigert, trat der Smoozy der Berliner Firma Dytone gegen den Barber Direct Drive von Barber Electronics aus dem fernen Amerika an, die keinen Hehl daraus machen, dass Musiker wie Joe Satriani, Nils Lofgren und Bruce Springsteen von der E Street Band seit Jahren zum festen Kundenstamm zählen, genau wie Richard Thompson, Eric Johnson oder etwa Rick Derringer. Der Neuling von der Spree kann immerhin die Altrocker von The Cure vorweisen, die man exklusiv mit allem effektvollem Equipment versorgt. Das Barber wird von Real Guitars in Leverkusen vertrieben und ist ein echter Geheimtipp unter den TS Clone. Wichtig, bei beiden Pedalen handelt es sich um bezahlbare Zerren mit einer Qualität, die sich hinter der, einiger wesentlich teureren Kollegen, nicht zu verstecken braucht.




Das Dytone Smoozy

Das Smoozy kommt stabil, in einem Aluminium Case, mattschwarz, etwa in den Maßen wie man sie von den kleinen MXR Pedalen kennt. Smoozy, der Name ist bei diesem Pedal Programm, das soll wohl schon der schwarze Samtbeutel vermitteln, indem das Pedal ausgeliefert wird. Hier kommt ein dicker, fetter, eben smoother Ton, der aber an keiner Stelle schlapp oder gar soft klingt, sondern knochentrocken und durchsetzungsfähig. Im Vergleich zu meinem Okko hat er ganz klar mehr Bässe und Mitten, ohne allerdings Höhen einzubüßen. Die Potentiometer heißen: Drive, Tone und Volume. Drive regelt den Zerrgrad, voll aufgedreht bis auf Ibanez TS Maximum, etwas über dem eines Okko Diablo. Aber mit einer gehörigen Portion Schmutz. Je weiter das Drive aufgedreht wird umso fetter und mittiger wird der Sound, bei immer noch präsenten Höhen und einem steifen und tighten Bass. Der matscht dabei nicht völlig in den Keller, sondern bleib hölzern und trocken. Und mit ein bisschen Hall fängt das Smoozy auch direkt an zu Jodeln:



Drive, Tone und Volume, das ist bei einer guten Zerre allemal genug. Ich habe auf dem kleinen Schutzfuss ganz schnell ein paar passende Einstellungen gefunden. Alle Potenziometer greifen deutlich in das Geschehen ein, sodass das Pedal mit einigen guten Sounds aufwarten kann und alles andere als unflexibel ist. Es ist sehr mittenbetont und hat hier deutlich mehr zu bieten als ein Tube Screamer, der Höhenanteil ist aber immer noch so, dass neben finsterer Rytmusarbeit immer noch spritziges Solieren möglich ist. Insgesamt sticht das Smoozy von Dytone angenehm aus dem Mainstream der Overdrive Pedale heraus. Man kann es schon fast als ein Overdrive Fuzz ansehen. Es ist mit Sicherheit eine Bereicherung für jedes Rockerboard. Mit einem Straßenpreis von 139 € ein tolles Einsteigerpedal mit Boutiquereferenzen.

Das Barber Direct Drive

Der nächste Kandidat, das Barber Direkt Drive, wird in Deutschland hauptsächlich von der Firma Real Guitar in Leverkusen vertrieben und kann zuerst einmal in die Kategorie getunter Tube Screamer, von denen es ja reichlich gibt, eingetütet werden. Wohlgemerkt, zuerst einmal. Den das Barber DD hat noch eine ganze Menge mehr drauf, wovon Tube Screamer nur träumen können. Dave Barber, der Chef von Barber Electronics bietet neben einem guten Dutzend feiner Analog Pedale auch einen sehr spartanisch ausgestattetes einkanaliges 50 Watt Top, mit EL34 und Non Master Volume und handverlötet, das auf den Namen Grey Echelon hört, an. Doch hier geht´s um das Direkt Drive.

Und das basiert in erster Linie auf einem JRC4558D Chip, wie er im 808/9 Screamer seit je her Verwendung findet. Eingepackt in das üblichen Case von Hammond, ohne Battriefach Zugang, hier muss der Kreuzschraubenzieher zum Entfernen der Bodenplatte ans Werk. Potis, Knöpfe, Trittschalter und Zugangsbuchsen sind schlich und von guter Qualität. Das Barber hat seine Qualitäten gut getarnt. Volume, Tone und Drive heißen die flexiblen Parameter, eine gut sichtbare LED Anzeige und ein 9 Volt Netzteilanschluß machen die Ausstattung rund. Mit einer Stratocaster am Kabel vor dem Cleankanal eines Fender Röhrenamp hat man gleich feinsten TS 808 Klänge, aber mit deutlich mehr Bässen und Drive. Auch im maximalen Zerrgrad liegt das Barber über dem Tube Screamer, Boss DS-1 oder dem Okko Diablo ohne Gain plus. Ich hatte vor ein paar Wochen das Vergnügen, das 808er handwired Modell von Ibanez kurz anspielen zu können und muss mich wirklich fragen, woher diese Leute die Unverfrorenheit nehmen, für einen Ton 350 Taler zu verlangen. Man sollte sich wirklich genau ansehen, in wieweit hier Mythen in Bargeld verwandelt werden sollen. Qualitativ kann ich überhaupt keinen Unterschied feststellen und wer etwas anderes behauptet und sei es der Vertriebschef von Hoshino Gakki, der soll mir das doch mal im Blindtest beweisen.



Im Fall des Barber ist hier aber noch langer nicht Schicht, den der Toneregler ist ein PushPull. Wird das herausgezogen, verfügt man gleich einmal über ein deutliches Mehr an Output und damit Zerre. Mehr Druck, Bässe und Höhen, am Okko orientiert könnte man die Auszeichnung TS Gain plus vergeben. Mit 130 € ist das Direkt Drive schon ein Schnäppchen und eine Bereicherung für jedes Board von Blues bis Hard Rock.

Lehle Sunday Driver

Je später der Abend umso schöner die Gäste und da es bereits kurz nach Mitternacht ist, ist es an der Zeit, die letzte große Entertainer des heutigen Tages anzukündigen, der Lehle Sunday Driver. Jeder kennt den Ausdruck Sonntagsfahrer, der in unseren Breiten nicht gerade positiv besetzt ist. Bekannt als ein Individuum, das vorzugsweise Sonntags Nachmittags auf die Menschheit losgelassen, immer wieder trotz ruhiger Verkehrslage, für kilometerlange Staus und Schockzuständen, auf Deutschlands Autobahnen und Landstraßen sorgt. Da kann unser Lehle nicht gemeint sein, den der verrichtet klug durchdacht seinen Dienst als Buffer, Preamp und Clean Booster in einer Art und Weise, das man nach der Installation zuerst einmal ehrfürchtig den neuen Klängen lauscht.



Ich habe die überschwänglichen Berichte zuerst einmal kritisch betrachtet. Es vergeht ja keine Woche, in der nicht irgendwo das Allerneueste ... usw., ein halbes Jahr später ist es dann schon Vintage. So weiß Lehle über den Sunday Driver zu berichten:

"Sein Schaltkreis basiert auf JFET-Technologie und stellt zwei Betriebsarten bereit, die mit einem Goldkontaktierten Modus-Schalter angewählt werden. „D“ steht für Driver; hier wird das Gitarrensignal völlig neutral mit der Eingangsimpedanz eines Gitarren-Amps verstärkt. So werden erfolgreich Verlusten auf dem Weg durch Kabel und Effekte vorgebeugt, das Signal bleibt kräftig und klar und behält seine Dynamik. Die zweite Stellung „S“ - wie Sunday - bewirkt eine viermal höhere Eingansimpedanz; nun werden vorher nie wahrgenommene Details hörbar und mit zunehmendem Gain bekommt der Gitarren-Ton eine unverwechselbare, charakterstarke Wärme, die dem Preamp seinen Namen gab. Denn dies ist ein Sound, so angenehm wie ein wohliger Sonntagnachmittag!"

Ich hätte es auch nicht treffender beschreiben können. Auf meine Board haben sich inzwischen doch 10 Pedale eingefunden und - True Bypass hin oder her - das geht auf Kosten der Signalstärke und natürlich der Dynamik. Die einzelnen Effekte klingen irgendwie lustlos und schlapp und mit Sicherheit in den Höhen gedämpft. Ich fing an mit Boostern zu operieren und klemmte ein Boss GE7 hinter die Zerren um die einzelnen Frequenzenbereiche anzuschieben und dann das Gesamtoutput noch einmal um 20 db anzuheben. Alles keine. Genauso schlapp, nur lauter.

Ich habe den Driver ganz am Anfang meiner Effektkette, hinter Wah und Tuner vor alle Effektpedale gesetzt, die wiederum allesamt in den cleanen Kanal eines Fender Champ, bzw. Egnater Renagade Röhrenamp gehen. Und das klappt, dank der hochwertige Effektpedale wunderbar. Ich habe wirklich alle Möglichkeiten durch, aber diese hat sich am effektivsten gezeigt. Selbst bei lauten Tönen, jenseits von 11 Uhr, ist wirklich nur ein leichtes Rauschen oder Brummen zu hören.

"Selbst bei 15dB Gain-Einstellung bleibt der Lehle Sunday Driver immer clean und dank seines studiotauglichen Geräuschspannungsabstandes von mehr als -100 dB absolut frei von Nebengeräuschen. Um die Dynamik von Röhren-Verstärkern voll ausnutzen zu können, wird zudem die Eingangsspannung hinter der Stromversorgungs-Buchse gleichgerichtet, gefiltert, stabilisiert und anschließend auf 18V verdoppelt."

Vergleiche dieser Art hört man hier öfter, aber es war tatsächlich diese berühmte Decke über dem Amp. Im Driver Modus ist der gute Klang dann kaum mehr zu ertragen. Auf einen Pedal Board gehört der Sunday Driver am besten vor die Effekte. Aber auch als Preamp bei Recording macht das Gerät eine gute Figur. Als Vorverstärker bei meiner Yamaha APX-7 Akustikgitarre war plötzlich eine nie zuvor gehörte Brillanz präsent. Der Sunday Driver ist mehr als ein bloßer Clean Booster. Er ist ein High End Preamp, der seine Sache unauffällig im Hintergrund erledigt. Richtig auffällig wird er nur dann, wenn plötzlich seine Stromverbindung unterbrochen wird und man wieder unangenehm an die schlimmen Wochenenden erinnert wird, an denen den Sonntagsfahrern in den 70ern Jahren wegen der Ölkrise kurzfristig ein Fahrverbot auferlegt wurde.

Fazit: Der Sunday Driver ist eine Bereicherung für jedes Pedalboard. Signalverluste durch lange Kabelwege gehören der Vergangenheit an. Der Lehle eignet sich als Preamp für alle elektrischen und Akustischen Instrumente aber auch Streichinstrumente. Zudem ist er für Homerecordler ein echter Zugewinn, worüber ich aber an anderer Stelle noch berichten werde.




Gestern kam das langersehnte Octa Switch mit der Post. Ein analoges Loop Switch Pedal, bei dem jedem Switch ein Pedal zugeordnet werden kann, allerdings lassen sich auch andere Pedale, dank eines kleinen Tastenfeldes mit 8 Schiebereglern, zudem jedes andere Pedal von dem Board zusätzlich auf dem Switch laden. Feine Sache und die Steptanzerei hat ein Ende. Ich werde an anderer Stelle, wenn das Octa installiert ist davon berichten.



Tiefere Einblicke:



Euch allen noch ein schönes rockiges Wochenende, Armin H. :)
 
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Mal wieder sehr informativ und leserfreundlich geschrieben. Der "Sonntagsfahrer" hat meinen Sonntag schon gerettet :D Klasse :great:

Mich interessiert vor allem der Lehle Sunday Driver. Man hört ja wirklich nur positive Stimmen über dieses Ding. Es scheint mir mit zunehmender Zeit unverzichtbar.
Als ich im Zuge der WH10 Testphase die Klangqualität mit und ohne Effekte verglichen habe, ist mir mal wieder klar geworden, was ich da alles verschenke.
Wenn ich das mit dem Lehle wieder zurückgewinnen könnte, wäre es mir auch definitiv den Preis wert!

Beste Grüße
Dennis
 
Mir gefällt der Barber Direct Drive auch sehr gut. Allerdings finde ich, dass er standardmäßig einen recht dunklen, warmen Ton hat, der immer irgendwie präsent ist. Wer sehr gerne diese brizzeligen Höhen mag, wird da wohl eher nicht zufrieden sein.
 
Wieder mal ein sehr informatives Review, Armin.

Das Barber genießt ja einen sehr guten Ruf, besonders was das P/L Verhältnis betrifft. Dytone Smoozy kannte ich jetzt noch nicht, und macht 'nen interessanten Eindruck. Tja, und zum SD kann ich dir nur beipflichten. Bei mir sind die Auswirkungen nicht ganz so extrem, aber mehr als hörbar, weshalb das Teil auch dauerhaft eingeschaltet bleibt.

Ich freu mich schon auf die nächsten Vergleichsreviews von dir.

Gruss
Klaus
 

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