[Effekt] Keeley Abbey Chamber Verb und 30ms

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Hallo,
hier mal meine Eindrücke zu den beiden Geräten. Korrekturen sind herzlich willkommen. Danke!


Keeley Abbey Chamber Verb und 30ms – the echoing twin


Robert Keeley baut Gitarreneffektpedale. Zwei davon sind auch bei mir gelandet und ergänzen sich vortrefflich, nämlich der 30ms (Automatic Double Tracker) und das Abbey Chamber Verb.

Rein optisch ist schon eine gewisse Verwandtschaft zu erkennen, die bei genauerem Hinsehen deutlicher wird: beide haben irgendwas mit „Abbey“ zu tun. Gemeint sind natürlich die legendären Abbey Road Studios in London (lustigerweise in der Bedienungsanleitung des 30ms steht "Abby":))

SAM_5427.JPG



Erster Eindruck

Beide Pedale werden in einer weißen Pappschachtel geliefert. Mit dabei eine kurze Bedienungsanleitung (gibt es jeweils auch im Netz), einem Samtsäckchen, einem Aufkleber und einer Visitenkarte. Beim 30MS war noch ein Adapter Stereo auf zwei Monoklinken dabei (ich weiß nicht, ob das so auch in Deutschland ausgeliefert wird, meinen 30ms hatte ich aus GB). Beide Treter kommen in einem stabilen (Aludruckguß?) Gehäuse daher und machen einen wertigen Eindruck. Die Größe ist recht typisch für Bodenpedale (H=11,2cm, B=6cm, T=3cm).

Die Druckknöpfe rasten mit einem satten „Klick“ ein, der aber auf dem Signalweg nicht zu hören ist. Sind die Pedale aktiv, leuchtet je eine bläuliche LED, die das Ablesen der Potieinstellungen in der Nähe etwas schwer macht. Beide Pedale brauchen ein Netzgerät. Bei beiden gilt: rechts rein, links raus.


Mit der Gitte davor

Abbey Chamber Verb


Das Pedal soll ja der Schaltung einer der legendären Echokammern nachempfunden sein. Also einer der Kammern, mit denen in früheren Zeit Echo für Aufnahmen „gemacht“ wurde. Keeley verspricht sogar, dass die damals verwendeten Filter nachempfunden wurden.

Ohne jetzt im Detail das alles aufzudröseln (kann man/frau auf der Keeleywebsite gerne nachlesen), bedeutet das konkret: Neben Decay, Predelay und Blend (Dry/Wet) gibt es einen weiteren Drehregler, genannt Brilliance, der mit dem Schalter in der Mitte zusammenhängt. Steht der Schalter auf 2,7kHz, kann mit dem Brilliance-Poti dieser Frequenzbereich um 10dB angehoben oder abgesenkt werden. Dasselbe dann bei 3,5kHz und 10kHz. Über die Güte konnte ich keine Infos finden.

Der Pre-Delay soll zudem die natürlichen 30 Millisekunden des Raumes und 150 Millisekunden des Bandes simulieren. Pre-Delay meint übrigens die Zeit zwischen dem Eintreffen des Originalsignals und der ersten Reflektion in den Ohren und ist entscheidend, wenn es darum geht, welche Größe des Raumes als Höreindruck entstehen soll.


Wie klingt’s?

Meine erste Assoziation: Wie eine Kammer! Wer schon mal in einem alten Gewölbe in die Hände geklatscht hat, kennt diesen Klang. Mir steigt schon fast der modrige Geruch von feuchten Steinwänden in die Nase beim Spielen. Echt gut gemacht.

Aber schnell ist das viel zu viel für meinen Geschmack. Hier gilt es zunächst mal ganz langsam mit Decay und Predelay im Zusammenspiel mit dem Blendregler einen guten/passenden Echosound zu finden, dann geht’s ans Finetuning mit dem Brillianceregler in verschiedenen Frequenzen. So lassen sich wirklich massiv unterschiedlich starke Echos generieren, die aber natürlich klingen.

Wer seine Feder liebt, wird mit der Kammer nicht froh. Das sind schon mehr als kleine Unterschiede. Wo eine Feder zu schneidend sein kann, kann die Kammer zu rumpelig werden. Andererseits: probieren geht über studieren.

Übrigens: Rauschen bringt das Abbey Chamber Verb nicht in das Signal. Von daher erfüllt es auch meine bescheidenen Ansprüche fürs Recording.


Kritik

Ich hätte mir eine Skalierung der Potis gewünscht.


30ms ADT


Wer auf der Suche nach einem dicken Gitarrensound ist, hat vielleicht schon mal an einen Doubletracker gedacht. Die Idee ist, ein Originalsignal mit einem weiteren zum Originalsignal in Frequenz und Zeit verschobenen Signal „anzudicken“. Das Problem dabei ist: ist das zweite Signal zu nah am Original, können Auslöschungen auftreten, ist es zu verschoben, klingt es wie ein hässlicher Choruseffekt.


Der Name 30ms sagt schon mal, wo die Reise aufhört, nämlich bei 30 Millisekunden zeitlicher Verschiebung. Das ist nicht zufällig gewählt, sondern in der Anleihe zu den Echokammern der Abbey Roads Studios. Und 30 Millisekunden sind auch schon ordentlich.

Und so findet sich auf dem Pedal ein Poti für Time, Tuning, Level und Reverb.

Reverb? Häh?

Ja, Reverb. Besser wäre es aber gewesen, das (Reverb) in Klammern zu setzen. Das 30ms ist nämlich mehr als nur ein Doubletracker. Mein Hauptinteresse gilt aber dem Doubletracker.


Der kleine Schalter mittig erlaubt die Anwahl der Modi Dimension, Abbey Mode und Slapback.

Ganz wichtig sind zwei weitere Schalterchen, die aber im Gehäuse verborgen sind. Dazu muss die Bodenplatte abgeschraubt werden. Um die Schalter in die richtige Position zu bringen, sollte die Anleitung zu Rate gezogen werden, intuitiv ist hier nix. Beschriftet ist da zwar auch was, aber wer das lesen kann, ist lange nicht so alt wie ich ;)
SAM_5432.JPG


Meine Lieblingsposition ist beide Schalterchen runter und auf der Frontseite den Abbey-Mode wählen. So hat man/frau den von Keeley so bezeichneten „Double Tracking Pro Mode“im Abbey Mode. Der meint nichts anderes, als das ein Effektsignal ausgegeben wird, welches den Bandecho nachempfunden sein soll. Dazu braucht es dann aber einen Adapter Stereo (male) auf zwei Monoklinken (female). Dabei gilt immer: Ring=FX, Tip=Dry

In diesem Mode ist kein Reverb verfügbar und der Reverbpoti regelt zusammen mit dem Tuningpoti die Modulation des Effektsignals.


Wie klingt’s 1?

Fett! In meinem Proberäumchen hatte ich das Effektsignal an einen JetCity JCA22H an 2x12“ Box geschickt und das Drysignal an einen Marshall JTM60 auch an 2x12“ Box. Die beiden dann ca. 7 Meter auseinander gestellt und dann als Hörer ein gleichseitiges Dreieck mit beiden gebildet. Das war schon beeindruckend. Also hier sehe ich definitiv den Einsatzzweck des 30ms: Live-Tool für Gitarristen/innen, die ihren Sound breiter haben wollen und über zwei Stacks verfügen (aber: Brummschleifengefahr).


Das 30ms kann aber auch Mono betrieben werden. Dazu einfach das rechte Schalterchen im Gehäuse auf „down“ schalten und der Double Tracking Mode ist in Mono.


Wie klingt’s 2?

Auch fett! Der Effekt hier ist, dass das Signal voller wird und einfach „dicker“. Abhängig natürlich von den jeweiligen Einstellugen


Das 30ms bietet derart viele Möglichkeiten, dass ich hier noch Tage schreiben könnte. Ich habe mich jetzt auf den Doubletracking-Aspekt beschränkt, da mir dieser am wichtigsten war. Und auch das nur grob angerissen. Mit dem Pedal ist aber genauso Echo wie Chorus zu machen und noch viel mehr. Ein echt vielseitiges Kistchen.


Kritik

Leider produziert das 30ms auch ordentlich Geräusche und das in zweierlei Hinsicht: Ein hohes Rauschen und so ein elektrisch waberndes Brummen, das ich noch von alten Chorusgeräten kenne. (Ich vermute, da wird das Grundrauschen moduliert:nix:). Bei cleanen Sounds fällt das nicht auf, aber mit Highgain wird’s spacig-brummelig in Spielpausen.

Auch nervt etwas, dass das wichtige Schalterchen im Gehäuse steckt, wenn man/frau wie ich häufig wechselt zwischen zwei Amps und einem Amp (resp. Stereo und Mono). „Gelöst“ habe ich das, indem ich die Schrauben gar nicht mehr verwende, sondern das Gehäuse mit einem Klettband fixiere.


Fazit

Beide Pedale haben bei mir ein Zuhause gefunden. Das Abbey Chamber Verb, weil es ein Echo generiert, das mir sehr gut gefällt, leicht anzupassen ist und auch bei Aufnahmen funktioniert und der 30ms, weil er schon richtig dick machen kann und unheimlich vielseitig ist.

Preise Stand 01.07.2016: Abbey Chamber Verb 189 EUR, 30ms 249 EUR
 
Eigenschaft
 
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Kleines Audiosample

So tolle Aufnahmen wie in den oben verlinkten Videos bekomme ich nicht hin, aber um zu verdeutlichen, wie die beiden Abbey Chamber Verb und 30MS so klingen können , reicht es hoffentlich.
Jede Gitarre wurde nur ein Mal eingespielt.
Signalweg:
Gitarre --> Zerrpedal (nur Gitte 4, hohe Lagen) --> Abbey Chamber Verb --> 30MS
-- Links/Ring/Dry --> Marshall JTM60 --> DI Out --> LineAudio 2MP --> DAW
-- Rechts/Tip/FX --> Randall RG13 --> DI Out --> LineAudio 2MP --> DAW
Die erste Gitarre ist ohne Chamber Verb.
Bis auf die 4. Gitte (hohe Lagen) sind die anderen im "Double Tracking Pro Mode" - "Abbey Mode" eingespielt. Die 4. Gitte mit "Slapback".
Die Dosentrommel (MT Powerdrumkit) hatte ich nur dazu gemacht, um ein wenig "Bandfeeling" zu haben :)
Die jeweiligen Spuren habe ich im Panorama verteilt, die vierte allerdings in die Mitte.
https://soundcloud.com/mjmueler/test-abbey-chamber-plus-30ms
 
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Das 30 ms ist ein super Chorus/Micropitcher!

Ja, ich bin spät dran, aber ich finde, das Keeley 30 ms läuft stets etwas unter Wert, weil es aus meiner Sicht auch etwas falsch beworben wird. Bei mir dient es als das genialste Chorus/Micropitcher-Teil, das ich kenne. Die Kriterien sind: in der richtigen Einstellung (dazu gleich mehr) fettet es den Sound an, ohne dabei zu phasern, zu eiern oder blechern rückzukoppeln. DIL-Schalter (SW1 oben, SW2 unten, also Pro-Modus in mono und ohne Reverb), Dimension-Mode (Kippschalter), Tuning- und Reverb-Regler auf 9 Uhr (leicht gegeneinander vesetzt!), Time auf 12 Uhr oder mehr und Level auf 11, 11:30. Das gibt einen schönen glockigen Untergrund bei cleanem Sound. Stellt man Abbey-Mode ein, ist vor allem der Tuning-Regler für depth und rate zuständig. Man erreicht ein bisschen 12-Saiter-Sound. Es läuft dann nur eine Verzögerungskette, während bei Dimension und Slapback (da gibt es übrigens 120 ms Verzögerung) zwei um das Original herum "detuned" werden. Ich habe bisher kein Kistchen gefunden (übrigens auch nicht innerhalb des Keeley-Sortiments), das das so angenehm hinbekommt. Nein, auch Strymon und Eventide haben da nicht überzeugt. btw: den besten Double-Tracking Sound (für mich ist da der ganz frühe Jimmy Page bei Led Zeppelin maßgebend) bekomme ich mit dem Lexicon MX 300 hin.
 

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