
Rude Mood
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Ungarn weckt sicherlich in vielen Usern die unterschiedlichsten Gedanken: ältere Mitglieder werden sich - egal, ob sie aus den westlichen oder östlichen Bundesländern kommen - sicherlich an den einen oder anderen am Balaton/Plattensee verbrachten Sommer mit feuriger ungarischer Sonne, feurigen ungarischen Speisen und noch feurigeren ungarischen Damen erinnern, künstlerisch interessierte denken wahrscheinlich als erstes an Nádas, Esterhazy oder den Nobelpreisträger Imre Kertész, während sehr vielen wahrscheinlich - leider - heute eher der machtbesessene Premierminister einfällt, der Europa auf der Nase rumtanzt und das Land langsam aber sicher balkanisiert. Ich würde aber wetten, dass die meisten nicht an handgemachte Effektpedale für Gitarre und Bass denken, wenn der Name des Landes fällt. Und das, obwohl zumindest ein Ungar mit viel Leidenschaft und Fachwissen dabei ist, Bodentreter zu schmieden: Albert Kasléder (www.kasledereffects.com). Als ich hiervon erfuhr, war es für mich mehr oder weniger Ehrensache, zumindest mal auf seiner Homepage vorbeizuschauen, da meine Familie ursprünglich aus dem kleinen Land kommt. Als ich mir die Homepage das erste Mal angeschaut hatte, war ich mir sofort sicher, dass ich das eine oder andere Pedal bestellen werde, da Albert und ich musikalisch absolut auf einer Wellenlänge sind. Kasléder Effects ist ein echter Ein-Mann-Betrieb: Albert stellt seine Pedale vom ersten bis zum letzten Arbeitsschritt selber her und bedient sich nicht der Hilfe von Angestellten. Auch macht er keinen großen Hehl daraus, dass er ein Vintage-Freak ist, und wer sich nur ein wenig mit der Musik der letzten 50 Jahre befasst hat, weiss sofort, wo bei Albert der Hase läuft: sein auf dem Fuzz Face basierendes Pedal heisst "Purple Haze", sein Octave-Fuzz "Voodoo Chile", daneben hat er noch einen Rangemaster-Klon namens "Crossroads", einen Clean-Booster, der auf den Namen "Wild Horses" hört, und viele andere Pedale wie z. B. weiterentwickelte TS-Klone (Dirty Little Thing bzw. Crazy Little Thing), ein Marshall-in-a-Box-Pedal (The Rocker) und neuerdings sogar ein Vibe-Pedal.
Der Kontakt war schnell per Mail hergestellt, es folgte ein Gespräch über Skype, im Laufe dessen sich Albert nicht nur als ein sehr sympathischer und hilfsbereiter junger Mann entpuppte, sondern auch klar wurde, dass er selbst aktiver Gitarrist und Bassist und darüber hinaus studierter Elektroingenieur ist. Seine Geschichte ist eigentlich der typische Lebenslauf eines "Pedal Nerds", der sein Hobby zum Beruf gemacht hatte: als Gitarre spielender Teenager bastelte er sich seinen ersten Tubescreamer, später vertiefte er sein Wissen auch mithilfe seines Studiums, betreibt heute seine Pedalschmiede als Hauptberuf und spielt daneben in mehreren Bands. Wir unterhielten uns auf ungarisch, aber ich glaube, dass er auch sehr gut englisch spricht.
Von seinen Pedalen habe ich mir mal zwei vorgenommen, die keine Neuauflagen bzw. eigene Interpretationen von Klassikern wie z. B. dem Rangemaster, sondern vielmehr Eigenkreationen sind: den Verzerrer "Boor Custom", sowie das Delay-Pedal "My Generation"
Boor Custom
Albert erzählte mir, dass dieser Verzerrer eine kleine Entstehungsgeschichte hat: vor einiger Zeit hatte er Interesse für einen obskuren Verzerrer aus den 70ern namens "Harmonic Percolator" entwickelt. Parallel dazu starteten zwei Freunde von ihm - beide ebenfalls Musiker - ein Projekt und beschlossen, Motorräder aufzumotzen und sie unter dem Namen "Boor Custom" zu verkaufen. Zeitgleich vertiefte Albert die Sache mit dem Percolator, und basierend auf dem eigenen Schaltkreis ist eine eigene Kreation entstanden.
Das Pedal kam - wie auch das My Generation - gut verpackt per Post in einem schlichten Karton aus Papier. Es hat ungefähr die Größe eines MXR-Pedals, ist also sehr klein gehalten und findet somit auf jedem Pedalboard Platz. Das Design ist einfach gehalten: der Lautstärkeregler heisst "Fuel", mit "Anger" regelt man den Grad der Verzerrung, und ein Kippschalter ermöglicht es, zwischen "Clutch" und "Brake", also zwischen zwei verschiedenen Gainstrukturen zu wechseln. Vervollständigt wird alles durch ein Bild von einem geflügelten Motorradreifen und dem Schriftzug "Boor Custom". Albert flirtet erkennbar ein wenig mit dem Homemade-Design, da das ganze Gehäuse irgendwie wie von Hand bemalt wirkt. Allerdings driftet er hierbei nicht - wieviele andere Hersteller - ins Lächerliche ab, das Boor Custom sieht also überhaupt nicht so aus, als hätte es jemand mal eben aus einer Konservendose in einer Garage hergestellt. Schaltet man es ein, kommt leider eine etwas negative Überraschung: die grüne LED-Leuchte ist so extrem hell, dass es praktisch unmöglich ist, die Schriftzüge unter den Reglern zu erkennen. Dies ist nur ein kleiner Kritikpunkt, allerdings wirkt das grelle Licht wirklich etwas störend, sodass hier Abhilfe angebracht wäre.
Kommen wir nur zum Sound. Dieser ist - um es kurz zu machen - großartig. Ich habe nie einen Harmonic Percolator besessen oder gespielt, sodass ich die Quelle der Inspiration nicht kenne, allerdings kann ich auch so getrost sagen, dass das Pedal absolut Spaß macht. Für den Sound sorgt ein Schaltkreis, der aus einem Germanium- und einen Silizium-Transistor besteht. Ersterer soll laut Albert für den Vintage-Charakter, letzterer für die Dynamik und das Sustain sorgen. Wie auch immer: mir bereitet das Pedal sehr viel Freude. Es fällt mir eigentlich schwer, es als richtiges Fuzz-Pedal zu bezeichnen. Mit einem Big Muff oder einem klassischen Fuzz Face hat der Sound auf jeden Fall nicht viel zu tun: eher würde ich von einem starken Overdrive sprechen, das bei höheren Verzerrungsgraden einen markanten Fuzz-Charakter entwickelt. Ich habe das Boor Custom vor einen cleanen kleinen Röhrencombo geschaltet und erzielte mit allen Gitarren, die ich besitze, sehr interessante Sounds: mit einer Telecaster kann das Pedal von Hard Rock bis Alternative alles, und lädt geradezu dazu ein, einige ungewöhnliche Riffs herauszurotzen. Im Gegensatz zu vielen anderen Verzerrern klingen nicht nur Powerchords, sondern auch voll durchgeschlagene Akkorde sehr gut (ich traue mich nicht zu schreiben: schön, eher sage ich: cool!). Das Pedal klingt überhaupt nicht "Big Muffig", hat also nicht den typischen "muffigen" Bass, und es ist alles andere, als ein High Gain-Fuzz: sehr gut gefiel mir, dass es sehr subtil auf das Spiel mit dem Volumenpoti der Telecaster reagiert. Auch war verblüffend, wie anschlagsdynamisch das Baby selbst dann reagiert, wenn die Zerre auf 17 Uhr steht. Der Unterschied zwischen den beiden Gainstrukturen (Clutch und Brake) ist eher subtil, aber auf jeden Fall insbesondere bei höheren Verzerrungsgraden bemerkbar: hier kann man von eher offen zu stärker komprimiert wechseln.
Ab zur Les Paul Standard: hier wurde mir sofort klar, dass das Pedal sehr sensibel auf den Output der Gitarre reagiert. Während ich mit der Tele einen eher kratzigen Sound zwischen Overdrive und Fuzz erreichte, fand ich mich mit meiner Les Paul - die sogar eher schwache Humbucker hat - sofort im mir eigentlich fremden Koordinatensystem der "Bösen Jungs": ich konnte sofort Sounds erzeugen, die für die - stärker angezerrten - Sachen des frühen Billy Gibbons sehr gut geeignet waren, wobei der Gainregler immer unter 12 Uhr blieb. Der Gain-Regler wurde einmal voll aufgedreht, und dann wurde es richtig böse. Kein Heavy Metal, aber dreckigster Hardrock-Sound, der immer den Vintage-Charakter behielt. No Sleep 'til Hammersmith, Baby...
Das Boor Custom ist sicherlich kein Pedal, dass man die ganze Show lang angeschaltet lassen würde. Auch ist es sicherlich nicht für Jedermann geeignet. Wer allerdings keine Angst vor etwas ungewöhnlicheren Sounds hat und seinen eigenen Weg finden will, kann - auch in Anbetracht des für ein handgemachtes Pedal relativ moderaten Preises von 146 Euro - getrost zuschlagen. Ich denke, dass insbesondere ZZ Top und Motörhead-Fans, aber auch Alternative-Rocker ihre Freude haben werden.
My Generation
Weiter geht es mit dem Delay-Pedal von Albert. Leider musste ich auf dieses einige Wochen warten, allerdings meinte Albert, dass dieser Engpass mittlerweile behoben ist. Auch das My Generation kommt in einem Gehäuse, dass ein ausgeprägtes Homemade-Design hat. Es ist - für ein Delay - relativ klein gehalten, ist damit also kein Platzräuber auf dem Effektboard und hat zwei Fußschalter: das linke schaltet den Delay-Effekt ein und aus, mit dem rechten lässt sich das Tempo einstellen (also echte Tap-Funktion). Das Gehäuse ist im hellen Blau gehalten, auf der Vorderseite tobt - wohl nicht ganz ohne Selbstironie und Humor - ein zornig anmutendes, an ein Krokodil erinnerndes Monster mit einer Gitarre in der Hand und bläst dabei Dampf aus der Nase. Finde ich persönlich ziemlich cool. Zwei - leider wieder extrem helle - LED-Leuchten zeigen, ob die Delay-Funktion angeschaltet ist bzw. wie schnell das Tempo ist, so, wie bei den meisten Delay-Pedalen mit Tap-Tempo. Ein Schalter erlaubt es, zwischen "modern" und "vintage" zu wechseln. Ersteres ist ein hellerer - aber immer noch relativ dunkler - Delay-Sound, während der Vintage-Modus berufen ist, den Sound der alten Bandechos zu imitieren. Das Pedal hat fünf Potis: Echo, Feedback und Delay Time entsprechen den gängigen Funktionen bei Delay-Pedalen, währen die eigentliche "Wunderwaffe" - und für mich eines der Highlights des Pedals die beiden Regler sind, die die Modulation regeln, d. h. die "gedelayten" Töne manipulieren: "Speed" bzw. "Depth". Mit ihnen lässt sich die Geschwindigkeit bzw. die Weite des "Eierns" des Echos einstellen.
Die Modulationsschalter auf 7 Uhr gestellt - also praktisch ausgeschaltet - haben wir ein hervorragend klingendes Standard-Delay mit dunklem Timbre und ausgeprägtem Vintage-Charakter. Ich fühle mich am ehesten an das - m. E. ausgezeichnete - Carbon Copy Delay von MXR erinnert. Das My Generation liefert bis zu 600 Millisekunden Delay, wobei ich es allerdings - dies ist natürlich Geschmackssache - eher für kurze Slapback-Sounds einsetze. Sehr positiv fällt mir auf, dass man - insbesondere bei längeren Delay-Zeiten - den Unterschied zwischen den beiden Modes (Modern und Vintage) sehr deutlich hört, wobei allerdings klar gesagt werden muss, dass die Heavy/Shredder-Fraktion auch mit dem Modern-Modus nicht glücklich werden wird: das Echo klingt immer eher warm und ein wenig verhalten, wer super-präzise Delay-Sounds sucht, ist hier definitiv fehl am Platz.
Die Modulationsfunktion gefällt mir persönlicham besten: dezent eingestellt kann es auf "vernünftige" Weise eingesetzt werden, um das geliebte Bandecho zu emulieren. Selbstverständlich klingt ein Pedal niemals so, wie z. B. ein Fulltone Tube Tape Echo, allerdings kommt das My Generation dem begehrten Sound schon sehr nahe. Ich fühlte mich zumindest stark an die Echos der späten Hendrix-Aufnahmen und - Gott vergebe es mir - sogar ein wenig an Scotty Moores legendäres Echo erinnert. Geschwindigkeit und Tiefe der Modulation weiter ausgefahren - also weniger "dezent" eingesetzt - lässt sich hingegen auch live jede Menge Unfug treiben: beide Regler voll ausgefahren klingt das Echo in etwa so, als ob eine Horde Gremlins über ein Tape Echo herfallen würde. Nichts für mich, aber der eine oder andere experimentierfreudige Bürgerschreck-Gitarrist würde sicher seine Freude daran finden. Übrigens oszilliert das My Generation bei sehr langen Delay-Zeiten sehr schön - auch sehr gut geeignet für abgefahrene Sounds.
Als Fazit kann gesagt werden, dass das My Generation alles liefert, was man von einem Delay-Pedal erwarten kann - und dank der Modulationsfunktion noch einiges mehr. Fans von David Gilmour, Progressive Rocker mit einem Faible für Vintage-Sounds und generell alle außer der Modern/Heavy-Fraktion sollten sich das My Generation mal anschauen. Auf der Homepage von Albert findet ihr übrigens auch ein ausgezeichnetes Video-Demo, dass der Top-Gitarrist Tamás Petendi - seines Zeichens Leader der besten ungarischen Hendrix-Tribute-Band - sehr professionell eingespielt hat.
Gesamteindruck
Die Pedale von Albert Kasléder haben bislang in Deutschland eher wenig Beachtung gefunden. Woran dies liegt, lässt sich nicht sagen: vielleicht ist es das fehlende Marketing, vielleicht die Angst der "Wessis" vor "Ossi-Produkten". Aber mal ehrlich: mit den früheren Produkten aus Osteuropa haben diese Pedale ebenso wenig zu tun, wie die Amps und Kabel des Polen Adam Laboga oder die Gitarren von Frantisek Furch aus der Tschechischen Republik. Wer Vintage-Sounds mag, sollte Alberts Produkte definitiv mal abchecken. Besonders gut an den Pedalen gefiel mir neben dem Sound der "Charme" oder "Vibe", den sie ausstralen, sowie der für Boutique-Treter doch eher solide Preis. Auf jeden Fall könnte ich nach all den Stunden, die ich mit den ungarischen Babies nun schon verbracht habe, über den Puszta-Rambo Orban nur lachen und auch dem vehementesten Ungarn-Kritiker ruhigen Gewissens in bester Vintage-Manier ins Gesicht werfen: "Now Watergate does not bother me/does your conscience bother you, tell the truth!"
Positiv:
- Ungewöhnlicher Sound, sehr anschlagsdynamisch auch bei hoher Verzerrung (Boor Custom)
- Vielseitig einsetzbare Modulation, Tap Tempo, dunkler, warmer Sound (My Generation)
- Preis/Leistung
- Verarbeitung
- Charme/Vibe
Negativ:
- Sehr helle LED-Leuchte
Der Kontakt war schnell per Mail hergestellt, es folgte ein Gespräch über Skype, im Laufe dessen sich Albert nicht nur als ein sehr sympathischer und hilfsbereiter junger Mann entpuppte, sondern auch klar wurde, dass er selbst aktiver Gitarrist und Bassist und darüber hinaus studierter Elektroingenieur ist. Seine Geschichte ist eigentlich der typische Lebenslauf eines "Pedal Nerds", der sein Hobby zum Beruf gemacht hatte: als Gitarre spielender Teenager bastelte er sich seinen ersten Tubescreamer, später vertiefte er sein Wissen auch mithilfe seines Studiums, betreibt heute seine Pedalschmiede als Hauptberuf und spielt daneben in mehreren Bands. Wir unterhielten uns auf ungarisch, aber ich glaube, dass er auch sehr gut englisch spricht.
Von seinen Pedalen habe ich mir mal zwei vorgenommen, die keine Neuauflagen bzw. eigene Interpretationen von Klassikern wie z. B. dem Rangemaster, sondern vielmehr Eigenkreationen sind: den Verzerrer "Boor Custom", sowie das Delay-Pedal "My Generation"
Boor Custom
Albert erzählte mir, dass dieser Verzerrer eine kleine Entstehungsgeschichte hat: vor einiger Zeit hatte er Interesse für einen obskuren Verzerrer aus den 70ern namens "Harmonic Percolator" entwickelt. Parallel dazu starteten zwei Freunde von ihm - beide ebenfalls Musiker - ein Projekt und beschlossen, Motorräder aufzumotzen und sie unter dem Namen "Boor Custom" zu verkaufen. Zeitgleich vertiefte Albert die Sache mit dem Percolator, und basierend auf dem eigenen Schaltkreis ist eine eigene Kreation entstanden.
Das Pedal kam - wie auch das My Generation - gut verpackt per Post in einem schlichten Karton aus Papier. Es hat ungefähr die Größe eines MXR-Pedals, ist also sehr klein gehalten und findet somit auf jedem Pedalboard Platz. Das Design ist einfach gehalten: der Lautstärkeregler heisst "Fuel", mit "Anger" regelt man den Grad der Verzerrung, und ein Kippschalter ermöglicht es, zwischen "Clutch" und "Brake", also zwischen zwei verschiedenen Gainstrukturen zu wechseln. Vervollständigt wird alles durch ein Bild von einem geflügelten Motorradreifen und dem Schriftzug "Boor Custom". Albert flirtet erkennbar ein wenig mit dem Homemade-Design, da das ganze Gehäuse irgendwie wie von Hand bemalt wirkt. Allerdings driftet er hierbei nicht - wieviele andere Hersteller - ins Lächerliche ab, das Boor Custom sieht also überhaupt nicht so aus, als hätte es jemand mal eben aus einer Konservendose in einer Garage hergestellt. Schaltet man es ein, kommt leider eine etwas negative Überraschung: die grüne LED-Leuchte ist so extrem hell, dass es praktisch unmöglich ist, die Schriftzüge unter den Reglern zu erkennen. Dies ist nur ein kleiner Kritikpunkt, allerdings wirkt das grelle Licht wirklich etwas störend, sodass hier Abhilfe angebracht wäre.
Kommen wir nur zum Sound. Dieser ist - um es kurz zu machen - großartig. Ich habe nie einen Harmonic Percolator besessen oder gespielt, sodass ich die Quelle der Inspiration nicht kenne, allerdings kann ich auch so getrost sagen, dass das Pedal absolut Spaß macht. Für den Sound sorgt ein Schaltkreis, der aus einem Germanium- und einen Silizium-Transistor besteht. Ersterer soll laut Albert für den Vintage-Charakter, letzterer für die Dynamik und das Sustain sorgen. Wie auch immer: mir bereitet das Pedal sehr viel Freude. Es fällt mir eigentlich schwer, es als richtiges Fuzz-Pedal zu bezeichnen. Mit einem Big Muff oder einem klassischen Fuzz Face hat der Sound auf jeden Fall nicht viel zu tun: eher würde ich von einem starken Overdrive sprechen, das bei höheren Verzerrungsgraden einen markanten Fuzz-Charakter entwickelt. Ich habe das Boor Custom vor einen cleanen kleinen Röhrencombo geschaltet und erzielte mit allen Gitarren, die ich besitze, sehr interessante Sounds: mit einer Telecaster kann das Pedal von Hard Rock bis Alternative alles, und lädt geradezu dazu ein, einige ungewöhnliche Riffs herauszurotzen. Im Gegensatz zu vielen anderen Verzerrern klingen nicht nur Powerchords, sondern auch voll durchgeschlagene Akkorde sehr gut (ich traue mich nicht zu schreiben: schön, eher sage ich: cool!). Das Pedal klingt überhaupt nicht "Big Muffig", hat also nicht den typischen "muffigen" Bass, und es ist alles andere, als ein High Gain-Fuzz: sehr gut gefiel mir, dass es sehr subtil auf das Spiel mit dem Volumenpoti der Telecaster reagiert. Auch war verblüffend, wie anschlagsdynamisch das Baby selbst dann reagiert, wenn die Zerre auf 17 Uhr steht. Der Unterschied zwischen den beiden Gainstrukturen (Clutch und Brake) ist eher subtil, aber auf jeden Fall insbesondere bei höheren Verzerrungsgraden bemerkbar: hier kann man von eher offen zu stärker komprimiert wechseln.
Ab zur Les Paul Standard: hier wurde mir sofort klar, dass das Pedal sehr sensibel auf den Output der Gitarre reagiert. Während ich mit der Tele einen eher kratzigen Sound zwischen Overdrive und Fuzz erreichte, fand ich mich mit meiner Les Paul - die sogar eher schwache Humbucker hat - sofort im mir eigentlich fremden Koordinatensystem der "Bösen Jungs": ich konnte sofort Sounds erzeugen, die für die - stärker angezerrten - Sachen des frühen Billy Gibbons sehr gut geeignet waren, wobei der Gainregler immer unter 12 Uhr blieb. Der Gain-Regler wurde einmal voll aufgedreht, und dann wurde es richtig böse. Kein Heavy Metal, aber dreckigster Hardrock-Sound, der immer den Vintage-Charakter behielt. No Sleep 'til Hammersmith, Baby...
Das Boor Custom ist sicherlich kein Pedal, dass man die ganze Show lang angeschaltet lassen würde. Auch ist es sicherlich nicht für Jedermann geeignet. Wer allerdings keine Angst vor etwas ungewöhnlicheren Sounds hat und seinen eigenen Weg finden will, kann - auch in Anbetracht des für ein handgemachtes Pedal relativ moderaten Preises von 146 Euro - getrost zuschlagen. Ich denke, dass insbesondere ZZ Top und Motörhead-Fans, aber auch Alternative-Rocker ihre Freude haben werden.
My Generation
Weiter geht es mit dem Delay-Pedal von Albert. Leider musste ich auf dieses einige Wochen warten, allerdings meinte Albert, dass dieser Engpass mittlerweile behoben ist. Auch das My Generation kommt in einem Gehäuse, dass ein ausgeprägtes Homemade-Design hat. Es ist - für ein Delay - relativ klein gehalten, ist damit also kein Platzräuber auf dem Effektboard und hat zwei Fußschalter: das linke schaltet den Delay-Effekt ein und aus, mit dem rechten lässt sich das Tempo einstellen (also echte Tap-Funktion). Das Gehäuse ist im hellen Blau gehalten, auf der Vorderseite tobt - wohl nicht ganz ohne Selbstironie und Humor - ein zornig anmutendes, an ein Krokodil erinnerndes Monster mit einer Gitarre in der Hand und bläst dabei Dampf aus der Nase. Finde ich persönlich ziemlich cool. Zwei - leider wieder extrem helle - LED-Leuchten zeigen, ob die Delay-Funktion angeschaltet ist bzw. wie schnell das Tempo ist, so, wie bei den meisten Delay-Pedalen mit Tap-Tempo. Ein Schalter erlaubt es, zwischen "modern" und "vintage" zu wechseln. Ersteres ist ein hellerer - aber immer noch relativ dunkler - Delay-Sound, während der Vintage-Modus berufen ist, den Sound der alten Bandechos zu imitieren. Das Pedal hat fünf Potis: Echo, Feedback und Delay Time entsprechen den gängigen Funktionen bei Delay-Pedalen, währen die eigentliche "Wunderwaffe" - und für mich eines der Highlights des Pedals die beiden Regler sind, die die Modulation regeln, d. h. die "gedelayten" Töne manipulieren: "Speed" bzw. "Depth". Mit ihnen lässt sich die Geschwindigkeit bzw. die Weite des "Eierns" des Echos einstellen.
Die Modulationsschalter auf 7 Uhr gestellt - also praktisch ausgeschaltet - haben wir ein hervorragend klingendes Standard-Delay mit dunklem Timbre und ausgeprägtem Vintage-Charakter. Ich fühle mich am ehesten an das - m. E. ausgezeichnete - Carbon Copy Delay von MXR erinnert. Das My Generation liefert bis zu 600 Millisekunden Delay, wobei ich es allerdings - dies ist natürlich Geschmackssache - eher für kurze Slapback-Sounds einsetze. Sehr positiv fällt mir auf, dass man - insbesondere bei längeren Delay-Zeiten - den Unterschied zwischen den beiden Modes (Modern und Vintage) sehr deutlich hört, wobei allerdings klar gesagt werden muss, dass die Heavy/Shredder-Fraktion auch mit dem Modern-Modus nicht glücklich werden wird: das Echo klingt immer eher warm und ein wenig verhalten, wer super-präzise Delay-Sounds sucht, ist hier definitiv fehl am Platz.
Die Modulationsfunktion gefällt mir persönlicham besten: dezent eingestellt kann es auf "vernünftige" Weise eingesetzt werden, um das geliebte Bandecho zu emulieren. Selbstverständlich klingt ein Pedal niemals so, wie z. B. ein Fulltone Tube Tape Echo, allerdings kommt das My Generation dem begehrten Sound schon sehr nahe. Ich fühlte mich zumindest stark an die Echos der späten Hendrix-Aufnahmen und - Gott vergebe es mir - sogar ein wenig an Scotty Moores legendäres Echo erinnert. Geschwindigkeit und Tiefe der Modulation weiter ausgefahren - also weniger "dezent" eingesetzt - lässt sich hingegen auch live jede Menge Unfug treiben: beide Regler voll ausgefahren klingt das Echo in etwa so, als ob eine Horde Gremlins über ein Tape Echo herfallen würde. Nichts für mich, aber der eine oder andere experimentierfreudige Bürgerschreck-Gitarrist würde sicher seine Freude daran finden. Übrigens oszilliert das My Generation bei sehr langen Delay-Zeiten sehr schön - auch sehr gut geeignet für abgefahrene Sounds.
Als Fazit kann gesagt werden, dass das My Generation alles liefert, was man von einem Delay-Pedal erwarten kann - und dank der Modulationsfunktion noch einiges mehr. Fans von David Gilmour, Progressive Rocker mit einem Faible für Vintage-Sounds und generell alle außer der Modern/Heavy-Fraktion sollten sich das My Generation mal anschauen. Auf der Homepage von Albert findet ihr übrigens auch ein ausgezeichnetes Video-Demo, dass der Top-Gitarrist Tamás Petendi - seines Zeichens Leader der besten ungarischen Hendrix-Tribute-Band - sehr professionell eingespielt hat.
Gesamteindruck
Die Pedale von Albert Kasléder haben bislang in Deutschland eher wenig Beachtung gefunden. Woran dies liegt, lässt sich nicht sagen: vielleicht ist es das fehlende Marketing, vielleicht die Angst der "Wessis" vor "Ossi-Produkten". Aber mal ehrlich: mit den früheren Produkten aus Osteuropa haben diese Pedale ebenso wenig zu tun, wie die Amps und Kabel des Polen Adam Laboga oder die Gitarren von Frantisek Furch aus der Tschechischen Republik. Wer Vintage-Sounds mag, sollte Alberts Produkte definitiv mal abchecken. Besonders gut an den Pedalen gefiel mir neben dem Sound der "Charme" oder "Vibe", den sie ausstralen, sowie der für Boutique-Treter doch eher solide Preis. Auf jeden Fall könnte ich nach all den Stunden, die ich mit den ungarischen Babies nun schon verbracht habe, über den Puszta-Rambo Orban nur lachen und auch dem vehementesten Ungarn-Kritiker ruhigen Gewissens in bester Vintage-Manier ins Gesicht werfen: "Now Watergate does not bother me/does your conscience bother you, tell the truth!"
Positiv:
- Ungewöhnlicher Sound, sehr anschlagsdynamisch auch bei hoher Verzerrung (Boor Custom)
- Vielseitig einsetzbare Modulation, Tap Tempo, dunkler, warmer Sound (My Generation)
- Preis/Leistung
- Verarbeitung
- Charme/Vibe
Negativ:
- Sehr helle LED-Leuchte
- Eigenschaft