Ich denke, dass sich ein Probespielen auf zwei bereiche ersteckt: zum einen der reine technische zum anderen der emotionale.
Wie gehe ich vor, ich schildere das mal anhand von Beispielen?
letztes Jahr habe ich meinem Bestand 3 ältere Morinos eine Imperator und eine Gola einverleibt.
Bei den Morinos ist das einfach. Die bewegen sich im Preissegment so um die 2 k€ . Ich wollte unbedingt eine rote M haben, die habe ich gefunden, probegespielt, für gut befunden und mitgenommen.
Die Imperator V S ist zwar ziemlcih runter, Rost auf den Stimmzungen und fand für kleines Geld den Weg in meinen Kofferraum. Das Instrument ist mir seiner Quintmixtur einfach ein Exot der recht selten mal auf dem Markt auftaucht, wollte ich einfach haben.
Dann ist mir 'zufällig' eine IV N von 1966 über den Weg gelaufen, die Historie des Instruments kannte ich schon, von einem ehemaligen Dirigenten unseres Orchesters... blabla.
Die ist mittlerweile mein Liebling fürs Orchester geworden.
Ein ganz wichtiger Punkt ist, wie sich das Instrument vorm Bauch anfühlt. Bei manchen habe ich das Gefühl, das Instrument verschmilzt regelrecht mit mir, bei anderen habe ich das Gefühl, ich habe einen Betonmischer vorm Bauch.
Schwieriger war es bei einer VN auch von 1966.
Koffer auf: Instrument sieht gut aus.
Wie sieht der Kaliko auf der Unterseite und Rückseite aus? Das gibt einen guten Hinweis, wie viel das Instrument gespielt wurde. Die Stellen über den Balgecken rubbeln als erstes ab.
Gibt es Hinweise, dass das Instrument mal unsanft zu Boden gekommen ist? Risse o.ä. Das wäre schlecht.
Wie sieht denn der Koffer aus? Am Koffer kann mann viel ablesen, was mit dem Instrument gemacht wurde.
Diese Begutachtung war bei der V N äußerst positiv.
Die Riemen geben auch noch einen hübschen Aufschluss. Dazu sollte man aber ein wenig Bescheid wissen, wann welche Arten von Riemen eingesetzt wurden.
Dann schaue ich mir auch noch die Seite an, auf die viele Instrumente abgestellt werden, obwohl das so nie vorgesehen war. Ich kann das verflixt noch mal gar nicht leiden, wenn die Instrumente auf der Seite so völlig verkratzt sind.
Jetzt ran an das Akki und spielen. ich spiele immer erst mal munter drauflos, um zu sehen, wie das Teil denn überhaupt reagiert, Ich spiele aber nie ganze Titel sonndern quer durchs Programm immer nur so 20 sec. Sequenzen. In Verbindung mit der Preisvorstellung des Verkäufers zeigt sich dann schon meist, ob ich das Instrument haben will oder nicht.
Dabei ist mir an dem Instrument dann schon aufgefallen, dass der Bass völllig lahmt.
Danach kommt der Test über alle Register und alle Tasten im Diskant auf Zug und Druck. Meist findet sich dabei ein hängender Ton, der sich dann schon mal preismindernd auswirkt ;-)
Dabei dann noch mal auf das Stimmgerät schauen, wie denn die Grundstimmung ist, dazu reicht es dann 3-5 Einzeltöne zu prüfen, der Rest sagt einem dann das Ohr.
Wenn das Instrument dann immer noch gefällt, kommt die Zange zum Einsatz und der Blick ins Innere wird fällig.
Das war bei dem Instrument ein jungfräulicher völlig ursprünglicher Zustand. Die Lederventile alle völlig intakt - und das von 1966 - wow.
Kein Rost auf den Stimmzungen, auch unter den Ventilen.
Bei der Preisverhandlung kommt mir dann meine Flohmarkterfahrung zugute und die Kiste war mir.
Völlig anders lief es mit der Gola:
Ich hatte mir letztes Jahr schon 3 andere angeschaut, die aber alle durchgefallen waren.
Schlimm bei der Suche war, dass ich ja schon eine alte Gola besessen hatte und auch die von maxito gut kenne, die meiner ehemaligen exakt glich.
Ich hatte also schon eine genaue Vorstellung, was es für ein Instrument sein sollte.
Eine aus den 80ern ist durchgefallen, weil mir der Klang und die Klaviatur absolut nicht gefallen haben.
Eine aus den 90ern hatte im Bass so einen komischen Druckpunkt, das ging gar nicht. Ich weiss nicht, was Hohner da gebaut hat.
Weitere 2 haben mir vor allem wegen der Höhe des Preises und des Klaviatur nicht gefallen.
Das nächste Instrument wurde mir erst mal vorgespielt. Da wusste ich schon, das ist meine. Der Klang dieser Kiste war einfach genau das, was ich haben wollte
Selbst drauf spielen, war dann nur noch die Bestätigung: die will ich haben.
Die Optische Begutachtung war dann aber eine ziemliche Enttäuschung. Mit dem Instrument wurde sehr unpfleglich umgegangen. Einige Reparaturen, der Blick ins Innere offenbarte eine Generalüberholung und eine Tieferstimmung wurde aber alles gut gemacht.
Das hat mir alles nicht gefallen, aber der Klang ist ein Traum und wie sich das Instrument spielt auch. insgesamt hat es so rund 3 Stunden gedauert bis ich mich entschlossen habe das Instrument zu erwerben, mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wohl wissend, dass solche Instrumente nur selten auf den Markt kommen.
Bei einer Morino dauert das so maximal eine Stunde.
Bei der Gola hat dann sicherlich die emotionale Komponente den Ausschlag gegeben, bei den Morinos ist es eher die technische.
Auf jeden Fall ist für mich ein neues (altes) Akki zu besichtigen und evtl. zu kaufen immer ein extrem schönes Erlebnis.
Viele Grüße
Morigol