
Grog
Registrierter Benutzer
Warum diesen Bass?
Für meinen Wiedereinstieg nach vielen Jahren Bass-Pause sollte es ein Instrument sein, das a) gut genug ist, dass es einem nicht automatisch den Spaß am Spielen verdirbt und b) günstig genug, dass ich nicht zu viel Geld zum Fenster raus werfe, falls es wieder Erwarten doch keinen Spaß mehr machen sollte und c) eine gefällig Optik mitbringen.
Quer durchs Internet werden für solche Anforderungen immer wieder drei Namen genannt: Ibanez, Yamaha und Squier. Bei Squier wieder wird auffallend oft der 70s VM Jazz empfohlen, der für mein Auge die beste Optik mitbringt und außerdem einen Body aus knackigerem Tonholz, nämlich Ahorn. Obwohl die beiden Asiaten durch ihr geringes Gewicht und modernere Shapings angenehmer zu tragen sind, hat der 70s VM den Vergleich für sich entschieden. Er bringt für mich den angehnehmsten Hals, den holzigsten Ton und ein über Jahrzehnte bewährtes Gesamtkonzept. We have a winner!
Erste Eindrücke
Wuchtbrumme mit über 4,5 kg. Schicke Optik, Glück gehabt beim Korpusholz. Leichter Schnarr-Alarm bei den höhren Bünden. Die Werkssaiten sind grausam. Die Saitenlage würde die Golden Gate Bridge neidisch machen; generell sind alle Einstellungen rund um Hals, Saiten, Brücke und Pickups völlig daneben. Aber das ist OK, weil man bei unter 270,- Euro Neupreis nicht das feine Werks-Setup eines zehn mal so teuren Instrumentes erwarten kann und man solche Einstellungen auch prima selber machen kann.
"Einfahrinspektion"
Nach ein paar Tagen Honeymoon waren neue Saiten in der Post und der Bass auf der Werkbank. Ich habe ihn bis auf Lötarbeiten und die Mechaniken komplett zerlegt und dabei unter allem, was irgendwie verschraubt war, Sägespäne gefunden und entfernt. Die sind kein echtes Problem, aber in der Halstasche und unter der Brücke ist es ohne Späne zumindest fürs gute Gewissen netter.
Probleme gab es eigentlich nur am Hals, wenn auch lösbare: Der Plastik-Sattel ist deutlich auf der "sicheren" Seite, sprich zu hoch ... lösbar. Die Bünde 17 und 18 sind unter A, D & G einen Tick zu niedrig, was selbst bei absurd hoch eingestellter Brücke zu häßlichem Schnarren bzw. komplett gedämpften Tönen führte ... auch lösbar. Spannstab und Mutter passen nicht so recht zusammen, der Hals bleibt auch mit "auf Block" angezogener Mutter krumm ... auch lösbar.
Ich habe den Plastiksattel durch einen Rohling aus ungebleichtem Knochen ersetzt, da der weiche Kunststoff des Originals mit einer Feile praktisch nicht zu bearbeiten ist. Die Bünde habe ignoriert, weil ich vorerst vor allem auf dem tiefen Ende des Halses übe - später dann. Und für die Trussrod-Mutter gab es eine 3,5 mm Hülse (extra dicke Unterlegscheibe, wenn man so will), die genau das tut, was sie soll: die Mutter hat jetzt rund 5 Umdrehungen, bis sie greift und dann noch genug Raum, um den Hals so flach wie nötig einzustellen.
Nach dem Zusammenbau gab's endlich die neuen Saiten (Ernie Ball Super Slinkys), eine vernünftig einstellbare Halskrümmung, neu eingestellte Intonation (Korrekturen über einem Zentimeter(!!) nötig) sowie Saitenhöhe an der Brücke und in Folge tiefer eingeschraubte Pickups.
Und es hat sich gelohnt! Der Bass spielt sich viel angenehmer - ich spiele nicht die niedrigste Saitenlage der Welt, aber 8 mm am 12. Bund waren albern. Der Punkt ist aber: ich kann mir jetzt alles praxisrelevante einstellen, so wie der alte Leo Fender sich das mal gedacht hatte. Ich möchte dabei betonen, dass ich den Squier keineswegs schlecht reden will, sondern im Gegenteil jedem empfehlen kann, seinem "kleinen Fender" ein ordentliches Setup zu gönnen, bevor Geld in Pickups, Bridge usw. versenkt wird. Die Substanz und die Komponenten am VM 70s Jazz sind so gut, dass sich lohnt, ihm die selbe Behandlung wie dicken MiA Fenders zu gönnen!
Eine Empfehlung vielleicht noch: sämtliche Schrauben sind aus recht weichem Material. Wer also seinen inneren Gitarrenbauer raus lassen will, sollte sich gute Schraubendreher zulegen (Philips 1 und 2).
Saiten auf dem VM 70s Jazz im Schnelldurchlauf
- Werkssaiten, angeblich Fender Super 7250 ML (.045 .065. 080 .100). Kann ich nichts freundliches drüber sagen.
- Ernie Ball Super Slinkys (.045 .065. 080 .100), Hex-Core, Roundwound, vernickelt. ROOOOAAAR! Rockig, röhrig, in-your-Face. Würde ich wieder kaufen!
- Ernie Ball Group III Flats (.045 .065. 080 .100), Hex-Core, Flatwound, Chromlegierung. Punchy, straff, ohne dumpf zu klingen. Würde ich auch wieder kaufen!
- D'Addario EXL 170 (.045 .065. 080 .100), Hex-Core, Roundwound, vernickelt. Brauchen Einspielzeit, dann ein bißchen wie ein VW Golf: kann fast alles, ist aber langweilig. Muss ich nicht mehr haben.
- Thomastik-Infeld JF 344 Jazz Flats (.043 .056. 070 .100), Round-Core, Flatwound. Sensationell! Wie Wiener Kaffee: sagenhaft gut, sollte man immer im Haus haben!
- Thomastik-Infeld Powerbass (.047 .068. 080 .107), Hex-Core, Roundwound. Sehr mächtig, weniger Knurr als erwartet ... hebe ich für einen kommenden Preci auf.
- Thomastik-Infeld JR 344 Jazz Rounds (.043 .051. 068 .089), Round-Core, Roundwound. Leichtfüßig, drahtig, knackig, präziser Bass ... ich denke, mein Jazz hat seine Stimme gefunden!
1 Jahr später: große Inspektion
Wie man oben vielleicht sehen kann, wurden die Saiten immer dicker und für meinen jüngsten Satz, die TI Jazz Rounds, war deshalb ein neuer/eigener Sattel fällig. Bei der Gelegenheit wollte ich den ganzen Bass mal durchchecken und mich außerdem um die Bünde am hohen Ende kümmern. Am Bass selbst war alles, wie es sein sollte - nichts locker oder verschlissen, Potis OK, Klinkenbuchse OK, alles prima.
Der neue Sattel war flott gebaut, wieder aus Knochen, aber mit etwas weiteren Abständen als mein Erstling und mit etwas flacherer Kontur (so feilen sich die Aussparungen für die Saiten leichter).
Für die Abrichterei habe ich den Bass gerade eingestellt, unterlegt und fixiert. Als Werkzeug nahm ich einen robusten Alu-Vierkant, umwickelt mit Schleifpapier in 320er, 600er und 1200er Korn. Auch diese Operation ging glatt, und zum krönenden Abschluß gab es noch eine (die erste) Politur für alle Bünde.
Vorläufiges Fazit
Der Squier VM 70s Jazz Bass ist fantastisch! Er ist in der Tat so gut, dass man ihm diese ganzen Feinarbeiten, die bei zehnmal so teuren Instrumenten Standard sind (und sicher einen großen Anteil an deren Qualitäten haben), gönnen kann und sollte. Und selbst, wenn man sich es handwerklich nicht zutraut, kann man ohne schlechtes Gewissen den Kaufpreis nochmal bei einem Gitarrenbauer investieren. Am Ende hat man einen klassischen Bass mit toller Bespielbarkeit, eigenem (und dabei Jazz-typisch variablem) Sound und klasse Optik.
Cheers, Grog
Für meinen Wiedereinstieg nach vielen Jahren Bass-Pause sollte es ein Instrument sein, das a) gut genug ist, dass es einem nicht automatisch den Spaß am Spielen verdirbt und b) günstig genug, dass ich nicht zu viel Geld zum Fenster raus werfe, falls es wieder Erwarten doch keinen Spaß mehr machen sollte und c) eine gefällig Optik mitbringen.
Quer durchs Internet werden für solche Anforderungen immer wieder drei Namen genannt: Ibanez, Yamaha und Squier. Bei Squier wieder wird auffallend oft der 70s VM Jazz empfohlen, der für mein Auge die beste Optik mitbringt und außerdem einen Body aus knackigerem Tonholz, nämlich Ahorn. Obwohl die beiden Asiaten durch ihr geringes Gewicht und modernere Shapings angenehmer zu tragen sind, hat der 70s VM den Vergleich für sich entschieden. Er bringt für mich den angehnehmsten Hals, den holzigsten Ton und ein über Jahrzehnte bewährtes Gesamtkonzept. We have a winner!
Erste Eindrücke
Wuchtbrumme mit über 4,5 kg. Schicke Optik, Glück gehabt beim Korpusholz. Leichter Schnarr-Alarm bei den höhren Bünden. Die Werkssaiten sind grausam. Die Saitenlage würde die Golden Gate Bridge neidisch machen; generell sind alle Einstellungen rund um Hals, Saiten, Brücke und Pickups völlig daneben. Aber das ist OK, weil man bei unter 270,- Euro Neupreis nicht das feine Werks-Setup eines zehn mal so teuren Instrumentes erwarten kann und man solche Einstellungen auch prima selber machen kann.
"Einfahrinspektion"
Nach ein paar Tagen Honeymoon waren neue Saiten in der Post und der Bass auf der Werkbank. Ich habe ihn bis auf Lötarbeiten und die Mechaniken komplett zerlegt und dabei unter allem, was irgendwie verschraubt war, Sägespäne gefunden und entfernt. Die sind kein echtes Problem, aber in der Halstasche und unter der Brücke ist es ohne Späne zumindest fürs gute Gewissen netter.
Probleme gab es eigentlich nur am Hals, wenn auch lösbare: Der Plastik-Sattel ist deutlich auf der "sicheren" Seite, sprich zu hoch ... lösbar. Die Bünde 17 und 18 sind unter A, D & G einen Tick zu niedrig, was selbst bei absurd hoch eingestellter Brücke zu häßlichem Schnarren bzw. komplett gedämpften Tönen führte ... auch lösbar. Spannstab und Mutter passen nicht so recht zusammen, der Hals bleibt auch mit "auf Block" angezogener Mutter krumm ... auch lösbar.
Ich habe den Plastiksattel durch einen Rohling aus ungebleichtem Knochen ersetzt, da der weiche Kunststoff des Originals mit einer Feile praktisch nicht zu bearbeiten ist. Die Bünde habe ignoriert, weil ich vorerst vor allem auf dem tiefen Ende des Halses übe - später dann. Und für die Trussrod-Mutter gab es eine 3,5 mm Hülse (extra dicke Unterlegscheibe, wenn man so will), die genau das tut, was sie soll: die Mutter hat jetzt rund 5 Umdrehungen, bis sie greift und dann noch genug Raum, um den Hals so flach wie nötig einzustellen.
Nach dem Zusammenbau gab's endlich die neuen Saiten (Ernie Ball Super Slinkys), eine vernünftig einstellbare Halskrümmung, neu eingestellte Intonation (Korrekturen über einem Zentimeter(!!) nötig) sowie Saitenhöhe an der Brücke und in Folge tiefer eingeschraubte Pickups.
Und es hat sich gelohnt! Der Bass spielt sich viel angenehmer - ich spiele nicht die niedrigste Saitenlage der Welt, aber 8 mm am 12. Bund waren albern. Der Punkt ist aber: ich kann mir jetzt alles praxisrelevante einstellen, so wie der alte Leo Fender sich das mal gedacht hatte. Ich möchte dabei betonen, dass ich den Squier keineswegs schlecht reden will, sondern im Gegenteil jedem empfehlen kann, seinem "kleinen Fender" ein ordentliches Setup zu gönnen, bevor Geld in Pickups, Bridge usw. versenkt wird. Die Substanz und die Komponenten am VM 70s Jazz sind so gut, dass sich lohnt, ihm die selbe Behandlung wie dicken MiA Fenders zu gönnen!
Eine Empfehlung vielleicht noch: sämtliche Schrauben sind aus recht weichem Material. Wer also seinen inneren Gitarrenbauer raus lassen will, sollte sich gute Schraubendreher zulegen (Philips 1 und 2).
Saiten auf dem VM 70s Jazz im Schnelldurchlauf
- Werkssaiten, angeblich Fender Super 7250 ML (.045 .065. 080 .100). Kann ich nichts freundliches drüber sagen.
- Ernie Ball Super Slinkys (.045 .065. 080 .100), Hex-Core, Roundwound, vernickelt. ROOOOAAAR! Rockig, röhrig, in-your-Face. Würde ich wieder kaufen!
- Ernie Ball Group III Flats (.045 .065. 080 .100), Hex-Core, Flatwound, Chromlegierung. Punchy, straff, ohne dumpf zu klingen. Würde ich auch wieder kaufen!
- D'Addario EXL 170 (.045 .065. 080 .100), Hex-Core, Roundwound, vernickelt. Brauchen Einspielzeit, dann ein bißchen wie ein VW Golf: kann fast alles, ist aber langweilig. Muss ich nicht mehr haben.
- Thomastik-Infeld JF 344 Jazz Flats (.043 .056. 070 .100), Round-Core, Flatwound. Sensationell! Wie Wiener Kaffee: sagenhaft gut, sollte man immer im Haus haben!
- Thomastik-Infeld Powerbass (.047 .068. 080 .107), Hex-Core, Roundwound. Sehr mächtig, weniger Knurr als erwartet ... hebe ich für einen kommenden Preci auf.
- Thomastik-Infeld JR 344 Jazz Rounds (.043 .051. 068 .089), Round-Core, Roundwound. Leichtfüßig, drahtig, knackig, präziser Bass ... ich denke, mein Jazz hat seine Stimme gefunden!
1 Jahr später: große Inspektion
Wie man oben vielleicht sehen kann, wurden die Saiten immer dicker und für meinen jüngsten Satz, die TI Jazz Rounds, war deshalb ein neuer/eigener Sattel fällig. Bei der Gelegenheit wollte ich den ganzen Bass mal durchchecken und mich außerdem um die Bünde am hohen Ende kümmern. Am Bass selbst war alles, wie es sein sollte - nichts locker oder verschlissen, Potis OK, Klinkenbuchse OK, alles prima.
Der neue Sattel war flott gebaut, wieder aus Knochen, aber mit etwas weiteren Abständen als mein Erstling und mit etwas flacherer Kontur (so feilen sich die Aussparungen für die Saiten leichter).
Für die Abrichterei habe ich den Bass gerade eingestellt, unterlegt und fixiert. Als Werkzeug nahm ich einen robusten Alu-Vierkant, umwickelt mit Schleifpapier in 320er, 600er und 1200er Korn. Auch diese Operation ging glatt, und zum krönenden Abschluß gab es noch eine (die erste) Politur für alle Bünde.
Vorläufiges Fazit
Der Squier VM 70s Jazz Bass ist fantastisch! Er ist in der Tat so gut, dass man ihm diese ganzen Feinarbeiten, die bei zehnmal so teuren Instrumenten Standard sind (und sicher einen großen Anteil an deren Qualitäten haben), gönnen kann und sollte. Und selbst, wenn man sich es handwerklich nicht zutraut, kann man ohne schlechtes Gewissen den Kaufpreis nochmal bei einem Gitarrenbauer investieren. Am Ende hat man einen klassischen Bass mit toller Bespielbarkeit, eigenem (und dabei Jazz-typisch variablem) Sound und klasse Optik.
Cheers, Grog
- Eigenschaft