Friede mit den Trümmern

x-Riff
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Noch frisch und will doch schon an die Luft:

Friede den Trümmern

Ich hab Frieden gemacht mit den Trümmern
meine Matte in den Wind gehängt
zwischen Ruinen.
Aus kahlen Schächten
zieht der kalte Rauch irgendwohin.

Ein bißchen Blau leuchtet zwischen den Wolken
ab und zu, doch ich schau nicht mehr hin.
Und ich lebe
von dem, was ich sammle.
Und es geht auch von Tag zu Tag.

Ich schreib mir Postkarten
von wohin ich nicht reise.
Und ich schreib mir
ich komm nicht wieder zurück.
Sonst ist nicht viel mehr zu lesen
nur irgendwas mit viel Glück.

Meine Wäsche hängt zwischen Fassaden
Daneben Bilder randvoll mit Strand
und Schaumkronenmeer.
Ein Kanister, halbvoll
zieht mich irgendwann irgendwohin.

Wenn ich dann weggeh
komm ich mir näher.
Und ich weiß nicht
wie´s mir dann geht.
Vielleicht wird’s mir gar nicht gefallen
und vielleicht ist es dann zu spät.

Ich sehe meine Ruinen im Spiegel
ab und zu, doch ich schau nicht mehr hin.
Weit vor mir sind Berge
davor eine Straße
die zieht sich noch ziemlich lang hin.

Wie immer interessiert mich Euer Feedback, Eure Gedanken und was Euch sonst noch in den Sinn kommt.

x-Riff
 
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Das "irgendwo hin" in der ersten Strophe räumt mir zu, dass es sich dort unwohl fühlt. Es findet sich dort zu sperrig.
Nun frage ich mich halt, ob da was geht oder ob es gebraucht wird, weil später noch eins kommt...
 
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Wer verstehen könnte, was Worte so sagen ...

Eine schöne, konkrete Beobachtung, eine klare Empfindung: das finde ich immer schon als solches toll, denn es sagt, dass da was spricht, was rübergekommen ist.
Jetzt, wo Du es sagst ... ja, lasse ich auf mich wirken.

Wobei ich weniger die mehrfache Verwendung von Worten oder Zeilen hier problematisch finde. Es drückt Verschiebungen aus und einen mählichen Prozess. Drückt aus, dass Dinge neu geordnet werden können oder mehrfach auftauchen. Durchaus auch Zusammengehörigkeit, denn formal sind Zeilenlängen, Strophe und Refrain doch eher locker arrangiert und Reime als Ordnungsprinzipien fehlen vollkommen.

Aber die Zeilen sind ja noch ganz frisch und da kann sich noch einiges bewegen.
Auch diese Stelle. Es könnte ja auch statt dem irgendwohin, was gewollt eine Vagheit ausdrückt, ein Übergang zur nächsten Strophe geschaffen werden, die quasi mit dem Himmel eröffnet. Sowas wie:
Aus kahlen Schächten
zieht der kalte Rauch himmelwärts.

Oder:
Aus kahlen Schächten
zieht´s den Rauch zum Himmel hin.

Wäre schon auch wieder positiver, von der Bewegung her, was mir ganz gut gefiele.

x-Riff
 
Es war der Klang, die Häufung von Konsonanten, die mich irritiert hat.

Jetzt irritiert mich, dass die Maschine selbständig "raunt" durch "räumt" ersetzt hat - und ich das nicht gemerkt habe...
 
Das "Räumen" habe ich im Geist schon korrigiert gehabt ...

Mit den Konsonanten: sowas überlasse ich dann eher der Gesangsfraktion. Das ist für mich weniger eine poetische Frage.
Inhaltlich fand ich das interessanter: das irgendwo konkreter zu fassen - dadurch ergeben sich dann neue, interessante Bezüge.

x-Riff
 
Ich glaube das drückt genau das aus, wie ich mein Empfinden zu dem Text wahrscheinlich in nur sehr umständlichen Erklärungen kommunizieren würde.
Hätte nicht gedacht, dass ein Wort das so gut widergeben kann: Verschiebungen.
Hoffe das hilft dir weiter für einen Text, der mich kognitiv eher irritiert und meine Hirnwindungen durch ein fremdes Raster presst.
 
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Mir gefällt dein Gedicht sehr gut.
Groß verändern würde ich - meiner (Laien-)Meinung nach - inhaltlich und formal nichts.

Zwei Punkte sind mir aufgefallen:

Und ich lebe
von dem, was ich sammle.

Wenn für das Gedichteschreiben das gleiche gilt wie für das Prosa-Schreiben, dann sollte man, überall da wo möglich,
das Erzählen und Beschreiben durch Handlung ersetzen.
Wäre es nicht besser, wenn deine Erzählerfigur berichten würde, was sie gesammelt hat? zB Lebensmittel


die zieht sich noch ziemlich lang hin.

Als Freund der Symmetrie habe ich in der letzten Strophe das dritte "irgendwohin" vermisst.
Eigentlich bietet "die Straße" ja eine gute Möglichkeit ein weiteres irgendwohin einzubauen.
Auf der anderen Seite ist natürlich die irgendwohinführende Straße auch ein ziemlich altbekanntes Bild.
Hast du vielleicht deswegen bewußt darauf verzichtet?
 
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@x-Riff , mich hat der Text beim Lesen sehr angesprochen. Gratuliere.

Wenn mich ein Text anspricht, habe ich keine Lust, drauf los zu korrigieren. Es könnte ja eine tragende Wand sein.

Hast du noch Hilfebedarf oder steht der Text erstmal so für dich?
 
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Ja - wie geht es jetzt weiter?

Der Text ist quasi in einem Rutsch entstanden. Und eigentlich hatte ich ein anderes Thema. Dachte ich zumindest. Mußte raus und etwas hat mich geschrieben. Gut so. Jetzt ist es so, dass das Ding steht.

Die Anmerkungen, Vorschläge und Fragen finde ich gut, im Moment lasse ich den Text aber ruhen. Wenn ich da noch mal rangehe, dann eher bei der musikalischen Umsetzung und dann zusammen mit Gesang.
Schon daran merke ich, dass es bei diesem Text anders ist als bei den meisten. Dort bleibe ich innerlich am Ball, beschäftige mich sehr mit dem Text und den Anmerkungen, probiere hin und her, schnappe mir die Gitarre oder habe eine Melodie oder einen Rhytmus im Kopf. Hier nicht.

Vielleicht bin ich ja schon auf der Straße, die sich ziemlich lang hinzieht und der Text liegt schon hinter mir.

x-Riff
 
Ich war gestern zu müde, meine Gedanken zum Inhalt zu schreiben. Gemessen an den meinen Plänen, Erwartungen oder Träumen sehe ich beim Blick über die Schulter viele unvollendete Projekte. Da ich meinen Kräftezenit vermutlich überschritten habe, stelle ich fest, dass ich wohl in allem zu komplexe Erwartung hegte. Und vermute, dass diesen Eindruck jeder haben dürfte. Man bedenkt zum Beispiel nicht die Auswirkungen auf die Familie, auf die wichtigsten Partner, wenn man richtig kräftig Gas gibt.....

Auch habe ich das Gefühl, ich hätte noch mehr reisen sollen. Viele Musikprojekte platzen quasi noch auf der Ziellinie. Lebenszeit, die wirklich verpufft erscheint. Praktischen Erfahrungen hätte ich sicher auch gesammelt, wäre ich früher ausgestiegen und statt dem durch den Teil der Welt gereist. der finanziell erreichbar schien.

Natürlich schließt man seinen Frieden mit sich, denn alles bedingt sich ja.

Das fel mir beim Lesen ein und verband mich fälschlicherweise oder berechtigt mit deinen Zeilen.

lg
 
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Das schwingt gut in mir.
Die Bilder des Textes können an die Nachkriegszeit in Deutschland (oder anderswo erinnern): Aufwachsen in Trümmern, sich Einrichten in Ruinen, Erinnerung und Sehnsucht an andere Zeiten, ein anderes Leben.
Ist bei mir gar nicht so. Also ich habe nicht das Gefühl, dass ich in Trümmern und Ruinen lebe. Habe aber doch gerade sehr viel hinter mir gelassen, mich räumlich verändert, anderen job etc. - ziemlich umfassend. Also Wandel, auch Aufbruch.

Die Ruinen und Trümmer könnten also auch die Dinge sein, die ich hinter mir gelassen habe. Die nicht vollendet sind - was ist schon vollendet, heutzutage? Viel aufgegeben - so kann man es auch sehen. Aber ohne Hadern oder Sentiment.
Wird es besser, wenn es anders wird?
Weiß man beim Aufbrechen nie.

Kann sein, es macht uns im Heutzutage und Hier aus, dass es so viele Optionen, Möglichkeiten, Lebensstränge und -entwicklungen gibt, so viele Arten und Weisen, wie wir auch sein könnten. So viele Wahlmöglichkeiten und Lebensentwürfe, dass zwangsläufig vieles ungelebt bleibt und einen als Ruine umgibt (oder als Ungeschlüpftes, das wäre die Alternative).

Befinde mich gerade in einem Zwischenstadium: schon woanders, dort angekommen, aber noch keine Normalität, kein Eingewöhntsein. Die Wahrnehmung, dass Eingewöhntsein und Normalität eine Qualität ist, die man dann vermißt, wenn sie nicht ausreichend da ist. Und die man dann wieder verläßt, wenn sie einen einengt. Und ja: dieses Frieden schließen. Andauernd schließt man Frieden. Vielleicht zu viel - beispielsweise mit den Umständen.

Halbvoller Kanister, quasi.

x-Riff
 
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Deine Worte zeichnen ein paar sehr nüchterne Bilder. Und dennoch wirkt es warm. Sehr eindrucksboll. Hohe Identifikationsdichte an Inhalt wie ich finde. Es bleibt klar und betrachtend, intim. Fast sehe ich ein Hopper Bilder vor mir. :)

Die ganze Zeit existieren. erleben vielleicht den Moment.
Was nicht erwacht vom Nächsten, nur sich selbst erkennt.
 
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