Halstrocknung - oder die Sache mit der fehlenden Geduld ...

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Manches muss man eben zweimal tun ...

Ich gehöre nicht gerade zu den Typen, die beim Bau einer Gitarre von tiefer buddhistischer Geduld geprägt sind. Abwarten, bis die Lackierung trocken ist, ist so ziemlich das Äußerste.

Bis heute.

Ab heute lasse ich die frischgekauften neuen Hälse (vor allem aus Bausätzen) erstmal ein paar Wochen liegen, bis die heimische Heizungswärme die Restfeuchte aus dem Holz herausgetrocknet hat - dann sind die Hälse nämlich gut einen halben Millimeter schmaler. Ist nicht viel, meint Ihr? OK, aber die Bünde machen den Schrumpfungsprozess nicht mit und stehen dann an beiden Seiten einen viertel Millimeter raus. Und das tut beim Spielen ganz schön weh ...

Also ein paar Wochen Geduld und dann erst die Bünde seitlich abrichten. Ober man macht das Abrichten zweimal.
 
Eigenschaft
 
Das ist aber nicht Sinn und Zweck eines solchen Kaufs...Selbst bei Bausätzen sollten die Hälse und die Bodies aus abgelagerten Hölzern hergestellt sein. Das "Nachtrocknen" kann nicht nur zum Überstand der Bünde führen, sondern auch zum Vertwisten (verdrehen) des Halses führen - bedeutet: Schrott! Eine Firma die so etwas verkauft, sollte gemieden werden! Denn es gibt die Möglichkeit auch günstige Holzteile dementsprechend zu bekommen.
 
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:D ...

ja sorry, aber ich kann Murle nur zustimmen...

Deine Geduld entlarvt nur offensichtlichen Schrott.


Ganz verloren sind sie aber nicht. Pack sie für 5-10 Jahre ins trockene Kämmerlein (möglichst ohne Heizung drin) - wenn sie dann nicht verzogen sind, kannst Du tolle Gitarren daraus bauen.


Das eigentliche Problem ist, dass man Dir billiges, ofengetrocknetes Holz verkauft hat. DESHALB kostet ein fertig gefräster Body bei Ebay auch nur 80€, während allein das lagergetrocknete Holz beim Holzhändler schon 95€ kosten würde. Qualität hat eben doch ihren Preis.
 
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Ganz verloren sind sie aber nicht. Pack sie für 5-10 Jahre ins trockene Kämmerlein (möglichst ohne Heizung drin) - wenn sie dann nicht verzogen sind, kannst Du tolle Gitarren daraus bauen.

Klingt ja fast so spannend wie Briefmarken sammeln... :D

Sorry für OT, aber Murle und Smartin haben absolut recht, das teuerste am Holz für Instrumentenbau ist nun mal die Lagerung, bzw. die Zeit bis das Holz die benötigte Restfeuchte hat.


Gruß
Sash
 
Kurz mal Offtopic, aber vielleicht interessant:

Klingt ja fast so spannend wie Briefmarken sammeln...

Ich hab vor ein paar Jahren noch ein Holzlager geführt - dafür habe ich das billigste Holz, von guter Basis gekauft und eben nochmal ein paar Jahre gelagert. Während meines Wirschaftsstudiums hab ich aber gelernt, dass man darüber nachdenken sollte ob sich das lohnt.... und was soll ich sagen.... nein, das tut es finanziell erst ab einer gewissen Größenordnung.

Ich lagerte im Schnitt 70 Bodyblanks, die ich für einen Durchschnittspreis von 30€ kaufte (günstiger Jungholz-Preis). Die Miete des Raums betrug 150€/mntl. D.h. jeder Body verursachte im Monat 2,15€ Kosten, also 25,80 € im Jahr.... Nach nur 4 Jahren kostete mich also einer dieser Body-Blanks 133,20€ - im Holzhandel nur 90€, aber 10 Jahre gelagert.

Als Faustformel kann man sich für ein 10-Jahres-Lager merken: Die Miete des Raumes sollte durch die Anzahl der Rohlinge geteilt, einen Wert <0,5 ergeben. Sonst zahlt man drauf... ich hätte also mind. 300 Bodies lagern müssen. Und DAS will man sicher nicht... 9000€ Einkaufswert im Schrank liegen zu haben. :D

PS: Wer jetzt denkt "liegt ja in ner Ecke, die ich eh nicht brauch" irrt im "Flächennutzungsplan" seiner Einrichtung leider auch. Denn die Nutzung dieser Fläche könnte auch Geld erzeugen, statt als Lagerfläche herzuhalten. In diesem Sinne kostet dieses Lager dann auch den nicht eingebrachten Gewinn. :D ;) ...nur mal am Rande...
 
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smartin: eine Frage zum OT von Dir :)

Warum macht es einen Unterschied ob Holz langsam im Holzlager getrocknet wird oder im Trockenofen? Wenn die Restfeuchte nach der Behandlung bei beiden Varianten gleich ist - was dann den klanglichen bzw. Qualitätsunterschied aus?
 
also ofengetrocknetes Holz reagiert empfindlicher auf Klimaschwankungen und mechanische Einflüsse. D.h. es neigt zu Verzug, Schrumpfung und Verformung. Klanglich hab ich ehrlich gesagt keine eigenen Vergleiche gemacht.

Das dumme ist, dass ofengetrocknetes Holz in der mikroskopischen Zellulosestruktur verändert ist und auch nicht mehr in den Zustand von lagergetrocknetem Holz gelangen kann.
 
Wobei ich mich frage ob nicht auch lagergetrocknetes Holz noch "nachschrumpfen" kann? - ist ja immerhin ein Unterschied zwischen 60% Luftfeuchtigkeit und 20% Luftfeuchtigkeit (und die sind in zentralgeheizten Räumen durchaus erreichbar).

smartin hat ja schon angedeutet dass der Effekt bei ofengetrocknetem Holz wohl stärker ist - aber ist er bei lagergetrocknetem Holz immer vernachlässigbar?

Nicht umsonst gibt es (wohl im wesentlichen für teure akustische Gitarren) Hygrometer (für den Einbau in den Koffer) und Luftbefeuchter (soviel ich weiss kommen die in den Body der Gitarre)
 
Trockenlager sind ja nicht unbedingt beheizt. Natürlich kann dieses Holz auch noch nachschrumpfen, deshalb kann man ja auch 20 oder 50 oder gar 100 Jahre gelagertes Holz kaufen. Je länger, desto besser, aber auch teurer. Auch ists bei E-Gitarren irgendwann auch nicht mehr so wirklich von Relevanz.

Holzfeuchte ist auch nicht mit Luftfeuchte vergleichbar - ein Stück Holz trocknet auch bei 60% Luftfeuchte auf 20% Holzfeuchte herunter....dauert nur länger als bei 40% Luftfeuchte. Bei der Holztrocknung geht es um das Zusammenschrumpfen der Zellulosestruktur. Im Ofen geht der Prozess jedoch so schnell, dass die Zellulosestruktur nicht nur schrumpft, sondern auch platzt, reißt und "verschrumpelt". Anders ist das ja bei dem modernen "Thermo Treatment". Dabei bedampft man das Holz mit Wasser, erhitzt es aber >300°C. So kann das Holz nicht verbrennen und die Zellen bekommen eben die "Bodylotion", während sie aber zur Komprimierung gezwungen werden. Durch den Wasserdampf bleibt die Zellwand durchlässig und lässt das Wasser aus ihrem inneren nach Außen, ohne zu platzen. Beim Ofen trocknet erst die Zellwand und muss dann reißen um das Wasser aus dem Inneren nach Außen zu lassen. Aber das ist alles wieder eine halbe Wissenschaft für sich - ich habe da auch nur Grundkenntnisse.

Die Hygrometer für akustische Gitarren sind nur um das Klima auch bei trockener Luft konstant zu halten, nicht um das Holz tatsächlich zu "befeuchten".
 
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Natürlich kann ich von einem 200 Euro Hals erwarten, dass er nicht mehr schrumpft, aber mein Tip galt ja den Bastlern unter uns, die sich mit preiswerten Bausätzen beschäftigen. Und da können zwei bis vier Wochen Warten schon eine Menge Arbeit (und letztlich Geld) ersparen. Verdrehungen sind mir zum Glück noch nie vorgekommen.
 
Interessant wäre wie stark man den Trocknungsvorgang chemisch beschleunigen kann ohne unerwünschte Effekte auf die Cellulosestruktur :gruebel:

Ich meine einfach einen Exsiccator in Größe von ein paar bodyblanks oder neckblanks beschaffen und die dort zusammen mit ein paar kg Calciumchlorid/Diphosphorpentoxid reinpacken...
 
Es gibt zu denken, das verschiedene (die meisten) Gitarrenhersteller (die guten!) und Tonholzhändler ein Holzlager haben, groß wie ein Tennis-oder Sportplatz. Siehe Warwick, oder PRS. Da liegt eine Menge Wert rum, und kostet , z.B Zinsen. Wenn es dennoch getan wird, sollte klar sein warum!
 
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na bei großen Mengen lohnt das ja auch extrem. Man kann Holz zu 20% des späteren Wertes einkaufen und spart trotz Logistik und Steuern am Ende noch bis zu 50%. Das macht sich bei Großherstellern natürlich finanziell bemerkbar.

PS: Leute... es gibt Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Holztrocknung auseinandergesetzt haben. Das Ding ist ziemlich durch und man kann da nicht viel mehr machen als das, was man bereits tut ;)
 
Nach verschiedenen Aussagen einiger Tonholzhändler ist aber genau dadurch einer der US Gitarrenhersteller in finanzielle Schiefllage geraten, der wohl das größte Edelholzlager hat, und dessen Gitarrendecken immer wieder dafür sorgen, das ich bei der Betrachtung auf der Messe eine feuchte Hose bekomme! (Sorry!)
 
:rofl:

Ja kann ich mir gut vorstellen...

Aber wie Du ja schon an den Zahlen meines Mini-Lagers sehen kannst, ist es eben gefährlich mit den Kosten. Man kann zwar durch die Lagerung eine Wertsteigerung erreichen, aber es passiert auch schnell, dass die Kosten höher als die Wertsteigerung sind.
 
Tja ist halt ein wenig anders wie bei der Automobilproduktion wo man die benötigten Teile "Just In Time" ans Fließband liefern kann, genau aus diesem Grund, nämlich wegen der hohen Kosten der Lagerhaltung hat man es abgeschafft.

Gruß
Sash
 
Ja, der liebe Paul ist scheinbar genau so ein Holzfetischist wie ich....?
 
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Stimmt es eigentlich, dass das Holz für die ersten Strats aus den 50s wirklich aus den 1920er Jahren stammte?
Kann ich mir bei Leo gar nicht vorstellen.
 
kann ich mir auch nicht vorstellen :D - immerhin basierte das Schraubhals-Prinzip und die schmale Kopfplatte ja auf der Idee, dass man die Dinger einfach tauscht, wenn irgendwas nicht mehr so ist, wie es sein soll.

Andererseits war zu der Zeit für Instrumente 50-100 Jahre altes Holz Standard... in diesem Fall hat er ja immernoch billig eingekauft.
 

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