Harmoniegesang und mehrstimmiger Gesang out – warum?

  • Ersteller klaus111
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Es fehlt wahrscheinlich nicht an handwerklichen Talenten. Ich frage mich, ob es eher an den entsprechenden Visionen fehlt oder an einem fruchtbaren Boden, auf dem sie sich entfalten könnten. Wahrscheinlich bedingt es sich gegenseitig.
Ähnliche Phänomene haben wir ja schon häufiger erlebt. --- und plötzlich brach sich eine neue Musikrichtung die Bahn
Visionen gibt es mehr als genug. Es gibt viel bahnbrechende Musik heutzutage die ganze neue Klangräume erforscht. Gerade was alles so in den Bereich Mashup fällt ist in Teilen der Wahnsinn.


Aber diese Visionen sind halt die nicht gleichen wie sie die Leute in den 60ern/70ern hatten. Mir persönlich schlafen bei den Mamas und Papas die Füße ein, es ist einfach altbacken. (wobei ich andere Künstler aus der Zeit gerne höre) Das ist natürlich Geschmack, aber warum sollte heute ein Künstler sich darin ergehen etwas zu kopieren was es schon gegeben hat?
Ich sehe auch die damaligen Satzgesänge eher als Ballast den man noch mitgeschleppt hat. Barbershop, Kirchenchöre, Gospel usw. war alles schon vorher da und daraus entwickelte man dann das was dann Pop Musik wurde bis man sich dann schlussendlich davon frei geschwommen hatte. Es ist ja nicht so dass das irgendein Genie auf einen Schlag ausgedacht hat.
 
Hallo,
ich finde es ziemlich lächerlich, gegenläufige Stimmen als "Qualitätsmerkmal" zu verwenden.
Das wäre es, wenn jemand diese Meinung dogmatisch vertreten würde.
Für stilechte Popmusik versucht man diese doch gerade zu vermeiden! Popmusik im weiteren Sinne verwendet normalerweise "Close harmonies" (siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Close_harmony), da ist für Gegenläufigkeit kein Platz (und es besteht auch keine Veranlassung dafür).
Was ist stilechte Pop-Musik? Das gibt es für mich nicht. Ich möchte mich nicht auf engstirnige Abgrenzungsdiskussionen einlassen. Für mich ist Pop-Musik im weiteren Sinne einfach populäre Musik.
"Close harmonies" haben ihre Vor- und Nachteile. Sie können insbesondere gut passen, wenn der Gesang auf die Mittellage begrenzt sein soll, u. U. auch, wenn z.B. die Baßgitarre eingesetzt hat und eine charaktergebende Funktion inne hat.

Am o.g. Beispiel von den Mamas und Papas kann man am durchdachten Arrangement erkennen, daß die Wirkung der gegenläufigen Stimmen am stärksten ist, wenn durch das Fehlen jeglicher Begleitung, die Aufmerksamkeit voll auf den Satzgesang gerichtet ist (im Video bei 2:16). Das wohlüberlegte und abwechlungsreiche Arrangement macht einen großen Teil der Qualität des Songs aus.

Ein Konkretes gegenbeispiel, was für mich Harmonisch ist und sehr geil Klingt:
http://www.youtube.com/watch?v=wdD7jlRjvho

Sau geil der song !
Der Song ist akzeptabel und selbstverständlich klingt er harmonisch. Also kein Gegenbeispiel. Ein zweistimmiger, exakter Gesang und unverwechselbar. Schön, daß so eine gesangsbetonte Gruppe Erfolge feiern kann. Natürlich bietet ein vierstimmiger Satzgesang mehr Möglichkeiten, doch auch mit zwei Stimmen läßt sich einiges bewerkstelligen. Eine Bereicherung des zeitgenössischen populären Spektrums.

Persönlich finde ich einen insgesamt abwechlungsreicheren Stil interessanter.

Gruß
Klaus
 
Hi klaus111,

Mein Beispiel von den Mamas und Papas zeigt, daß ein Satzgesang mit gegenläufigen Stimmen eben nicht an Kirchen, Bachkantante etc. erinnern muß oder bist du da anderer Meinung?
Nein natürlich nicht. Aber es klingt eben nach den Mamas und Papas. Und keinesfalls will ich den Stuecken ihre Qualitaeten absprechen. Es spricht mich nur nicht wirklich an und ich wuerde die Qualitaet auch nicht ueberbewerten oder hoch ueber andere Spielarten der Musik stellen. Ohne Frage war das eine bekannte Gruppe, die auch heute noch Bewunderung findet und Menschen inspirieren kann. Aber das trifft auch auf viele andere Gruppen zu und alle haben ihre zum Teil gluehenden Verehrer, die auf deren Sound stehen. Klar muss Musik eine gewissen "Qualitaet" haben um Leute ansprechen zu koennen. Aber dann wird es sehr subjektiv.

http://www.youtube.com/watch?v=sBxCl2TJNnQ

Das Lied hier koennte Dir evtl. gefallen, zumindest die Stelle ab 0:17.
Ist aber auch wieder viel Rhytmik dabei, da die Begleitstimmen auf Gitarren beruhen und neu ist da auch nix dran.
 
Visionen gibt es mehr als genug. Es gibt viel bahnbrechende Musik heutzutage die ganze neue Klangräume erforscht. Gerade was alles so in den Bereich Mashup fällt ist in Teilen der Wahnsinn.

Klar gibt es Visionen genug, doch ich meinte Visionen, die eine nachhaltige Wirkung auf die populäre Musik haben. Es wurden schon öfter ganz neue Klangräume erforscht, die aufgrund neuer Techniken ermöglicht wurden. Z.B. als die elektronische Klangerzeugung erfunden (Trautonium) oder im Studio systematisch erforscht wurde (Köln, mit Eimert und Stockhausen). Nächstes Beispiel: die Speicherung von Schallereignissen (Platte, Tonband, erstes Sampling) und die Gestaltung von Kompositionen daraus (z.B. die Musique Concrète von Pierre Schaeffer in Frankreich nach dem 2. Weltkrieg).

Die "organisiserten Schallereignisse" (Musik möchte ich es weniger nennen) dieser Komponisten wurden nie populär. Sie hatten eher einen indirekten Einfluss auf die populäre Musik, als Inspirationsquelle. Stockhausen schaffte es sogar, mit einem Foto auf das Plattencover von Sgt. Pepper zu kommen. Viele populäre Gruppen bauten Geräuschkollagen in ihre Musik ein. Die elektronische Klangerzeugung setzte zu einem Siegeszug in die populäre Musik an, jedoch in völlig anderer Weise als z.B. als bei Eimert und Stockhausen.

Stockhausen war ausgebildeter Komponist, Mashup wird wohl vielfach von Nicht-Musikern betrieben, die sich möglicherweise hoffen, daß durch die Verwendung von Kreationen anderer (Schnipsel oder ganze Soundtracks) etwas Glanz auch auf sie fällt. Ich bezweifle, daß derartige Produkte eine nachhaltige Wirkung erzielen können. Im Endeffekt zählt i.d.R. die Gestaltungskraft einzelner Menschen. Es handelt sich eher um ein Experimentieren mit den neuen Möglichkeiten, wie wir es früher schon hatten. Man ist (noch?) nicht Herr des Materials und vergißt manches Mal die Gesetze der Wahrnehmungspsychologie.
Aber diese Visionen sind halt die nicht gleichen wie sie die Leute in den 60ern/70ern hatten. Mir persönlich schlafen bei den Mamas und Papas die Füße ein, es ist einfach altbacken. (wobei ich andere Künstler aus der Zeit gerne höre) Das ist natürlich Geschmack, aber warum sollte heute ein Künstler sich darin ergehen etwas zu kopieren was es schon gegeben hat?
Selbstverständlich werden sich die Visionen ändern und ein heutiger Künster würde die Bezeichnung nicht verdienen, wenn der sich darin ergehen würde, etwas zu kopieren, was es schon gegeben hat.
Das bedeutenste Kunstwerk wird langweilig, wenn man es nur oft genug hört. Das gilt noch viel mehr für die kurzen Kompositionen der populären Musik.
Ich sehe auch die damaligen Satzgesänge eher als Ballast den man noch mitgeschleppt hat. Barbershop, Kirchenchöre, Gospel usw. war alles schon vorher da und daraus entwickelte man dann das was dann Pop Musik wurde bis man sich dann schlussendlich davon frei geschwommen hatte. Es ist ja nicht so dass das irgendein Genie auf einen Schlag ausgedacht hat.
Es hat sich gezeigt, daß die direkte Klangerzeugung durch die menschliche Stimme nach wie vor eine große Wirkung haben kann und in der Musik nicht wegzudenken ist, trotz aller elektronischen Gestaltungs- und Verfremdungsmöglichkeiten. Die Stimme liegt uns als Menschen eben sehr nahe.
Wenn dann mit der Stimme Musik erzeugt wird (Gesang) und dann auch noch mehrstimmig, also komplexer organisiert, so wir man immer auch auf die Möglichkeiten eines Satzgesangs, zurückkommen, hoffentlich in neuer Weise. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind noch lange nicht erschöpft und die Liebe zur Harmonie und zu einem tonalen Bezugspunkt wird nicht ausgerottet werden. Nicht durch 12-Ton-Musik und nicht durch noch so raffinierte Geräuschkollagen. Im Endeffekt werden neue Techniken eher dazu dienen, dem harmonischen Gesang in ungekannter Weise neue Geltung zu verschaffen, ob mit geschliffen oder gestaltungsreichen ungeschliffen Stimmen.

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Stockhausen war ausgebildeter Komponist, Mashup wird wohl vielfach von Nicht-Musikern betrieben, die sich möglicherweise hoffen, daß durch die Verwendung von Kreationen anderer (Schnipsel oder ganze Soundtracks) etwas Glanz auch auf sie fällt. Ich bezweifle, daß derartige Produkte eine nachhaltige Wirkung erzielen können.
Sie haben schon nachhaltige Wirkung erzeugt. Das erfolgreichste (in downloadzahlen, wurde nie verkauft) Album des Jahres 2004 - von fast allen Musikmagazinen auch als das wichtigste tituliert (Man hat ja kaum eine andere Möglichkeit als die Kritiker als Maßstab zu nehmen wenn man von persönlichen Geschmack weg will) war ein Mashup aus Beatles und Jay-Z Songs. Ganze Musikrichtungen vorher von Drum n Base über HipHop bis Breakcore basieren zum Großteil auf Sampling (das Amen Break), schafften aber was neues.
Und das Vorurteil dass das wohl alles Nicht-Musiker wären - Hör man hier rein, das ist so der bekannteste aktuelle Mashup-Künstler, absolut virtuos umgesetzt. Der Typ ist studierter Jazzer, und das hört man auch.


Aber das geht ja schon etwas offtopic, worum es mehr geht dass gerade andere Grenzen verschoben werden und andere Gebiete erforscht werden, und das auch durchaus außerhalb von stockhausischen Elfenbeintürmen. Satzgesang wird sicher noch von vielen Leuten eingesetzt, aber es nichts was neu oder aufregend wäre. Es ist damit halt zu einem ganz normalen Stilmittel geworden welches man einsetzen kann oder auch nicht.
Wenn du jetzt eine Band gründen würdest die absolut diese Schiene fährt dann wird das wohl niemand ablehnen oder sie deswegen nicht hören, aber es wird auch keiner mehr allein aufgrund der Tatsache dass du Satzgesätze schreibst aufflippen.
 
Hi Tinitus,
Ohne Frage war das eine bekannte Gruppe, die auch heute noch Bewunderung findet und Menschen inspirieren kann. Aber das trifft auch auf viele andere Gruppen zu und alle haben ihre zum Teil gluehenden Verehrer, die auf deren Sound stehen. Klar muss Musik eine gewissen "Qualitaet" haben um Leute ansprechen zu koennen. Aber dann wird es sehr subjektiv.
Sicherlich gibt es noch viele andere Gruppen aus vergangenen Zeiten, die immer auf*s Neue Bewunderer finden und als Inspirationsquelle dienen können. Und natürlich spielen subjektive Faktoren und Modeerscheinungen eine Rolle.

Doch besonders interessant finde ich es, den Kern der Musik zu identifizieren, der die bleibenden Werte enthält, vielleicht sind es die archetypischen Strukturen der Musik.
http://www.youtube.com/watch?v=sBxCl2TJNnQ

Das Lied hier koennte Dir evtl. gefallen, zumindest die Stelle ab 0:17.
Ist aber auch wieder viel Rhytmik dabei, da die Begleitstimmen auf Gitarren beruhen und neu ist da auch nix dran.

Richtig, etwas länger ausgehaltene Harmonien finde ich interessant. Noch mehr, wenn das Spannungsfeld zwischen vielstimmigen Dissonanzen und Konsonanzen ausgelotet wird. Ich weiß gar nicht, ob das, was ich mir vorstelle, in der Musik schon realisiert wurde. Bisher kann ich es nur erahnen, aus den unterschiedlichsten Vokal- und Instrumentalstücken.

Danke für das Zitat von "van Canto"! Zwar werden hier mit stimmlichen Mitteln Gitarren imitiert und die Musik ist sehr rhythmusbetont - Imitation ist immer die zweitbeste Methode.
Doch was die Jungs alles aus ihren Stimmen herausholen, auch mit technischen Mitteln, ist absolut lobenswert. Wer hätte vor Jahren gedacht, daß auf diese Weise der Satzgesang in der Metal-Szene Einzug hält?

Fast scheint es so, daß in Deutschland ein Weg beginnt, der in der populären Musik den Sprechgesang auf die hinteren Plätze verweist und dem mehrstimmigen Gesang neue Möglichkeiten aufzeigt. Es ist ja nicht das erste Beispiel und auch die die Fans in Übersee scheinen zu wachsen.

Viele Grüße
Klaus
 
um beispiele jüngerer popmusik zu nennen, die auch durch ihre verwendung von mehrstimmigkeit erfolg verbuchten:
no angels, wie auch viele andere girl-bands, z.b. pussycat dolls, take that
one republic - die refrains vieler titel erklingen mehrstimmig.
seeed - rapmusik gepaart mit bläsersätzen und mehrstimmigen gesang. peter fox hat ganz überraschenderweise auch mehrstimmig gesungen auf seinem solo album.
roger cicero sing auch mehrere stimmen für sein letztes album, zusätzlich zu den ohnehin recht komplexen bläseresätzen.
subway to sally singen schon immer mehrstimmig.
rainald grebe hat auch viele titel mit 2ter stimme
bei popstars ist jeder song mehrstimmig

so recht kann ich nicht sehen, dass mehrstimmigkeit out ist.
 
Die Gestaltungsmöglichkeiten sind noch lange nicht erschöpft und die Liebe zur Harmonie und zu einem tonalen Bezugspunkt wird nicht ausgerottet werden. Nicht durch 12-Ton-Musik und nicht durch noch so raffinierte Geräuschkollagen. Im Endeffekt werden neue Techniken eher dazu dienen, dem harmonischen Gesang in ungekannter Weise neue Geltung zu verschaffen, ob mit geschliffen oder gestaltungsreichen ungeschliffen Stimmen.

Fast scheint es so, daß in Deutschland ein Weg beginnt, der in der populären Musik den Sprechgesang auf die hinteren Plätze verweist und dem mehrstimmigen Gesang neue Möglichkeiten aufzeigt. Es ist ja nicht das erste Beispiel und auch die die Fans in Übersee scheinen zu wachsen.

Hi klaus111,
im Grunde gibt es ja viele Punkte, wo ich Dir zustimmen kann. Was mich aber stoert ist, dass ich das Gefuehl habe, dass du eine Unterteilung in gute und schlechte Musik vornehmen willst oder vielmehr fuer dich schon entschieden hast, was eine Daseinsberechtigung hat und als wertvoll gelten darf und dahingehend auch etwas missionarisch unterwegs bist. Sprechgesang wird auf die hinteren Plaetze verwiesen, die Liebe zur Harmonie wollen wohl einige ausrotten. Neue Techniken sollen dem harmonischen Gesang dienen, Rap hat ausserhalb des Ghettos keine Daseinsberechtigung usw.
Dein persoenlicher Geschmack ist Deine Sache, den kann Dir keiner vorschreiben und jeder hat seinen speziellen Geschmack. Und bei jedem Musikstil wird man auch auf extreme Fans stossen, die andere Musik schlecht finden, verachten, vielleicht sogar "ausrotten" wollen. Aber so ein Verhalten sollte eigentlich unter unserem Niveau hier sein, finde ich zumindest. Nicht dass ich da selber von frei bin, aber ich versuche zumindest meine Einstellung daraufhin zu hinterfragen.
 
Sie haben schon nachhaltige Wirkung erzeugt. Das erfolgreichste (in downloadzahlen, wurde nie verkauft) Album des Jahres 2004 ...
Sieht mir eher nach einen neuen Trick aus. Ob sie musikalisch eine nachhaltige Wirkung erzielt haben erscheint mir zweifelhaft. Ohne daß ich ihr Werk kenne traf meine o.g. Vermutung wohl ins Schwarze:

Gemäß der durch das Internet begünstigten "Copy & Paste"-Mentalität haben sie sich ungefragt an kreativen Spitzenleistungen der Beatles bedient und daraus vielleicht was unterhaltsames gemacht. Doch von diesem Klau halte ich überhaupt nichts. Wenn man sein Material schon nicht selbst erzeugen kann, dann muß man sich eben auf ungeschütztes stützen oder sich mit den Rechteinhabern einigen.

Ich hätte unter diesen Voraussetzungen im Prinzip nicht gegen Sampling, auch von größeren Passagen. Das von dir zitierte Mashup-Beispiel ist auch ganz unterhaltsam und läßt erahnen, daß ein Künstler, der eine große Gestaltungskraft besitzt, aus den Einzelteilen auch etwas Ganzes formen kann. Für mich ist es aber noch zu sehr Stückwerk. Ein Stück mit einer echten Aussage ist m.E. leichter zu erstellen, wenn es aus einem Guß ist, bzw. die Einzelteile in der Wahrnehmung verschwinden und das Ganze/die eigentliche Gestalt gesehen wird.
Satzgesang wird sicher noch von vielen Leuten eingesetzt, aber es nichts was neu oder aufregend wäre. Es ist damit halt zu einem ganz normalen Stilmittel geworden welches man einsetzen kann oder auch nicht.
Das ist es ja, was ich u.a. kritisiere, Satzgesang bzw. Mehrstimmigkeit wird m.E. sehr oft schematisch eingesetzt, differrenziertere Möglichkeiten gehen verloren.
Wenn du jetzt eine Band gründen würdest die absolut diese Schiene fährt dann wird das wohl niemand ablehnen oder sie deswegen nicht hören, aber es wird auch keiner mehr allein aufgrund der Tatsache dass du Satzgesätze schreibst aufflippen.
Woher möchtest Du das wissen? Denn ich wäre bemüht etwas neues mit Satzgesängen (u.a.) auszudrücken und würde keine "Schiene" fahren wollen.

um beispiele jüngerer popmusik zu nennen, die auch durch ihre verwendung von mehrstimmigkeit erfolg verbuchten:
Mag sein, daß sie Erfolge verbuchten. Ich habe mir Beispiele von diesen Gruppen angehört, konkrete Stücke hattest du leider nicht verlinkt.
Nur selten war etwas bemerkenswertes dabei. Mehrstimmigkeit war i.d.R. nur Beiwerk und nicht sonderlich kreativ. Auch die "recht komplexen Bläsersätze" erinnerten zu sehr an historische Vorbilder, wirkten aufgewärmt.
Die Mehrstimmigkeit dieser Gruppen hat meist keine eigene Funktion ist oft rhythmus- und nicht harmoniebetont.

Viele Grüße
Klaus
 
Mehrstimmigkeit war i.d.R. nur Beiwerk und nicht sonderlich kreativ.
hiermit hast du freilich recht. gerade bei one republik und peter fox (die titel, die ich hierzu im kopf hatte waren apologize und haus am see) besteht die zweistimmigkeit im prinzip daraus, dass die melodie weitergeht und eine zusätzliche stimme einen ton drunterlegt, der da bleibt.

Die Mehrstimmigkeit dieser Gruppen hat meist keine eigene Funktion ist oft rhythmus- und nicht harmoniebetont.
die funktion ist doch aber klar! es geht um sound. zweistimmigkeit und mehrstimmigkeit und überhaupt musik wird nichtmehr von tönen und harmonien allein gebildet, sondern von soundlandschaften. und zweistimmigkeit von der gleichen stimme ist soundmäßig einfach was anderes, als eine stimme. oft wird das ja auch so gemischt, dass man sich nicht gleich sicher ist, ob da zwei stimmen sind, oder vielleicht 3, oder obs doch nur eine ist und da irgendwelche synthies nochwas tun. das ist reine soundspielerei

was du mit der rhythmusbetontheit meinst versteh ich noch nich genau. bei homophonen 2,3-stimmigen sätzen kann man doch nicht von rhythmusbetontheit reden, oder?
 
Hallo Tinitus,
selbstverständlich wird ganz allgemein in der Kunst nach Qualität differenziert. Daneben gibt es natürlich noch persönliche Präferenzen. Wer hört sich schon alles an oder findet auch noch alles gut? Ich würde das aber nicht mit dem Begriff "Daseinsberechtigung" beschreiben. "Jeder soll nach seiner Facon seelig werden."
Als jemand, der einen ausgegrägten Sinn für Harmonien und Mehrstimmigkeit hat, bedaure ich natürlich, daß man sich auf diesem Gebiet weniger und auch weniger anspruchsvoll betätigt als früher. Wobei ich sagen muß, daß sich die Situation möglicherweise gerade beginnt, sich zu ändern.

Missionarisch in Sachen Musik wirken zu wollen, wäre ein sinnloses Unterfangen. Mir geht es um eine Analyse, um Identifizierung der Gründe, weswegen man sich von Harmonik und anspruchsvoller Mehrstimmigkeit wegbewegt hat, hin zur Rhythmusbetontheit und Sprechgesang.

Und es ist nun mal so: Eine Liebe zur Harmonik hat in der Zwölftonmusik, auf die ich mich bezog, keinen Platz. Da heißt es:
Abkehr von Melodie und Harmonik.
...
Alle Intervalle werden als völlig gleichberechtigt angesehen, die wertende Unterscheidung von Dissonanzen und Konsonanzen entfällt.
Quelle

Wenn für etwas kein Platz ist, ist es nicht mehr verwurzelt, also ausgerottet (root=Wurzel).
Nun, diese Arbeitsweise konnte sich nicht durchsetzen und ist wohl nur historisch als übertriebene Gegenreaktion auf die Hochromantik zu verstehen.

Der Sprechgesang hat natürlich seinen Platz, auch außerhalb des Ghettos, solange er Anhänger findet. Doch mancher Sänger würde vielleicht lieber Singen als Sprechen, das einem Gesang nur angenähert ist.

Viele Grüße
Klaus
 
Ich habe mir deine beiden Beispiele angehört. Du habst recht, es geht um Sound und nicht darum, die Mehrstimmigkeit als solche erkennbar zu machen oder gar zu betonen. Im Prinzip wird mit Mehstimmigkeit nur der Klang gestaltet.

Was ich reizvoll finde und weitgehend vermisse, ist die Interaktion zwischen zwei oder mehr Stimmen. Dazu ist natürlich Voraussetzung, daß man die einzelnen Stimmen auch hören kann und daß sie nicht nur miteinander verschmelzen. In meinem ersten Beitrag findest du einige Zitate aus früherer Zeit, bei denen das erfüllt ist.

Natürlich können mit den heutigen technischen Mitteln prima Soundlandschaften erzeugt werden. Doch warum auf eine interessante Mehrstimmigkeit verzichten? Es läßt sich durchaus beides kombinieren und so ein Song sehr abwechlungsreich gestalten.

was du mit der rhythmusbetontheit meinst versteh ich noch nich genau. bei homophonen 2,3-stimmigen sätzen kann man doch nicht von rhythmusbetontheit reden, oder?
Man kann es vielleicht ganz einfach daran ablesen, daß es kaum noch einen mehrstimmigen Gesang gibt, in dem die Töne etwas länger ausgehalten werden und man sich auf das harmonischen Geschehen konzentrieren könnte. Der Rhythmus dominiert bei weitem.
Man kann ja schon froh sein, daß z.B. in dem Stück "Subway to Sally - Die Hexe" in der Einleitung eine anspruchvollere Mehrstimmigkeit verwendet wird. Doch die wird staccatohaft vorgetragen und im ganzen dominiert der Rhythmus. Auch der Gesang geht teilweise in einen Sprechgesang über (bei 2:28: "Sie soll brennen! Brennen!").
Gut, das ist ein Song, doch er steht für eine allgemeine Tendenz, die ich zu ergründen versuche. Im o.g. Beispiel paßt der Sprechgesang sogar recht gut. Doch warum widmet man sich solch aggressiven Themen? Vielleicht hängt das Aufkommen des Sprechgesangs und die überragende Rolle des Rhythmus auch mit einer zunehmenden Aggressivität und deren Darstellung zusammen?

Hat man früher seiner Traurigkeit in der Schöpfung des Blues Ausdruck verliehen, schlägt man heute zu. Hoffentlich nur auf*s Schlagzeug!

Viele Grüße
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
Gemäß der durch das Internet begünstigten "Copy & Paste"-Mentalität haben sie sich ungefragt an kreativen Spitzenleistungen der Beatles bedient und daraus vielleicht was unterhaltsames gemacht. Doch von diesem Klau halte ich überhaupt nichts. Wenn man sein Material schon nicht selbst erzeugen kann, dann muß man sich eben auf ungeschütztes stützen oder sich mit den Rechteinhabern einigen.
Nun, es war schon immer die Eigenart von Künstlern auch mal mit Regeln zu brechen.
Wenn damit dann etwas wirklich gutes und neues heraus kommt ist mir das lieber als langweilige, aber politisch korrekte und von der BRD akreditierte Musik.
Ich find diesen Sound super, ich mag auch den "Klang" von den Schnitten innerhalb der Riffs und nutze das sogar für eigenes Material. Es ist halt ein anderer Stil, den muss nicht jeder toll finden, aber es ist definitiv die Richtung wo viel neues passiert. Und da wird sich zum Glück niemand drum scheren ob es irgendwer überflüssig findet oder nicht. ;)

Woher möchtest Du das wissen? Denn ich wäre bemüht etwas neues mit Satzgesängen (u.a.) auszudrücken und würde keine "Schiene" fahren wollen.
Dann tue ich es doch einfach. Ob es nun eine kreischende Menge gibt dich dich mit Damenunterwäsche und Geldbündeln bewirft kann dir ja als Künstler erstmal egal sein, und wenn es wirklich etwas neues, interessantes gibt wird das auch sicher Hörer finden.

Aber wenn du beklagst dass es zu wenig richtig anspruchsvolle und neue Satzgesänge gibt, dann stehst du als Künstler in der Pflicht welche zu erstellen, denn der Hörer weiß davon ja noch gar nichts und kann sie dementsprechend auch nicht schätzen.

Hat man früher seiner Traurigkeit in der Schöpfung des Blues Ausdruck verliehen, schlägt man heute zu. Hoffentlich nur auf*s Schlagzeug!
Gut Blues ist jetzt kein gutes Beispiel für Kreativität und Innovation. ;) Aber warum Musik aggressiver geworden ist, nun ja, die Welt ist nun mal nicht nur Sonnenschein und das Kunst spiegelt das natürlich wieder.
Abgesehen davon gibt es auch heute noch unglaublich viel träumerisches, romantisches, melodisches.
 
ah! jetz hab ichs verstanden.
interessant diesbezüglich ist der genau entgegengesetzte trend in "moderner" chormusik. Morten Lauridsens O magnum Mysterium (1956) oder Fabio Fresis Dormi Jesu (keine aufnahme gefunden, 2004) sind langsame chorstücke mit lang ausgehaltenen tönen in denen man sich nur in harmonien verliert.
genauso wie nahezu das gesamte schaffen von jan sandström (Bsp. Es ist ein Ros entsprungen)

ich denke, den rezipienten auf eine reise durch die harmonik eines songs zu entführen ist nicht mit dem erfolg gekrönt, der einem versprochen ist, wenn ein harter beat den rezipienten durch eine harmonik schiebt, die nur punktuell angedeutet wird.

Aber dazu muss man sich mit der bedeutung von Musik für rezipienten beschäftigen. Musik zum abspannen und sich entführen lassen ist keine Popmusik, sondern Musik, die sich über Melodik, Harmonik und Stimmung definiert.
Popmusik lässt sich offenbar schwer über die Begriffe der Harmonik, Rhythmik oder Melodik eingrenzen, weil sie dazu zu verschieden ist. Wenn man sagt Popmusik definiert sich über Inhalte setzt dem jeder entgegen, dass Texte von Liedern nicht von jedem verstanden werden, schon weil sie oft fremdländisch sind. Aber wodurch definiert sich popmusik dann? Vielleicht ja dadurch, dass sie zum dudeln nebenbei geeigent sein soll, z.b. beim Joggen, beim Lesen - bei allem wo es ein nebenbei geben kann, dass nicht ablenken soll.
Musik lenkt dann ab, wenn sie besonders schön, oder besonders unschön ist. besonders schön ist musik laut der These eines Artikels der Zeit ("Zu schräg für unser Gehirn", ausgabe 043/2009, leider kein Name des Gehirnforschers) dann, wenn der Rezipient überrascht wird vom Harmonischen verlauf - wenn etwas passiert womit er nicht rechnet, wenn seine musikalische erwartungshaltung nicht erfüllt wird. (Der Mensch würde aufgrund seiner Hörsozialisation im Prinzip ein Spiel zwischen erfüllung und enttäuschung seiner Erwartung spielen. Während unserer Hörsozialisation interpretieren wir rückwirkend Muster und Regeln in musik. Diesen Mustern muss aber eben nicht alles entsprechen) Das ist das, was mir in Chorstücken gefällt - ich habe Zeit mich auf etwas einzulassen und mich durch etwas anderes überraschen zu lassen.
Wenn ich Musik nebenbei höre, möchte ich nicht überrascht werden. Ich möchte nicht interessiert zuhören wollen - nebenbei möchte ich musik hören, die mir als zuhörer jede verantwortung für mein hörerlebnis entzieht.
Als Produzent sag ich mir, wenn ich genau diese Nische befüllen möchte, dass ich Musik brauche, die nicht ablenkt, und die vorhersehbar ist, die aber auch nicht langweilt, sondern einen gewissen rhythmus für das impliziert, das der rezipient eigentlich tut, während er nebenbei musik hört.
Ergo: harter beat, vorhersehbarer ablauf.

nur so als eine Idee, die ich jetzt dazu hatte
 
Ich denke es ist mit den Satzgesängen nach mama & papa'scher Machart wie mit zahlreichen anderen Stilmtteln, Formen oder auch Instrumenten; das Interesse daran geht verloren und sie verschwinden in der Versenkung.
Wann wurde das letzte 4-stimmige Organum komponiert, inkl. strenger Metrik, notiert in Neumen oder römischen Quadraten? Eben.

Außerdem find ich ehrlich gesagt die Mama & Papa-Harmonien ziemlich low mit ihrer kümmerlichen Gegenbewegung. So geht das: http://www.youtube.com/watch?v=pN4Nkp-TB4I (;))
 
Nun, es war schon immer die Eigenart von Künstlern auch mal mit Regeln zu brechen.
Wenn damit dann etwas wirklich gutes und neues heraus kommt ist mir das lieber als langweilige, aber politisch korrekte und von der BRD akreditierte Musik.
Künstler mögen ja herkömmliche ästhetische Regeln brechen, doch hier geht es um das Verhältnis der Kreativen (bzw. weniger Kreativen) untereinander. Bemerkenswert wenig Künstler möchten beklaut werden. Das Schaffen von Originalen ist nun mal mit viel Mühen verbunden, Copy & Paste eben nicht. Doch ohne Originale gibt es eben nichts zu kopieren.
Wenn einem schon selbst nicht genügend einfällt, so muß man eben die Urheber fragen oder sich auf frei gewordenes Material beschränken.
Aber wenn du beklagst dass es zu wenig richtig anspruchsvolle und neue Satzgesänge gibt, dann stehst du als Künstler in der Pflicht welche zu erstellen...
Ich arbeite ja dran... Doch der Weg ist mühsam und lang.
Gut Blues ist jetzt kein gutes Beispiel für Kreativität und Innovation.
Irrtum! Wie früher angedeutet, geht es mir nicht um Neues als Selbstzweck, sondern um Neues, das allgemein verständlich bleibt, ja sogar populär werden kann.
Und hier hat der Blues immenses geleistet. Die Verwendung der Blue-Notes und der Blues-Tonleitern in Verbindung mit dem herkömmlichen Dur/Moll-System hat sich als außerordentlich fruchtbar für die populäre Musik erwiesen: Rock ’n’ Roll, Rhythm and Blues, Beat- und Rockmusik, sehr große Teile der heutigen populären Musik sind nicht ohne den Blues denkbar.
Aber warum Musik aggressiver geworden ist, nun ja, die Welt ist nun mal nicht nur Sonnenschein und das Kunst spiegelt das natürlich wieder.
Das ist keine Erklärung, denn das war schon immer so.

Viele Grüße
Klaus
 
Künstler mögen ja herkömmliche ästhetische Regeln brechen, doch hier geht es um das Verhältnis der Kreativen (bzw. weniger Kreativen) untereinander. Bemerkenswert wenig Künstler möchten beklaut werden. Das Schaffen von Originalen ist nun mal mit viel Mühen verbunden, Copy & Paste eben nicht. Doch ohne Originale gibt es eben nichts zu kopieren.
Ich hab rein gar nichts dagegen wenn jemand eine Sekunde meines Songs "klaut" und damit was komplett anderes macht an das ich niemals hätte denken können.
Der Unterschied zu vorher ist nur dass man wirklich Klangmaterial als Instrument nutzt, das ist weniger geklaut und viel kreativer als Rockband XY die eigentlich genau so klingt wie 90% aller anderen Rockbands. Selbst die Kreativlinge der Beatles haben geklaut wie die Raben, oder meinst du die haben sich jedem Schlagzeugtakt und jeden Akkord selbst aus den Fingern gesogen?

Egal wo du hinschaust, Kunst war schon immer Variation und Weiterentwicklung, ob es dir gefällt oder nicht.


Für manche Künstler ist die Aussage "du darfst keine Sounds sampeln" so als würde man mir sagen: "du darfst keine Gitarre spielen". Ich würde mich nicht dran halten. Wobei ich im Gitarre spielen recht gut bin, mir gutes Sampling aber immer noch ein wenig zu hoch ist.


Irrtum! Wie früher angedeutet, geht es mir nicht um Neues als Selbstzweck, sondern um Neues, das allgemein verständlich bleibt, ja sogar populär werden kann.
Und hier hat der Blues immenses geleistet. Die Verwendung der Blue-Notes und der Blues-Tonleitern in Verbindung mit dem herkömmlichen Dur/Moll-System hat sich als außerordentlich fruchtbar für die populäre Musik erwiesen: Rock ’n’ Roll, Rhythm and Blues, Beat- und Rockmusik, sehr große Teile der heutigen populären Musik sind nicht ohne den Blues denkbar.
Ich spreche Blues nicht seine Bedeutung ab, ich höre es ja selber gerne.

Aber der Urblues ist wirklich alles, aber nicht kreativ. Ich habe bis jetzt rein gar keine so gleichförmige, gleichgeschaltete Musikrichtung gefunden. Die Ausdrucksmittel dieser Musikrichtung sind cool, aber sie sind eingeschränkt.
So etwas wie Innovation hab ich erst beobachten können als sie von anderen Musikrichtungen kopiert wurden (;)) wurden.
 
interessant diesbezüglich ist der genau entgegengesetzte trend in "moderner" chormusik.
Die von dir aufgeführten Beispiele sind tatsächlich hochinteressant! Prima Musik, die ich sehr gerne höre. Vielen Dank für die Hinweise! Ich freue mich auch, daß z.B. Lauridsen von hoher Stelle anerkannt wurde, indem er die höchste Auszeichnung bekam, die von der amerikanischen Regierung an Künstler vergeben wird.

In die populäre Musik werden solche Kompositionen geistlicher Musik kaum Einzug halten. Doch ich denke, Prinzipien einer solchen Harmonik können in einem anderen Kontext auch populäre Musik die bereichern und ihre Kraft darin entfalten.
Natürlich ist dort für eine lange Reise durch die Harmonik kein Raum, doch es könnte sein, daß durch das Anklingen derartiger Harmonien für manchen Hörer eine Tür aufstoßen wird, die das Licht einer ganz anderen Welt erahnen läßt. Dabei muß m.E. nicht auf harten Beat verzichtet werden, doch der Hörer könnte beim Hören eines entsprechenden Stücks das Erlebnis haben, daß es da doch noch etwas anderes gibt.
Musik zum abspannen und sich entführen lassen ist keine Popmusik,
...
dass sie zum dudeln nebenbei geeigent sein soll...
Dem würde ich in dieser Allgemeinheit nicht zu stimmen. Das dürfte eher auf die Musik im Supermarkt, in Telefonwarteschleifen, auch vieles was im Radio läuft, zutreffen.
Diese Musik würde ich dadurch charakterisieren, daß sie nicht in der Lage ist, eine größere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Warum? Weil sie Altbekanntes verarbeitet, bzw. schon sehr oft gehört wurde. Als diese Musik entstanden ist, war das i.d.R. ganz anders. Da war sie interessant, so wie auch heute die neue populäre Musik für die entsprechenden CD-Käufer und Konzertbesucher interessant ist.

In dem zitierten Zeit-Artikel (danke dafür!) wird es so ausgedrückt:
Fesselnde Musik zeichnet sich dadurch aus, dass sie einerseits die Erwartungen unseres Zukunftssinns erfüllt, diese dann aber immer wieder gezielt verletzt und uns so in Erregung versetzt. Völlig erwartbare Musik ist langweilig, völlig unerwartbare Töne werden gar nicht als Musik wahrgenommen, sondern nur als fremder Klang. Und der macht keinen Spaß. »Wir können keine Musik machen«, schreibt David Huron, »die nicht die Maschinerie des menschlichen Vergnügens anspricht, und erwarten, dass die Menschen die Musik auf irgendeine mysteriöse Art und Weise unwiderstehlich finden.
Natürlich sind für die verschiedenen Hörer, je nach Hörerfahrung und musikalischem Entwicklungsstand, ganz unterschiedliche Stücke "weiterführend".

Ich denke es ist mit den Satzgesängen nach mama & papa'scher Machart wie mit zahlreichen anderen Stilmtteln, Formen oder auch Instrumenten; das Interesse daran geht verloren und sie verschwinden in der Versenkung.
Das entspricht dem oben Gesagten. Dennoch kann man m.E. in der zeitgenössischen populären Musik i.a. eine Verarmung des mehrstimmigen Satzgesangs feststellen. Hingegen wird der Rhythmus stark betont und der Sprechgesang wurde sehr populär.
Außerdem find ich ehrlich gesagt die Mama & Papa-Harmonien ziemlich low mit ihrer kümmerlichen Gegenbewegung. So geht das: http://www.youtube.com/watch?v=pN4Nkp-TB4I (;))
Klar, gemessen an deinem sehr interessanten Beispiel hast du natürlich recht. Diese Musik entspricht eher deinem und meinem musikalischem Entwicklungsstand. Dieser kann aber nicht bei Konsumenten zeitgenössischer populärer Musik vorausgesetzt werden. Nun kann man den Weg begehen, den viele zeitgenössischen Komponisten begehen:
In ihrem ständigen Streben nach Innovation, nach neuen Klängen hängen die Komponisten das breite Publikum ab...
Quelle

In meinem Kunstideal bleiben auch für den weniger entwickelte Hörer genügend Strukturen erkennbar, die auch er fühlen und verstehen kann und begeistert aufnimmt.

Viele Grüße
Klaus
 
Ist ja eigentlich off-topic, doch wenn es um den Schutz der Kreativen geht, soll das Thema auch hier seinen Platz haben:
Ich hab rein gar nichts dagegen wenn jemand eine Sekunde meines Songs "klaut" und damit was komplett anderes macht an das ich niemals hätte denken können.
- Erstens ging es bei dem Mashup aus Beatles und Jay-Z Songs nicht um eine Sekunde, sondern wohl um das gesamte Album.
- Zweitens kann im Extremfall bereits eine Sekunde unverwechselbar an das Original erinnern. Durch Assoziation mit dem Original kann dann der Kopist Aufmerksamkeit auf sich lenken, die nicht auf ihn zurückgeht, sondern auf den Urheber des Originals.
- Drittens würde sich aus genau aus diesem Grund kaum jemand für deine Sekunde interessieren.
- Viertens, falls doch, wäre im Falle der Schutzwürdigkeit, eine Erlaubnis deine persönliche Entscheidung, die keinesfalls automatisch auch für andere gelten kann.
- Fünftens gibt es genügend Sekunden, die Allgemeingut sind, sei es, weil keine Schützwürdigkeit besteht (wegen zu geringer Schöpfungshöhe) oder weil Rechte abgelaufen sind. Es darf sich diesbezüglich nicht jeder nach Gutdünken sein eigenes Recht machen, sondern wir sollten uns hier an allgemeingültiges Recht halten.
... Beatles haben geklaut wie die Raben, oder meinst du die haben sich jedem Schlagzeugtakt und jeden Akkord selbst aus den Fingern gesogen?
Sie haben i.d.R. kein geschütztes Material ohne Erlaubnis verwendet und selbst eine ungeheure Kreativität entwickelt. Von Paul McCartney ist bekannt, daß er mitunter seine ganze Umgebung gefragt hat, ob sie das, was er gerade erfunden hat, schon einmal gehört hätten. Denn manchmal kann man sich nicht sicher sein, ob es sich bei dem vermeintlichen Einfall nicht einfach um eine Erinnerung an Gehörtes handelt.
Die Entscheidung, ob es sich um im Streifall um ein Plagiat handelt, treffen dann die Gerichte. Zu Recht sind Plagiate unter Kreativen verpöhnt.
Einzelne Akkorde oder Schlagzeugtakte sind nicht schutzwürdig.
Egal wo du hinschaust, Kunst war schon immer Variation und Weiterentwicklung, ob es dir gefällt oder nicht.
Es gefällt mir, unter der Voraussetzung, daß das geltende Urheberrecht eingehalten wird. Der zitierte Song von den Mamas und Papas stammt übrigens nicht von Ihnen, sie haben ihn lediglich ganz toll bearbeitet, im Einklang mit dem Urheberrecht.
Cover-Versionen können oft viel besser sein als das Original. Bei "With A Little Help From My Friends" hat Joe Cocker sogar noch die Beatles übertroffen. Mit Einverständnis des Urhebers ist das kein Problem.
Aber der Urblues ist wirklich alles, aber nicht kreativ. Ich habe bis jetzt rein gar keine so gleichförmige, gleichgeschaltete Musikrichtung gefunden.
Mit die ältesten bekannten Blues sind der "Memphis Blues" (1912) und der "St. Louis Blues" (1914). Beide halte ich nicht für gleichförmig und gleichgeschaltet.

Gruß
Klaus
 
Zuletzt bearbeitet:
- Zweitens kann im Extremfall bereits eine Sekunde unverwechselbar an das Original erinnern. Durch Assoziation mit dem Original kann dann der Kopist Aufmerksamkeit auf sich lenken, die nicht auf ihn zurückgeht, sondern auf den Urheber des Originals.
Also würde deiner Meinung nach dieser Track nicht eigenständiges haben weil er wichtige Takte (ohne je danach gefragt zu haben) aus diesem hier geklaut hat und selber als integralen Bestandteil benutzt.

Nun ja, man kann sich jetzt über die absolute Gleichartigkeit Gedanken machen, meiner Meinung wurde schon etwas komplett neues geschaffen.

Nach deiner Auslegung wäre ein Großteil moderner Kunst überhaupt nicht möglich. Collagen, Adaptionen und Remixen um Sachverhalte in einen anderen Kontext zu stellen und ihnen eine komplett andere Bedeutung zu geben war doch schon immer ein weites und legitimes Beschäftigungsfeld.


Aber wenn du meinst dass das was ein Künstler darf von Gerichten entschieden werden sollte...
Den Gedanken finde ich schon widersinnig.
 

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