Kann es sein, dass vom ursprünglichen Thema fast nix mehr übrig ist?
Vielleicht beziehst du dich auf den Abstecher in das Urheberrecht. Die Frage des Themas ist jedenfalls nach wie vor nicht hinreichend geklärt.
Eher hat man die Prämisse angezweifelt. Doch nach wie vor, bin ich der Meinung:
Ein anspruchsvollerer mehrstimmiger Gesang, vielleicht auch mit gegenläufigen Stimmen, war vor ca. 40 Jahren weit populärer als heute.
Ich bin bereit, diese These zu objektivieren, indem ich eine Reihe Songs heraussuche, die damals populätr waren und dieses Kriterium erfüllen. Im Gegenzug würde ich dann um entsprechende Gegenbeispiele aus den letzten Jahren bitten, die vergleichbar populär waren, denn hier kenne mich mich weniger gut aus. Wer nimmt die Herausforderung an?
Allerdings sehe ich die genannten "Paradebeispiele", die die These unterstützen sollen, dass die angesprochene Form des Harmoniegesanges früher einen höheren Stellenwert hatte als heute, auch größtenteils als "Sonderfälle der Popmusik". Insofern kann man sie nicht als "Standard" betrachten.
Die Worte, die du in Anführungszeichen gesetzt hast stammen nicht von mir. Ich könnte noch weitere "Paradebeispiel" geben. Als "Standard" würde ich einen gepflegten Satzgesang damals nicht bezeichnen. Er kam eben wesentlich häufiger vor als heute und ich könnte noch mehr "Sonderfälle der Popmusik", "Glücksfälle" und "Nischenbands" aufführen, wodurch diese Begriffe ziemlich absurd erschienen würden.
Der Punkt ist m.E. der, daß damals eine anspruchsvolle Mehrstimmigkeit auf fruchtbaren Boden fiel, heutzutage ist sie weitgehend out. Möglicherweise beginnt sich das gerade zu ändern.
Neue Musik zu erfinden, ist nicht ganz einfach.
Richtig! Deshalb brauchen die Kreativen Anreize durch Schutzrechte. Es ist ohnenhin auf diesem Sektor sehr schwer Geld zu verdienen. Und natürlich sieht man nur diejenigen, die im Licht stehen, doch das sind verschwindend wenige und viele glänzen nur kurze Zeit.
Rein harmonisch betrachtet und agnz besonders "genre-intern" sind die Mittel in der Popmusik recht begrenzt.
Die Mittel sind unerschöpflich und in Genres wird Musik eingeordnet,
nachdem sie geschaffen wurde.
»Mozart und Bach haben die mitteleuropäische Musik bis zum Äußersten ausgeschöpft«, sagt Herbert Bruhn. Da dem nichts mehr hinzuzufügen sei, lande man automatisch irgendwann bei der experimentellen Klassik - die sich genötigt gesehen habe, alle melodischen und harmonischen Strukturen aufzulösen.
Vor fast 100 Jahren wurde ein Ende der tonalen Musik behauptet. Zwölftonmusik-Erfinder Schönberg vertrat damals sogar die Ansicht, seine Zwölfton-Reihen würde man in 50 Jahren auf der Straße pfeifen.
Quelle
Welch ein Irrtum! U.a. das Aufkommen "schwarzer" Musik (e.g. Blues, Jazz) zeigte neue, äußerst fruchtbare Möglichkeiten für die populäre und auch für sehr anspruchsvolle Musik. Die populäre Musik wird auch innerhalb ihrer rezeptionsbedingten Grenzen immer wieder neue Formen finden, also letztendlich unerschöpflich sein.
Insofern ist eine Pop-Komposition eigentlich schon recht lange eher eine "Interpretation" von bereits vorhandenem. Ob man eine Kadenz dabei mit der Gitarre selbst spielt oder eine vorhandene sampelt und zu etwas neuem bearbeitet, ist eigentlich egal, solange das, was man am Ende hört, nach etwas eigenem klingt.
Es kommt wie so oft im Leben auf das rechte Maß an. Unsere Musik könnte man theoretisch auch als eine "Interpretation" unseres Systems von 12 Tönen sehen oder von verbreiteten Kadenzen. Diese sind selbstverständlich urheberrechtlich nicht geschützt.
Man kann aber nicht leugen, daß Kreative einzigartige Stück schreiben, was meist mit viel Mühen geschieht bzw. mit einer langen Vorbereitungszeit. Du selbst hast zugegeben, daß es nicht einfach ist, neue Musik zu schreiben. Um so mehr verdienen diejenigen, denen es gelingt, die Früchte ihres Schaffen zu ernten, wenn sie einmal wirtschaftlichen Erfolg haben.
Es ist offenbar auch nicht egal, ob man eine Kadenz mit der Gitarre selbst spielt oder eine vorhandene sampelt. Sonst würde ja keiner sampeln. Nein, andere arbeiten zu lassen und das Ergebnis zu klauen war schon immer einfacher als selbst etwas zu schaffen.
Viele Künstler sind da nicht so zickig wie Herr O'Sullivan und sehen es als "Ehre", wenn ein Fetzen von Ihnen in einem HipHop-Track verwendet wird.
Also den Spruch mit der Ehre kann ich schon nicht mehr hören. Den haben sich wohl die "Ehrlosen" ausgedacht, um ihren Diebstahl zu verbrämen.
Es sind ja die "Geehrten" das Ziel der Diebe, obwohl der Public Domain-Bereich noch nie so groß war wie heute. Nein, es ist eine Respektlosigkeit gegenüber denjenigen, deren Musik wir so gerne hören.
Inwiefern Musik-Fetzen ungefragt verwendet werden können, dazu hatte ich im letzten Post Links angegeben.
Gruß
Klaus