Historischer Hintergrund und Rolle von Afroamerikanern bei Gospel Chören

  • Ersteller LoboMix
  • Erstellt am
*** ...das hat er auch nirgendwo behauptet! ***
dann lese und verstehe ich das:

Abgezweigt aus https://www.musiker-board.de/threads/der-chor-singt-sehr-laut.735902/page-4#post-9419981

***Die religiöse Basis sehe ich als einen dieser entscheidenden Hintergründe an - wobei aus Religiösität allein nicht per se eine große Stimme entspringt. Im Grunde hat Religion erst mal gar nichts mit stimmlichen Qualitäten zu tun, wie sollte auch?
***
Das Zusammenspiel dieses tiefen Gefühls aus dem historischen Erbe und dem religiösen Dienst im Gospel sehe ich als entscheidend an, um in den Ausdruck dieser Musik zu kommen.
***
Damit soll nicht gesagt sein, dass nur Menschen Gospel adäquat singen können oder gar nur diese Gospel singen sollten, die diesen historischen Kontext im Hintergrund haben und die dazu auch noch tief religiös sind.
Aber wie ich schon sagte, finde ich, dass jeder, der Gospel singen möchte, sich mit diesen beiden Kontexten beschäftigen sollte um den so wichtigen Respekt und die tiefe Empathie zu entwickeln, die einen beim Singen dem Ausdruck des Gospel näher bringen.
Auf diese Weise ist es absolut möglich, dass auch Menschen unserer Hemisphäre mit ´normalen´ Stimmen Gospel schön und mit stimmigem Ausdruck singen können. Und dabei Inbrunst entwickeln können ohne sie dabei auf schiere Lautstärke zu reduzieren.
***
anders als du... :gruebel:

Evtl. unglücklich - weil zweideutig - formuliert, wird @LoboMix uns hier seine Sicht vielleicht etwas genauer erklären...

Grüße zurück
RJJC
 
... wird @LoboMix uns hier seine Sicht vielleicht etwas genauer erklären...
Das will ich gerne tun, wobei ich dachte, dass nun mittlerweile über zwei Threads und mehrere Posts alles mit der hinreichenden Präzision gesagt wurde. Aber wie es aussieht, wohl doch nicht ...
Oder war es vielmehr die Erwähnung von "Religion", die die Wellen höher schlagen ließ und eine große Erregung provozierte, die dem sorgfältigen Lesen dann abträglich wurde?

Wie es auch sei, @Real-JJCale, bitte habe Verständnis, dass ich nicht auf jede deiner kritischen Formulierungen eingehe, aber das Schreiben kostet mich stets relativ viel Zeit (ich versuche ja stets, eben möglichst genau zu formulieren, das dauert länger).

Auf die folgende Passage will und muss ich aber auf jeden Fall reagieren, denn hier liegt meiner Meinung nach ein übles Missverständnis vor, hervorgerufen durch eine sinnentstellende Verkürzung des Zitats. Du zitierst (Hervorhebung von dir):
Auf diese Weise ist es absolut möglich, dass auch Menschen unserer Hemisphäre mit ´normalen´ Stimmen Gospel schön und mit stimmigem Ausdruck singen können.
Dann deine folgende Kritik:
Denn es gibt einfach zuviele tief religiöse Menschen, die einfach keinen graden Ton singen können und erschreckend unmusikalisch sind.

Gleichzeitig impliziert deine These, dass ein hochmusikalischer und begabter Mensch (Sänger, Musiker etc.) eine noch höhere Qualität darbieten kann, wenn er plötzlich religiös wird.
Aber diese mir unterstellte These ist eine Falschinterpretation und eine Unterstellung! Denn es fehlt der entscheidende Satz davor (Hervorhebung hier ergänzt):
Aber wie ich schon sagte, finde ich, dass jeder, der Gospel singen möchte, sich mit diesen beiden Kontexten beschäftigen sollte um den so wichtigen Respekt und die tiefe Empathie zu entwickeln, die einen beim Singen dem Ausdruck des Gospel näher bringen.
Auf diese Weise ist es absolut möglich, dass auch Menschen unserer Hemisphäre mit ´normalen´ Stimmen Gospel schön und mit stimmigem Ausdruck singen können.
Es geht definitiv nicht darum, dass wer Gospel/Spiritual singen möchte, selber religiös sein müsste, sondern dass er/sie sich mit den von mir erwähnten Kontexten der Religiosität der Afroamerikaner und dem historischen Hintergrund beschäftigen sollte. Und es geht ausdrücklich um die "tiefe Empahie", also das Einfühlungsvermögen und den üblicherweise daraus resultierenden "Respekt".
In einem nachfolgenden Post hatte ich das sogar schon mal näher verdeutlicht, weil @Chor-Junkie ja schon eine ähnliche Kritik anbrachte und ein ähnliches Missverständnis dahinter steckte (so wie ich es sehe):
Wie du siehst, @Chor-Junkie, habe ich nie behauptet, dass jemand selber religiös sein muss um Gospel zu singen.
Man kann auch als Atheist das Weihnachtsoratorium singen, es ist ja alles tolle Musik die auch jedem zugänglich sein sollte. Aber bei Gospel - und dem Weihnachtsoratorium - geht es ja um etwas. Um was es geht, ist nicht schwer heraus zu finden, die Texte teilen es ja ausdrücklich mit.
Bei Spiritual und Gospel kommt der historische und traumatische Hintergrund der Sklaverei hinzu - und Rassismus, der nach wie vor anhält.
Diese Hintergründe sind klar und nicht von mir "eng gesteckt".
Aber auch im Zusammenhang mit Skalverei und Rassismus habe ich nicht behauptet und würde auch nicht behaupten, dass dies jemand selber erfahren haben muss, um in den adäqaten Ausdruck dieser Musik zu kommen. Aber wer diese Musik singt, sollte um diese Kontexte wissen. Mit der nötigen Empathie - und sicher auch in vielen Fällen aus eigener Erfahrung ähnlich gelagerten Leids - wird man tiefer in die Emotionalität solcher Musik eintauchen können, und besser den adäquaten Ausdruck finden.

Wenn ich von "religiöser Basis" als "entscheidenden Hintergrund" spreche, dann bezieht sich das ausdrücklich auf den Kontext Gospel/Spiritual und auf nichts sonst, in den Threads geht es auch nur darum.
Wer immer behaupten würde, Religiosität wäre eine notwendige Voraussetzung für jegliche Musik, in einen besseren und tieferen Ausdruck zu kommen, oder sogar, besser und schöner Singen zu können, also stimmlich besser sein zu können, würde einen unglaublichen Unfug, geradezu Schwachsinn behaupten. Ich behaupte dergleichen nicht einmal andeutungsweise.
Denn das folgende stimmt unbestreitbar:
Denn es gibt einfach zuviele tief religiöse Menschen, die einfach keinen graden Ton singen können und erschreckend unmusikalisch sind.
Ich erinnere mich aus meiner Zeit als (Kirchen-)Chorsänger an einen Pfarrer, dem es nicht mal gelang die kurze Intonation des Gloria "Gloria in excelsis Deo" anzusingen ohne katastrophal aus den Tonhöhen abzurutschen. Religiös war er aber gewiss :).
Der ganze Unsinn wird noch deutlicher, wenn man diese Behauptung mal umdreht, also dass Atheisten alle nicht singen könnten oder eines tiefen musikalischen Ausdrucks nicht fähig wären.
Noch ein Bullshit-Gedanke: Da es im "Sacre du printemps" von Igor Stravinsky dezidiert um heidnische Rituale geht, dürfen das dann nur Heiden spielen oder wenigstens nur Heiden dirigieren?
Wie gesagt: Schwachsinn!

In der Hoffnung, Missverständnisse aufgeklärt haben zu können, wünsche ich

Gute Nacht!
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 7 Benutzer
Es geht definitiv nicht darum, dass wer Gospel/Spiritual singen möchte, selber religiös sein müsste, sondern dass er/sie sich mit den von mir erwähnten Kontexten der Religiosität der Afroamerikaner und dem historischen Hintergrund beschäftigen sollte. Und es geht ausdrücklich um die "tiefe Empahie", also das Einfühlungsvermögen und den üblicherweise daraus resultierenden "Respekt".
Ich hatte @LoboMix auch immer in diesem Sinne verstanden, wobei ich gleichzeitig auch weiß, wie schnell man da in Fahrwasser gerät, die man eigentlich nicht intendiert.

Und ich persönlich würde auch beide Aspekte als gleichwertig betrachten:
Es geht - eine bestimmte Tiefe vorausgesetzt - immer darum, dass man wirklich fühlt - denn sonst kann man es nicht ausdrücken.
Es geht - eine bestimmte Tiefe vorausgesetzt - immer darum, dass etwas Bedeutung hat, das durch Geschichte, Tradition, Kultur, Erfahrungen, Werte, Gruppe, Erziehung etc. etc. mitbestimmt ist, weitergegeben und gelebt wird und durchaus auch vage sein kann. Die Art und Weise, wie beispielsweise eine spezifische Religion oder ein bestimmter Glaube ausgekleidet ist - ob er eher Aspekte und Gefühle des Gehorsams, des Dienens oder der Unterwerfung in sich trägt, man sich als Krieger Gottes berufen fühlt, ob eher Sünde, Schuld, Buße und Sühne oder Befreiung, Gnade, Freude und Aufgehobensein empfunden wird bzw. welche Mischung davon bzw. was davon im Vordergrund steht, macht einen großen Unterschied aus, welche Aspekte sich dann in dem Gefühlten und dem Ausgedrückten Raum verschafft. Und Religion - besonders wenn sie mit Kirche verknüpft ist - ist noch mal etwas anderes als Spiritualität.

Aber ich will nicht weitere Begriffe hier reinwerfen, die auf neue Spuren führen.

Letztlich finde ich die Auseinandersetzung - oder vielleicht besser: den Austausch, darüber, wie man diese Frage des Ausdrucks durch Gesang bzw. Musik und seine entweder universelle Gültigkeit (im Sinne, dass alle Menschen dies empfinden, teilen und ausdrücken können) oder seine - wie und wodurch auch immer - Begrenztheit im Empfinden, Teilen und im Ausdrucksvermögen sehr spannend. Und bei weitem noch nicht auf dem Stand, dass man sagen könnte: Genau so und so ist es und nicht anders.

Genau auf der Ebene führen die vielen Beispiele, die hier genannt wurden, weiter und geben Aufschluss darüber, was nun in einem konkreten Fall "transportierbar" ist und was nicht oder zumindest nicht so ohne weiteres. Ich finde es auch sehr gut, sich hier über ein sehr diffiziles und mit Fallstricken versehenes Thema auf eine Art und Weise zu unterhalten, die Unterschiede benennen und stehen lassen und zur Debatte stellen kann, ohne rethorische Keulen herauszuholen und Polarisierung zu betreiben.

x-Riff
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
@LoboMix

Danke für die Klarstellung.

Gruß
RJJC
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben