Jazz / Real book (Thema "Auswendig lernen")

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Hallo!

habe vor einiger Zeit angefangen, ein paar Jazz-Standards aus dem Real-Book zu lernen.
(Ich muß vielleicht vorweg erklären, daß mir Noten lesen sehr schwer fällt. Deshalb habe ich mir schon von Anfang an das "Jazz-Zahlen-System" aus der Jazz-Theorie angeeignet in allen 12 Tonarten, so daß ich inzwischen wirklich alle Zahlen mit den dazugehörigen Noten kenne und auch alle Arten von Akkorden -hauptsächlich als Left-hand-voicings- auf Kommando spielen kann. Ich verstehe jetzt einiges mehr über die Theorie als am Anfang....)

Bis vor kurzem beschränkten sich meine Real-Book-Songs auf die linkshändigen Voicings (Akkord wird gehalten mit ab und zu ein paar rhytmischen Mustern) und die Melodie -wie sie da steht- in der rechten Hand. Das klingst zwar nicht schlecht, aber ich habe dann auch die ganzen "ausarrangierten" Versionen gehört, in denen ja zweihändig Voicing und Melodie (ganz oben) in einem gespielt wird. Und das klingt natürlich viel schöner und voller!

Solche ausarrangierten Sachen sind natürlich nicht immer so einfach zu merken wie einfach die left-hand-voicings. Aber viele Jazzpianisten können diese ausarrangierten Dinger wirklich ohne Notenblatt spielen? Wie geht das?

O.K., man kann schon einige Gesetzmäßigkeiten erkennen, z.B. in der linken Hand gehts meistens mit 1-5 los (also in C: C und G) und dann in der rechten der Rest des Akkordes mit dem Melodieton als höchster Ton. Das habe ich erkannt.
Mich würde interessieren, ob Ihr euch solche ausarrangierten Versionen wirklich merken könnt. Denn ich denke dauernd beim Spielen: "So, jetzt links die 1 und die 5, dann rechts die b7, die 9, die b3 und die 5 oben..." :) Ich muß mich da wahnsinnig konzentrieren und irgendwie auch dauernd "vorausdenken", also welcher Akkord kommt als nächstes...

Ich geb zu, es ist eigentlich eine Anfängerfrage: Aber muß man ständig so in diesem Jazz-Zahlen-System denken? Denn ab und zu spiele ich dann auch einfach das bildlich gemerkte -also das Auswendig gelernte- und ich frage mich, ob das gut ist? Denn man soll sich ja immer genau vor Augen führen (also sprich: konzentrieren), was man gerade spielt.
 
Eigenschaft
 
Das ist bei den Leuten, die in dieser Art "vom Blatt" spielen (also nach Leadsheet mit Melodie und Akkorden) in der Regel kein ausnotiertes und dann auswendig gelerntes Arrangement, sondern einfach Training. Man kann lernen, sich eine Spieltechnik anzueignen, bei der man eben nicht in einzelnen Tönen denkt, sondern in Akkorden und einer Melodie - wie das dann zu "voicen" und zu greifen ist, kommt mit der Übung und der Zeit. Genau wie die rhythmische Phrasierung oder bestimmte Begleitriffs oder melodische "Licks" - da entwickelt man einfach mit der Zeit ein gewisses Repertoire, das dann beim Vorliegen eines Leadsheets quasi von selbst den Weg in die Finger findet. So wie beim Autofahren oder Laufen: Man denkt ja auch nicht "linker Fuß, rechter Fuß, linker..." oder "Kupplung treten, Schalthebel von links hinten nach rechts vorne, Kupplung kommen lassen", sondern "geradeaus laufen" bzw. "hochschalten". Dass der Weg bis dahin mitunter lang und steinig ist, wissen alle, die einen Führerschein haben und/oder den aufrechten Gang beherrschen ;)

Wie man in diesen Lern- und Übungsprozess den besten Einstieg findet, kommt etwas auf die Vorkenntnisse und die eigene "Lernpersönlichkeit" an. Mal ein paar Stunden bei einem Jazz-Lehrer zu nehmen um ein sinnvolles Konzept zu finden, kann nicht schaden. Da das meiste ohnehin Übungssache ist (in diesem Zusammenhang), und da ohne Fleiß kein Preis zu erwarten ist, reichen tatsächlich manch einem ein paar Stunden unter Anleitung, um den Weg gezeigt zu bekommen. Andere tun sich mit regelmäßiger Begleitung durch einen Lehrer leichter.

Viel Erfolg!
 
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Hi Jens! Du meinst also, es ist Übungssache. Wahrscheinlich hast Du Recht! Ich hab da noch mal drüber nachgedacht und mich mit jemanden unterhalten. Was der mir gesagt hat, stimmt eigentlich:
das Gelernte (also z.B. die Akkorde) geht ins Unterbewußtsein über, so daß man dann manchmal (oder eigentlich immer) automatisch spielt. Und der Punkt ist, daß wenn man sich z.B. mal vergreift (also falschen Ton drückt), dann weiß man aber sofort daß es der falsche Ton ist und man weiß auch sofort welcher der richtige Ton ist! Und genau in diesem Moment weiß man dann, daß man es wirklich "drauf hat", also die Skalen gelernt hat. Das ist eigentlich das Zusammenspiel zwischen Gelerntem und Angewandtem. O.K., das geht alles so in die psychologische Schiene, aber ich finds interessant :)
 
Ja... Du hast sogar eigentlich die besten Voraussetzungen, wenn du nämlich gar nicht erst die "klassische" Schiene mit stumpfem vom-Blatt-Spiel (nach Noten) gelernt hast und dir erst später mühsam eine harmoniebasierte Strategie aneignen musst. Du bist ja schon soweit, dass du in Stufen und Skalen denkst - das ist eigentlich ideal, um von dort aus weiter zu machen. Wenn du neben allen möglichen Tonarten und Skalen jetzt noch in den Umkehrungen und Voicings der gängigen Akkorde (auch ergänzter) fit bist/wirst, und gängige Changes oder Turnarounds in dein Repertoire aufnimmst, hast du eigentlich das Handwerkszeug zusammen. Dann spielt man nämlich irgendwann (fast) automatisch die Akkorde so (in der Umkehrung), dass der Melodieton z.B. oben liegt (oder der Bereich, in dem die Melodie sich zu dem Zeitpunkt bewegt). Von da ist es dann nur noch ein kleiner Schritt dazu, mit den Fingern 3 - 5 die Melodie mit einfließen zu lassen. Das ganze geht natürlich auch mit der Melodie in der Mittellage etc. ;)

Soweit, das ad hoc zu können, bin ich auch längst nicht, schon gar nicht in manchen "krummen" oder griffungünstigen Tonarten. Aber das erarbeiten eines neuen Songs geht so bei mir dann doch recht schnell, und im Ergebnis merke ich mir auch da keine exakten Tonfolgen und Griffe, sondern habe im Hinterkopf die Akkorde und die Melodie. Den Rest erledigt dann das motorische Gedächtnis - das ist bei sowas viel effektiver als der bewusste Teil des Denkens (s. der aufrechte Gang ;) )
 
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O.K., man kann schon einige Gesetzmäßigkeiten erkennen, z.B. in der linken Hand gehts meistens mit 1-5 los (also in C: C und G) und dann in der rechten der Rest des Akkordes mit dem Melodieton als höchster Ton. Das habe ich erkannt.
Mich würde interessieren, ob Ihr euch solche ausarrangierten Versionen wirklich merken könnt. Denn ich denke dauernd beim Spielen: "So, jetzt links die 1 und die 5, dann rechts die b7, die 9, die b3 und die 5 oben..." :) Ich muß mich da wahnsinnig konzentrieren und irgendwie auch dauernd "vorausdenken", also welcher Akkord kommt als nächstes...

Zunächst: Ich bin Gitarrist. ;-) Von daher kann ich das Problem nicht so Pianospezifisch betrachten, aber ich versuche mal trotzdem was sinnvolles beizutragen.

Wenn ich jetzt auf der Gitarre dieses Problem habe. ( Und da hat man das Problem sozusagen immer , weil man keine 2 Hände zum Greifen hat ) , dann gibt es da 2 Sachen .

Erstens: Bei allen Drop 2 und 3 Voicings ist es gut zu wissen , welcher Ton der höchste ist. Noch besser welche die beiden höchsten sind.
So hast du wenn du die Melodie liest automatisch ein Voicing parat dessen höchster Ton der Melodieton ist. Das ist auch einfach eine Frage der Übung und des 2Auswendigwissens".
Wenn der Melodieton kein Akkordton ist. ( also nicht 1 , 3 , 5 oder 7 ) , dann ist es in der Regel gut wenn dabei keine Kleine Sekunde zwischen einem dem Melodieton und einem Akkordton entsteht.Zum Beispiel auch wenn man jemanden begleitet passiert das schnell. Es sei denn man will diesen Sound. Das ist natürlich nicht leicht.

Zweitens: Möglicherweiße fällt dir diese Betrachtungsweise leichter. Wenn du Cmaj7 als Beispiel nicht als 1 3 5 7 betrachtest sondern als E-moll Dreiklang mit C im Bass . Die Terz ,Quinte und Septime von Cmaj7 bilden eine Emoll Dreiklang. Bzw nur die 1 und 5 von diesem Emoll Dreiklang wenn du das G ( in diesem fall ) links schon hast. Man könnte das dann auch als zwei Quinten betrachten . Eine Quinte über dem Grundton. Eine über der Terz ( maj7 ) .

Das gleiche Prinzip funktioniert auch mit anderen Dreiklängen und alternativen Basstönen. z.b.

G- dur Dreiklang mit C im Bass . Das wäre dann 1 5 7 9 . Also maj9 ohne Terz.

Mir fällt es zb. teilweise leichter die Sachen so in "kleineren Einheiten" zu denken . Einen Dreiklang hat man ja dann doch meistens gleich "parat".

Möglicherweiße kannst du damit ja was anfangen.

grüße b.b.
 

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