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Konzertabbruch und Gagenkürzung

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Pegasus001
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Wahrscheinlich hat dies in ähnlicher Form jeder schon mal erlebt. Das Konzert wird abgebrochen, weil man ach so schlecht wäre und die Gage wird gekürzt. Oder hinterher hört man, es gibt weniger Gage als vereinbart, weil der Veranstalter, die Gäste oder der liebe Gott nicht zufrieden war. Ist Gott sei dank die Ausnahme, aber sowas gibt es. Und es gibt Veranstalter, die genau darauf setzen.

Meist nimmt man es hin und geht seine Wege. Wir haben dies nicht gemacht.

Silvesterball 2017-2018 in Erfurt. Bei der ersten Kontaktaufnahme Monate vorher. als man nach der Gage fragte, wurde geantwortet: "das wird der Chef niemals bezahlen". Einen Tag später" hat er noch nie gemacht, aber dieses Programm will er unbedingt und ist einverstanden".
Buchungsvertrag und Plakate wurden von uns hingesendet, und dann erst mal Totenstille. Nach dem wir uns noch mal gemeldet haben und erklärten, dass wir ohne Buchungsbestätigung nicht kommen werden, wurde uns diese letztlich zugesendet. Es war ein 1 stündiges Programm (Gesang, Tanz, Zauberei, Jonglage) vereinbart.

Die Veranstaltung fand wie gesagt in Erfurt statt. Es waren ca. 150 - 200 zahlende Gäste anwesend, der Eintrittspreis belief sich auf knapp 90 Euro pro Kopf. Wir waren rechtzeitig da und haben pünktlich angefangen. Das Publikum ging gut mit, hat bei Schlagern mitgesungen, bei den anderen Showeinlagen ordentlich applaudiert und gut mitgemacht. Nach gut 45 Minuten dann wurden wir diskret gebeten, das Programm möglichst zügig zu beenden. Gut, wir haben uns noch nichts gedacht, kann ja sein, dass terminlich durch nachfolgende Künstler sich da etwas verschoben hat und daher wir vorab abbrechen sollten. Direkt danach kam auch noch von einer anderen Künstlerin ein Bauchtanzauftritt, wobei die junge Frau schon Gewehr bei Fuß stand. Möglich, dass sie ja noch direkt danach zu einem anderen Veranstaltungsort musste und daher nicht warten konnte.

Dann der Hammer: Das Programm wäre so schlecht, dass die Leute reihenweise das Haus verlassen würden, wir bekommen keine Gage. Nun, eigentlich war das Publikum enttäuscht, dass wir schon fertig waren, aber darum geht es ja auch nicht. Tatsächlich mussten wir nach heftigen Streit mit langer Nase abziehen, wobei gesagt wurde, wir mögen eine Rechnung stellen und wir würden dann unsere Gage überwiesen bekommen.

Tags drauf habe ich dann der Firma eine Rechnung über die vereinbarte Gage geschickt. 6 Wochen später wurde die Hälfte überwiesen. Irgendwann im März schickte ich die 1. Mahnung, worauf eine lapidare Mail zurück kam, dass die Gage wegen Schlecht-bzw Nichtleistung gekürzt wurde. Dies wurde von mir beantwortet, dass wir diese Mängelrüge, die auch viel zu spät ausgesprochen wurde, nicht akzepteren. 4 Wochen später folgte von uns die 2. und noch mal 4 Wochen später die 3. Mahnung. Keine Reaktion.

Daraufhin übergab ich die Sache einem Inkassobüro. Hier wurde etwas ausführlicher vom Veranstalter die Zahlung aus fadenscheinlichen und sachlich falschen Gründen bestritten. Nun ging die Sache vor Gericht.

In der ersten Vorverhandlung wurde vom ausstehenden Betrag 50% als Vergleich angeboten, was wir natürlich ablehnten.

November 19 war dann die Verhandlung, wir zwei als Zeugen sowie 2 Zeugen von der Gegenseite. Am 7.1. wurde das Urteil gesprochen. Urteil ist hier anonymisiert angehängt. Wir haben Recht bekommen. Und die dort genannten Begründungen sind so allgemeingültig, dass ich diese nicht vorenthalten möchte.

Warum ich dies hier schreibe? Leute, macht Verträge und lasst Euch auf nichts ein. In diesem Urteil ist eindeutig begründet, warum, selbst bei schlechter Leistung oder bei unzufriedenen Publikum die Gage in voller Höhe fällig ist. Egal ob der Veranstalter das Konzert abbricht oder euch am Ende einreden will, wie schlecht ihr doch seit. Damit kommen sie nicht durch, wenn man sich auf die Hinterbeine stellt. Wenn ein Veranstalter nachverhandeln will, lasst Euch auf nichts ein, was Ihr nicht wollt. Stimmt keinesfalls des lieben Friedens willen zu.
 
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  • Urteil AG Erfurt v. 07.01.2020 anonymisiert.pdf
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Nach dem Amtsdeutsch amüsiert der Ausdruck "schimpfend und brummelnd" doch etwas in der Urteilsbegründung. :D

Danke für's Teilen. :great:
 
Damit kommen sie nicht durch, wenn man sich auf die Hinterbeine stellt.

Ich kann Dir nur sagen, dass man mit solchen pauschalen Aussagen vorsichtig sein sollte. Jeder Fall ist ein Einzelfall. In eurem Fall ist es Gott sei Dank für euch gut ausgegangen, aber das ist sicherlich nicht immer so.
 
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Das klingt ja wie aus einem schlechten Film.
Ich hätte wohl bei den ersten Einwänden zum Preis vor dem Konzert sofort abgesagt.
Verhandeln ist so gar nicht meins.
Würde ich das professionell machen bräuchte ich wohl zwingend einen Manager.
Einen wie Peter Grant mit sehr breiten Schultern.
 
Recht haben und Recht bekommen, sind immer zwei Paar Schuhe. Angesichts der Streitsumme wäre mir das wahrscheinlich zu blöd/nervig/zeitaufwendig gewesen.
Bei solch windigen Veranstaltern ist es auch immer gute Politik, das Geld sofort einzutreiben. Ein "Eklat" vor dem Publikum wollen die Veranstalter dann meist auch nicht...
 
Warum ich dies hier schreibe? Leute, macht Verträge und lasst Euch auf nichts ein. In diesem Urteil ist eindeutig begründet, warum, selbst bei schlechter Leistung oder bei unzufriedenen Publikum die Gage in voller Höhe fällig ist. Egal ob der Veranstalter das Konzert abbricht oder euch am Ende einreden will, wie schlecht ihr doch seit. Damit kommen sie nicht durch, wenn man sich auf die Hinterbeine stellt. Wenn ein Veranstalter nachverhandeln will, lasst Euch auf nichts ein, was Ihr nicht wollt. Stimmt keinesfalls des lieben Friedens willen zu.
Interssant: Euer Anwalt hat offenbar erfolgreich auf den geschuldeten Dienst ("Auftritt"), nicht auf das geschuldete Ergebnis eines Werkes ("brechend volles Haus") abgezielt.

Deinen Hinweis zu Verträgen kann man nur unterstützen.
 
Das kenne ich... unser erster Debütauftritt,Vorband... Als Novize kann man froh sein, wenn man überhaupt auftreten kann. Die kamen rüber zu uns in den Proberaum, fragten, ob wir Vorband machen wollten, und unser Bandsprecher sah bereits die DM-Scheine fliegen. Ich wollte alles schriftlich festlegen, nein, nicht nötig, man hat ja einen Ruf zu verlieren. Uns wurde Gage zugesichert, Abrechnungsbasis: Überschuß aus dem Getränkeverkauf. Das Haus war an diesem Abend brechend voll, wir haben einen Superauftritt hingelegt, und ich bin am nächsten Tag hin und wollte unsere Gage abholen.... Die Hauptband saß da schon dort und machte Kassensturz. Getränkeverkauf abzgl. dies und das und was kam am Ende unterm Strich raus? 0,00 DM für uns....

Ich war stocksauer.... aber ich war ja nicht der Bandsprecher... grrrr...
 
Euer Anwalt hat offenbar erfolgreich auf den geschuldeten Dienst ("Auftritt"), nicht auf das geschuldete Ergebnis eines Werkes ("brechend volles Haus") abgezielt.

Ich will das hier nicht breit ausführen, aber in der Tat gibt es einen Unterschied zwischen Werk- und Dienstvertrag. Beim Dienstvertrag führt die ausführende Leistung zur Schuldbefreiung. Beim Werkvertrag gibt es dagegen einen konkreten Leistungserfolg. Häufig findet irgendwo dazwischen das reale Leben statt, denn wie so oft zeichnet das Leben nicht schwarz und weiß. Daher kennt die Rechtswissenschaft auch Mischverträge - und spätestens und gerade dann wird es für den Laien kaum mehr absolut differenzierter.
 
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Tanz, Zauberei, Schlager, klingt schon nach krasser Nummer … :-D

Aber egal. Wenn ein Veranstalter sowas bucht, dann sollte er schon wissen, was er sich da einlädt.
Das Urteil kann ich schon nachvollziehen. Die "Schöpfungshöhe" steht nicht zur Diskussion.
Für künstlerische Leistung gibt's ja auch keine nachvollziehbar messbaren Kennzahlen, von reiner Aufführungsdauer mal abgesehen.

Dafür wird's wohl zu Silvester nur wenige Wiederholungen dieser Nummer geben, wie ich annehme.
 
Ich fand den Hinweis in der Urteilsbegründung klasse, dass ein Besucher eines Fußballspiels ja auch nicht seinen Eintritt zurückverlangen kann, wenn die eigene Mannschaft shyce spielt ...

Gut, dass ihr Zeugen benennen konntet. Wäre sicherlich - und das zu Recht! - anders ausgegangen, wenn ihr z.B. alkoholisiert aufgetreten wärt und eure Dienstleistung gar nicht hättet erbringen können. Aber - ihr habt eure Dienstleistung erbracht, und der Applaus des Publikums war nicht Bestandteil der Abmachung / des Vertrags. Von daher Glückwunsch für euren Mut, das Ding vor Gericht durchzuziehen und dann auch Recht zu bekommen.
 

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