Lads&Lasses Alte Musik auf wechseltönigen Instrumenten

Bernnt
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Vorwort der Moderation:

zu einem Video hat sich eine eigenständige weiterführende Diskussion entwickelt, deshalb wurde die Diskussion in einen eigenen Faden hierher ausgelagert.

zum auslösenden Ursprungsvideo hier entlang:


https://www.musiker-board.de/threads/neulich-bei-youtube.261493/page-96#post-9050627




Ich auch. Vielen Dank, @diatoner. Noten zu dem Stück habe ich hier gefunden. Im YT-Video und dort ist immer wieder von dem Playford Repertoire die Rede. Kann mich jemand von den Diatonikern aufklären, was das ist?
 
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an dem starken Unterbiss
Auf mich wirkt das so, als hätte er eine Maske auf. Schaut euch mal die anderen Videos auf dem YT-Kanal von dem Herren an. Der kann nur in leicht spöttischer englischer Verkleidung spielen. Ich find den Typ witzig und sein Spiel in dem Video oben faszinierend.

Ich hab an dem Stück gerade mit den Noten rumprobiert und ich weiß nicht, wie ich mit diesen Noten umgehen soll, was wie wo betont wird. Irgendwie krieg ich den Schwung nicht raus... Dabei sind das nur Halbe, Viertel und Achtel. Anderen scheint es ähnlich zu gehen - es finden sich diesbezüglich Anmerkungen auch unter dem Video. Au weia. Schade, eigentlich lohnt sich das Stück wirklich, um in diese fremde Welt aus dem 18. Jahrhundert und die Tänze damals ein bisschen einzutauchen. Das hat echt was. Gibt es von dem Stück eigentlich Notenvorlagen, "die stimmen"? Naja, vielleicht bin ich diesbezüglich einfach nur ungebildet.
 
Irgendwie krieg ich den Schwung nicht raus
So geht`s mir auch und wenn ich ihn richtig verstehe hat er sich auch nicht leicht getan.
sein Spiel in dem Video oben faszinierend.
Ich habe es mir seit er es eingestellt hat täglich mehrmals angehört und werde das noch eine Weile tun weil die Faszination nicht nachläßt.
Schaut euch mal die anderen Videos auf dem YT-Kanal von dem Herren an.
Die sind alle gut und ich habe viel von ihm gelernt, insbesondern aus den Tutorials.
 
Nette Gemeinschaft hier..
Ne Kleine Zwischenfrage von einem Nicht-Akkordeonisten zu dem letzten Video unter Recordinggesichtspunkten.
Die zu hörenden Knopfgeräusche, sind ja an und für sich unvermeidbar, ist das so wie dort gehört ungefähr der Aufnahmestandard?
Sprich mit dem Level der K-geräusche muss man i.d. Regel wie da zu hören leben oder gibts da Tricks z.B. Mikro von schräg hinten o.Ä...reine Neugier.

Grüsse
 
Die zu hörenden Knopfgeräusche,
Die zu hörenden Knopfgeräusche sind hier überdurchschnittlich laut weil das Instrument außenliegende Knöpfe hat und mit heftigen Anschlag gespielt wird. Außerdem sind wahrscheinlich die unter den Knöpfen liegenden Filze schon ziemlich platt geschlagen. Aufnahmetechnisch ist wohl nicht viel möglich weil das Klappern da entsteht wo der Ton rauskommt. Vermindern geht mit guter Mischtechnik schon, aber nicht ohne klanglichen Verlust. Ich bin übrigens der Meinung daß bei so alter Musik das Klappern dazugehört.
 
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Danke für die Info, ich war da wie gesagt unbedarft.
Es ist auch nicht so, dass ich das Klappern als generell störendes Geräusch empfände, hier ist es eher, dass die Knopfbetätigung nicht immer mit dem
erklingenden Tone rhytmisch harmoniert, das macht wohl den Faktor bei mir des eher störenden Auffallens...

Von der Betonung her würde ich das Stück eher als 6/8 mitzählen, er spielt da mit den Betonungen, die 1 ist aber meisst da.
Rhythmisch find ich das nicht verwirrend..
 
Schade, eigentlich lohnt sich das Stück wirklich, um in diese fremde Welt aus dem 18. Jahrhundert und die Tänze damals ein bisschen einzutauchen. Das hat echt was.

Die Erstausgabe von John Playfords "Dancing Master" stammt sogar aus dem Jahre 1651.

Die ersten Ausgaben hatten - wie damals üblich - noch nicht einmal Taktstriche (und das bei Tänzen!).
Die neueren Ausgaben enthalten schließlich schon die heute üblichen Taktstriche, die Rechtschreibung wurde modernisiert ("Broom" statt "Broome") und moderne Schlüssel. Der Violinschlüssel (als klar erkennbarer G-Schlüssel) rutschte auf die heute übliche Position (die zweite Notenlinie von unten) hoch.


Gibt es von dem Stück eigentlich Notenvorlagen, "die stimmen"?

Dein Link enthält doch alles: das Original (you can't get closer than this!).
Und die Transkription entspricht inhaltlich exakt der historischen Vorlage.
Besser "stimmen" geht nicht - alles andere wäre Hinzuerfinden und Interpretation.

Aber ein paar Hinweise zu interessanten Eigenheiten:
  • Druck mit beweglichen Lettern (!!!), deshalb die Unterbrechungen in den Notenlinien
  • Der komische Schlüssel entspricht dem heutigen Violinschlüssel (G-Schlüssel) und er sieht deshalb auch aus wie ein G.
  • Die Vorzeichen gelten heute für alle Oktavlagen - hier hat man sie noch für jede Oktave geschrieben (deshalb die zwei # bei fis' und fis'' - das ist trotzdem ganz normales G-Dur).
  • Weiblein als Sonnen ☉ und Männlein als Mond ☽ dargestellt, ist das nicht süß? :D
  • Taktangaben entsprechen praktisch der heutigen Schreibweise

lads-and-lasses-orig.png


Beim IMSLP gibt es sogar alle Ausgaben im Faksimile von der Erstausgabe 1651 lückenlos bis zur 10. Auflage 1698 und dann noch die 14. Auflage 1709
Na gut, gerade die Third Edition, um die es hier (angeblich) geht, ist unvollständig.
[Edit:] Und auch die Achtelbalken gab es eigentlich in der Third Edition noch nicht, die Kreuze sahen noch altmodischer aus (X-Form statt #-Form) und auch in den Titellisten des Links ist der Titel "Lads and Lassies" nirgends zu finden.
Aber auf jeden Fall kann man schön in den Originalen schmökern.


Viele Grüße
Torsten
 
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das Original (you can't get closer than this!)
@Be-3 , du scheinst Dich ja ein bisschen auszukennen. Super, deine Erklärungen. In der Tat: Das mit der Sonne und dem Mond ist nett...

Ich hab mir Aufnahmen angehört. Mir fällt auf, dass sie unterschiedlich schnell sind und dass verschieden harmonisiert wird (sowohl verschiedene Akkorde als auch verschiedene Begleitmuster).

Nun war ich damals noch nicht auf der Welt:D;). Sind die Tanzschritte dazu eigentlich überliefert? Wie schnell nimmt man die, ohne dass jemand einschläft oder dass jemand aus den Latschen kippt? Wie würdest Du begleiten? Und ganz wichtig: Wo sind die Melodiephrasen eigentlich jeweils vorbei? Atempausen oder so was finden sich ja nicht und darum macht wohl jeder, was er will (naja nicht ganz).
 
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Ich hab an dem Stück gerade mit den Noten rumprobiert und ich weiß nicht, wie ich mit diesen Noten umgehen soll, was wie wo betont wird. Irgendwie krieg ich den Schwung nicht raus...

Ja, das ist in der Tat nicht einfach, vor allem, weil früher in den Noten ja sehr viel weniger Informationen vermittelt wurden. Man denke da nur an die an den natürlichen Sprachrhythmus angelehnte, nicht explizit notierte, Rhythmik von gregorianischen Gesängen.
Im Grunde ist es (passend zu Deinem "Blues zu Fuß"-Faden) so, dass es auf die damals allgemein bekannten gängigen Konventionen ankommt, die heute freilich niemand mehr so genau kennt oder zwischen vielen Epochen unterscheiden muss (die berühmt-berüchtigte "historische Aufführungspraxis").

Bei "Lads and lasses" hilft es mir, streng in halben Noten zu zählen (deshalb steht da auch 3/2), dann bekommt man die ungewohnten Verschiebungen und Betonungen eher in den Griff.
Diatonische Instrumente wie im Video helfen dabei, allein durch die Spielweise (z. B. Knopf gedrückt halten und Tonänderung durch ruckartigen Balgwechsel) die typischen Akzente und den "Drive" reinzubekommen. Das ist auf chromatischen Instrumenten nur mit viel Übung, Erfahrung und Wissen möglich, dann da muss man das alles viel bewusster "inszenieren", damit es stilecht klingt.


Und ganz wichtig: Wo sind die Melodiephrasen eigentlich jeweils vorbei? Atempausen oder so was finden sich ja nicht und darum macht wohl jeder, was er will (naja nicht ganz).

Ich würde mal sagen: viel solche Musik hören, dann entwickelt man ein Gefühl (nicht, dass ich es so richtig hätte... :redface:). Das hat wirklich viel mit Blues gemeinsam. Nicht klanglich, aber prinzipiell. Ebenso wie die genretypischen Verzierungen, die auch stark von den Eigenheiten/Beschränkungen der Instrumente geprägt sind.
Beispielsweise können Dudelsäcke (je nach Bauart) keinen Ton absetzen, weshalb Tonwiederholungen immer durch die typischen Verzierungen zwischen den Tönen "simuliert" werden.


Wie schnell nimmt man die, ohne dass jemand einschläft oder dass jemand aus den Latschen kippt?

Das Thema Tempo, auch im Hinblick auf die Interaktion (!) von Musik und Tanz wird in den letzten Jahren/Jahrzehnten durchaus konträr in den Musikwissenschaften diskutiert. Da gibt es keine einfache Antwort.


Zur Harmonisierung wäre auch die damals übliche Stilistik wichtig. Wohl eher schlicht.
Im Extremfall überhaupt nicht! - Bei den erwähnten gregorianischen Chorälen ist eine Harmonisierung (wie sie oft heute in Gottelsob/Gesangbuch stehen) sogar grundsätzlich falsch und unpassend, weil damals nur Oktaven und mit Müh und Not später gerade noch Quinten als wohlklingend empfunden wurden.

Also eher spärlich, einfach, vielleicht bordunmäßig, oft ohne Terzen.


Nun war ich damals noch nicht auf der Welt:D;). Sind die Tanzschritte dazu eigentlich überliefert?

Hmmm, gute Frage.
Damals war ja Tanzen "voll angesagt", die Vorbilder stammten allesamt aus Frankreich und da gab es auch einen eigenen Code, mit dem man sogar Schrittfolgen usw. beschreiben konnte. Das war aber wohl eher im höfischen Bereich und die Playford-Stücke sind ja explizit für das "gemeine Volk" gedacht.
Immerhin gibt es ja zu jedem Stück Beschreibungen über Aufstellung (Sonnen und Monde) und den Tanz-Ablauf.
In der schlechten Grafik nicht gut zu lesen, aber da stehen ja auch Textanmerkungen:

"Note: Each Strain twice over"
Da die Doppel-Taktstriche zwar Abschnitte markieren, aber keine Wiederholungen eingezeichnet sind, wird danach als Hinweis gesagt, man solle jeden Abschnitt doppelt/zweimal spielen. Daher kommen die Wiederholungszeichen in den modernen Transkriptionen.

"Longways for as many as will"
Reihentanz für beliebig viele Paare.

"The firſt Man take his Partner by the Left-hand, and lead her into the ſecond Couples place, and
both turn ſingle__ The firſt Woman lead the firſt Man by the Right-hand, in his own place__
Then both fall back, meet again, then back to back, and turn Partners__ Fall back meet again,
lead thro' the bottom and top, then caſt down into the ſecond Couples place, and turn Partners__"

Das berschreibt doch schon ganz schön, wie der Tanz abläuft. Da stehen zwar keine expliziten "Tanzschritte", aber bekannte Figuren werden in ihrem Ablauf genau vorgegeben.


Auf jeden Fall ein interessantes Gebiet...
Torsten
 
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Bei "Lads and lasses" hilft es mir, streng in halben Noten zu zählen (deshalb steht da auch 3/2), dann bekommt man die ungewohnten Verschiebungen und Betonungen eher in den Griff.
Diatonische Instrumente wie im Video helfen dabei, allein durch die Spielweise (z. B. Knopf gedrückt halten und Tonänderung durch ruckartigen Balgwechsel) die typischen Akzente und den "Drive" reinzubekommen. Das ist auf chromatischen Instrumenten nur mit viel Übung, Erfahrung und Wissen möglich, dann da muss man das alles viel bewusster "inszenieren", damit es stilecht klingt.

Guy hat wirklich eine Steilvorlage hingelegt. In der Tat passt ein diatonisches Instrument ganz gut. Was er tut, lässt sich aber nicht so einfach erfassen. Um mir zu behelfen, hab ich mir eine Arbeitsgrundlage gebastelt, die sich ziemlich grob an Guy orientiert, aber teilweise andere Akkorde verwendet. Vielleicht interessiert sich jemand dafür. Die Noten sind bestimmt nicht das Gesetz der Meder und Perser, aber zumindest kann man mit diesem Entwurf ein bisschen rumexperimentieren:

Lads_and_Lasses.JPG





Mit der mp3 spielt es sich für mich einfacher. Irgendwie hab ich noch Schwierigkeiten mit dem 3/2.

Bestimmt gibt es bessere Möglichkeiten, das Ding zu spielen. Wenn jemand noch andere Ideen hat, her damit.
 

Anhänge

  • Lads_and_Lasses.mp3
    740,4 KB · Aufrufe: 419
  • Lads_and_Lasses.pdf
    33,5 KB · Aufrufe: 253
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Der rhythmische Kniff bei diesem Stück ist, dass die Melodie so quasi gleichzeitig im im 3/2-Takt wie notiert, aber auch in einem gedachten 2/2.-Takt abläuft (2. = punktierte Halbe).
Der "Schrat" im Video empfindet es wohl auch genau so, dann baut er noch einige schöne Synkopen mit ein (z.B. im 2. Takt auf der ersten Halben Note) und das kann schon ein wenig verwirren. Man könnte sich einen Handtrommel-Spieler dazu vorstellen, der mal auf dem 1./3/.5. Viertel (3/2-Takt) und abwechselnd dazu auf der 1. und 4. Viertel anschlägt (2/2.-Takt). Das gibt eine total schönen rhythmische Spannung und einen sehr schön federnden Schwung.
Als Übung würde ich empfehlen, zu dem Video mal den beschriebenen Handtrommel-Rhythmus mit zu klatschen und dabei immer wieder zwischen der 3/2- und 2/2.-Aufteilung zu wechseln. Dann vielleicht noch mit der Stimme die erwähnten Synkopen mit zu singen. Eine schöne Übung, vielleicht hilft sie ja, in das Stück zu kommen und vor allem in diesen herrlichen tänzerischen Schwung.

Diese Art Rhythmik ist recht typisch für diese Epoche, gerade für Tanzmusik.
 
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rhythmische Spannung und einen sehr schön federnden Schwung.
Danke für die Beschreibung. Das ist genau was mich auf Anhieb fasziniert hat, ich habe sofort einen tanzenden Bauern gesehen. Es wird aber eine Weile dauern bis ichs hinkrieg.
 

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