Die Sache ist eigentlich ganz einfach oder auch wieder nicht...
Unstrittig und auch durch verschiedene wissenschaftliche Experimente belegt (Prof. Fleischer, Dr. Russell) ist, daß jeder Gitarrenhals ein schwingfähiges Gebilde darstellt. Allein durch seine Länge und die einseitige Befestigung kann man sich das anschaulich sehr gut vorstellen. Als schwingfähiger Körper hat der Hals Resonanzen und Antiresonanzen. Es gibt also Frequenzen auf denen er sich gut zum Schwingen anregen läßt und solche, wo das nicht geht. Faßt man den Hals an, was bei einer Gitarre ja eher normal ist, so verändert sich dieses Schwingungsverhalten zumindest für die beiden ersten bending modes schon einmal (auch das ist nachweislich). Über den Klangeinfluß des handelnden Musikers reden wir dann ein anderes Mal...
Interessant für den klanglichen Einfluß sind die schon genannten Resonanzen und ihre Gegenparts. Ihre Lage hängt unter anderem von der Härte und Festigkeit des Materials ab. Ahorn und Mahagoni unterscheiden sich hier und daraus resultieren auch ein wenig die Unterschiede. Allerdings ist der direkte Vergleich Strat/Ahornhals mit Paula/Mahagonihals mehr als gewagt. Hier werden dann häufig die berühmten Äpfel mit den nicht minder berühmten Birnen verglichen!
Wenn ein Hals bei einer bestimmten Frequenz gut schwingt bedeutet das, daß er der Saite bei dieser Frequenz Energie entzieht, die dann in Hals und Korpus und mechanische und thermische Energie umgewandelt wird. Der Tonabnehmer "hört" dann die Saite, auf der diese Frequenz fehlt oder zumindest bedämpft ist. Das ganze wirkt also wie ein Filter (EQ).
Hälse aus härterem Material haben ihre Resonanzen in der Regel bei höheren Frequenzen. Die fehlen dann auf der Saite. Resultat: Klingt weicher, nach mehr Bässen,...
Umgekehrt geht das natürlich auch. Liegen die Resonanzen tiefer sind eher die tiefen Frequenzen betroffen. Resultat: Klingt spritzige, brillanter,...
Ersteres ist zum Beispiel bei Mahagoni der Fall und für Ahorn paßt der zweite Fall.
Bei der Strat gibt es Ahornhälse mit Ahorngriffbrett oder mit Palisandergriffbrett. Ich habe beides zur Verfügung und meine zu hören, daß die reine Ahornkonstruktion ein wenig "spritziger" ist (Palisander ist härter als Ahorn).
Betrachtet man jetzt laminierte Hälse, also solche, die aus Streifen verschiedener Hölzer zusammengesetzt sind, dann ist dieser Körper insgesamt deutlich steifer. Er wird sich dann also deutlich von einem reinen Ahornhals unterscheiden. Gut zu sehen und zu hören ist das zum Beispiel bei der Musician-Serie von Ibanez (DerOnkel hat eine). Aber auch andere Anbieter aus den späten 70ern und den frühen 80ern hatten solche Instrumente im Angebot. Meisten waren sie mit Humbuckern ausgerüstet. Ein Split war zwar häufig möglich, aber die spritzigen Höhen einer Stratocaster kamen da nicht wirklich raus.
Bei laminierten Hälsen kommt es da nicht so sehr auf das Material an, sondern auf die Art und Weise, wie das Material verbunden ist (billiges weiches Birkensperrholz weist allein aufgrund seiner Konstruktion eine große Steife auf, als Halsmaterial würde ich es trotzdem nicht wählen

). Geeignete harte Hölzer können dazu führen, daß man fast keine Stahleinlage im Hals benötigt, weil das Resultat extrem verwindungssteif ist.
Meine persönlichen "Klangeindrücke" passen zumindest mit der oben von mir angerissenen Theorie zusammen und die Herren Fleischer und Russell bestätigen das mit ihre jeweiligen Untersuchungen.
Am Ende ist doch alles Physik!
Ulf