Lange Töne halten, früher Registerwechsel

  • Ersteller broeschies
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@ broeschies

antipasti, moniaqua und Vali haben im Prinzip alles Wesentliche schon gesagt, ich muss also nichts mehr anfügen - ausser vllt dies:

Nehmen wir mal (rein hypothetisch ;)) an, dass du recht hast und es Frauenstimmen gibt, die tatsächlich bereits ab e'' ins Pfeifregister wechseln. Wenn ich mich recht erinnere, hast du mal geschrieben, dass das v.a bei unausgebildeten Sängerinnen der Fall sein soll(?)

Nehmen wir also als Anschauungsmaterial mal die (unausgebildeten) weiblichen Mitglieder eines Laienchores. Weisst du wie viele Sängerinnen es in diesen Chören gibt, die ab einer gewissen Höhe Probleme kriegen! (und mit gewisser Höhe meine ich jetzt nicht den Bereich a''-h'' sondern schon ab ca. fis''/g'').
Solche Sängerinnen haben dann 2 Möglichkeiten: entweder sie klinken in dieser Lage aus oder sie singen voll durch - und sind nach 1-2 Stunden sackeheiser! Natürlich kann man jetzt sagen, dass liegt daran, weil sie nicht im Körper verankert sind, weil die Atmung nicht stimmt und der Stimmsitz nicht adäquat ist... Aber vielleicht kriegen ja tatsächlich v.a solche Sängerinnen Probleme, die zu früh ins Pfeifregister wechseln. Dafür würde sprechen, dass es in den Chören auch immer wieder (unausgebildete) Sängerinnen gibt, die eine 2 Stunden dauernde voll durchgesungene Probe schadlos überstehen, und das obwohl sie genauso körperlos singen wie der Rest und von korrekter sängerischer Atmung so weit entfernt sind wie die Erde vom Neptun. Warum dieser Unterschied? Ev. weil die sogenannten "robusten Stimmen" es einfach fertig bringen - neben allen technischen Defiziten - bis g''/a'' (und auch weiter rauf) in der Randstimme zu bleiben?

Alles wilde Speklation, sicher! Aber wäre all das der Fall (was ich persönlich nach wie vor überhaupt nicht glaube), ist es doch offensichtlich, wie verantwortungslos und schädlich es ist, in einem öffentlich zugänglichen Forum die Leser zu solchen Experimenten und Selbstversuchen zu ermuntern!

Sehr gutes Beispiel: Hie wäre meine Sicht auf diesen Fall: Das Problem bei unausgebildeten Sängern ist bei allen Registern dasselbe: Sie sind nicht in der Lage die Register sauber zu mischen. Gerade beim laut singen besteht deshalb immer die Tendenz, das jeweils tiefere Register "hochzuziehen" ohne dabei das höhere Register dazuzumischen. Die Sängerinnen, die ab fis''/g'' Probleme bekommen, bekommen diese also aus meiner Sicht deshalb, weil sie versuchen in der Randstimme zu bleiben ohne dabei die Pfeifstimme hinzuzumischen. Wenn man also davon ausgeht, das e'' der übliche Bereich ist die Pfeifstimme hinzuzumischen (bzw. im piano sogar komplett in die Pfeifstimme zu wechseln), dann gibt es gerade im Bereich f''/g'' Probleme.

Das gleiche Spiel ist ja auch typisch beim Übergang von Vollstimme in Randstimme. Wenn man nicht früh genug beginnt, die Randstimme in die Vollstimme "einzupflegen", dann gibt es ab einer bestimmten Tonhöhe Probleme. Diese Tonhöhe entspricht auch dort gerade etwa dem Bereich, ab dem man in piano in die reine Randstimme wechseln würde.

Aus dieser Sicht wäre es sogar gesünder dann halt das f'' und g'' in Pfeifstimme zu singen. Das klingt dann vielleicht schlechter, wäre aber besser als die reine Randstimme hochzupushen. Die Sängerinnen, die trotzdem durchhalten, haben dann vielleicht Talent und sind in gewissem Maße in der Lage, die Pfeifstimme einzupflegen oder sie wechseln tatsächlich in die Pfeifstimme, was sich wie schon gesagt oftmals klanglich gar nicht so stark von der Randstimme unterscheidet. Diese Sängerinnen wären dann allerdings etwas leiser als ihre Kolleginnen, die in der Randstimme bleiben.

Bei einem ausgebildeten Opernsopran läuft der Vorgang des "Beimischens" meines Wissens nach so ab (da gibt es auch Laryngoskopien von): Etwa im Bereich um f'' beginnt die Sängerin damit, die Stimmlippen leicht zu öffnen. Das geschieht sozusagen "in Vorbereitung" auf die reine Pfeifstimme, denn in der Pfeifstimme sind die Stimmlippen offen, in der Randstimme schließen sie. Diese Öffnung wird schrittweise vergrößert und erlaubt dann bei etwa c''' einen sauberen Übergang in die reine Pfeifstimme.

Contemporary-Sängerinnen tun das in der Regel nicht. Deshalb ist für viele Contemporary-Sängerinnen im Bereich e''/f'' auch schlicht und einfach Schluss mit der Range. Einige können die Randstimme noch bis a'' oder h'' hochziehen ohne dabei die Pfeifstimme beizumischen. Das erfordert dann aber wirklich eine sehr gute Stütztechnik, die Anfänger in der Regel nicht haben.

Es ist letztendlich wirklich das gleiche Prinzip wie bei Vollstimme -> Randstimme. Man KANN das untere Register in die Höhe ziehen, WENN man die nötige Stütztechnik hat. Anfänger bekommmen häufig Probleme, weil sie das untere Register hochziehen ohne die Stütztechnik zu haben. Relativ unproblematisch sollte aber das frühzeitige Wechseln in das höhere Register sein. Dann ist es aber meist so, dass Klang und/oder Lautstärke nicht zufriedenstellend sind.
 
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Das Problem bei unausgebildeten Sängern ist bei allen Registern dasselbe: Sie sind nicht in der Lage die Register sauber zu mischen.

Da müsste erst mal klar definiert werden, was da wo gemischt wird. Zu Contemporary (und in diesem Sub befinden wir uns ja immerhin noch) kann ich nichts sagen. In der "normalen" klassischen Gesangsausbildung aber ist es so (zumindest habe ich das so gelernt), dass sich der Begriff "mischen" idR. auf die Merkmale des Klanges bezieht, damit keine Übergänge hörbar sind. Was dabei die Stimmlippen tun interessiert eher weniger.

Was aber den Bereich der Stimmlippenaktivität anbelangt: hier scheint es mir, dass du davon ausgehst, dass die Pfeif-Funktion die natürliche (und bei jedem Menschen abrufbare resp trainierbare) Fortsetzung in der Stimmlippenbewegung ist, also: Vollstimme-Randstimme-Pfeifstimme und demzufolge für den Übergang Randstimme zu Pfeifstimme in etwa gleiche Gesetzmässigkeiten und Kriterien gelten wie für Vollstimme zu Randstimme.

Dem gegenüber steht, dass viele (ernstzunehmende) Autoren schreiben, dass Zustandekommen und Abläufe der Pfeiffunktion noch nicht restlos geklärt seien. Haben die alle die neuesten Forschungen und Erkenntnisse verpennt?
Wenn aber noch nicht restlos geklärt ist, was da genau passiert, finde ich es reichlich gewagt, das Pfeifregister grad mal so einzubinden wie du das tust.

Und: die gleichen Autoren sagen auch aus, dass das Pfeifregister (oder zumindest das was der Praktiker darunter versteht) nicht bei allen Frauenstimmen vorhanden ist (von den Männern ganz zu schweigen) und auch durch Ausbildung der Stimme nicht zwingend erscheinen muss. Wie passt das zu deiner Theorie? Umgekehrt habe ich aber noch nie gehört, dass es Menschen geben soll, bei denen es unmöglich ist, durch eine (adäquate!) Gesangsausbildung die Randstimme zu entwickeln.

Also für mich durchaus möglich, dass das Pfeifregister etwas "hors concours" läuft und man deshalb mit Schlüssen wie du sie ziehst vorsichtig sein sollte.
 
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Da müsste erst mal klar definiert werden, was da wo gemischt wird. Zu Contemporary (und in diesem Sub befinden wir uns ja immerhin noch) kann ich nichts sagen. In der "normalen" klassischen Gesangsausbildung aber ist es so (zumindest habe ich das so gelernt), dass sich der Begriff "mischen" idR. auf die Merkmale des Klanges bezieht, damit keine Übergänge hörbar sind. Was dabei die Stimmlippen tun interessiert eher weniger.
Ganz genau! Deshalb habe ich auch zuletzt öfter geschrieben, dass ich finde, dass die Resonanzanpassung (und damit die Merkmale des Klanges) eigentlich wichtiger sind beim Singen lernen als die Schwingungsmodi, auch im Contemporary-Bereich. Eine Mischung der Schwingungsmodi findet auch statt, aber die geht fast automatisch, wenn man das mit dem "Mischen des Klangs" drauf hat.

Was aber den Bereich der Stimmlippenaktivität anbelangt: hier scheint es mir, dass du davon ausgehst, dass die Pfeif-Funktion die natürliche (und bei jedem Menschen abrufbare resp trainierbare) Fortsetzung in der Stimmlippenbewegung ist, also: Vollstimme-Randstimme-Pfeifstimme und demzufolge für den Übergang Randstimme zu Pfeifstimme in etwa gleiche Gesetzmässigkeiten und Kriterien gelten wie für Vollstimme zu Randstimme.

Dem gegenüber steht, dass viele (ernstzunehmende) Autoren schreiben, dass Zustandekommen und Abläufe der Pfeiffunktion noch nicht restlos geklärt seien. Haben die alle die neuesten Forschungen und Erkenntnisse verpennt?
Wenn aber noch nicht restlos geklärt ist, was da genau passiert, finde ich es reichlich gewagt, das Pfeifregister grad mal so einzubinden wie du das tust.

Und: die gleichen Autoren sagen auch aus, dass das Pfeifregister (oder zumindest das was der Praktiker darunter versteht) nicht bei allen Frauenstimmen vorhanden ist (von den Männern ganz zu schweigen) und auch durch Ausbildung der Stimme nicht zwingend erscheinen muss. Wie passt das zu deiner Theorie? Umgekehrt habe ich aber noch nie gehört, dass es Menschen geben soll, bei denen es unmöglich ist, durch eine (adäquate!) Gesangsausbildung die Randstimme zu entwickeln.

Also für mich durchaus möglich, dass das Pfeifregister etwas "hors concours" läuft und man deshalb mit Schlüssen wie du sie ziehst vorsichtig sein sollte.
Die Arbeiten, die etwas mehr Licht in den Bereich des Pfeifregisters bringen, sind aus den Jahren 2010-2012. Es ist deshalb gut möglich, dass die Autoren von denen du sprichst die neusten Arbeiten einfach noch nicht kannten. Davor war mangels Forschung tatsächlich die Annahme üblich, dass das Pfeifregister erst ab c''' beginnt und es demnach auch Menschen gibt (insbesondere Männer), die kein Pfeifregister entwickeln. Das trifft auch immer noch in sofern zu, dass es wirklich Menschen gibt, die keinen Zugang zu dem Bereich der Stimme haben, in dem NUR noch das Pfeifregister verwendet werden kann.
 
Und: die gleichen Autoren sagen auch aus, dass das Pfeifregister (oder zumindest das was der Praktiker darunter versteht) nicht bei allen Frauenstimmen vorhanden ist (von den Männern ganz zu schweigen) und auch durch Ausbildung der Stimme nicht zwingend erscheinen muss.

Ich habe zum Beispiel keins.
 

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