G
Gast 64587
Gesperrter Benutzer
Moin!
Also, eigentlich hatte ich ursprünglich lediglich vor, eine - wie ich zumindest finde - ganz nette Art und Weise zu präsentieren, wie man Modes auch mal üben bzw. klanglich verinnerlichen kann.
Es hat sich aber jetzt so ergeben, dass ich gerade in letzter Zeit vermehrt mal wieder über Äußerungen, Erklärungen und Konzeptionen, was Modes angeht, gestolpert bin, die ich mindestens als sehr unvollständig, nicht selten aber sogar als vollkommenen Blödsinn bezeichnen muss. Und das Schlimmste daran ist: Der praktische Nutzen von Modes (der sehr hoch sein kann, wie man hoffentlich noch sehen wird ) bleibt dabei häufig komplett auf der Strecke.
Oft kann man bspw. Folgendes lesen: "D-dorisch ist C-Dur von D nach D". Das ist per se noch nicht einmal *so* verkehrt, nur ist diese Aussage bestenfalls von analytischem Wert, denn wenn man die C-Dur Tonleiter von D nach D betrachtet, mit dem D eben als neuem Grundton, ergibt sich selbstverständlich eine andere Intervallstruktur als bspw. in C-Dur selber (also von C bis C betrachtet) - und das Wissen um diese Intervallstruktur kann durchaus hilfreich sein, bleibt aber letztendlich eine rein analytische Geschichte mit relativ geringem praktischen Wert (ich hoffe, man wird sehr bald sehen, warum).
Noch fataler ist es mit Aussagen a la "D-dorisch ist C-Dur von D nach D gespielt". Wahnsinn, reiner Wahnsinn. Wenn ich meine werte C-Dur Tonleiter von D nach D spiele und unten drunter (in einem Backing welcher Art auch immer) ein C-Dur Akkord liegt, dann hat der sich ergebende Klangcharakter mit dorisch so richtig gar nichts am Hut, sondern es klingt ganz fein nach C-Dur.
So, an dieser Stelle darf kann und muss natürlich die Frage aufkommen: "Was lässt uns denn dann den Klangcharakter eines Modes "erfahren"?"
Die Antwort ist vorerst relativ einfach: Das "harmonische Umfeld". Ein Beispiel gab es ja oben schon zu lesen, über einem C-Dur Akkord klingt das Tonmaterial aus C-Dur nach C-Dur, sprich "ionisch" (der Name für diesen Modus)
Anm: Die Namen für unsere Modi leiten sich im übrigen aus der gregorianischen Kirchenmusik ab, deshalb oft auch der Ausdruck "Kirchentonarten". Für die heutzutage übliche Anwendung ist dieser historische Bezug aber quasi vollkommen belanglos, die Namen sollte man sich halt merken.
Ein weiteres Beispiel sollte jeder, der sich bereits mal mit Durtonleitern und deren parallelen Molltonleitern beschäftigt hat, kennen: Benutzen wir das Tonmaterial aus C-Dur über einen C-Akkord, erklingt C-Dur (eben "ionisch"), haben wir es aber mit einem A-Moll Akkord zu tun, so erklingt die parallele Molltonart, nämlich natürlich Moll oder auch "äolisch".
Ich glaube, man kann jetzt schon ziemlich gut erkennen, worauf die Sache hinausläuft.
Modes sind "Abkömmlinge" einer zugrundeliegenden Dur-Tonleiter/Tonart (es gibt im übrigen auch Modes, die sich bspw. von harmonisch oder melodisch Moll ableiten, für jetzt soll uns aber die Durtonleiter reichen).
Die klangliche Definierung erfolgt dadurch, dass wir die jeweiligen Stufen dieser Durtonleiter als neues harmonisch-melodisches "Zentrum" zu "etablieren" versuchen. Dafür ist eben unbedingt ein harmonisches "Umfeld" vonnöten, wie das eben genannte Beispiel von C-Dur und A-Moll relativ eindeutig sehen lässt.
Was sind also folglich die Voraussetzungen, um einen Mode erklingen zu lassen?
1) Ich benutze das Material der zugrundeliegenden Durtonleiter über den Basston der jeweiligen Stufe.
2) Ich benutze das Material der zugrundeliegenden Durtonleiter über den Akkord, der sich auf der jeweiligen Stufe aufbaut.
3) Ich passe meine Melodielinien durch entsprechende Phrasierung so an, dass zentrale Töne des jeweiligen Modes betont und womöglich nicht passende Töne vermieden bzw. nur als Durchgangstöne benutzt werden.
Ein paar Anmerkungen zu diesen Statements.
Es mag sich etwa hinsichtlich des 3. Punktes die Frage stellen, warum man auf sowas achten muss. Ist es denn nicht so, dass C-Dur über einem D-Basston oder Akkord nach D-dorisch klingt? Doch, prinzipiell schon, aber es passt nicht jede Linie, die über einen C-Dur Akkord fein klingt, auch über alle anderen Stufen(akkorde).
Auch sollte es für jetzt schon ziemlich klar ersichtlich sein, dass Modes ohne die jeweiligen Stufenakkorde nicht wirklich funktionieren werden.
Ich möchte mich im Folgenden also der Kombination von Stufenakkorden und Modes widmen.
Im Übrigen: An sich bestehen zwischen Akkorden und einer entsprechenden Skala keinerlei funktionelle Unterschiede. Ein Akkord kann als "auseinandergefaltete" Skala betrachtet werden, eine Skala folglich als ein "zusammengefalteter" Akkord. Ich denke, dass dieser Umstand gleich ersichtlich werden wird.
Wie sind diese Stufenakkorde aufgebaut?
Eigentlich ganz einfach. Man nimmt den jeweiligen Grundton und "stapelt" darauf diatonische (sprich tonleitereigene) Terzen (ganz grob für jetzt: Terz-Intervall = von einem Ton zum übernächsten), bis alle Tonleitertöne aufgebraucht sind. Als Beispiel für die 1. Stufe in C-Dur, also einem Akkord mit Grundton C:
C-E-G-B-D-F-A
(Anm.: Ich werde für das deutsche "H" ausschließlich die international übliche Bezeichnung "B" gebrauchen.)
Der nächste Schritt besteht darin, diesen Akkord zu analysieren. Für obigen Akkord würde das so aussehen:
C = Grundton
E = große Terz (macht daraus einen Durakkord)
G = Quinte
B = große Septime (j7)
D = große None (9)
F = reine Undezime (11, identisch mit der Quarte, 4)
A = große Tredezime (13, identisch mit der Sexte, 6)
Diese Analyse fassen wir in einem Akkordsymbol zusammen, das sieht dann so aus:
Cmaj7/9/11/13
Kleine Anm. zur Akkordsymbolik: Wenn wir etwa einen Akkord a la "C9" antreffen, dann geht man davon aus, dass auch zumindest die Septime (in diesem Fall die kleine, die große muss eigens durch ein "j" oder "maj" indiziert werden) vorhanden ist. Wollen wir nur einen C-Dur Dreiklang mit zugefügter None, dann würde der Akkord "Cadd9" heißen. Es werden also nicht immer alle möglichen Indizierungen angegeben, ich werde es hier aber, zwecks besserer Vergleichbarkeit, so halten.
Und noch eine Anmerkung zur generellen Strukturierung von Akkorden: In der moderneren Harmonielehre geht man, anders als bspw. in den meisten klassischen Werken, bei der harmonischen Analyse durchaus auch von Septakkorden aus. Der "Grundakkord" des eben dargestellten Cs wäre also ein "Cmaj7". Die über die Oktave hinausgehenden Töne werden üblicherweise "Optionstöne" genannt. Selbstverständlich bedeutet diese Art der Organisation nicht, dass es keine normalen Dreiklänge a la "C" mehr gibt. Da wird die Septime dann eben einfach weggelassen. Für eine Analyse von Stufenakkorden bietet es sich allerdings an, das komplette mögliche Akkordgebilde unter die Lupe zu nehmen.
Ok, dem aufmerksamen Leser wird sich jetzt hoffentlich eine Frage regelrecht aufdrängen:
Macht es Sinn, in einem Akkord sämtliche Skalentöne zu benutzen?
Die Antwort ist ein ganz klares "Nein!".
Hier ein paar Gründe:
- Selbst wenn alle Skalentöne tatsächlich mehr oder minder brauchbar klingen würden (was bei dem ein oder anderen Akkordkonstrukt übrigens tatsächlich der Fall sein kann, wenn auch eher selten ), so würde ja die Unterscheidbarkeit verschiedener Akkorde ziemlich den Bach runtergehen, wenn man andauernd alle Skalentöne benutzen würde.
- Selbst wenn es gewisse Akkorde gibt, zu denen bisweilen alle Skalentöne passen, so wird der Akkordcharakter vermutlich doch ein wenig an "Verwaschenheit" leiden.
- Ein ganz profanes, gitarrenorientiertes Ding: Wir haben normalerweise nur 6 Saiten, darauf kann man einfach keine 7 verschiedenen Töne zeitgleich unterbringen. Selbst 6 verschiedene Töne sind nur in sehr wenigen Fällen sinnvoll unterzubringen.
- Die absolut wichtigste Geschichte: Es passen schlicht und ergreifend nicht alle Skalentöne zu jedem Akkord. Der Fachjargon spricht hier von "Avoid Notes", also Tönen, die es zu vermeiden gilt. Diese "Avoid Notes" sind so ein zentraler Bestandteil in der Benutzung von Stufenakkorden, Modes und der Melodiebildung im allgemeinen, dass ich ihnen ein komplettes "Kapitel" widmen möchte.
"Avoid Notes" und daraus folgende Implikationen.
"To avoid" heißt "vermeiden", "Avoid Notes" sind folglich, wie schon erwähnt, Töne, die es eher nicht zu benutzen gilt.
Man mag sich jetzt natürlich fragen, warum man denn Töne aus bspw. C-Dur nicht über einem Stufenakkord aus C-Dur benutzen sollte.
Die Antwort ist relativ einfach: Selbst innerhalb einer Durtonleiter gibt es Töne, die im Zusammenspiel mit anderen Dissonanzen erzeugen. Das ist speziell dann störend, wenn diese Dissonanzen im Zusammenklang mit "Hauptakkordtönen" (also Grundton, Terz, Quinte und womöglich auch Septime) auftreten.
Die vermutlich am häufigsten "aufstoßende" Dissonanz ist die durch das Intervall einer kleinen None (b9) entstehende. Das geht so weit, dass es in gewissen Tonsatzlehren so etwas wie ein "b9 Verbot" gibt (Ausnahmen bestätigen wie so oft die Regel, aber ich will mich hier auch nicht den Ausnahmen widmen). Auch die kleine Sekunde (b2) ist oftmals Punkt des Anstoßes, letztendlich ist eine b9 ja auch nichts anderes als eine b2 mit einer zusätzlichen Oktave.
Schnappen wir uns jetzt mal den oben schon aufgelisteten C-Dur Akkord mit seinen ganzen Optionstönen und schauen uns die Intervallstruktur an. Wir werden feststellen, dass die Terz E und die Undezime (11) F das Intervall einer kleinen None bilden. Da jetzt die Terz elementarer Ton unseres C-Dur Akkordes ist, sollten wir von der 11 als Optionston Abstand nehmen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis ergibt sich für das Benutzen von Modes bzw. auch generell beim melodischen "Bespielen" irgendwelcher Akkorde: Diese "Avoid Notes" taugen nicht als stabile Zieltöne. In unserem C-Dur Akkord ist das F also weder wünschenswerte Akkorderweiterung, noch wünschenswerter Melodieton.
Und, damit das alles nicht ganz so abstrakt ist, hier ein ganz einfaches Klangbeispiel, nämlich ein vom E-Piano gespielter C-Dur Akkord (ganz simpel, also ohne Septime und sonstigen Schnickschnack) und per Gitarre ein darüber angespieltes F, einmal in der Lage des Es, einmal ein Oktave darüber (wir haben es also erst mit einem b2, dann mit einem b9 Intervall zu tun).
Das klingt nicht wirklich elegant, oder? Eher schon wie im falschen Film, in meinen Ohren jedenfalls.
Ich kann folglich den Nutzen des Wissens um diese "Avoid Notes" nicht genug betonen und werde in diesem Thread noch mit weiteren Klangbeispielen darauf eingehen.
Ok, im nächsten Posting werde ich jetzt erst einmal eine Liste der sich innerhalb einer Durtonleiter aufbauenden Stufenakkorde und Modes inkl. Akkord- und Skalenanalyse liefern (kommt in wenigen Minuten, ist schon vorgeschrieben), danach möchte ich dann mal den praktischen Nutzen einer solchen Liste demonstrieren.
Eventuell aufkommende Fragen werde ich sehr gerne versuchen, zu beantworten.
Und ich bitte auch darum, mich auf etwaige Ungereimtheiten bzw. auch Unverständlichkeiten hinzuweisen.
Gruß
Sascha
---------- Post hinzugefügt um 12:32:16 ---------- Letzter Beitrag war um 12:29:12 ----------
Hier jetzt also die Liste aller Akkord- bzw. Mode-Stufen einer Durtonleiter am Beispiel C-Dur.
Ich habe die im letzten Posting erwähnten "Avoid Notes" in Klammern gesetzt - man sieht natürlich auch, dass es sich bei Akkorden und den dazugehörigen Skalen um dieselben Noten handelt. Es sei übrigens gesagt, dass man diese Töne innerhalb einer Skala selbstverständlich als Durchgangstöne benutzen kann, nur als zentrale Zieltöne sind sie oftmals eben ziemlich ungeeignet (wie das schon gepostete Beispiel eines Fs über einem C-Akkord ja bereits recht deutlich zeigen sollte).
Ferner werde ich zu jeder Stufe ein paar Anmerkungen schreiben.
1. Stufe: C
Akkordaufbau: C E G B D (F) A
Akkordanalyse: 1 3 5 j7 9 (11) 13
Akkordsymbol: Cmaj7/9/(11)/13
Skalenaufbau: C D E (F) G A B
Skalenanalyse: 1 2 3 (4) 5 6 j7
Skalenname: Ionisch
Anm.: Die Skala ist halt auch als ganz normal "Dur" bekannt. Zum Akkord lässt sich sagen, dass dieser gelegentlich mit einem "sus4" Vorhalt auftaucht (heißt, dass die große Terz E durch die Quarte F ersetzt wird). In dem Fall wird das F natürlich ein sehr günstiger Zielton, das E hingegen weniger. Auch wird in diesem Fall quasi nie eine maj7 gespielt, man sollte die also dann als Zielton vermeiden.
2. Stufe: D
Akkordaufbau: D F A C E G
Akkordanalyse: 1 3- 5 7 9 11 [13]
Akkordsymbol: Dmin7/9/11/[13]
Skalenaufbau: D E F G A C
Skalenanalyse: 1 2 3- 4 5 [6] 7
Skalenname: Dorisch
Anm.: Ich habe hier die "Avoid Note" B in eckige Klammern gesetzt. Der Grund dafür ist, dass das B meistens kein b9-Intervall mit der Septime C bildet, da sich die Septime in den häufigsten Fällen relativ weit "unten" im Akkord befindet. Das resultiertende Intervall C-B ist eine große Septime und wird von unseren Ohren eigentlich als sehr viel konsonanter empfunden. Auch gibt es gelegentlich sogar Fälle, in denen die 13 (also das B) in einen Akkord eingebunden wird, hier ein ganz typisches Funk-Pattern:
Weiterhin wird man nicht selten, um auch akkordisch einen dorischen Klang zu etablieren, einen Dmin6 Akkord hören. In dem Fall wird die Septime C durch die Sexte B ersetzt, dadurch gerät das C zu einem kritischen Zielton, eben wieder wegen des entstehenden b2- oder b9-Intervalls.
3. Stufe: E
Akkordaufbau: E G B D (F) A (C)
Akkordanalyse: 1 3- 5 7 (b9) 11 (b13)
Akkordsymbol: Emin7/(b9)/11/(b13)
Skalenaufbau: E (F) G A B (C) D
Skalenanalyse: 1 (b2) 3- 4 5 (b6) 7
Skalenname: Phrygisch
Anm.: Wir sehen, dass es hier gerade die zentrale, den Mode ausmachende, Note ist, die man an sich tunlichst nicht als Akkord- oder Zielton benutzen sollte, nämlich die b9 F. Wie gesagt, als Durchgangston mag das funktionieren, aber es wird durch diesen Umstand relativ schwierig, den phrygischen Mode als solchen zu "etablieren". Klangbeispiele folgen.
4. Stufe: F
Akkordaufbau: F A C E G B D
Akkordanalyse: 1 3 5 j7 9 #11 13
Akkordsymbol: Fmaj7/9/#11/13
Skalenaufbau: F G A B C D E
Skalenanalyse: 1 2 3 #4 5 6 j7
Skalenname: Lydisch
Anm.: Sieht ja super aus, diese Analyse. Keine einzige "Avoid Note". Leider muss man das in der Praxis ein wenig relativieren. Wenn wir tatsächlich im Akkord eine #11 benutzen (was sehr hübsch sein kann), dann wird das praktisch meist so gelöst, dass die Quinte durch die #11 ersetzt wird (ist ja auch im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend, denn diese Töne sind ja benachbart). Dadurch gerät die Quinte, zumindest wenn in höheren Lagen gespielt, zu einem u.U. kritischen Ton, denn es ergibt sich dann im Zusammenspiel mit der #11 ein b2- oder gar ein b9-Intervall.
5. Stufe: G
Akkordaufbau: G B D F A (C) E
Akkordanalyse: 1 3 5 7 9 (11) 13
Akkordsymbol: G7/9/(11)/13
Skalenaufbau: G A B (C) D E F
Skalenanalyse: 1 2 3 (4) 5 6 7
Skalenname: Mixolydisch
Anm.: Vielleicht ein etwas subjektiver Eindruck, aber zumindest improvisatorisch (sprich, in der Skala) erscheint mir die Quarte (4/11, also das C) als deutlich weniger kritisch, verglichen mit den "Avoid Notes" anderer Stufen. Ganz direkt als dauerhaften Zielton sollte man sie aber vermutlich dennoch vermeiden.
Auch diesen Akkord finden wir häufig in der sus4 Variante, hier meistens inkl. Septime, also bspw. G7sus4. In dem Fall wird die Terz B u.U. ein nicht wirklich günstiger Anspielton, zumal auf so einen G7sus4 häufig ein G7 folgt und man mit einem B über dem G7sus4 die akkordische Auflösungsbewegung vorwegnehmen würde.
6. Stufe: A
Akkordaufbau: A C E G B D (F)
Akkordanalyse: 1 3- 5 7 9 11 (13)
Akkordsymbol: Amin7/9/11/(b13)
Skalenaufbau: A B C D E (F) G
Skalenanalyse: 1 2 3- 4 5 (b6) 7
Skalenname: Äolisch
Anm.: Nunja, die Skala ist halt auch als "natürlich Moll" bekannt.
7. Stufe: B
Akkordaufbau: B D F A (C) E G
Akkordanalyse: 1 3- b5 7 (b9) 11 b13
Akkordsymbol: Bmin7b5/(b9)/11/b13
Skalenaufbau: B (C) D E F G A
Skalenanalyse: 1 (b2) 3- 4 b5 b6 7
Skalenname: Lokrisch
Anm: An sich kann man sich hier die "Avoid Notes" sparen, denn der min7b5 (auch "halbvermindert" genannt) Akkord klingt in sich schon extrem instabil (aufgrund der verminderten Quinte), so dass die "Avoid Notes" an sich gar kein weiteres Drama darstellen.
Zum lokrischen Mode sei gesagt, dass ich keinen einzigen Fall kenne, wo der als "stabile" eigenständige Einheit auftritt. An sich findet man halbverminderte Akkorde fast ausschließlich entweder in einen funktionalen Kontext eingebunden oder als Umkehrung bzw. Umdeutung eines anderen Akkordes (so kann man bspw. ein Bmin7b5 als G7 mit Terz im Bass spielen - und das funktioniert sogar ohne Grundton G). Und unser Ohr deutet lokrische "Gehversuche" dann auch meistens um.
So, das war's für jetzt mal eben.
In den nächsten Postings werde ich versuchen, zu erläutern, welchen immensen Nutzen man aus dem Wissen um Stufenakkorde (und den "Avoid Notes") ziehen kann, ferner möchte ich mich dann tatsächlich endlich auch den Modes an sich zuwenden. Alles dann natürlich inkl. einiger Klangbeispiele.
Bis dahin sind Fragen nach wie vor willkommen.
Gruß
Sascha
Also, eigentlich hatte ich ursprünglich lediglich vor, eine - wie ich zumindest finde - ganz nette Art und Weise zu präsentieren, wie man Modes auch mal üben bzw. klanglich verinnerlichen kann.
Es hat sich aber jetzt so ergeben, dass ich gerade in letzter Zeit vermehrt mal wieder über Äußerungen, Erklärungen und Konzeptionen, was Modes angeht, gestolpert bin, die ich mindestens als sehr unvollständig, nicht selten aber sogar als vollkommenen Blödsinn bezeichnen muss. Und das Schlimmste daran ist: Der praktische Nutzen von Modes (der sehr hoch sein kann, wie man hoffentlich noch sehen wird ) bleibt dabei häufig komplett auf der Strecke.
Oft kann man bspw. Folgendes lesen: "D-dorisch ist C-Dur von D nach D". Das ist per se noch nicht einmal *so* verkehrt, nur ist diese Aussage bestenfalls von analytischem Wert, denn wenn man die C-Dur Tonleiter von D nach D betrachtet, mit dem D eben als neuem Grundton, ergibt sich selbstverständlich eine andere Intervallstruktur als bspw. in C-Dur selber (also von C bis C betrachtet) - und das Wissen um diese Intervallstruktur kann durchaus hilfreich sein, bleibt aber letztendlich eine rein analytische Geschichte mit relativ geringem praktischen Wert (ich hoffe, man wird sehr bald sehen, warum).
Noch fataler ist es mit Aussagen a la "D-dorisch ist C-Dur von D nach D gespielt". Wahnsinn, reiner Wahnsinn. Wenn ich meine werte C-Dur Tonleiter von D nach D spiele und unten drunter (in einem Backing welcher Art auch immer) ein C-Dur Akkord liegt, dann hat der sich ergebende Klangcharakter mit dorisch so richtig gar nichts am Hut, sondern es klingt ganz fein nach C-Dur.
So, an dieser Stelle darf kann und muss natürlich die Frage aufkommen: "Was lässt uns denn dann den Klangcharakter eines Modes "erfahren"?"
Die Antwort ist vorerst relativ einfach: Das "harmonische Umfeld". Ein Beispiel gab es ja oben schon zu lesen, über einem C-Dur Akkord klingt das Tonmaterial aus C-Dur nach C-Dur, sprich "ionisch" (der Name für diesen Modus)
Anm: Die Namen für unsere Modi leiten sich im übrigen aus der gregorianischen Kirchenmusik ab, deshalb oft auch der Ausdruck "Kirchentonarten". Für die heutzutage übliche Anwendung ist dieser historische Bezug aber quasi vollkommen belanglos, die Namen sollte man sich halt merken.
Ein weiteres Beispiel sollte jeder, der sich bereits mal mit Durtonleitern und deren parallelen Molltonleitern beschäftigt hat, kennen: Benutzen wir das Tonmaterial aus C-Dur über einen C-Akkord, erklingt C-Dur (eben "ionisch"), haben wir es aber mit einem A-Moll Akkord zu tun, so erklingt die parallele Molltonart, nämlich natürlich Moll oder auch "äolisch".
Ich glaube, man kann jetzt schon ziemlich gut erkennen, worauf die Sache hinausläuft.
Modes sind "Abkömmlinge" einer zugrundeliegenden Dur-Tonleiter/Tonart (es gibt im übrigen auch Modes, die sich bspw. von harmonisch oder melodisch Moll ableiten, für jetzt soll uns aber die Durtonleiter reichen).
Die klangliche Definierung erfolgt dadurch, dass wir die jeweiligen Stufen dieser Durtonleiter als neues harmonisch-melodisches "Zentrum" zu "etablieren" versuchen. Dafür ist eben unbedingt ein harmonisches "Umfeld" vonnöten, wie das eben genannte Beispiel von C-Dur und A-Moll relativ eindeutig sehen lässt.
Was sind also folglich die Voraussetzungen, um einen Mode erklingen zu lassen?
1) Ich benutze das Material der zugrundeliegenden Durtonleiter über den Basston der jeweiligen Stufe.
2) Ich benutze das Material der zugrundeliegenden Durtonleiter über den Akkord, der sich auf der jeweiligen Stufe aufbaut.
3) Ich passe meine Melodielinien durch entsprechende Phrasierung so an, dass zentrale Töne des jeweiligen Modes betont und womöglich nicht passende Töne vermieden bzw. nur als Durchgangstöne benutzt werden.
Ein paar Anmerkungen zu diesen Statements.
Es mag sich etwa hinsichtlich des 3. Punktes die Frage stellen, warum man auf sowas achten muss. Ist es denn nicht so, dass C-Dur über einem D-Basston oder Akkord nach D-dorisch klingt? Doch, prinzipiell schon, aber es passt nicht jede Linie, die über einen C-Dur Akkord fein klingt, auch über alle anderen Stufen(akkorde).
Auch sollte es für jetzt schon ziemlich klar ersichtlich sein, dass Modes ohne die jeweiligen Stufenakkorde nicht wirklich funktionieren werden.
Ich möchte mich im Folgenden also der Kombination von Stufenakkorden und Modes widmen.
Im Übrigen: An sich bestehen zwischen Akkorden und einer entsprechenden Skala keinerlei funktionelle Unterschiede. Ein Akkord kann als "auseinandergefaltete" Skala betrachtet werden, eine Skala folglich als ein "zusammengefalteter" Akkord. Ich denke, dass dieser Umstand gleich ersichtlich werden wird.
Wie sind diese Stufenakkorde aufgebaut?
Eigentlich ganz einfach. Man nimmt den jeweiligen Grundton und "stapelt" darauf diatonische (sprich tonleitereigene) Terzen (ganz grob für jetzt: Terz-Intervall = von einem Ton zum übernächsten), bis alle Tonleitertöne aufgebraucht sind. Als Beispiel für die 1. Stufe in C-Dur, also einem Akkord mit Grundton C:
C-E-G-B-D-F-A
(Anm.: Ich werde für das deutsche "H" ausschließlich die international übliche Bezeichnung "B" gebrauchen.)
Der nächste Schritt besteht darin, diesen Akkord zu analysieren. Für obigen Akkord würde das so aussehen:
C = Grundton
E = große Terz (macht daraus einen Durakkord)
G = Quinte
B = große Septime (j7)
D = große None (9)
F = reine Undezime (11, identisch mit der Quarte, 4)
A = große Tredezime (13, identisch mit der Sexte, 6)
Diese Analyse fassen wir in einem Akkordsymbol zusammen, das sieht dann so aus:
Cmaj7/9/11/13
Kleine Anm. zur Akkordsymbolik: Wenn wir etwa einen Akkord a la "C9" antreffen, dann geht man davon aus, dass auch zumindest die Septime (in diesem Fall die kleine, die große muss eigens durch ein "j" oder "maj" indiziert werden) vorhanden ist. Wollen wir nur einen C-Dur Dreiklang mit zugefügter None, dann würde der Akkord "Cadd9" heißen. Es werden also nicht immer alle möglichen Indizierungen angegeben, ich werde es hier aber, zwecks besserer Vergleichbarkeit, so halten.
Und noch eine Anmerkung zur generellen Strukturierung von Akkorden: In der moderneren Harmonielehre geht man, anders als bspw. in den meisten klassischen Werken, bei der harmonischen Analyse durchaus auch von Septakkorden aus. Der "Grundakkord" des eben dargestellten Cs wäre also ein "Cmaj7". Die über die Oktave hinausgehenden Töne werden üblicherweise "Optionstöne" genannt. Selbstverständlich bedeutet diese Art der Organisation nicht, dass es keine normalen Dreiklänge a la "C" mehr gibt. Da wird die Septime dann eben einfach weggelassen. Für eine Analyse von Stufenakkorden bietet es sich allerdings an, das komplette mögliche Akkordgebilde unter die Lupe zu nehmen.
Ok, dem aufmerksamen Leser wird sich jetzt hoffentlich eine Frage regelrecht aufdrängen:
Macht es Sinn, in einem Akkord sämtliche Skalentöne zu benutzen?
Die Antwort ist ein ganz klares "Nein!".
Hier ein paar Gründe:
- Selbst wenn alle Skalentöne tatsächlich mehr oder minder brauchbar klingen würden (was bei dem ein oder anderen Akkordkonstrukt übrigens tatsächlich der Fall sein kann, wenn auch eher selten ), so würde ja die Unterscheidbarkeit verschiedener Akkorde ziemlich den Bach runtergehen, wenn man andauernd alle Skalentöne benutzen würde.
- Selbst wenn es gewisse Akkorde gibt, zu denen bisweilen alle Skalentöne passen, so wird der Akkordcharakter vermutlich doch ein wenig an "Verwaschenheit" leiden.
- Ein ganz profanes, gitarrenorientiertes Ding: Wir haben normalerweise nur 6 Saiten, darauf kann man einfach keine 7 verschiedenen Töne zeitgleich unterbringen. Selbst 6 verschiedene Töne sind nur in sehr wenigen Fällen sinnvoll unterzubringen.
- Die absolut wichtigste Geschichte: Es passen schlicht und ergreifend nicht alle Skalentöne zu jedem Akkord. Der Fachjargon spricht hier von "Avoid Notes", also Tönen, die es zu vermeiden gilt. Diese "Avoid Notes" sind so ein zentraler Bestandteil in der Benutzung von Stufenakkorden, Modes und der Melodiebildung im allgemeinen, dass ich ihnen ein komplettes "Kapitel" widmen möchte.
"Avoid Notes" und daraus folgende Implikationen.
"To avoid" heißt "vermeiden", "Avoid Notes" sind folglich, wie schon erwähnt, Töne, die es eher nicht zu benutzen gilt.
Man mag sich jetzt natürlich fragen, warum man denn Töne aus bspw. C-Dur nicht über einem Stufenakkord aus C-Dur benutzen sollte.
Die Antwort ist relativ einfach: Selbst innerhalb einer Durtonleiter gibt es Töne, die im Zusammenspiel mit anderen Dissonanzen erzeugen. Das ist speziell dann störend, wenn diese Dissonanzen im Zusammenklang mit "Hauptakkordtönen" (also Grundton, Terz, Quinte und womöglich auch Septime) auftreten.
Die vermutlich am häufigsten "aufstoßende" Dissonanz ist die durch das Intervall einer kleinen None (b9) entstehende. Das geht so weit, dass es in gewissen Tonsatzlehren so etwas wie ein "b9 Verbot" gibt (Ausnahmen bestätigen wie so oft die Regel, aber ich will mich hier auch nicht den Ausnahmen widmen). Auch die kleine Sekunde (b2) ist oftmals Punkt des Anstoßes, letztendlich ist eine b9 ja auch nichts anderes als eine b2 mit einer zusätzlichen Oktave.
Schnappen wir uns jetzt mal den oben schon aufgelisteten C-Dur Akkord mit seinen ganzen Optionstönen und schauen uns die Intervallstruktur an. Wir werden feststellen, dass die Terz E und die Undezime (11) F das Intervall einer kleinen None bilden. Da jetzt die Terz elementarer Ton unseres C-Dur Akkordes ist, sollten wir von der 11 als Optionston Abstand nehmen.
Eine weitere wichtige Erkenntnis ergibt sich für das Benutzen von Modes bzw. auch generell beim melodischen "Bespielen" irgendwelcher Akkorde: Diese "Avoid Notes" taugen nicht als stabile Zieltöne. In unserem C-Dur Akkord ist das F also weder wünschenswerte Akkorderweiterung, noch wünschenswerter Melodieton.
Und, damit das alles nicht ganz so abstrakt ist, hier ein ganz einfaches Klangbeispiel, nämlich ein vom E-Piano gespielter C-Dur Akkord (ganz simpel, also ohne Septime und sonstigen Schnickschnack) und per Gitarre ein darüber angespieltes F, einmal in der Lage des Es, einmal ein Oktave darüber (wir haben es also erst mit einem b2, dann mit einem b9 Intervall zu tun).
Das klingt nicht wirklich elegant, oder? Eher schon wie im falschen Film, in meinen Ohren jedenfalls.
Ich kann folglich den Nutzen des Wissens um diese "Avoid Notes" nicht genug betonen und werde in diesem Thread noch mit weiteren Klangbeispielen darauf eingehen.
Ok, im nächsten Posting werde ich jetzt erst einmal eine Liste der sich innerhalb einer Durtonleiter aufbauenden Stufenakkorde und Modes inkl. Akkord- und Skalenanalyse liefern (kommt in wenigen Minuten, ist schon vorgeschrieben), danach möchte ich dann mal den praktischen Nutzen einer solchen Liste demonstrieren.
Eventuell aufkommende Fragen werde ich sehr gerne versuchen, zu beantworten.
Und ich bitte auch darum, mich auf etwaige Ungereimtheiten bzw. auch Unverständlichkeiten hinzuweisen.
Gruß
Sascha
---------- Post hinzugefügt um 12:32:16 ---------- Letzter Beitrag war um 12:29:12 ----------
Hier jetzt also die Liste aller Akkord- bzw. Mode-Stufen einer Durtonleiter am Beispiel C-Dur.
Ich habe die im letzten Posting erwähnten "Avoid Notes" in Klammern gesetzt - man sieht natürlich auch, dass es sich bei Akkorden und den dazugehörigen Skalen um dieselben Noten handelt. Es sei übrigens gesagt, dass man diese Töne innerhalb einer Skala selbstverständlich als Durchgangstöne benutzen kann, nur als zentrale Zieltöne sind sie oftmals eben ziemlich ungeeignet (wie das schon gepostete Beispiel eines Fs über einem C-Akkord ja bereits recht deutlich zeigen sollte).
Ferner werde ich zu jeder Stufe ein paar Anmerkungen schreiben.
1. Stufe: C
Akkordaufbau: C E G B D (F) A
Akkordanalyse: 1 3 5 j7 9 (11) 13
Akkordsymbol: Cmaj7/9/(11)/13
Skalenaufbau: C D E (F) G A B
Skalenanalyse: 1 2 3 (4) 5 6 j7
Skalenname: Ionisch
Anm.: Die Skala ist halt auch als ganz normal "Dur" bekannt. Zum Akkord lässt sich sagen, dass dieser gelegentlich mit einem "sus4" Vorhalt auftaucht (heißt, dass die große Terz E durch die Quarte F ersetzt wird). In dem Fall wird das F natürlich ein sehr günstiger Zielton, das E hingegen weniger. Auch wird in diesem Fall quasi nie eine maj7 gespielt, man sollte die also dann als Zielton vermeiden.
2. Stufe: D
Akkordaufbau: D F A C E G
Akkordanalyse: 1 3- 5 7 9 11 [13]
Akkordsymbol: Dmin7/9/11/[13]
Skalenaufbau: D E F G A C
Skalenanalyse: 1 2 3- 4 5 [6] 7
Skalenname: Dorisch
Anm.: Ich habe hier die "Avoid Note" B in eckige Klammern gesetzt. Der Grund dafür ist, dass das B meistens kein b9-Intervall mit der Septime C bildet, da sich die Septime in den häufigsten Fällen relativ weit "unten" im Akkord befindet. Das resultiertende Intervall C-B ist eine große Septime und wird von unseren Ohren eigentlich als sehr viel konsonanter empfunden. Auch gibt es gelegentlich sogar Fälle, in denen die 13 (also das B) in einen Akkord eingebunden wird, hier ein ganz typisches Funk-Pattern:
Weiterhin wird man nicht selten, um auch akkordisch einen dorischen Klang zu etablieren, einen Dmin6 Akkord hören. In dem Fall wird die Septime C durch die Sexte B ersetzt, dadurch gerät das C zu einem kritischen Zielton, eben wieder wegen des entstehenden b2- oder b9-Intervalls.
3. Stufe: E
Akkordaufbau: E G B D (F) A (C)
Akkordanalyse: 1 3- 5 7 (b9) 11 (b13)
Akkordsymbol: Emin7/(b9)/11/(b13)
Skalenaufbau: E (F) G A B (C) D
Skalenanalyse: 1 (b2) 3- 4 5 (b6) 7
Skalenname: Phrygisch
Anm.: Wir sehen, dass es hier gerade die zentrale, den Mode ausmachende, Note ist, die man an sich tunlichst nicht als Akkord- oder Zielton benutzen sollte, nämlich die b9 F. Wie gesagt, als Durchgangston mag das funktionieren, aber es wird durch diesen Umstand relativ schwierig, den phrygischen Mode als solchen zu "etablieren". Klangbeispiele folgen.
4. Stufe: F
Akkordaufbau: F A C E G B D
Akkordanalyse: 1 3 5 j7 9 #11 13
Akkordsymbol: Fmaj7/9/#11/13
Skalenaufbau: F G A B C D E
Skalenanalyse: 1 2 3 #4 5 6 j7
Skalenname: Lydisch
Anm.: Sieht ja super aus, diese Analyse. Keine einzige "Avoid Note". Leider muss man das in der Praxis ein wenig relativieren. Wenn wir tatsächlich im Akkord eine #11 benutzen (was sehr hübsch sein kann), dann wird das praktisch meist so gelöst, dass die Quinte durch die #11 ersetzt wird (ist ja auch im wahrsten Sinne des Wortes naheliegend, denn diese Töne sind ja benachbart). Dadurch gerät die Quinte, zumindest wenn in höheren Lagen gespielt, zu einem u.U. kritischen Ton, denn es ergibt sich dann im Zusammenspiel mit der #11 ein b2- oder gar ein b9-Intervall.
5. Stufe: G
Akkordaufbau: G B D F A (C) E
Akkordanalyse: 1 3 5 7 9 (11) 13
Akkordsymbol: G7/9/(11)/13
Skalenaufbau: G A B (C) D E F
Skalenanalyse: 1 2 3 (4) 5 6 7
Skalenname: Mixolydisch
Anm.: Vielleicht ein etwas subjektiver Eindruck, aber zumindest improvisatorisch (sprich, in der Skala) erscheint mir die Quarte (4/11, also das C) als deutlich weniger kritisch, verglichen mit den "Avoid Notes" anderer Stufen. Ganz direkt als dauerhaften Zielton sollte man sie aber vermutlich dennoch vermeiden.
Auch diesen Akkord finden wir häufig in der sus4 Variante, hier meistens inkl. Septime, also bspw. G7sus4. In dem Fall wird die Terz B u.U. ein nicht wirklich günstiger Anspielton, zumal auf so einen G7sus4 häufig ein G7 folgt und man mit einem B über dem G7sus4 die akkordische Auflösungsbewegung vorwegnehmen würde.
6. Stufe: A
Akkordaufbau: A C E G B D (F)
Akkordanalyse: 1 3- 5 7 9 11 (13)
Akkordsymbol: Amin7/9/11/(b13)
Skalenaufbau: A B C D E (F) G
Skalenanalyse: 1 2 3- 4 5 (b6) 7
Skalenname: Äolisch
Anm.: Nunja, die Skala ist halt auch als "natürlich Moll" bekannt.
7. Stufe: B
Akkordaufbau: B D F A (C) E G
Akkordanalyse: 1 3- b5 7 (b9) 11 b13
Akkordsymbol: Bmin7b5/(b9)/11/b13
Skalenaufbau: B (C) D E F G A
Skalenanalyse: 1 (b2) 3- 4 b5 b6 7
Skalenname: Lokrisch
Anm: An sich kann man sich hier die "Avoid Notes" sparen, denn der min7b5 (auch "halbvermindert" genannt) Akkord klingt in sich schon extrem instabil (aufgrund der verminderten Quinte), so dass die "Avoid Notes" an sich gar kein weiteres Drama darstellen.
Zum lokrischen Mode sei gesagt, dass ich keinen einzigen Fall kenne, wo der als "stabile" eigenständige Einheit auftritt. An sich findet man halbverminderte Akkorde fast ausschließlich entweder in einen funktionalen Kontext eingebunden oder als Umkehrung bzw. Umdeutung eines anderen Akkordes (so kann man bspw. ein Bmin7b5 als G7 mit Terz im Bass spielen - und das funktioniert sogar ohne Grundton G). Und unser Ohr deutet lokrische "Gehversuche" dann auch meistens um.
So, das war's für jetzt mal eben.
In den nächsten Postings werde ich versuchen, zu erläutern, welchen immensen Nutzen man aus dem Wissen um Stufenakkorde (und den "Avoid Notes") ziehen kann, ferner möchte ich mich dann tatsächlich endlich auch den Modes an sich zuwenden. Alles dann natürlich inkl. einiger Klangbeispiele.
Bis dahin sind Fragen nach wie vor willkommen.
Gruß
Sascha
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