Hallo Günter,
willkommen im Forum!
Ja, das ist ein häufig auftretendes "Problem" und ich glaube, in diesem Fall hilft es immer, sich einmal zwei Dinge wirklich klar zu machen:
- Was ist MIDI?
- Wo kommen die Töne her?
Was ist MIDI?
MIDI-Daten sind zunächst einmal nur Steuerbefehle, die einen Tonerzeuger fernsteuern können. Vor allem Signale wie "NOTE ON" und "NOTE OFF", verfeinert mit Zusatzinformationen wie der Anschlagstärke u. ä.
Zusätzlich sind noch alle möglichen Befehle wie Programmwechsel usw. möglich.
Da hört man zunächst einmal noch nichts, wenn man keinen Tonerzeuger ansteuert. Und wenn, dann hängt das, was man hört, vom Tonerzeuger ab.
- Wenn ich auf einem akustischen Flügel spiele, dann höre ich einen Flügel.
- Wenn ich auf einem Cembalo spiele, dann höre ich ein Cembalo (obwohl ich die selben Noten spiele)
- Wenn ich auf einer Orgel spiele, dann höre ich eine Orgel
usw.
Damit kommen wir gleich zum zweiten Punkt:
Wo kommen die Töne her?
In MAGIX Samplitude (oder wo auch immer) sind die MIDI-Spuren auch stumm, solange man keine Instrumente zuordnet.
In der Regel werden das spezialisierte virtuelle Instrumente sein.
Dann gilt (wie bei den akustischen, echt gespielten Instrumenten)
- Wenn ich der Spur einen virtuellen Flügel zuordne, dann lösen die MIDI-Befehle einen Flügel-Sound aus
- Wenn ich einer anderen Spur ein virtuelles Trompetenklang-Plugin zuordne, dann lösen die MIDI-Befehle einen Trompeten-Sound aus
- Wenn ich wieder einer anderen Spur einen virtuellen Kontrabass zuordne, dann höre ich eben einen Kontrabass
- Wenn ich einer Drumspur ein virtuelles Schlagzeug zuordne, dann höre ich ein Schlagzeug
usw.
Da man in der Regel spezialisierte VSTi-Plugins verwenden wird (spezialisiert auf Flügel, auf einen analogen Synthesizer oder eben ein Schlagzeug usw.), liegt es in erster Linie am jeweils zugeordneten virtuellen Instrument, was man hört.
Innerhalb der virtuellen Instrumente lassen sich evtl. über MIDI auch verschiedene Programme/Klänge ansteuern.
Jedoch sind die Programmnummern pro Instrument natürlich individuell verschieden.
Eine Orgel wird nie nach einem Klavier oder einer Gitarre klingen, egal welche Programmnummer man anwählt.
Was passiert dann nach dem MIDI-Export?
Zugegeben, das wäre eine dritte Frage, aber sie hängt mit der Frage nach dem Tonerzeuger zusammen.
Jetzt muss nämlich plötzlich Dein Tyros (oder was auch immer) die MIDI-Daten abspielen, die zuvor innerhalb von Samplitude zum Klingen gebracht wurden.
Und genau da liegt der Hund begraben.
Wenn Du z. B. in Samplitude auf Spur 4 das wunderbare Kontrabass-Plugin "AmpleSound Upright Bass III" ansteuerst, dann ist es nicht verwunderlich, wenn Du in Samplitude einen Kontrabass hörst.
Wenn Du allerdings die selben MIDI-Daten auf den Tyros loslässt, dann gibt es folgende Möglichkeiten:
- Wenn keine besondere Programmnummer im MIDI-File durch einen PROGRAM-CHANGE-Befehl angesprungen wird, dann klingt der Tyros eben nicht nach Kontrabass (woher soll er wissen, welches virtuelle Instrument Du in Samplitude als Tonerzeuger angehängt hast?)
Dann erklingt defaultmäßig Programm Nr. 1 - und das ist das Grand Piano.
- Falls im MIDI-File ein entsprechender PROGRAM-CHANGE-Befehl vorhanden ist, dann wird eben dieses Programm angesprungen.
Aber warum soll die Programmnummer im Tyros zufälligerweise mit der Programmnummer im virtuellen Instrument, oder mit dem Genos, oder mit einem Prophet-V-Synthesizer übereinstimmen?
Zusammenfassung
Auch, wenn politische Äußerungen im Board aus gutem Grund nicht erwünscht sind, kann ich nicht umhin, zu behaupten, man werde heute dazu erzogen, zu glauben, grundsätzlich alles sei gleich.
Dies ist aber Unfug, denn zum Glück ist auf der Welt nicht alles gleich, das wäre ja langweilig (gleich
berechtigt sein heißt ja nicht, auch gleich
sein zu müssen!).
Dann bräuchte ich auch keine verschiedenen Instrumente, wenn alle gleich wären.
Aber viele Leute scheinen zu glauben, alle Instrumente müssen gleich sein und wundern sich dann, warum etwas völlig anderes herauskommt, wenn sie ein MIDI-File mit einem Yamaha Tyros abspielen oder mit einem analogen Sequential Prophet-Synthesizer oder mit einer Hammond-Suzuki XK5-Orgel usw.
Es gibt nur eine Ausnahme: General Midi
Aus diesem Grunde, nämlich, um einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu haben, hat man den General-Midi-Standard erfunden, der eine stets mit gleichen Programmnummern versehene Auswahl an Standard-Sounds vorhält.
Nachteil: Diese Sounds sind in der Regel minderwertig oder zumindest nutzen sie nicht ansatzweise die Möglichkeiten des Instruments aus.
Warum sollte man sie also ernsthaft nutzen bzw. warum kauft man sich dann ein teures Spitzen-Keyboard wie Tyros/Genos oder spezialisierte Bühneninstrumente?
Kurz also:
Es kommen einfach die Sounds, die im Tonerzeuger angesteuert werden.
Und unterschiedliche Tonerzeuger werden unterschiedliche Sounds hervorbringen, denn:
es ist nicht alles gleich und es ist nicht alles austauschbar!
Alleinunterhalter-Keyboards, die meisten Workstations und sowieso alle Digitalpianos werden einen Grand-Piano-Sound auf Programmplatz 1 haben.
Aber damit hat es sich dann schon.
Ein analoger Synthesizer oder eine Orgel wird nicht mal einen Klavier-Sound haben (warum auch?) und schon gar nicht auf Platz 1.
Der Tyros wird also nie klingen wie die virtuellen Samplitude-Instrumente. Du kannst höchstens versuchen, durch expliziten Aufruf der passenden Tyros-Sounds per PROGRAM-CHANGE-Befehl zu erreichen, dass das Arrangement erkennbar klingt.
Aber in jedem Fall wird eine Tyros-Flöte anders klingen als die Samplitue-Flöte, anders auf Anschlagdynamik und sonstige Spielhilfen reagieren.
Auch, wenn Dir das jetzt nicht geholfen hat (denn: nein, es geht nicht alles automatisch auf Knopfdruck!), hat es vielleicht dazu beigetragen, nachzuvollziehen, warum Dein Tyros nicht das tut, was Du Dir wünschst.
Viele Grüße
Torsten