Nacken- und Schulterverspannungen nach kurzer Spielzeit

ligeti
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Hallo liebe Leute,
vor Jahren, im Rahmen meines Kompositionsstudiums, hatte ich 6 Jahre Klavierunterricht bei einem
- mit Verlaub - grottenschlechten Klavierprofessor. Er spielte selbst zwar ausgezeichnet, konnte mir
aber nicht vermitteln, wie ich entspannt spielen kann, außerdem wählte er für mich viel zu schwere
Literatur, ich hatte eigentlich erst 1 Jahr vor der Aufnahmeprüfung mit dem Unterricht begonnen.

Damals halfen mir StudienkollegInnen bzw. befreundete PianistInnen, indem sie mir technische Übungen
zeigten oder Literatur empfahlen, die meinem Können entsprach.

Nun spiele ich seither immer wieder meine Lieblingsstücke und lerne auch neue dazu, nur schafft es mein
Körpergedächtnis einfach nicht, die Verspannungen und Verkrampfungen im Schulter- und Nackenbereich
zu vergessen, mit denen ich mich durch diese 6 Jahre quälen musste.
Sobald ich länger als 1/2 Stunde spiele, fängt es an weh zu tun.

Weiß hier jemand Abhilfe? Spezielle Übungen? Soll ich wieder Unterricht nehmen?
Mein derzeitiges Können ist ungefähr auf dem Level Schubert Winterreise, Bartok Mikrokosmos Band 4.

lg
ligeti

P.S.: mein eigentliches Instrument ist die Gitarre und die spiele ich sehr entspannt :rolleyes:
 
Eigenschaft
 
Hallo ligeti :)

Mein Tipp (...ebenso als Gitarrist :D) - Schau mal ob's evtl. an der Sitzposition/höhe liegen könnte; meistens wird ja über schmerzende Finger und Handgelenke geklagt...aber bei Nacken-/Schulter- und Rückenschmerzen hat es fast immer mit der Sitzposition zu tun! Entweder man sitzt zu hoch/zu tief oder zu weit weg/zu nah dran

Allenfalls sollte man sich halt langsam an ne längere Spieldauer rantasten; öfters mal kurz aufstehen und lockern. Spielpausen haben noch keinem geschadet ;)

LG Biskaya
 
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So eine Ferndiagnose ist natürlich kaum möglich. Mal ins Blaue geraten: Ziehst Du die Schultern hoch beim Spielen?
Weiß hier jemand Abhilfe? Spezielle Übungen? Soll ich wieder Unterricht nehmen?
Vielleicht Alexandertechnik oder so etwas?

Viele Grüße,
McCoy
 
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Hi Biskaya und McCoy,
herzliches Danke für eure Antworten.

Das mit der Sitzposition ist interessant, ich benutze tatsächlich, seit ich das Klavier besitze, immer dasselbe Stockerl, auf derselben Höhe eingestellt.
Werde versuchen, einfach mal mit einem Sessel zu üben bzw. die Höhe zu verstellen und mit dem Abstand zu experimentieren.

Alexandertechnik wäre gut, ist aber leider ziemlich teuer in Graz. Und ja, die Schultern ziehe ich unbewusst hoch (wegen der miesen Ausbildung :confused:)
ich spür's immer dann, wenn es bereits zu spät und verspannt ist.

lg
ligeti
 
...na dann wird's höchste Zeit was zu ändern! ;) Im Grunde genommen ist's am PC ja auch nix anders; ist alles Gewohnheitssache....einmal schlecht angewöhnt und dann hat man den Salat! :D

Eine angenehme, lockere Sitz-/Arbeitspostiton ist das A&O beim werkeln, nebst dem kann man Haltungsschäden später nicht auszuschliessen...muss nicht aber kann!
Um jetzt z.Bsp. mal dem "Schulterhochzieh'n" entgegenzuwirken; stell den Hocker einfach a bisserl höher und etwas weiter weg.....solltest aber dennoch problemlos an die Pedale kommen, sonst kriegste Krämpfe in den Beinen...:rolleyes: Schlechte Angewohnheiten lassen sich immer korrigieren; man muss es nur wollen.

LG Biskaya
 
...na dann wird's höchste Zeit was zu ändern! ;) .... schlechte Angewohnheiten lassen sich immer korrigieren; man muss es nur wollen.

Besser spät als nie :D

Danke dir, Biskaya!
lg
ligeti
 
Die Idee mit der Alexandertechnik (ich selbst kenne sie gar nicht) hatte ich, weil Du gefragt hast, ob Du wieder Unterricht nehmen sollst. Und da dachte ich, Alexandertechnik an Stelle von Unterricht dürfte sich ja preislich wahrscheinlich ungefähr entsprechen.

Wenn Du wieder Klavierunterricht nehmen willst, solltest Du einen Lehrer suchen, dar sich mit solchen Problemen auskennt.

Zur Schulterhochzieh-Problematik würde ich zunächst mal empfehlen, ein Stück zu nehmen, daß sehr leicht ist und das so Du gut kennst/kannst, daß Du Deine volle Konzentration auf entspannte Schultern legen kannst, auch entspannte Handgelenke etc. Und wenn das klappt, dann langsam(!) im Schwierigkeitsgrad vortasten.

Helfen kann auch, die Schultern mal ganz bewußt beim Spielen hochzuziehen und wieder fallen zu lassen, gleichzeitig und einzeln, am besten passend zur Musik. Mir fällt dazu gerade Keith Jarrett ein, der solche Bewegungen andauernd macht. Interessant ist unter diesem Gesichtspunkt z.B., dieses Video ab 2:50 ein paar Minuten lang anzuschauen. (Auch 4:33 ff., Schultergymnastik am Klavier :D)

http://youtu.be/KPgEoDt_Duc?t=2m50s

Die ganze Schultern-Nackenpartie ist andauernd in Bewegung. Der tanzt am Klavier. Und was in Bewegung ist, verkrampft nicht so leicht. Ich persönlich bein kein große Fan dieser Art von Performance, aber erlaubt ist, was hilft, und wenn man das tut, was Keith Jarrett da macht, erlangt man einfach auch mehr Bewußtheit darüber, was in diesem Bereich des Körpers überhaupt passiert.

Auf jeden Fall auch- wie Biskaya schon sagte, andere Sitzpositionen ausprobieren. Auch mal unterschiedliche Sitzpositionen bei bekannten Pianisten eryoutuben: Wie sitzt Glenn Gould, wie Rubinstein, Horowitz oder Lang Lang?

Viele Grüße,
McCoy
 
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Hi McCoy,
ja, was der Keith Jarrett hier aufführt ist schon eindrucksvoll.

Danke für den Link und deine Empfehlungen, ich werd' mich jetzt mal als Schulterakrobatin am Klavier betätigen :rolleyes:
Ich habe per PN den Tipp bekommen, mich vor dem Spielen körperlich aufzuwärmen, finde ich auch gut.
Mal sehen, ob sich was ändert,
lg
ligeti
 
Hallo Ligeti

Hast Du schon mal eine Videokamera aufgestellt und Dich selbst beim Spielen beobachtet?
Machst Du regelmäßig Gymnastik und dabei gezieltes Schulter- und Rückentraining?
Wie sieht es mit Deiner Haltung generell aus?
Wie gut ist der Trainingszustand Deiner Rücken- und Schultermuskulatur?
(Die Fragen musst Du nur Dir selber beantworten.)

Die Verkrampfungen können auch daher rühren, dass Schultern und Rücken (warum auch immer) relativ rasch ermüden. Die Verkrampfung ist dann die Reaktion auf diese Ermüdung.
Wenn das so ist, wird eine Haltungskorrektur beim Klavierspielen nicht ausreichen und obendrein schwer fallen. Dann benötigst Du eine gezielte Gymnastizierung und Kräftigung der Schultern und der gesamten Rumfmuskulatur, damit Du entspannt und ausbalanciert sitzen kannst ohne kraftlos zusammenzusinken und infolgedessen einen Buckel zu machen, der wiederum Deine Schultern nach vorne kippen lässt etc. etc. ...

Vielleicht findest Du in dieser Sammlung Übungen, mit denen Du zurecht kommst:


Da man beim Gitarrespielen völlig anders sitzt als beim Klavierspielen und der Rumpf dementsprechend völlig anders belastet wird, sind auch die Reaktionen des Körpers völlig anders. Deine Verkrampfung als Spätfolgen eines Deiner Meinung nach schlechten Klavierunterrichts zu sehen, ist mir zu simpel.

Die Musik von Keith Jarret ist schon irgendwie faszinierend. Zugucken kann ich ihm allerdings nicht, ohne massiv beim Zuhören gestört zu werden. Hab es aber trotzdem gemacht, um zu sehen, was er da "veranstaltet". Er tendiert immer wieder zu einem runden Rücken, kippt die Schultern nach vorne, zieht in Gegenreaktion den Kopf in den Nacken (> Anspannung der Nackenmuskulatur), läßt ihn dann nach vorne kippen (Lösung). Seine "Schultergymnastik" (um 0:29 und woanders) sieht für mich nicht besonders lösend aus, eher schmerzhaft verkrampft (auch wenn er es möglicherweise nicht ist). Da gibt es so einiges was ich nicht empfehlenswert/nachahmenswert finde.

Bevor Du Schultergymnastik mit Klavierspielen verknüpfst, rate ich dazu, Selbstkontrolle und Selbstkorrektur zu lernen und beim Klavierspielen zwischendurch Gymnastikpausen einzulegen. Die brauchen gar nicht lang zu sein. Wenn Du alle paar Minuten eine kurze Übung ohne Klavierspiel einfügst und Dich neu "hinsetzst", ist das vermutlich besser, als zwei sich höchstwahrscheinlich gegenseitig störende Bewegungsabläufe zu kombinieren.

Gruß
Lisa
 
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Danke Lisa für deine hilfreiche Antwort, Tipps und Links!
Ich habe inzwischen tatsächlich mal versucht, wie Keith Jarrett zu spielen, was mir außer einem Lachanfall nicht viel gebracht hat :D
Aber er hat wohl ganz andere Voraussetzungen als ich. Ich habe eigentlich erst mit 19 mit dem Klavierspiel begonnen und dann
gleich Bach und Schubert gespielt, also diese Basics, wie ich sie etwa beim Gitarrespielen als Kind lernte, einfach ausgelassen.

Rückentraining mache ich regelmäßig beim Taiji, aber nicht gezielt Schulter- und Nackentraining, da werde ich mir deine Links mal
ansehen. Was es schon bringt, ist der Tipp von McCoy, sehr leichte Stücke zu spielen und ganz bewusst dabei auf die Haltung zu achten.

Kann es helfen, mehr technische Übungen für die Finger zu machen, denn oft merke ich, dass speziell die linke Hand durch das Gitarrespielen
anfangs nicht so recht in den Anschlag findet und ich von daher auch dazu neige, die Hand zu sehr zu "halten", das Gewicht nicht so zu spüren,
wie etwa bei der rechten Hand?

lg
ligeti
 
Im Grunde hast Du Dir die Antwort schon selbst gegeben.
Wenn Deine linke Hand bestimmte Bewegungsabläufe nicht beherrscht, müssen sie systematisch geübt werden. Genau das ist der Sinn technischer Übungen. Damit Du besser erkennst, was dabei in Deinem Körper passiert, stell eine Videokamera auf.
Überlege Dir (am besten mit einem Lehrer zusammen) einen sinnvollen methodisch aufbauenden Weg vom Jetzt zum Ziel.

Wenn Du beispielsweise bestimmte "Figuren" (nach oben oder unten schraubende Tonfolgen) systematisch mit unterschiedlicher Artikulation (Lautstärke, Staccato, Portato, Legato, re/li jeweils allein, beide Hände gleich/verschieden) übst, kannst Du Dir bei Bedarf einen Ablauf überlegen, bei dem Du nach einer sinnvollen Anzahl von Takten eine rhythmisch definierte Fallbewegung der Arme einbaust (lockernde Reaktion von Schultergürtel und Rücken inclusive). Wenn Du das richtig machst, wirkt das entspannend auf Hände, Arme, Schultern, Nacken und Rücken und Du trainierst obendrein das schnelle Finden der geforderten Tastenposition. Diese rhythmisch strukturierte Unterbrechung lässt sich auch bei nicht zu komplizierten Klavierstücken am Ende jeder Phrase einbauen. Das zerreißt zwar zugegebenermaßen das Stück, beugt aber einer sich allmählich aufbauenden Verkrampfung vor, die man ja für gewöhnlich erst bemerkt, wenn es zu spät ist.

Gruß
Lisa
 
Nicht, daß man meinen obigen Beitrag bzgl. Keith Jarrett falsch versteht: Ich bin nicht der Meinung, daß man Rücken- bzw. Nackengymnastik mit dem Klavierspielen verbinden soll. Vielmehr geht es um die Bewußtmachung eines unbewußten Vorganges.

Das verkrampfende Schulterhochziehen erfolgt beim Klavierspielen reflexartig und unbewußt. Wenn man jetzt eine Pause einlegt, um Gymnastik zu machen und sich danach wieder ans Klavier setzt, kann es sein, daß der Vorgang des Schulterhochziehens unbewußt sofort wieder eintritt. Dann wäre nichts gewonnen. Deshalb wäre es hilfreich, den Vorgang aus dem Unbewußten herauszuholen, um ihn sich bewußt zu machen. Dazu muß man zunächst lernen, beim Klavierspielen nicht nur die Fingerspitzen und die Tasten wahrzunehmen, sondern auch Körpervorgänge und -zustände, die von den Tasten etwas weiter entfernt sind, zu erleben. Im Idealfall spürt man seinen Körper und seine Spannungs- bzw. Entspannungszustände beim Klavierspielen von der Sohle bis zum Scheitel.

Um sich das unwillkürlich ausgeführte Schulterhochziehen bewußt zu machen, kann es hilfreich sein, genau diese Körperpartie bewußt in Bewegung zu versetzen, um seine Spannungs- und Entspannungzustände zu erfahren: Welche Muskeln benutze ich, wenn ich meine Schultern hochziehe. Kann ich diese Muskeln ganz bewußt anspannen und wieder entspannen? Und gerade dieses bewußte Entspannen kann man lernen, während man (leichte Stücke) am Klavier spielt.

Eine Videoaufnahme fände ich persönlich dazu wenig hilfreich. Durch eine Videoaufnahme versucht man eher, seine Körperhaltung von Aussen zu verändern. Meiner Meinung nach ist es aber zielführender, durch eine Schulung der eigenen Körperwahrnehmung diese Haltung von Innen heraus zu beeinfussen. Letztendlich kann man lernen, fast jede Muskelbewegung des Körpers bewußt zu Erleben und zu Gestalten, außer vielleicht die des Herzmuskels, der Atemmuskulatur und die des Darmtraktes. Und das ist wohl auch ganz gut so ... :D

Und ja, es gibt Klavierlehrer, die das Unterrichten können. Einer von ihnen ist Peter Feuchtwanger:
http://www.peter-feuchtwanger.de/deutsche-version/klavieruebungen/index.html

Es gibt auch ein Buch und eine DVD von ihm:
http://www.peter-feuchtwanger.de/deutsche-version/video-und-buch/index.php
Auf dieser Seite sind unten auch Leseproben und Rezensionen zu finden.

Viele Grüße,
McCoy
 
Meine Erfahrungen im Tanz- und Gymnastikunterricht haben mir gezeigt, dass viele ihren Körper besser wahrnehmen lernen, wenn sie auch eine visuelle Vorstellung von dem, was sie fühlen haben/bekommen. Nicht ohne Grund steht man im Tanztraining bei vielen technischen Übungen vor dem Spiegel oder analysiert Bewegungsabläufe anhand einer Videoaufzeichnung.
Die Bewegungsabläufe erfühlen, muss man systematisch lernen. Vielen gelingt das nur mit Hilfe eines Lehrers, der den Schüler im richtigen Moment durch gezielte Hinweise auf den entscheidenden Punkt aufmerksam macht.

Viele Grüße
Lisa
 
Die Bewegungsabläufe erfühlen, muss man systematisch lernen. Vielen gelingt das nur mit Hilfe eines Lehrers, der den Schüler im richtigen Moment durch gezielte Hinweise auf den entscheidenden Punkt aufmerksam macht.
Ganz genau so sehe ich das auch. Ich hatte zum Glück einen Lehrer, der mich ganz konsequent dahin gebracht hat, daß ich gelernt habe, mir selbst die richtigen Bewegungen beizubringen.

Meine Erfahrungen im Tanz- und Gymnastikunterricht haben mir gezeigt, dass viele ihren Körper besser wahrnehmen lernen, wenn sie auch eine visuelle Vorstellung von dem, was sie fühlen haben/bekommen. Nicht ohne Grund steht man im Tanztraining bei vielen technischen Übungen vor dem Spiegel oder analysiert Bewegungsabläufe anhand einer Videoaufzeichnung.
Meine Tochter erlernt das Tanzen zum Glück ohne Spiegel und Video. Und wenn der Spiegel im Unterricht eingesetzt werden sollte, melde ich sie sofort ab. :twisted: Wenn sie sich vorstellt, sie sei eine Königin, schreitet sie auch wie eine Königin. Wenn sie vor dem Spiegel versucht auszusehen wie ein Königin, schreitet sie wie jemand, der versucht auszusehen wie eine Königin.

Literaturempfehlung: Über das Marionettentheater, Heinrich von Kleist.
Heinrich von Kleist schrieb:
Ich sagte, daß ich gar wohl wüßte, welche Unordnungen, in der natürlichen Grazie des Menschen, das Bewußtsein anrichtet. Ein junger Mann von meiner Bekanntschaft hätte, durch eine bloße Bemerkung, gleichsam vor meinen Augen, seine Unschuld verloren, und das Paradies derselben, trotz aller ersinnlichen Bemühungen, nachher niemals wieder gefunden. - Doch, welche Folgerungen, setzte ich hinzu, können Sie daraus ziehen?

Er fragte mich, welch einen Vorfall ich meine?

Ich badete mich, erzählte ich, vor etwa drei Jahren, mit einem jungen Mann, über dessen Bildung damals eine wunderbare Anmut verbreitet war. Er mochte ohngefähr in seinem sechszehnten Jahre stehn, und nur ganz von fern ließen sich, von der Gunst der Frauen herbeigerufen, die ersten Spuren von Eitelkeit erblicken. Es traf sich, daß wir grade kurz zuvor in Paris den Jüngling gesehen hatten, der sich einen Splitter aus dem Fuße zieht; der Abguß der Statue ist bekannt und befindet sich in den meisten deutschen Sammlungen. Ein Blick, den er in dem Augenblick, da er den Fuß auf den Schemel setzte, um ihn abzutrocknen, in einen großen Spiegel warf, erinnerte ihn daran; er lächelte und sagte mir, welch eine Entdeckung er gemacht habe. In der Tat hatte ich, in eben diesem Augenblick, dieselbe gemacht; doch sei es, um die Sicherheit der Grazie, die ihm beiwohnte, zu prüfen, sei es, um seiner Eitelkeit ein wenig heilsam zu begegnen: ich lachte und erwiderte - er sähe wohl Geister! Er errötete, und hob den Fuß zum zweitenmal, um es mir zu zeigen; doch der Versuch, wie sich leicht hätte voraussehen lassen, mißglückte. Er hob verwirrt den Fuß zum dritten und vierten, er hob ihn wohl noch zehnmal: umsonst er war außerstande dieselbe Bewegung wieder hervorzubringen - was sag ich? die Bewegungen, die er machte, hatten ein so komisches Element, daß ich Mühe hatte, das Gelächter zurückzuhalten: -

Von diesem Tage, gleichsam von diesem Augenblick an, ging eine unbegreifliche Veränderung mit dem jungen Menschen vor. Er fing an, tagelang vor dem Spiegel zu stehen; und immer ein Reiz nach dem anderen verließ ihn. Eine unsichtbare und unbegreifliche Gewalt schien sich, wie ein eisernes Netz, um das freie Spiel seiner Gebärden zu legen, und als ein Jahr verflossen war, war keine Spur mehr von der Lieblichkeit in ihm zu entdecken, die die Augen der Menschen sonst, die ihn umringten, ergötzt hatte.

Viele Grüße,
McCoy
 
Im Spiegel soll man nicht sehen, ob man aussieht wie eine Königin. Das wäre ein völlig falscher Ansatz.
Es geht auch nicht darum, sich eine Maske anzueignen.
Wenn ich den Spiegel als didaktisches Hilfsmittel einsetze, geht es um ganz andere Dinge. Er kann mir zum Beispiel zeigen, ob ich die Haltung, die ich meinem Gefühl nach glaube eingenommen zu haben auch tatsächlich eingenommen habe, oder ob mich mein Körpergefühl trügt. Das gefühlte Trugbild kann verschiedene Ursachen haben. Eine davon sind Verspannungen, eine andere verinnerlichte Fehlhaltungen, die dazu führen können, dass ich mich in dem Moment, wo ich mit Hilfe von außen einwirkender Korrektur eine gestreckte Haltung erreiche, mich total schief fühle.
Je nach dem, welche Art Tanz man erlernt, kann es notwendig sein, sich sehr exakt zu positionieren. Solange die geforderten Positionen nicht verinnerlicht sind, müssen sie immer wieder nachgebessert werden. So wie ein Bild mehr als 1000 Worte sagt, so hilft ein Blick in den Spiegel wesentlich schneller, Haltungsfehler bzw. unerwünschte Haltungen/Positionen zu korrigieren, als wenn einem immer nur gesagt wird, was man korrigieren muss. Die Frage ist doch, wie man mit dem Spiegel umgeht, das Spiegelbild wertet/auswertet und lernt, das Gesehene mit dem Gefühlten zu verbinden, die äußere Haltung/Wirkung/Erscheinung einer inneren Ursache zuzuordnen, um dann zu lernen, den korrekten zentralen Ansatz (geistig wie körperlich) zu finden. Narzistisches Affentheater vor dem Spiegel hat mit ernsthaftem Tanztraining nichts gemein. Affektiertes Gebaren entsteht nicht vorrangig durch das Betrachten des Spiegelbildes, sondern ist die Folge einer falschen inneren Einstellung. Als guter Tanzlehrer wird man das durch pädagogische Gespräche zu korrigieren suchen.

Viele Grüße
Lisa
 
Ich glaube, die Diskussion über den Tanz sollten wir einstellen. Das führt zu nichts, ich bin da gewissermaßen unbelehrbar. :D Ich mag auch Ballett und die meisten der europäischen Tanzgattungen nicht, es befriedigt mich einfach künstlerisch nicht, was ich da in der Regel zu sehen bekomme.

Viele Grüße,
McCoy
 
Ich vermute, dass wir mit unserer Grundeinstellung zum Tanz gar nicht sooo weit auseinander liegen. Wobei ich Sympathie und Antipathie für/gegen bestimmte Tanzstile dann doch etwas differenzierter und nicht so generell verteile. Aber das Thema können wir wirklich gerne abhaken.

Wenn Du Hilfsmittel wie Spiegel und Video, die richtig angewendet durchaus hilfreich sein können, einfach so aus Prinzip vom Tisch fegst, dann muss ich dem deutlich widersprechen. Es sei Dir unbenommen, die Verwendung dieser Hilfsmittel für Dich persönlich abzulehnen. Sie jedoch generell als (drastisch überspitzt ausgedrückt) "Teufelszeug" abzutun und dies dann mit dem Kleist-Zitat zu begründen, ist in meinen Augen (höflich ausgedrückt) nicht besonders sinnvoll oder ziehlführend.

Viele Grüße
Lisa
 
Eure Diskussion war jetzt durchaus aufschlussreich für mich. Schön.

Beim Taiji gibt es die Übung "Stehen wie ein Baum". Zufällig habe ich mich dabei einmal in einer
Trainingsstunde im Fenster des Übungsraums gesehen und hatte den Eindruck, das sieht ja ganz gut aus,
aber es fühlte sich gar nicht so an.
Dann kam die Taiji-Lehrerin vorbei, korrigierte mich um ca. 1 1/2 Zentimeter am Schwerpunkt,
das sah zwar im Fenster nicht mehr so toll aus, fühlte sich aber völlig richtig an.

Wieweit denkt man sich seinen Körper zurecht? Und wer korrigiert diese 1 1/2 Zentimeter?

lg
ligeti
 
hay :)
ich spiele selbst auch Klavier auch ziemlich gut und ich kenne das auch. Immer, wenn ich ein neues Stück bekomme und die erstenmale durchzuspielen versuche bin ich immer sehr angespannt ich merke es meistens im Rücken. Allerdings, wenn ich ein Stück langsam kann bin ich wieder tiefenentspannt :great: Ich hab natürlich auch schon ein paar Sachen dagegen ausprobiert zum einen die Höhe, wie man sitzt. Ich sitze sehr tief am Klavier weil ich so sehr viel bewegungsfreiheit habe aber des ist bei jedem anders ich kann z.B. nicht hoch sitzen. Ich hab mir neulich dann auf Empfehlung eine Blck roll geholt das ist nur eine rolle auf die kann ich mich wenn ich Rückenschmerzen habe legen und nach nur 10 Sekunden sind die Schmerzen weg -> kann ich nur empfehlen. Mit dieser Rolle kann man aber laut Anleitung auch Beine Arme oder den Nacken gezielt entspannen... Kannst du dir ja mal anschauen ;)
 
Hey! Ich kenne das Problem.
Bei mir war es, wie schon von anderen angesprochen, die Sitzposition. Ich saß einfach einfach zu hoch und dachte immer, das sei so richtig und gemütlich. Ich habe zwar schon mal eine andere Position probiert, aber die kam mir sofort unnatürlich vor. Mein Physiotherapeut sagte mir dann, ich sollte meinen Hocker runter stellen und mich an eine gesunde Sitzposition gewöhnen. Gesagt getan! Am Anfang hat es wenig gebracht, deshalb habe ich extra dazu noch Massagekugeln gekauft, mit denen man sich an der Wand reiben kann. Also Kugel zwischen Rücken und Wand und die betreffende Stelle massieren. Das hat sofotr Entspannung gebracht!
 
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