[Restaurieren] Wir restaurieren eine 1962er Ludwig Super Sensitive

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Eigentlich müsste diese Thread anders heißen... Passender wäre
"eB*y-Kauf wird zum Albtraum - Käufer beinahe in den Suizid getrieben".

Da ich auf meinen letzten Workshop "Wir bauen uns eine Snare" so viel nette Resonanz bekommen habe, möchte ich euch heute mit einer neuen Geschichte aus dem Leben eines Hobby Schlagzeugers beglücken.


Also los geht´s...

Bislang habe ich mich nicht sonderlich für Metall Snares interessiert. Irgendwie hat mir der Sound nie wirklich gefallen. Das änderte sich schlagartig, als ich vor einigen Wochen die Gelegenheit hatte, eine Ludwig Supra Phonic aus den 70er Jahren zu spielen. Da ist mir der Mund offen stehen geblieben - das ist es: DER Snaresound!

Letzte Woche surfe ich im I-net und stolpere per Zufall über eine Auktion, die in wenigen Minuten zu Ende geht. Kurz überlegt, Schweißausbruch bekommen, Bedenken wegen Ärger mit der Frau verdrängt, Puls beschleunigt, mit feuchten Fingern ein Gebot abgegeben und... gewonnen!
Ich habe eine Pre-Serial Ludwig Super Sensitive in 14 x 6,5" aus dem Jahr 1962 ersteigert! :great:

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, kamen mir aber doch leichte Bedenken. Stichwort "Parallelabhebung". Ich habe noch nie eine Snare mit so einer Abhebung gespielt, besessen, geschweige denn eingestellt. Außerdem möchte ich das Schätzchen gerne zerlegen und in den bestmöglichen Zustand bringen.

Hier seht ihr Fotos, mit denen die Snare angeboten wurde. Das Teil sieht hervorragend aus - fast keine Stellen, an denen die Verchromung abgeplatzt ist (Pitting) und nur ein paar kleinere Kratzer.

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Jetzt werden sich einige fragen "Wie jetzt - Verchromung abgeplatzt? Was soll das denn?"
Die Antwort ist einfach. Der Kessel ist aus Aluminium und wurde anschließend verchromt. Leider hat wohl niemand den Herrn Ludwig darüber aufgeklärt, dass Chrom nur sehr schlecht auf Alu hält. Insbesondere dann, wenn so eine Snare mal irgendwo anstößt und mit bloßen Fingern angefasst wird. Das (und vor allen Dingen Feuchtigkeit) führt unweigerlich dazu, dass das Chrom pickelig wird und "Blasen" wirft, die aufplatzen und abblättert. Nicht schön - ist aber nicht zu ändern.
Wenn man dann noch bedenkt, dass diese Snare aus dem Jahr 1962 stammt, ist der Zustand sensationell!!!

Ja ja... 1962... schon klar... :rolleyes:
Die Snare hat ein sogenanntes "Keystone-Badge". Das ist das Firmenschild, was gleichzeitig das Air-Vent ist. Es ist keine Seriennummer eingestanzt, der Innendämpfer wird mit einem Hebel bedient und hat roten Filz. Der rote Filz wurde 1962 eingeführt und Seriennummern gab´s erst ab 1963.

Innendämpfer?
Mit dem Hebel wird ein Arm bewegt, der sich im Inneren des Kesels befindet. An der Oberseite ist eine Platte, auf die ein Stück Filz aufgenietet ist. Wenn einem die Snare zu viele Obertöne hat, kann man den Hebel bewegen um so den Filz an die Unterseite des Schlagfells legen. Das dämpft die Obertöne und der Klang wird trockener. Und weil der Hebel aussieht wie ein kleiner Baseballschläger, nennen die Amis das dann "red felt baseball bat damper". Tja - so sind sie eben...

Wie man sieht, hat die Snare eine Parallelabhebung. Ein Vorbesitzer hat Löcher in den Kessel gebohrt und offenbar einen "normalen" Strainer montiert, weil die einfacher in der Handhabung, bzw. Einstellung sind.

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Gut - mit diesen Löchern wird es die Trommel nicht ins Ludwig Museum schaffen, was mir aber egal ist. Der Preis war gut und schließlich soll sie täglich gespielt werden.

Einige Tage später komme ich von der Arbeit nach Hause und im Wohnzimmer liegt ein großes Paket mit meinem Namen drauf. Das kann nur meine Snare sein! Also aufgemacht und mit feuchten Fingern hebe ich meine ersteigerte Ludwig Super Sensitive aus dem Karton.

Super - jetzt kann´s losgehen.
Weil das gute Stück ja wieder glänzen soll, habe ich bereits 0000-Stahlwolle, Nevr-Dull und neue Felle gekauft.

Auf dem nächsten Bild ist die Snare zu sehen, wie sie bei mir angekommen ist. Da war die Welt noch in Ornung...

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Die Felle waren total verranzt - also runter damit. Außerdem war eh geplant, das Teil zu zerlegen und ordentlich zu putzen. Aber was ich dann zu sehen bekam, war ein echter Schock. Seht selbst...

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Da hat doch echt irgendein Vollpfosten die Gratung zerdeppert. Sieht aus wie der Versuch eines Versuchs ein Snarebed da reinzukloppen. Und das auf der Oberseite des Kessles!!! Wie geht das denn!?! Insgesamt sind drei Stellen mehr oder weniger stark versemmelt. :eek:

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Tja - die Scheiße ist voll am dampfen...

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Das war genau der Zeitpunkt, an dem ich schlagartig einsetzenden Sprühstuhl bekam. Kommentar meiner Frau: "Gut gemacht Uli". Na schönen Dank auch! Als hätte ich das ahnen können. Das Schnäppchen mutierte zum Albtraum, der Traum einer Super Sensitiv war geplatzt und es schien so, als hätte ich das Geld mal besser in den Rhein geworfen - das hätte wenigstens geplatscht...

In diesem Zustand ist die Snare quasi wertlos oder bestenfalls als Ersatzteilträger zu gebrauchen. :(

Natürlich habe ich sofort eine Mail an den Verkäufer geschrieben und vorgeschlagen, den Kauf rückgängig zu machen, da dieser Schaden nicht erwähnt wurde. Hätte ich das gewußt, hätte ich die Snare niemals ersteigert.
Seine Antwort in Kurzform: Er habe die Snare mit finanziellem Verlust an mich verkauft und in der Auktion war darauf hingewiesen, dass es ein "Privatverkauf ohne Umtausch" ist. No way...
Natürlich könnte ich jetzt eB*y oder einen Rechtsanwalt einschalten. Aber der Verkäufer kommt aus einem Nachbarland mit hohen Bergen (nein, nicht die Schweiz) und so ein Rechtsstreit kostet meistens Geld und Nerven. Ob man sich das antun soll...?

Tja - da sitze ich nun mit der Grotte. Erst mal eine Nacht drüber schlafen. Vielleicht gibt´s ja doch eine Lösung...

Und wie diese Geschichte weitergeht, erzähle ich euch bald. :rolleyes:


Bis dann, Uli
 
Eigenschaft
 
Hi Uli,

dü Ärmster, aber da hat dich so eine Ratte echt gelinkt.
Der Kessel ist wirklich schrottreif, da bekommst kein Fell der Welt richtig gestimmt.
Eine bodenlose Sauerei.
Keine Rückgabe bei ebay, schön und gut. Das heisst ja aber nicht, dass dir jemand ein Schrottteil als mangelfrei andrehen kann.
Jedenfalls bekäme der betreffende Ebayer die entsprechende Bewertung ;) und ich würde bei ebay dafür sorgen, dass der nicht mehr viel verkauft.

Bei einem Rechtsstreit bekämst du wahrscheinlich Recht, bist dann aber nochmal Anwaltkosten los und höchstwahrscheinlich wird das Verfahren eh eingestellt. Ist also für den A....

Bei einem Holzkessel könnte man ihn ja noch kürzen und neue Gratung und Snarebed einfräsen lassen.
Bei einem Metallkessel (und Alu noch dazu) ist das wohl kaum machbar. Hab jedenfalls noch nicht gehört, dass man sowas machen kann.

Einzige Möglichkeit der Schadensbegrenzung wäre, wenn du dir bei Customdrums, St-drums o. ä. einen Metallkessel kaufst und dir daraus eine Snare baust.
Ok, das ist dann keine Ludwig mehr, aber besser als nix.
 
also ich würde das erst mal weiter durchziehen, mit nem Anwatlsschreiben drohen, deutlich erklären,dass der hinweis "privatverkauf - keine Garantie" keine bewusst falsche Artikelbeschreibung legitimiert und dass dies ein Straftatbestand ist...nämlich Betrug...Das ganze bei ebay melden und dann mal gucken wie er reagiert. Du hast ne Adresse auf dem Paket gehabt und nen Namen in der Bankverbindung? Ruf ihn an! Mails sind shclecht um solche Dinge zu kommunizieren, und mach ihm dann die Hölle heiß!
 
sowas is echt ne sauerei!!! ich versteh nicht wie man so dreißt sein kann....

mit dem anwalt drohen und ebay informieren hat bei mir auch schoneinmal geholfen. ich hab mir nen meinl mb10 beckensatz neu ersteigert -die serie war damals noch neu und nicht so bekannt- und für einen spottpreis ersteigert. da wollte er wohl nich verkaufen und hat auf stur gestellt. nach 2 wochen zittern und drohen kam das paket dann doch an! wir mussten aber ordentlich druck machen und wie gesagt mit dem einleiten rechtlicher schritte drohen.
versetz dich doch mal in seine lage. für ihn wird das wohl ne kleinigkeit sein aber wenn er dann mitbekommt dass evtl ein anwalt auf ihn angesetzt wird, wird aus der "kleinen" aktion plötzlich ein großer fisch^^ ich könnte mir gut vorstellen dass er dann nen rückzieher macht und den "deal" rückgängig macht. (vllt sieht er seinen fehler sogar ein)
 
Das Melden bei Ebay würde ich auf alle Fälle machen, bringt wahrscheinlich schon einiges. Ebay ist ja von sich aus interessiert, schwarze Schafe den Garaus zu machen und die werden dem schon ordentlich einheizen.
Denn selbst bei Gebrauchtkauf muss man sich auf die Artikelbeschreibung verlassen können, verdeckte Mängel dürfen nicht zu Lasten des Käufers gehen.
Mit seiner Argumentation "gekauft wie gesehen" kommt der betreffende Herr hier nicht weit, denn er hat ein wichtigen Punkt, der sehr kaufentscheidend ist, einfach unterschlagen.

Ist genauso wie wenn du einen Gebrauchtwagen kaufst und der Verkäufer dir versichert, dass der Wagen unfallfrei ist. Stellt sich später anderes heraus, muss er den Wagen zurücknehmen und du könntest sogar Schadenersatz verlangen, falls dir einer entstanden ist.
Mit seiner Meinung ist der Verkäufer hier ganz schön auf dem Holzweg.
 
Willkommen zurück bei:
"Kann man da noch was machen oder ist die Snare tot?"


Zunächst einmal vielen Dank für eure netten Reaktionen auf mein Unglück und euer Mitgefühl. Ich sehe es genauso wie ihr - wenn man die Sache durchziehen wollte, würde man mit Sicherheit Recht bekommen und der Verkäufer würde den Kürzeren ziehen...

Also nochmals Danke!
Besondere Grüße an vicFirth.moppeL - ihr anderen, bitte nicht böse sein. Es ist nur so, dass ich auch ein PDP FX in tobacco burst spiele und ebenfalls aus Lippstadt komme! :great: Beruflich hat´s mich dann ins Rheinland verschlagen, aber das ist eine andere Geschichte...



Weiter geht´s mit dieser Geschichte:

Ein neuer Tag, aber immer noch eine Ludwig-Grotte und keine Snare. :( In meiner Not habe ich einfach mal bei dem Inhaber der Firma "Custom Drums and Parts" angerufen. Als ich mir eine Snare selbst gebaut hatte, haben wir ein sehr nettes und informatives Telefonat geführt. Vielleicht hat er ja eine Idee, ob da noch was zu machen ist...

Ich möchte noch nicht zu viel verraten. Soviel vorab - er hatte einen Tipp für mich, der funktionieren könnte. Die Betonung liegt auf "könnte"! Aber auf jeden Fall hat mir das etwas Mut gemacht, so dass ich die Snare erst einmal komplett zerlegt habe und mit der Reinigung angefangen habe.

Jaaa, wie soll´s weitergehen?
Zunächst vielleicht ein paar Bilder die entstanden sind, während ich die Snare auseinandergeschraubt habe.

Ich will hier nicht den Schlauen raushängen lassen, aber ich könnte mir vorstellen, dass Viele noch nie so eine antike Snare gesehen haben. Und insbesondere die Ludwig Super Sensitive oder die Supra Phonic gehören zu den legänderen Snares, die auch interessante Dinge, wie zum Beispiel einen Innendämpfer oder die besondere Abhebung zu bieten haben.
Also viel Spaß damit...


Hier sieht man den bereits erwähnten Innendämpfer, der mit dem "baseball bat" bewegt wird. Wenn man die Obertöne wegdämpfen will, wird die Filzplatte von innen an das Fell gelegt. In den späteren Jahren wurde dieser Mechanismus gegen einen runden Schraubknopf ausgetauscht. Wenn man daran dreht, wird eine Filzplatte mittels einer Gewindestange an das Fell "gekurbelt".

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Das nächste Bild zeigt eine der beiden Abhebemechaniken. Es ist unschwer zu erkennen, dass der rechte Arm, in den der Snareteppich eingehangen wird, verbogen ist. So kann der Teppich natürlich nicht sauber auf dem Resofell aufliegen und ein guter Snaresound ist so wohl eher nicht drin.
Außerdem sieht man das Snarebed, was bei den Ludwigs der frühen 60er Jahre "gekrimpt" ist. Die Einbeulung sorgt dafür, dass sich der Kesselrand verformt und eine Wölbung bildet - das Snarebed eben.

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Und hier sieht man, warum Nähmschinen-Öl und auch andere Plörre nichts -aber auch gar nichts- an einer Trommel zu suchen hat. Das Zeug verranzt im Laufe der Zeit, zieht Dreck und Staub an und wird zu einer zähen Soße. Das führt wiederum dazu, dass am Ende die geölten Teile nicht mehr flutschen, sondern eher schwergängig werden. Echt lecker... Yummi, yummi

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Nachdem nun alle Teile und ein nackter Kessel vor mir lagen, ging´s ans Putzen. Nevr-Dull und Stahlwolle haben mir da gute Dienste geleistet. Allerdings tun einem danach auch die Finger ordentlich weh - etwas Kraft muß schon aufgewendet werden. Aber es lohnt sich.

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Kein Wunder, dass die Stimmschrauben auch voll dreckig waren...
Nochmal zu Nevr-Dull: Ich habe keine Ahnung was da drin ist, aber es "wirkt" super! Und das nicht nur beim Putzen - auch der Kopf wird so herrlich leicht... :rolleyes: und die Finger tun auf einmal auch nicht mehr weh... Echt bewußtseinserweiternd das Zeug.
Hier sind mal drei Lugs. Oben: ungeputzt - Mitte: mit Nevr-Dull abgerieben und trocknen gelassen - Unten: mit einem Baumwolltuch (olles T-Shirt) poliert.

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Die Mechaniken - links sauber und rechts roh. Außerdem ist alles gerichtet und die Rändelschrauben zum Spannen des Snareteppichs sind jetzt richtig herum. Das war vorher nicht der Fall. So kommt man da auch dran. ;)

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Auch wenn es auf den Bildern vielleicht nicht so deutlich rüberkommt - in natura ist der vorher-nachher Effekt unglaublich.

Jetzt die Lugs (man kann natürlich auch Stimmböckchen sagen. :D)
Natürlich habe ich im I-net mal Infos zu dem Thema "Ludwig Super Sensitive" gesucht und mich etwas schlau gemacht. Dort habe ich einen interessanten Tip aufgeschnappt. Es ist wohl recht häufig der Fall, dass die Federn, die in den Lugs die Gewindehülsen nach außen drücken, zu einem ungewollten Schnarren führen, weil sie am Metall der Lugs anliegen. Die Lösung ist denkbar einfach. Man legt etwas Filz, Schaumstoff oder was-weiß-ich-was dazwischen uns schon schnarrt die Schnarre nur noch da, wo sie schnarren soll.

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Vorher - nachher. Die Lugs von innen.

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So liebe Trommelfreunde...
Das soll´s für den Moment gewesen sein. Im nächsten Teil komme ich zu dem Tipp, der vielleicht eventuell gegebenenfalls funktionieren könnte.

Im übrigen habt ihr bestimmt bemerkt, dass die Bilder auf die Site www.der-Trommelbauer.de hinweisen. Das ist ein sehr interessantes Forum für... richtig: Trommelbauer! Wenn also jemand von euch mit dem Gedanken spielt, sich eine Snare selber zu bauen, ist das Pflichtlektüre.
Die admins und die Betreiber dieses Forums, sehen mir diesen Hinweis bitte nach. :) Dieses Forum und "der Trommelbauer" stehen nicht in Konkurrenz zueinander. In beiden Foren geht es um die zweitbeste Sache der Welt: Drums!!! :great:


Also dann - bis zum nächsten Teil,

Uli
 
vielen dank für die lieben grüße =)
zufälle gibts ^^
mein set wird in den kommenden wochen aber seine farbe verlieren und neu foliert ;)
hab mir ne 20er bassdrum aus der premier XPK serie zu nem spottpreisgekauft und auf pdp hardware um gerüstet. das problem ist jetzt dass die farben nicht zueinander passen.
zudem will ich mir eine snare bauen die auch foliert werden soll. da bietet sich das halt an ;)

übrigens ne saubere arbeit die du da leistest ;) wenn mein set foliert wird werd ich wohl auch die hardware mit stahlwolle auf vordermann bringen und die ganze aktion mit bildern und woerten dokumentieren ;)

ich bin mal gespannt auf die hoffentlich rettende lösung für das alte schmuckstück :)

LG
 
Hi Uli,

na, da sind wir alle mal gespannt ob der Rettungsaktion des Ludwig Schätzchens.
Ich wünsche dir sehr, dass sie auch gelingen möge, die Snare ist es echt wert.
Im letzten Sommer bin ich auf einem kleinem Openair-Fest in den Genuss gekommen eine Super-Sensitive zu spielen. Es war eine 14x5" mit Messingkessel und Fiberskyn Schlagfell (Baujahr ca. Ende 60/Anfang 70)
Was soll ich sagen: Waaahhhhnsinn! Wir haben in unserer Setlist einen Countrysong (Crossroads von Calvin Russell) den ich immer mit Besen spielen. Auf dieser Snare gespielt - ein Traum. Diese Ansprache, man hört jeden Wischer und mit dem Fiberskyn-Fell kommt das butterweich.

Wenn das Teil noch zu retten ist, dann setz alles in Bewegung, dass du sie geretten bekommst - es lohnt sich bestimmt.

Ach ja, der Typ auf dessen Ludwig-Set ich spielen durfte ist ein Ludwig-Maniac. Der hat noch 3 weitere Sets und ein halbes Dutzend verschiedener Ludwig Snares zuhause.
Früher war mir dieser Ludwig-Mythos immer irgendwie suspekt, sein ich aber mal einen Gig auf so einem Schätzchen gespielt habe, weiss ich, dass da was dran sein muss. :D

Tante Edit(h) meint auch, dass die Trommelbauer-Seite klasse ist. Für jeden Schlagzeugbastler praktisch "Pflichtlektüre". Wenn sich da so illustre Leute wie Gabriel Ashcroft (Lunar) da tummeln, kann sie ja gar nicht schlecht sein. ;)
 
Hallo Haensi

Ja - es ist genauso, wie Du es gesagt hast! "Suspekt" trifft den Nagel auf den Kopf.

Da ich (genau wie Du) aber schon ein paar Jahre älter bin, verbinde ich mit Ludwig etwas mehr als nur den Namen eines Drum-Herstellers. :great:

Es war am 09.Februar 1964 um 20:00 Uhr, als 73 Millionen Amerikaner vor dem Fernseher saßen und die Ed Sullivan Show sahen.
Vier junge Männer aus England spielten ein paar Lieder, über die die ältere Generation nur den Kopf schütteln konnte. Sie spielten auf Rickenbacker und Gretsch Gitarren, der Bass war von Höfner. Auf einer erhöhten, runden Bühne saß ein gewisser Herr Starkey und spielte ein Drumset in einem umwerfenden Black Oyster Pearl Finish. Auf dem Bassdrumfell war ein geschwungener Schriftzug zu lesen: Ludwig.

In den folgenden Tagen liefen zig-tausende junger Drummer in die Musikgeschäfte - sie alle wollten dieses Drumset kaufen. Die Firma Ludwig, die sich bis dahin mehr schlecht als recht über Wasser halten konnte, wurde über Nacht zum führenden Hersteller in Sachen Drums.

Mittlereile gibt es viele andere und gute Hersteller auf dem Markt und Ludwig verlor seine Rolle als Marktführer. Doch der Mythos lebte weiter... und erschien auch mir suspekt.

Bis ich dann eine Supra Phonic in 14 x 5" spielen konnte. Einfach sensationell, was aus dieser Snare herauskommt - das hat nichts mit "normalen" Metall-Snares zu tun, deren Sound mich bis dahin nicht wirklich begeistern konnte.
Tja - und so fing ich an, mich für eine vintage Ludwig Snare zu interessieren, bis ich dann eine gekauft habe, in die ich viel Arbeit gesteckt habe. :rolleyes:


Danke an den wahrscheinlich am meisten unterschätzten Drummer der Welt.
Danke Ringo Starr.


Bis dann, Uli
 
Der Mythos Beatles hat wohl auch den Mythos Ludwig bewirkt.
Premier hat Ringo das lange übelgenommen, dass er bei Ludwig angeheuert hat. Vorher hatte er immer Premier gespielt.

Ob Ludwig Drums jetzt besser als andere Trommel sind weiss ich nicht und will ich auch nicht beurteilen. Aber einen Mythos kann man ja nur aufrecht erhalten, wenn man kontinuierlich gute Sachen abliefert. Irgendwas muss da schon dran sein.

Das Ganze kann aber auch zum Fluch werden und gewaltig nach hinten los gehen. Der Glanz verblasst dann aber ganz schnell. So geschehen bei Hayman. In den 70ern eine Topmarke mit Endorsern wie Bill Bruford, mittlerweile zu einer Low-Budget Marke verkommen, so kann es leider auch gehen.
 
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Hallo zusammen

Jetzt kommt der letzte und spannendste Teil - der obere Kesselrand. Ihr erinnert euch - ich hatte einen Tipp bekommen, der funktionieren könnte. "Zwei-Komponenten-Metallkitt" war das Zauberwort. Also bin ich mal flott in den nächsten Baumarkt gegangen, aber dort scheint das nicht zum Standardsortiment zu gehören. Aber etwas anderes: "Pattex Power-Knete". Das Zeug sieht aus, wie diese ekeligen Haribo Colorado Lakrtiz Dinger - außen blau und innen weiß. Diese zwei Komponenten werden miteinander verknetet und härten dann aus. Angeblich kann man das bereits nach einer Stunde schleifen. Ob das klappt...? :rolleyes:

Zu verlieren hatte ich nichts, also los!
Die beschädigte Stelle hatte ich zuerst einmal mit Schmirgelpapier etwas aufgerauht, damit die Knete auch einen Untergrund hat, an dem sie haften kann. Danach habe ich mit Glasreiniger nachgerieben, um den Schleifstaub aufzunehmen. Also - Kneten, Wurst formen und anpappen. Noch etwas in Form bringen und etwas antrocknen lassen. Danach habe ich den Kessel umgedreht und habe ihn leicht gegen die Tischplatte gedrückt, damit ich in etwa auf die richtige Höhe (oder besser gesagt Tiefe) komme. Leider kann ich euch keine Fotos von der Kneterei präsentieren. Das Zeug wird innerhalb von 4 - 5 Minuten so zäh, dass man es nicht mehr gescheit verarbeiten kann. Etwas Eile war also geboten.
Nach etwa 15 Minuten habe ich mit einem Messer schon einmal die nach innen abfallende Gratung nachgeschnitten.

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Auf dem oberen Bild sieht man links neben der Knete auch gleich die nächste zerdepperte Stelle. Zwar nicht so schlimm, aber das musste auch noch bearbeitet werden. Und gegenüber die dritte Stelle.

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Auf der Verpackung stand ja, dass die Knete nach einer Stunde geschliffen werden kann. Na dann... mit zittrigen Fingern habe ich die Feile angesetzt. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit. Hält das Zeug oder fällt es ab? Es hält und nach dem ersten Arbeitsgang sieht das Ganze so aus:

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Da ich noch nicht ganz zufrieden war, habe ich nochmal etwas aufgefüllt und nachgeschliffen. Zum Schluss mit der 0000-Stahlwolle abreiben und man hat eine neue und wunderbar glatte Fellauflagekante.

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So - das war also geschafft. Ich habe den Kessel dann über Nacht "ruhen lassen", damit die Knete aushärten konnte und ihre maximale Härte erreichte.
Am nächsten Tag wure der Kessel von innen und außen mit Nevr-Dull auf Hochglanz poliert. Weil damit aller Dreck und Schmock abging, konnte ich auf Stahlwolle verzichten.

Jetzt konnte der schöne Teil der Arbeit beginnen - der Zusammenbau. Was haben wir den da alles... Kessel, Lugs, Schrauben, Mechaniken, Dämpfer, Verstärkungsbleche... und natürlich neue Felle.

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Bei den Fellen habe ich mich für Remos entschieden. Ich spiele zwar sonst Evans, aber irgendwie kam mir das komisch vor. Auf so eine Snare gehören Remo Felle. Als Resofell habe ich ein Ambassador und für die Schlagseite ein Weatherking Vintage A gekauft.

Als dann alles montiert war, kam der große Moment. Wird sich die SuSe stimmen lassen oder bröselt mir jetzt die Knete vom Kessel? Die Resoseite war kein Problem, da war ja auch nichts kaputt. ;) Dann die Schlagseite... Langsam alle Schrauben anziehen und dann kam er - der erste Ton!!! Lange Rede kurzer Sinn, den Rest der Stimmprozedur hat die Snare auch überstanden und mittlerweile auch 2 Stunden Spiel. :D

Hier also ist sie:
Die ´62er pre serial red felt baseball bat Ludwig Super Sensitive in 14 x 6,5"

Oder einfach: Meine SuSe :D

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Vielen Dank nochmal an Stefan von "Custom Drums & Parts" (madmarian) für den Tipp. Ohne den wäre das nichts geworden! :great:

Ich hoffe, dass Euch dieser Thread ein wenig unterhalten hat. Eigentlich wollte ich nur putzen... Aber so eine Restauration mit Operation am offenen Herzen hat ja auch etwas.


Bis später, Uli
 
Wow!!!
Mein Glückwunsch.
Wir haben alle mitgefiebert!!!:great:
 
Echt schön, dass du die gute doch noch gerettet hast ;) *bewert* klingt sie denn auch wie du es dir erhofft hast, oder wirkt sich das Pattex Zeug negativ auf den Sound aus ?
PS: Echt ne gute Idee mit der Knete hoffentlich hält sie auch
Gruß Jan
 
Suuuuuuuuper :)
 
wahnsinn-also handwerklich erste sahne!
eigentlich bin ich jemand,der sich einmal ärgert und dann ist es auch gut...aber in diesem fall ist für mich diese reparatur nur ein geringer trost-ich find das extrem übel von dem ebay-verkäufer und [irgendwie] noch schlimmer,dass er damit dann doch durchkommt. :mad:
verstehst,was ich meine?

trotzdem freut es mich sehr,dass du die ludwig gerettet hast und sie wieder zu "singen" gebracht hast...

respekt!...

grüsse bece

ps. siehste,ich finde hr.starkey senior ist einer der meist überschätzten schlagzeuger...
 
Erst einmal vielen Dank für eure netten Kommentare. Das freut mich sehr und macht mich auch etwas stolz. :D

Zum Sound:
Glücklicherweise hat der Sound nicht gelitten. Die ausgebesserten Stellen sind, bis auf eine, nicht besonders dick (oder tief). Da diese Knete anscheinend echt super hält und eine feste Verbindung mit dem Kessel eingegangen ist, übertragen sich die Fellschwingungen auch gut auf das Metall - es schwingt ja zum Glück mehr, als nur die Fellauflagekante. :)

Der Klang ist echt super!
Diese Snares tragen ihren Namen "Super Sensitiv" zurecht. Der Teppich spricht sehr fein an, so dass auch leiseste Ghost-Notes klar und definiert rüber kommen.
Man sollte sich aber nicht täuschen. Das ist kein leises Orchester-Trömmelchen! Durchgeballterte 16tel peitschen und knallen wie ein Maschinengewehr. Das ganze wird dann mit feinen und dezenten Obertönen garniert. Da muß man sich echt zusammenreißen. :p Rimshots kommen auch astrein. "Earsplitting" ist das beste Wort, das ich mal auf einer amerikanischen Site zu diesem Thema aufgeschnappt habe.

Was mich besonders erstaunt ist, wie leicht sich die Snare stimmen lässt. Man bekommt sofort ein feedback auf Änderungen in der Stimmung. Da muss man nicht lange herumschrauben und Angst haben, dass man den richtigen "Punkt" verpasst hat.

Auch der Teppich ist eine echte Überraschung. Der hat nur 12 Spiralen und ich hatte befürchtet, dass er soundmäßig vielleicht etwas dünn ist. Alles Quatsch, das Gegenteil ist der Fall. Endlich hören sich die Toms nach Toms an - kein Mitrascheln mehr, sondern klarer Sound. :great:


@ bece:
Ich bin zwar kein Anwalt, aber sagen wir mal "vom Fach".
So ärgerlich die Sache mit dem Verkäufer ist, ich weiß genau, wie das weitergeht. eBa* hat keine echte Handhabe gegen den Verkäufer zu bieten. Wie auch? Sie sind weder die Staatsanwaltschaft, noch sonst irgendein "Organ der Rechtspflege" (toller Ausdruck was?). Sie können den Verkäufer höchstens intern abmahnen - das Ergebnis warte ich mal ab...
Also bleibt nur eins: Einen Anwalt nehmen, ein Scheiben aufsetzen lassen und dem Verkäufer zusenden. Das kostet etwa 150,- Euro - wenn´s mal damit getan ist. Wenn nicht, kommen weitere Kosten dazu. In dem Fall, dass man damit am Ende erfolgreich ist, bleibt man trotzdem regelmäßig auf den eigenen Anwaltskosten sitzen. Bei einem Streitwert (Kaufpreis) von 189,- Euro kommt man da ganz schnell an den Punkt, an dem man sich fragen muss, ob sich das (zumindest finanziell) lohnt. Traurig aber wahr... :mad:

Die Reparatur hat aber, trotz allem Ärger über den Verkäufer, auch einen positiven Nebeneffekt. Nach immerhin doch einigen Stunden, die man in die Rettung der Snare investiert hat, wächst einem das Ding echt ans Herz und zumindest für mich ist diese Trommel schon jetzt etwas besonderes. Sie hat nun einen zweiten Geburtstag, den 21.11.2008. Der individuelle Wert und der Stolz den ich empfinde, wenn ich auf dieser Snare spiele, sind unbezahlbar. Und der Verkäufer soll Pickel am Arsch bekommen... :D

Deine Meinung zu Herrn Starkey ist auch völlig OK. Da lasse ich jedem seine eigene Einstellung und bin überhaupt nicht beleidigt, wenn jemand das anders sieht als ich. :) Das ist wie beim Stimmen eines Drumsets - if it sounds good to you, it sounds good!


Also nochmals Danke und Grüße, Uli
 
wow =)

einfach eine meisterstück ;)
kennst du vllt jemenden der uns mal ne hörprobe von deiner SuSe machen kann?
fänd ich echt genial!

nochmal: saubere Arbeit! r*e*s*p*e*c*t
 
Mensch Uli,

du hättest Dramaturg werden sollen *Schweiss von der Stirn wegwisch*
Spannender wie ein Krimi und letztendlich doch noch ein Happy-End. :D
Das mit dieser Knete ist echt eine Superidee - da muss man mal draufkommen. :great:

Kannst ja mal bei Gelegenheit eine Kostprobe der klanglichen Art hier reinstellen - bin da bestimmt nicht der einzige, dem das interessiert. ;)
 
Haensi
  • Gelöscht von Wil_Riker
  • Grund: Dreifachpost (Board-Fehler?)
Haensi
  • Gelöscht von Wil_Riker
  • Grund: Dreifachpost (Board-Fehler?)
Hallo UW!

Da hast Du ja wirklich viel Herzblut hineingesteckt!

Ob ich mich in solch einem Fall genauso reingehängt hätte, wage ich als Nicht-Handwerker und Grobmotoriker mal zu bezweifeln ...

Auf jeden Fall war dies eine sehr interessante Geschichte mit einem "Happy End"! Kompliment! :great:

Und noch viel Spaß mit der SuSe!
 
Und weil´s so schön ist, sind hier noch zwei Bilder für euch:

Hier wohnt die SuSe jetzt.

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Ich schätze sie fühlt sich wohl bei den Jungs...

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Uli
 

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