[Review] Martin DCPA5

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Review Martin DCPA5, Baujahr 2016, gebaut in Mexico

Vorwort:
Alle Jahre wieder, muss eine neue Gitarre her.
Die letzte Anschaffung war eine Crafter aus Riegelahorn mit Pickup und Cutaway.
Nun schwärmte ich lange für die berühmte Bruce-Springsteen-Takamine (hat ein Kumpel).
Meine Anforderungen sind recht simpel: eine bühnentaugliche, robuste Gitarre, also mit Tonabnehmer und, wichtig, mit Cutaway.
Doch die Takamine klingt doch unplugged recht ähnlich wie die Crafter, was wohl dem Ahorn geschuldet war.
Die Crafter, aus Riegelahorn, klingt crisp - brilliante Höhen, aber nicht ganz so satte Bässe.
Dazu kommt die Bauform "Grand Auditorium", die, in diesem Fall, auch nicht gerade den Bass unterstreicht, aber dafür ein super handling auf der Bühne vorweist.
Meine Dreadnought, eine Simon & Patrick mit Zederndecke, jedoch ohne Tonabnehmer, klingt da doch viel fetter. Ich stehe mehr auf basslastigen Sound & Tiefe. Also sollte es schon mal eine Gitarre sein, die auch unplugged eine gute Figur macht.
Nach zahlreichen Tests landete ich bei der Martin DCPA5. Angeregt übrigens durch ein Video bei Youtube. Doch Anfangs stießen die verwendeten Materialien doch eher auf Skepsis. Nach über 30 Jahren Gitarre, jetzt nun weg vom Holz? Zunächst ausgeschlossen, denn auch ich bezeichnete mich bis dato da eher als Traditionalisten.

Hersteller:
Die DCPA5 wird, wie alle niedrigpreisigen Gitarren von Martin & Co, in Mexico hergestellt.
D steht für Dreadnought, C für Cutaway und PA für die Serie "Performing Artist".
Bei der 5 bin ich überfragt, hat aber was mit der Nummerierung der Martin-Serien zu tun.

Material, Ausstattung und Preis:
Jetzt kommt das, was viele Traditionalisten eben ablehnen, quasi ein Sakrileg darstellt: Nur die Decke (Sitka Fichte) und das Bracing (scalloped X-Bracing) bestehen aus Holz. Sonst besteht die Gitarre rein aus Verbundstoffen. Die Zargen und der Boden sind aus HPL (High Pressure Laminate), der Hals aus Stratabond und der Steg, sowie das Griffbrett aus Richlite. Das sind jeweils extrem widerstandsfähige Materialien. Martin beschreibt Stratabond als um 30% härter als Mahagoni. Auch Richlite ist für seine strapazierfähigkeit bekannt. Angeblich soll die Gitarre jeglichen Temperaturschwankungen standhalten. Achtung! Ich schreibe bewusst "soll" und "angeblich".
Getestet habe ich es nicht und ich glaube auch nicht, dass ich die Gitarre im Winter draußen in den Garten stelle um das zu testen.
Die Stegeinlage ist aus Tusk und der Sattel aus weißem Corian. Die Dots im Griffbrett sind ebenfalls aus Kunststoff.

Ausgestattet ist die Gitarre mit eine Fishman F1 Analog Tonabnehmer mit integriertem Stimmgerät.
Was mich hier etwas verwundert hat ist, dass die Platine nicht verdeckt oder verkapselt ist, sondern offen im Korpus montiert wurde (siehe Foto).

Geliefert wird die Gitarre OHNE Koffer oder Gigbag. Bespannt ist sie mit 12er-Saiten (Martin SP 7100).
Positiv zu erwähnen ist auch der 2. Gurtknopf, der bei so manchen meiner Western-Gitarren nachträglich angebracht werden musste.

Die Gitarre kostet derzeit 899.- €.
Es gibt 2 Varianten. DCPA5 = Mahagoni-Finish bei Boden und Zargen, DCPA5K = Koa-Finish bei Boden und Zargen. Das ist aber reine Geschmacksache und hat keinerlei Einfluss auf den Sound.

Bespielbarkeit und Sound:
Der Sound gefällt mir persönlich richtig gut!
Ein sehr homogener, durchaus weicher Klang mit tiefen, aber keinesfalls breiigen Bässen und dennoch schönen Höhen und insgesamt langem Sustain. Die samtige Ausgewogenheit des Klangs ist das, was mich an dieser Gitarre fasziniert. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass manche Ohren eine gewisse Brillianz in den Höhen vermissen. Die Bespielbarkeit des Stratabondhalses gefällt mir ebenfalls sehr gut. Einen Tick niedriger würde ich mir die Saitenlage einstellen, doch der Trussrod-Stab liegt so tief, dass ich dafür einen extralangen Sechskantschlüssel benötige. Wer also auf einen eher bassbetonten, weichen Sound steht,sollte diese Gitarre einmal testen. Ich könnte auch vorsichtig schreiben: martintypisch. Aber ich habe bislang nur wenige Martingitarren gespielt und nenne diese DCPA5 als erste Martin mein eigen.

Mit einer Sattelbreite von 44,45 mm ist sie die "Breiteste" unter meinen Westerngitarren, was mir persönlich eher zugute kommt, da ich auch viel klassische Gitarre spiele. Doch ehrlich: ein Unterschied zu einer, oft üblichen Sattelbreite von 43mmm ist nicht wirklich spürbar.

Der Tonabnehmer macht auf meinem Marshall AS100D eine sehr gute Figur. Der Sound wird sehr satt und ausgewogen übertragen. Es gibt einen Volumenregler und einen Tonregler, der, bei Knopfdruck, noch mal die Mitten entweder anhebt, oder 'rausnimmt. Ich verzichte hier, wie so oft, gerne auf die Mitten. Eine einzelne Equilisation gibt es nicht, was mich aber nicht stört, da ich das über den Marshall regele. Weniger ist oft mehr und vereinfacht den Soundcheck auf der Bühne und ich regele nicht gefühlte Stunden hin und her. Drückt man den Volumenregler, schaltet sich der Tuner ein. Auf einen weiteren Knopfdruck ist er wieder ausgeschaltet. Dieser verrichtet seine Arbeit übrigens sehr gut und ist sehr gut ablesbar. Während des Stimmens ist der Tonabnehmer ausgeschaltet, bzw. gemutet.

Verarbeitung:
O tempora, o mores! Kann es sein, dass die Verarbeitung der Gitarren im Allgemeinen etwas nachlässt?
Bei meiner Gitarre waren an den Bundstäbchen stellenweise Klebereste deutlich zu erkennen (Foto)
Diese haben sich mit dem Fingernagel zwar wegmachen lassen, aber dennoch unnötig und unschön.
Zu Hause habe ich dann noch einen kleine Makel im Richlite-Griffbrett festgestellt. Hier wurde wohl nicht ordentlich geschliffen. (siehe Foto).
Glücklicherweise hat das keine Auswirkungen auf die Bespielbarkeit und gehört vielleicht in die Kategorie "Erbsenzählerei", aber da sind meine anderen Gitarren doch besser verabeitet.
Auch kleinere Mini-Lackfehler am Stratabond-Hals sind zu sehen.

Damit hat es sich aber auch schon. Alles andere ist sehr sauber verarbeitet.

Fazit:
Ich bin sehr angetan von diesem Instrument. Es ist wirklich beeindruckend, was Martin mit Verbundstoffen an Sound 'rausholt.
Sie hat das gewisse Etwas. Wie übrigens die meisten meiner Gitarren. Nichts wo ich sage, dass sie ähnlich klingt, wie die oder die...... Daher füllt sie in meinem Gitarren-Zoo eine noch nicht belegte Stelle aus.
Die Gitarre sieht etwas schlicht aus, was wohl auch am fehlenden Binding (Übergang Decke - Zarge) liegt. Ich finde sie ausgespochen hübsch - Geschmacksache eben. Die Verabeitung hätte stellenweise jedoch besser sein können. Der zusätzliche Kauf eines Koffers (hab' ich gemacht) oder eines Gigbags, ist in der Preislage eher ungewöhnlich.
Zum den Verbundstoffen sei noch mal gesagt: don't be afraid! Das ist vielleicht die Zukunft.
_______________
Kleiner Nachtrag:
Kaufempfehlung: ja
In der Preisklasse um 1000.-€ gibt es unglaublich viele Gitarren. Ich würde sie wieder kaufen und bin mit dem Preis-Leistungsverhältnis sehr zufrieden.
Nicht zuletzt auch ein herzlichen Dank an meine liebe Frau, die mir die Gitarre zum Geburtstag spendiert hat ;-)
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Bei Fragen, einfach fragen!
 
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