Routine?

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Vielleicht kennt der ein oder andere ähnliche Probleme: Ich spiele Piano/Keyboards in einer Band, und mein Lampenfieber bei Auftritten hält sich mittlerweile sehr in Grenzen. Das ändert sich jedoch schlagartig, wenn ich alleine Stücke spiele oder alleine einen Sänger begleite. Dann kriege ich das Flattern und mache, selbst bei einfachen Stücken, Fehler bis zum Abwinken. Gibt es Vorschläge aus der Runde, wie ich mich da verbessern kann? Mein Ziel, oder Wunsch, wäre es, in einer netten Runde mit Freunden mal ein bis eineinhalb Stunden vorzuspielen, ohne unangenehm aufzufallen. Oder mit einem Kumpel einen Klavier+Gesangsgig in einer Kneipe oder bei einer Feier zu bestreiten. Auf die Idee "mehr üben" bin ich schon mal von alleine gekommen, aber für mehr als ca. eine Stunde pro Tag und am Wochenende auch mal zwei, drei lassen Beruf und Familie mir nicht die Zeit. Das ein oder andere zu dieser Thematik habe ich hier in diversen Beiträgen schon gelesen, aber mir fehlt so ein bißchen die Orientierung, wie ich mein Üben so gestalten kann, dass ein bißchen mehr Sicherheit dabei rumkommt.
 
Eigenschaft
 
Ja, Üben gibt Sicherheit, denn wenn man sein Material sicher abrufen kann, ist man weniger nervös. Sobald Du Dein Material "im Schlaf" spielen kannst, hilft noch mehr Üben nicht gegen Lampenfieber. Ne Stunde am Tag reicht auch völlig aus.
Dein Threadtitel gibt schon genau das richtige Stichwort: Routine.
Mit Deiner Band aufzutreten bist Du inzwischen so gewöhnt, dass Du nicht mehr so aufgeregt bist. Alleine oder mit jemand anderem aufzutreten ist halt eine andere Situation, in der Dir die Routine noch fehlt. Zumal Du Dich da auch nicht auf die anderen verlassen kannst.
Die Routine dafür kommt mit mehr Auftritten von ganz alleine.

Spiel einfach so viel Du kannst alleine vor Menschen. Setz beim Üben Deine Frau / Kinder immer mal 10 Minuten dazu und spiel ihnen 1-2 Songs vor, das hilft schon. Spiel Deinen Freunden kurz was vor, wenn sie zu Besuch sind. Kannst ihnen ruhig sagen, dass Du das zur Übung machst, um Routine zu bekommen. Oder stell Dich in eine Fußgängerzone und spiel los, das soll auch gut abhärten (in manchen Städten sind allerdings nur akustische Instrumente für Straßenmusik erlaubt).

Ansonsten gibt es ja schon einige Threads zum Thema Lampenfieber und ob einem ein Beruhigungsbier hilft, Meditation oder Warmspielen vor dem Auftritt, das probiert man am besten einfach aus.

PS Und noch ein genereller Tipp hinterher: keine Angst vor Fehlern. Es ist voll OK, sich mal zu verspielen. In einer Livesituation fallen kleine Verspieler den meisten Zuhörern nicht mal auf und auffällige haben sie gleich wieder vergessen, wenn die Gesamtperformance stimmt. Ich habe z. B. gestern ein tolles fünfköpfiges Gesangsensemble gesehen. Ich war völlig begeistert und im gesamten Programm sind mir nur 2 unsaubere Töne und ein Stück mit leichten Timingwacklern aufgefallen. Ich glaube kaum, dass das außer mir überhaupt jemand wahrgenommen hat und ich war von der Performance völlig beeindruckt.
 
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Evtl. hilft auch so eine Art Autosuggestion: Wenn Du geübt hast und Dein Zeug kannst, dann sagst Du Dir vor dem Auftritt: Ich bin gut, ich kann das, ich bin fit, ich will auf die Bühne und den Leuten zeigen, was ich drauf habe, ich will Spaß haben auf der Bühne. Und dieses Gefühl: Yes, I can! nimmst Du dann mit auf die Bühne und setzt es um.

Ich spiele oft mit einem Improvisationstheater. Die Schauspieler pushen sich vor dem Auftritt im Backstage immer volle Kanne. Ein Joke jagt den nächsten, man versucht sich gegenseitig anzustacheln, so daß alle richtig gut drauf sind und gute Laune haben. Und wenn alle richtig gut drauf sind, geht es raus auf die Bühne, und dann entsteht ein sprühendes Feuerwerk an Ideen.

Wenn man sich vorher gegenseitig runtermacht, streitet, miesepetrig ist, müde ist, dann überträgt sich das sofort auf die Bühne. Wenn Du DIr vor dem Auftritt sagst: "Ich habe Angst, ich habe Lampenfieber, ich bin zu schlecht", dann nimmst Du genau das mit auf die Bühne. Deshalb mußt Du alle diese Gedanken aus Deinem Kopf verbannen und die positiven nicht nur zulassen, sondern Dich emotional ganz bewußt auch in die positive, euphorische Richtung stimulieren, dann wird auch der Auftritt gut.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Schon mal vielen Dank für die Tips. Meine Frau wird sich freuen... nee, ernsthaft: Sie findet unser schönes altes Klavier sowieso zu laut und fällt daher als Testhörerin aus. Und meine Kinder würden mir kein ernsthaftes Zuhören vorgaukeln können. Die können sich nicht mal drauf konzentrieren, wenn sie selbst Klavier üben. Aber den ein oder anderen Freund damit zu beglücken, das könnte klappen.

Und auch die eigene Fehlertoleranz zu erhöhen, könnte helfen. Ich hatte letztes Jahr einen Auftritt bei einem runden Geburtstag, zusammen mit einem Sänger (auch nur Hobbyklasse) und war sehr unglücklich mit meiner "Performance", bekam aber anschließend viel Dank und auch anscheinend ernstgemeinte Komplimente. Und da könnte vielleicht die "Autosuggestion" zum Zuge kommen: wenn ich es schaffe, mir positiv klarzumachen, dass ich das hinkriege, und dass die Zuhörer in der Regel wohlwollend sind und mich nicht beissen werden.

Eine Frage schließt sich aus meiner Sicht noch an: Die Stücke am Ende "im Schlaf" zu beherrschen, wie kriege ich das beim Üben hin? Ich habe das Gefühl, immer nur bis 95% zu kommen. Die letzten 5% eines Stückes fehlen mir fast immer, und die schaffe ich meist auch nicht durch viel Üben. Mal wird es an ein, zwei Stellen unsauber, dann taucht mal ein Fehler auf, den ich schon lange beseitigt zu haben glaubte. Ab und zu klappt eine Nummer mal fehlerfrei, doch schon bei der nächsten Wiederholung knirscht es wieder irgendwo. Und, wohlgemerkt, keine richtig schwierigen klassischen Stücke, sondern Pop/Rocknummern und leichte Jazzsachen. Habt Ihr dazu vielleicht auch noch den ein oder anderen Hinweis für mich?
 
Lampenfiber ist sicher ein ganz eigenes Thema. Generell ist der Schritt, einen Auftritt nicht als herausfordernde Prüfungssituation sondern als Freude zu empfinden, Musik teilen und Menschen unterhalten zu können, eine wesentliche Grundeinstellung. Für mich macht sich viel daran fest, ein Gefühl für das Mitschwingen mit der Musik zu haben (das sich dann hoffentlich auch etwas überträgt). Das finde ich wichtiger, als krampfhaft jeden einzelnen Ton genau zu treffen. Gerade vor dem Hintergrund, das live eher nicht 100% der optimalen „technischen“ Übungsperformance abrufbar sind.

Alleine steht man aber auf der Bühne natürlich gefühlt deutlich mehr im Fokus als in der Gruppe.Ich habe mir glaube ich auch eine Art ‚Bühnenpersönlichkeit‘ zugelegt, die etwas extrovertierter ist, als ich im privaten. Dinge, wie die von McCoy beschriebene Mentale Einstimmung, helfen, da in den richtigen Modus zu kommen. Und natürlich die von Dir angesprochene Routine, darauf zu Vertrauen, dass das was man so treibt schon ankommt beim Publikum.

Bezüglich einer ‚Simulation‘ des Auftrittsdruckes nutze ich auch bewusst restriktiv gehaltene Aufnahmeszenerien: Also beim Üben genau einen definierten Durchlauf ohne Korrektur- oder Wiederhohlungschance mitzuschneiden, mit dem Anspruch dabei eine Veröffentlichungsreife Performance abzuliefern. Mental kann man sich da in so eine 'Einzige Chance des Tages' schon hineinsteigern. Das sich hinterher nochmal kritisch anzuhören hilft auch, Vesserungspotential zu identifizieren. Im Kern geht es mir aber darum, mich wirklich mit einem gewissen Durck zu zwingen, durchzuspielen und mit allem was eventuell schief läuft irgendwie klar zu kommen, ohne den Vortrag zu gefährden. Das schult am Ende das Selbstbewusstsein, irgendwie schon mit allem klarzukommen. Auch in klassischer Klavierliteratur braucht es da schon mal Improvisationstalent, um Erinnerungslücken zu schließen. :engel:
 
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Die letzten 5% eines Stückes fehlen mir fast immer
Das Pareto-Prinzip sagt Dir was? Mach Dir bewusst, dass die letzten 20% der Qualität 80% der Arbeit ausmachen.
Oder anders gesagt: je näher man der Perfektion kommt, desto größer der Aufwand für jede weitere Verbesserung.
Die letzten 5% sind mit wahnsinnig viel Arbeit verbunden. Deswegen strebt man allgemein besser nach Exzellenz, nicht nach Perfektion.
Als Hobbymusiker muss ich wie Du mit meiner Freizeit gut haushalten, um einen vernünftigen Musik-Output zu erreichen.

Ich gebe mich daher meistens mit 95% zufrieden. Ich kann genau nachvollziehen, was Du meinst: manchmal läuft ein Song super durch, aber meistens passiert irgendwo ein Schnitzer. Für live ist das nicht schlimm, man merkt es vor allem beim Aufnehmen: ich kann ein Solo jedes mal qualitativ gut genug spielen, um damit zufrieden zu sein. Nehme ich es auf, will ich es "exzellent" haben, dann brauche ich ein Dutzend Wiederholungen oder mehr.

Ich nehme unsere Proben immer auf und höre sie mir anschließend an. Unsaubere Stellen übe ich gezielt einzeln in Dauerschleife, das sind eben meist Übergänge oder schwierigere Passagen. Wäre doch fatal, den ganzen Song 10x zu wiederholen (30-60 Minuten), wenn man die problematischen 8 Takte in 5 Minuten 18x wiederholen kann.

...bewusst restriktiv gehaltene Aufnahmeszenerien...
-> mache ich auch gelegentlich und ist ein guter Tipp!
 
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Das Pareto-Prinzip sagt Dir was? Mach Dir bewusst, dass die letzten 20% der Qualität 80% der Arbeit ausmachen.
Ja, das ist mir geläufig. Das Phänomen ist mir aus dem Berufsleben bekannt. Da gelingt es mir auch selten, mich mit einem nicht ganz perfekten Ergebnis zufrieden zu geben. Dadurch verdiene ich weniger Geld, als mir eigentlich zustehen würde, und habe zu wenig Zeit zum Üben :D.

Deswegen strebt man allgemein besser nach Exzellenz, nicht nach Perfektion.
Das ist schön, das merk ich mir. Die anderen Hinweise auch, vielen Dank dafür an alle.
 
Bei mir hilft da eigentlich nur 1-2 Bier ;)

Ne ich hab auch extremes Lampenfieber. Ich kann Klavierstücke die ich zuhause problemlos spiele sobald mehrere Leute zuhören kaum mehr ohne Fehler spielen.

Es hilft tatsächlich nur die Situation immer wieder zu durchleben und wenn man Feher macht einfach weiterspielen. Es muss einem fast egal sein.

Wenn ich allerdings zB. weiss das die Zuhörer selber gut spielen bzw. Musiker sind bin ich nochmals um ein vielfaches nervöser.

Beim Singen nicht so sehr wie beim Klavierspielen weil ich mich da einfach 100% sicher fühle.

Ich habe auch schon ein paar Auftritte (allerdings immer Klavier und Gesang zusammen) vor mehreren Leute gemacht und war immer mega aufgeregt.
 
Wenn ich allerdings zB. weiss das die Zuhörer selber gut spielen bzw. Musiker sind bin ich nochmals um ein vielfaches nervöser.
Ja, das kommt mir bekannt vor. Es gibt da so eine Lokalität, in der wir mit der Band ca. einmal im Jahr auftreten, in der sich immer ein paar Mitglieder der örtlichen Musikerpolizei rumtreiben...
 
Mir hilft da immer die Eingebung, dass wir (also die Band) eine öffentliche Probe machen. Fehler nicht zu Ernst nehmen, den die Zuhörer merken des meist nicht, wenn was falsch läuft.

Fehler können passieren und sollten dann mit dem Bewußtsein der Absichtlichkeit rübergebracht werden. Erst dann kannst Du behaupten, dass es sich um eine gewollte Interpretation handelt.
Fehlerfrei zu spielen, ist praktisch unmöglich. 95% Beherrschung eines Stückes ist mehr als ausreichend.

Und wenn ein Fehler passiert, der so auffällig ist, dass der auf jeden Fall von jedem im Saal bemerkt wurde, dann lächle einfach schelmisch und fange wieder mit dem spielen an. Es nützt ja eh nichts.

Das passiert sogar Profis.
 
Mir hilft da immer die Eingebung, dass wir (also die Band) eine öffentliche Probe machen. Fehler nicht zu Ernst nehmen, den die Zuhörer merken des meist nicht, wenn was falsch läuft.

Fehler können passieren und sollten dann mit dem Bewußtsein der Absichtlichkeit rübergebracht werden. Erst dann kannst Du behaupten, dass es sich um eine gewollte Interpretation handelt.
Fehlerfrei zu spielen, ist praktisch unmöglich. 95% Beherrschung eines Stückes ist mehr als ausreichend.
Zusammen mit der Band habe ich damit kein Problem. Da kriege ich mich immer irgendwie durchgewurschtelt. Und, weil ich weniger nervös bin, mache ich auch weniger Fehler. Aber solo wird es schwieriger. Das Klavierintro von "Locomotive Breath" spiele ich schon ungefähr seit der Kreidezeit, und bin doch jedesmal heilfroh, wenn ich es einigermaßen anhörbar hinter mich gebracht habe.
 
Ich hörte mal ein Zitat von Wladimir Horowitz, da sagte er sinngemäß (nachdem er sich während eines Comeback-Konzertes einige Male verspielt hatte und deswegen kritisiert wurde) "die Leute kommen doch nicht wegen falscher oder richtiger Töne, sie kommen wegen der Musik." Ich fand das unglaublich ermutigend. Und wahr ist es noch dazu!
 
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Und da wir uns alle so schön einig sind, dass Fehler live nicht so schlimm sind, hier ein schönes Video dazu:


:ugly:

Ne Spaß beiseite, ich habe wirklich auch noch ein passendes Beispiel, stellvertretend für tausend andere, die man hier anführen könnte. James Hetfield (Metallica) performt alleine mit Akustikgitarre u. a. "Nothing Else Matters" und hat auch einige Schnitzer drin (z. B. ab 4:21):


-> man muss wirklich keine Angst vor Fehlern haben, die sind OK und es passiert jedem. Wenn man gut vorbereitet ist, liefert man insgesamt auch ein unterhaltsames Programm, da muss man sich keine Sorgen machen. :great:
 
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Hallo,

Auch den professionellsten Künstlern passieren bei Live-Auftritten - mal mehr & mal weniger hörbare - Fehler. Hier noch ein Beispiel von Kate Miller-Heidke - The Last Day On Earth:



Kate spielt nur Akkorde aber bei 1:07 wandern die Augen doch ganz plötzlich auf ihre Fingerchen ;). Merke: Auch professionelle/erfahrene Musiker sind nur Menschen und bleiben hin und wieder auch vor Fehlern nicht verschont! Die Guten können sie eben nur schöner "verpacken"...:rolleyes:

Viele Grüße, meshua
 

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