Tja, wo fangen wir an?
Zunächst ist festzustellen, wie sich die Dinge immer wieder ähneln. Auf die Aussage:
Da ich aber nicht bewandt bin mit Schaltungen modifizieren...
folgt meistens die Frage
Sieht jemand eine Möglichkeit, dass ich die Schaltung so umbauen kann...
Aha, wir haben also keine Ahnung, aber viel Hoffnung und wenn uns nur einer sagt, was zu tun ist, dann bekommen wir das schon hin!
Allgemein ist, vollkommen zu Recht, immer wieder zu lesen, daß Arbeiten an einem Röhrenverstärker mit besonderen Gefahren verbunden sind.
Stratspieler hat da schon auf einen wichtigen Punkt gezeigt. Nach dem vorliegenden Schaltbild sind hier insgesamt zwei Dinge zu berücksichtigen:
1. Die Sache mit der Anodenspannung
Die Anodenspannung beträgt, laut Schaltbild, maximal 285V bei einer Netzspannung von 220Veff. Heute haben wir in Deutschland aber 230Veff. Damit dürfte die Anodenspannung sogar 298V betragen.
Auf diese Spannung wird der 32µF-Kondensator im Netzteil aufgeladen. Da ein Widerstand zur Entladung fehlt, bleibt diese Ladung auch nach dem Abschalten der Netzspannung noch lange Zeit erhalten. Einmal aufgeladen ist der Kondensator durchaus in der Lage, für 10ms einen konstanten Strom von 0,95A zu liefern.
Wer es also gerne "spannend" hat, packt nach dem Ausschalten da mal an! Bei einem angenommenen Körperwiderstand von 1kOhm fließen im ersten Moment 298mA!

Das wird einen nicht gleich umbringen, da die Spannung dann sehr schnell absinkt, aber es tut schon ordentlich weh und sorgt für einen gehörigen Schrecken, in dessen Folge man vielleicht stürzt und sich verletzt!
2. Die Sache mit der Schutzerdung
Eine Schutzerdung scheint nicht vorgesehen, was auch nicht verwunderlich ist, denn im vorgesehenen Betriebsfall des Gerätes kommt der Anwender mit spannungsführenden Teilen nicht in Berührung.
Gibt man einen solchen Verstärker jedoch einem Gitarristen in die Hand, sieht die Welt plötzlich ganz anders und deutlich gefährlicher aus, denn es gibt den Kondensator mit 4,7nF, der den Primärkreis mit der Schaltungsmasse verbindet. Je nachdem, wie der Netzstecker in die Steckdose gesteckt wird, liegt also Phase auf der Masse und da die Saiten der Elektrogitarre ebenfalls mit der Masse verbunden sind...
So dramatisch ist das allerdings auch nicht, denn 4,7nF sind bei 50Hz ein Blindwiderstand von 677kOm. Bei 230V Netzspannung und 1kOhm Körperwiderstand fließt dann ein Spitzenstrom von 480µAs. Dabei liegt über den Körper eine Spitzenspannung von 480mVs an. Thermische Schäden am eigenen Körper muß man da wohl nicht befürchten. Aber ob das Herz mit diesem von Außen angelegten Takt immer so gut klarkommt, ist jedoch die Frage. Wenn nicht, liest man sich mal über das
Herzkammerflimmern schlau.
Mir persönlich gefällt dieser Kondensator gar nicht, denn Kondensatoren können auch mal kaputt gehen! In älteren Geräten werden häufig Papierkondensatoren eingesetzt. Auch wenn es Leute gibt, die diesen Kondensatoren "magische" Klangeigenschaften zuordnen, stellen sie ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar! Falls das Dielektrikum, also das Papier, durchschlägt, was altersbedingt durchaus geschehen kann, ist der Kondensator plötzlich ein Kurzschluß und die 480mVs müssen durch 325Vs ersetzt werden. Wer das nicht unvorbereitet erleben möchte, liest sich schon mal in das Thema
Stromunfall ein.
Aber jetzt weiter zu den Antworten:
Vermutlich hat aber der Eingang nicht die richtige Impedanz. Mit einem Vorverstärker klingt das Teil super.
Das trifft es in etwa. Lautstärkeeinsteller und Tonblende liegen parallel zu den Einstellern in der Gitarre. Über den dicken Daumen entsteht da eine Belastung von 250kOhm. Üblich sind da eher 1MOhm. Die Resonanz der Tonabnehmer dürfte dadurch deutlich gedämpft werden (Höhenverlust). Ein Vorverstärker beseitigt diesen Einfluß.
Mit einem Vorverstärker klingt das Teil super.
Das ist zu erwarten.
Damit ich die amps aber ohne Vorverstärker bespielen kann... dass ich mit einer Gitarre von clean bis angezerrt damit sounden kann?
Nicht so ohne weiteres. Folgende Dinge wären zu modifizieren:
- Tonblende und Laustärkeeinsteller werden durch einen festen Eingangswiderstand von 1MOhm ersetzt. Wie es geht, kann man den Eingangsschaltungen der gängigen Verstärker entnehmen. Als Quelle sei hier mein Artikel "Ein- und Ausgangsschaltungen von Effektgeräten und Verstärkern" genannt.
- Der Kathodenwiderstand der Triode kann innerhalb gewisser Grenzen verkleinert werden, um die Verstärkung und damit eine mögliche Übersteuerung der Endröhre zu erhöhen.
- Der 1,2M-Eingangswiderstand der Endröhre wird durch ein logarithmisches Potentiometer mit einem Kennwiderstand von 1MOhm ersetzt und dient so quasi als "Master-Volume".
- Zur Übersteuerung der Eingangsstufe ist ein vorgeschalteter Verstärker notwendig. Ob das Netzteil des Gerätes in der Lage ist, eine weitere Röhre zu versorgen und ob für diese auch mechanisch Platz ist, steht auf einem anderen Blatt. Ein externer Preamp macht die Dinge da sicherlich einfacher.
Was ist zu tun?
Die möglichen Veränderungen an der Verstärkerschaltung sind nicht besonders aufwändig. Ein wenig sachgerecht experimentieren muß man dabei jedoch schon. Trenntrafo, Signalgenerator und Oszilloskop sind da Werkezuge, die äußerst hilfreich bis notwendig, aber längst nicht in jedem Gitarrenkoffer zu finden sind.
Auch wenn die Änderungen einfach scheinen, möchte ich jedoch deutlich warnen:
Das ist keine Spielwiese für unwissende Gelegenheitselektriker, die schon einmal einen Tonabnehmer oder einen Toggle-Switch ausgetauscht haben!!
Bevor man auch nur daran denkt, an der Signalverarbeitung Modifikationen vorzunehmen, muß zunächst eine vernünftige Schutzerdung vorgesehen werden. Unter keinen Umständen, darf die Signalmasse mit der Phase der Netzspannung verbunden werden.
Macht man das nicht, ist die Nutzung dieses Verstärkers zusammen mit einer Elektrogitarre ein Spiel mit dem Tod!
Im vorliegenden Fall lautet mein Fazit also: "
Finger wech!"
Ulf
ps: Ach ja, eine RIAA-Entzerrung ist nicht vorhanden. Der Verstärker scheint also für den Betrieb mit einem keramischen Sensor konzipiert zu sein.