Schlussakkord in Präludium d-Moll BWV 940

Wie Du aus der Urtextausgabe sicher weißt, scheint für diese Etüde bisher leider keine authentische Aufzeichnung von J.S. Bach überliefert.
Der Vollständigkeit halber (https://www.bach-digital.de/rsc/viewer/BachDigitalSource_derivate_00065511/00000380.jpg).
Hier im seltenen Diskantschlüssel notiert, Schlußakkord in Moll:

1618710323079.png


"Schreiber unbekannt. Echtheit wahrscheinlich. Die einzige Quelle überliefert das Werk ohne Angabe eines Komponisten."

Viele Grüße,
McCoy
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 3 Benutzer
Faszinierend, danke. biggrin.gif
Das passt natürlich zum Hinweis, dass die picardische Terz zur Zeit der Geburt J.S. Bachs bereits aus der Mode gekommen war... wenn auch von ihm wiederholt verwendet.
Was ich mich jetzt frage, wie kommt es in Takt 1 vom zweiten Sytem neben dem winzigen F- Schüssel zu dem großen C Schlüssel? Stand der noch vor der Niederschrift im System und deshalb musste der F-Schlüssel davor gesetzt werden?

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Vollständigkeit halber [...]
So etwas ähnliches hatte ich auch im Schlide geführt und mir den Schlussakkord in den diversen historischen Manuskripten angeschaut, die IMSLP zur c-Moll-Fuge des WTK im Angebot hat.
Ergebnis ernüchternd: mal so, mal so... Habe dann lieber nix dazu geschrieben.
 
... wie kommt es in Takt 1 vom zweiten Sytem neben dem winzigen F- Schüssel zu dem großen C Schlüssel?

Das ist kein C-Schlüssel (der sieht völlig anders aus), und nicht einmal ein "C", sondern ein stilisierter Halbkreis als alternative Schreibweise für 4/4, die auch heute (auch als alla-breve 2/2-Takt, mit durchgestrichenem C) noch üblich ist.
Ursprung ist die Mensuralnotation, bei der ein Kreis den "perfekten", dreizeitigen Tactus anzeigt. NB: "Perfekt" waren alle Dreierwerte (im Ggs. zum heutigen binären Notenwertsystem), weil die 3 als Sinnbild der Dreifaltigkeit bzw. des aristotelischen Konzepts der Dreiteiligkeit mit Anfang-Mitte-Ende galt. Der Halbkreis war Zeichen der Imperfektion (Zweierwerte).

Apropos C-Schlüssel: Während man beim G- und F-Schlüssel noch die ursprüngliche Buchstabenform erkennen kann, hat der C-Schlüssel äußerlich kaum noch etwas mit einem "C"zu tun:
c clef.png
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Vielen Dank für den Hinweis, da stand ich aber sauber auf der Leitung. :embarrassed:
Mit genügend Ausschnittvergrößerung konnte ich die Punkte des F-Schlüssels dann erkennen. Der Diskant steht aber schon in einem C-Schlüssel, der die Entwicklung zum heute üblichen Symbol ahnen lässt - man's weiß.

bwv 940 detail.jpg
 
Interessant so eine handschriftliche Partition. Mein erster Gedanke war, da hat einer mit Tinte aufs Blatt gespritzt und das ganze zu Notenwerten verbunden. :)
Einzig der zweite Takt im oberen System irritiert mich etwas. Sind das wirklich 3 Halbe und eine Viertel? Das würde ja so gar nicht in das 4/4 Schema passen.
 
ich lese den 2. Takt zweistimmig:
Oberstimme (Hälse nach unten) Viertelpause, Halbe, Viertel
Unterstimme (Hälse nach oben) Halbe, Halbe
 
Fast, es ist dreistimmige Notation polyphoner Musik, Takt 2 von links nach rechts:
In der ersten Stimme Zählzeit 1: Viertel Pause, Zählzeit 2: Halbe d'' Zählzeit vier: Viertelnote cis''
In der zweiten Stimme Zählzeit 1: Halbe f', Zählzeit 3: Halbe e'
Die dritte Stimme führt die Melodie des ersten Taktes fort und liegt nun im zweiten System, insofern leicht zu erkennen .

Gruß Claus
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Danke für die Erklärung. Da wäre ich nie drauf gekommen.
 
Wo ich noch nicht drauf komme - wie man das schön spielt. :D
Gehört habe ich meisterlich gespielte Polyphonie in Teilen der Englischen Suiten und Bach/Busoni vor Jahren einmal in einem Konzert mit Bernd Glemser - höchst beeindruckend.

Gruß Claus
 
Mein erster Gedanke war, da hat einer mit Tinte aufs Blatt gespritzt und das ganze zu Notenwerten verbunden. :)
Daraus schließe ich, daß Du noch nie ein Manuskript von Beethoven gesehen hast. :D (aus der Sinfonie Nr.6)

1618968151430.png


Viele Grüße,
McCoy
 
Zuletzt bearbeitet:
  • Gefällt mir
Reaktionen: 2 Benutzer
Das war doch hoffentlich kein Aufführungsmaterial???
Ludwig van war ja bekannt für seine Korrekturen, Striche und Überarbeitungen, da gibt es so einiges an Manuskripten, die den Schaffensprozess schon rein optisch greifbar machen.

Das "Wolferl" erfreute seine Musiker stets mit Partituren und Notenblättern in sauberer, ja sauberster Reinschrift, fast schon wie gedruckt.
Da gehen dann auch schon mal zwei solcher Seiten bei Auktionen für schlappe 130.000,- € weg, wie erst kürzlich in Berlin, hier ein Ausschnitt (ganz umsonst :) ):
Mozart Manuskipt für 130000 Euro.jpg
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Das war doch hoffentlich kein Aufführungsmaterial???
Das wohl nicht, aber immerhin der Setzer und/oder Kopist mußte das Gekritzel entziffern. :eek: Da muß man oft auch musikalischen Sachverstand haben, um überhaupt entscheiden zu können, welcher Ton gemeint ist.

Ich habe mal gemeinsam mit einer Schülerin die gestrichenen Stellen aus dem Manuskript der Mondscheinsonate, 1. Satz, rekonstruiert und gespielt. Das war hochinteressant.

Viele Grüße,
McCoy
 
  • Gefällt mir
Reaktionen: 1 Benutzer
Das wohl nicht, aber immerhin der Setzer und/oder Kopist mußte das Gekritzel entziffern
an unserer Orgel liegen sogar noch solche Noten. Ich habe sogar das Gerücht gehört das es Menschen geben soll die so etwas von Blatt spielen... Für mich bekommt dort die Aussage seine Partitur zu studieren eine neue Bedeutung
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben