Vorzeichnung beim BWV 999 Präludium

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Warum ist das BWV 999 Präludium von Bach in C Moll notiert?
Fakt ist, dass es zu 75% in der Tonart abläuft in der es auch endet, nämlich in G Moll.
Die Modulation nach G Moll findet bereits in Takt 11 statt. Dort haben wir nämlich, auf das vorangegangene C Moll bezogen, einen verkürzten Doppeldominantseptnonakkord mit Terz im Bass. Dieser Drehpunktakkord wird zum verkürzten Dominantseptnonakkord mit Terz im Bass des ihm folgenden G Molls. Das Stück bleibt weiterhin bis zum Schluss in G Moll. Der Schlussakkord enthält natürlich die zu Bachs Zeiten übliche picardsche Terz.
Also, warum notiert man das Stück in C Moll?
 
Eigenschaft
 
Kompositionen aus der Zeit vor Bach, bis hinein in die Romatik, stehen fast aussschliesslich in einer bestimmten Tonart. Hierbei bezieht sich die Nennung des Tongeschlechts auf die ersten Abschnitte am Anfang, und endet auch meistens in der betitelten Tonart.

In welche Tonarten die Musik im weiteren Verlauf rückt, moduliert ound wechselt, ist für diese Art Komposition nicht bestimmend für die Betitelung der Tonart.
 
Kompositionen aus der Zeit vor Bach, bis hinein in die Romatik, stehen fast aussschliesslich in einer bestimmten Tonart. Hierbei bezieht sich die Nennung des Tongeschlechts auf die ersten Abschnitte am Anfang, und endet auch meistens in der betitelten Tonart.

In welche Tonarten die Musik im weiteren Verlauf rückt, moduliert ound wechselt, ist für diese Art Komposition nicht bestimmend für die Betitelung der Tonart.



Hallo Hagenwil,

zunächst vielen Dank für Deine Antwort.

Aus Deinen Worten schließe ich, dass auch Du der Meinung bist zu Bachs Zeiten in einer anderen als der Anfangstonart zu enden doch etwas Ungewöhnliches war. Kennst Du vielleicht, speziell von Bach, noch ein Beispiel dieser Art?

Mir geht es in dieser Sache hauptsächlich um Lesbarkeit und harmonische Verständlichkeit. In G Moll notiert würde BWV 999 in beider Hinsicht etwas transparenter erscheinen.
 
Hallo Hagenwil,

zunächst vielen Dank für Deine Antwort.

Aus Deinen Worten schließe ich, dass auch Du der Meinung bist zu Bachs Zeiten in einer anderen als der Anfangstonart zu enden doch etwas Ungewöhnliches war. Kennst Du vielleicht, speziell von Bach, noch ein Beispiel dieser Art?

Mir geht es in dieser Sache hauptsächlich um Lesbarkeit und harmonische Verständlichkeit. In G Moll notiert würde BWV 999 in beider Hinsicht etwas transparenter erscheinen.


Ich finde nichts aussergewöhnliches, oder unübliches daran in der Tonika einer anderen Tonart zu enden als in der Anfänglichen. Stell dir mal vor wenn Bach alle paar Takte Vorzeichenwechsel für jede Tonart gesetzt hätte die er gerade durchspult, das gäbe ja ein fast so grosses Puff fast wie wenn man das in Charlie Parker's Musik tun würde. Eventuell hätte er schon weiter komponiert bis er wieder in der anfänglichen Tonart gelandet wär, aber Singejungfer Anna Magdalena hat ihn zum Mittagessen gerufen, und dann hat er noch kurz den Schluss geschrieben wo er halt grad war.

Nein, ich kenn kein zweites Stück von Bach in dieser Art - aber BWV 995 bis 1006a sind alles Werke für Laute.

Eventuell ist dein BWV 999 in c-moll eine Klavierfassung. Meine Fassung ist in e-moll, und eine zweite in D-moll. Das Autograph von Bach ist in E-moll, ich weiss aber nicht ob es mehrere Autographen gibt, und ob überhaupt eine Tonart als die Originale bezeichnet werden kann, das wäre eine Frage an Lautisten, ich blick da nicht durch.
 
Ich finde nichts aussergewöhnliches, oder unübliches daran in der Tonika einer anderen Tonart zu enden als in der Anfänglichen. ..

Aber Du sagst ja selbst dass Du kein anderes Stück dieser Art von Bach kennst. Ich übrigens auch nicht. Demnach ist es doch außergewöhnlich.
Stell dir mal vor wenn Bach alle paar Takte Vorzeichenwechsel für jede Tonart gesetzt hätte die er gerade durchspult, das gäbe ja ein fast so grosses Puff fast wie wenn man das in Charlie Parker's Musik tun würde..

Ich glaube Du hast mich schon richtig verstanden. Es geht hier nicht um eine Ausweichung die dann nach kurzer Zeit zur Grundtonart des Stückes zurückkehrt. Immerhin stehen 1/4 des Stückes in einer anderen Tonart als der Rest.

Eventuell hätte er schon weiter komponiert bis er wieder in der anfänglichen Tonart gelandet wär, aber Singejungfer Anna Magdalena hat ihn zum Mittagessen gerufen, und dann hat er noch kurz den Schluss geschrieben wo er halt grad war...
:)) Yepp


- aber BWV 995 bis 1006a sind alles Werke für Laute....
Instrumentierung spielt hier wohl weniger eine Rolle.


Eventuell ist dein BWV 999 in c-moll eine Klavierfassung. Meine Fassung ist in e-moll, und eine zweite in D-moll. Das Autograph von Bach ist in E-moll, ich weiss aber nicht ob es mehrere Autographen gibt, und ob überhaupt eine Tonart als die Originale bezeichnet werden kann, das wäre eine Frage an Lautisten, ich blick da nicht durch.
Nun ja, die Tonart an sich spielt dabei ja auch keine Rolle. Ist dem Autograph E Moll vorgezeichnet, steht eben 1/4 des Stückes in E Moll und 3/4 in B Moll (B=H). Es geht mir lediglich darum dass man es dann eben besser in B Moll notieren sollte.
 
:)

Ich hab heute die anderen ⅝ der Stückes mal in b-moll Generalvorzeichen gespielt, tönt aber haargenau gleich. Habe aber festgestellt das es mir entgegen käme wenn die Generalvorzeichen in Eb Hypoionisch, oder G Hypoäolisch wären. Besonders gut kommt es wenn wann zwei Noten per Takt um die Hälfte kürzt, so das man es in der Taktart 11⅔/4 spielen kann anstatt im 12/16 Takt, oder pro Takt die unwichtigste Note einfach überspringt.

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Ich hab heute die anderen ⅝ der Stückes mal in b-moll Generalvorzeichen gespielt, tönt aber haargenau gleich.

Dann hast Du bestimmt die Saiten von Deiner Laute nicht stramm genug gespannt!

Habe aber festgestellt das es mir entgegen käme wenn die Generalvorzeichen in Eb Hypoionisch, oder G Hypoäolisch wären.

Ja, das würde auch der Polytonalität des Stückes diametral entgegen kommen.

Besonders gut kommt es wenn wann zwei Noten per Takt um die Hälfte kürzt, so das man es in der Taktart 11⅔/4 spielen kann anstatt im 12/16 Takt, oder pro Takt die unwichtigste Note einfach überspringt.

Genau das habe ich mir auch gedacht. Ich hab's auch mal versucht und dementsprechend eingespielt. --> HIER.
 
Hm...wenn ich mir die Werke 995 bis 1000 für Laute so ansehe dann fällt mir auf, dass zu einem Werk immer mehrere Stücke gehören, bestehend aus einem Präludium und weiteren Stücken, und alle in der gleichen Tonart - mit Ausnahme von BWV 999 und 1000, ein Präludium und eine Fuge in c-Moll, bei denen es sich nur um einzelne Stücke handelt.

Kann es nicht sein, dass diese beiden Stücke als Teil eines Werks in c-Moll geplant waren, und das Präludium deshalb in c-Moll notiert ist? Nach einem Präludium (= "Vorspiel") kommt ja für gewöhnlich noch was. ;)
 
Hallo HëllRÆZØR,

HëllRÆZØR;3286608 schrieb:
Kann es nicht sein, dass diese beiden Stücke als Teil eines Werks in c-Moll geplant waren, und das Präludium deshalb in c-Moll notiert ist? Nach einem Präludium (= "Vorspiel") kommt ja für gewöhnlich noch was. ;)

Interessanter Ansatz. Danach wäre es nur ein temporärer Ausflug nach G Moll in BWV 999.
Aber auch so wäre das für Bach ungewöhnlich, oder?
 
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß das Stück nicht wirklich in G-Moll wechselt. Komischerweise höre ich immer noch eine Doppeldominante, nicht die Dominante einer neuen Tonart. Und wenn man das Stück im Kreis spielt, tritt der Effekt immer stärker auf.
Vielleicht geht´s nur mir so...

Seltsam, wirklich seltsam...
 
Dabei gilt zu beachten dass Musikgeschichtlich zu Bachs Zeiten noch niemand etwas von der Funktionsanalyse wusste.
Begriffe wie Tonika, Subdominante etc. waren weder Bach, noch seinen Zeitgenossen schon ein Begriff, deshalb ist meiner Meinung nach der Versuch, mit diesem Modell Bachs Werke hinreichend zu analysieren nicht wirklich sinnvoll. Oder liege ich da so falsch?
 
Johann Sebastian Bach hat einiges mehr gewusst als was eine Tunika oder Subdomina ist. Er wusste was die Oberfläche Gottes ist. Er muss bei irgendeinem Lehrmeister gelernt haben, dass der Durchmesser eines heiligen Dreiecks, (in Oberbayern auch genannt Dreifaltigkeit), sowie die Distanz zum gegenüberliegenden Kirchgang nicht relevant ist zur Findung des kürzesten Weges zu Gott.

Das Fahrad war ja schon erfunden zu seiner Zeit, also hat er mit Sicherheit auch gewusst, dass man das auch mit dem Fahrrad bewerkstelligen könnte, er hat aber die Musik gewählt als Transportmittel.

Musik als Gefäß geistigen Vermögen - Natürlich wusste Johann Sebastian Bach auch das Gott musikalisch berechenbar ist. In seinem ausführlichen Werk weist er nach, dass Gott der tangierende Punkt zwischen Null und dem Betrag von Unendlich, und seiner Struktur nach ein doppeltes Dreieck in der aethernitas (von Niederbayern bis zum Thurgau auch Unendlichkeit genannt) ist, und die Musik die Wissenschaft ist die die Auflösung jeder Realität in Möglichkeit bedeutet. Kurz, Musik macht deutlich, dass imaginär alles möglich ist, was vorstellbar ist.
 
Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, daß das Stück nicht wirklich in G-Moll wechselt. Komischerweise höre ich immer noch eine Doppeldominante, nicht die Dominante einer neuen Tonart. Und wenn man das Stück im Kreis spielt, tritt der Effekt immer stärker auf.
Vielleicht geht´s nur mir so...

Seltsam, wirklich seltsam...

Bei 00:15 hört man den D7/F# sicher wohl noch als V7/V7 aber im weiteren Verlauf schaltet mein Ohr um auf die V Stufe als neue Tonika.


... mit diesem Modell Bachs Werke hinreichend zu analysieren nicht wirklich sinnvoll. Oder liege ich da so falsch? ...
Dafür stand meine Threadfrage sicherlich nicht. Es geht lediglich um einen Wechsel des tonalen Zentrum wie es zu Bach's Zeiten ungewöhnlich war.
 

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