Squier Cabronita Tele Ageing - Ergebnisse eines ersten Versuches

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Einen wunderschönen Freitag zusammen!

Seit etwa einem Jahr besitze und spiele ich eine Squier Cabronita Tele. Ein entsprechendes Review findet ihr hier:

https://www.musiker-board.de/threads/gitarre-squier-vintage-modified-cabronita-telecaster.617164/

Bereits im Neuzustand versprüht der Look dieser Gitarre für mich irgendwie ein gewisses Outlaw-Flair und weckt Assoziationen zu Western, Wüste, Dreck, Staub, Hitze, Schweiß, Clint Eastwood…
Das raue Leben in der Prärie hinterlässt allerdings auch sichtbare Spuren und ist so in gewisser Weise mit dem Dasein auf (Rock’n’Roll) Bühnen vergleichbar…

Also habe ich in meinem ersten Ageing-Projekt versucht, diese Spuren auf die hübsche Cabronita zu übertragen und ihr etwas mehr Charakter zu verleihen.
Ich wollte allerdings keinen Heavy-Relic-Look, sondern einfach nur ein paar charmante Gebrauchsspuren.

An dieser Stelle erstmal ein Dankeschön an die vielen User hier, die bereits solche Threads erstellt und auch zahlreiche Tipps gegeben haben.

Leider kann ich hier nur die Ergebnisse der Arbeit zeigen, da ich meine Digicam mit den Fotos der einzelnen Arbeitsschritte irgendwo verschmissen habe…SORRY! Falls die Cam wieder auftaucht, kann ich dieser Bilder nachliefern (die Hoffnung ist zwar gering, aber stirbt bekanntlich zuletzt).

Ich werde anhand der aktuellen Bilder einfach versuchen, so gut wie möglich zu beschreiben, was ich gemacht habe, und was ich beim nächsten mal anders machen würde.
Seht das ganze hier also bitte als Ergebnispräsentation!!

Mir gefällt das Ergebnis zwar ganz gut, aber die Gebrauchsspuren sind nicht immer authentisch…was sicher auch an meiner relativ schnell enden wollenden Geduld lag ;-)
Teilweise waren meine Methoden auch recht unkonventionell…so war beispielsweise der Betonboden im Stiegenhaus ein wichtiges Werkzeug…doch dazu später mehr…

Der Hauptgrund für dieses Projekt war nicht, ein perfektes Ageing zu erzielen, sondern es einfach mal zu versuchen (zumal man bei einer 270 Euro Gitarre ja nicht so viel verhauen kann).

Hier mal ein Bild der Gitarre im Urzustand:

squier-vintage-modified-cabronita-telecaster-10069390.jpg


Durchgeführte Arbeitsschritte:

1) Gitarre komplett demontieren
2) Korpus mit Dings und Dongs und Abschürfungen versehen
3) Korpuslack mattieren
4) Hals mit Dings und Dongs und Abschürfungen versehen
5) Halsrückseite an- und teilweise den Lack durchschleifen
6) Offene Holzstellen verdrecken
7) Hardware und Plastikteile altern
8) Bigsby-Style Vibrato drauf
9) Wieder alles zusammenbauen
10) Kamera verlieren ;-)

Dings, Dongs und Abschürfungen am Korpus:

Ich bin hier wenig zimperlich vorgegangen und hab den Korpus an Tischkanten angeschlagen und aus etwa 1m Höhe auf den Boden fallen lassen, bzw. auch schon mal über einen Fliesenboden schlittern lassen. Damit wollte ich einfach einen unachtsamen Umgang mit der Gitarre simulieren. Das hat auch ganz gut funktioniert.

Weiters habe ich auch mein Ernie Ball Volumenpedal auf die Gitarre fallen lassen. Das ist mir aus Versehen tatsächlich mal bei einer anderen Gitarre passiert…von daher authentisch.

An der Stelle, wo der Unterarm aufliegt, wollte ich eine Art Abschürfung an der Kante haben und hab begonnen, mit Schleifpapier daran zu arbeiten…was mir deutlich zu langsam ging (siehe Thema Geduld…).
Ich habe die Kante dann einfach über den Betonboden im Stiegenhaus gezogen und das hat sehr gut funktioniert. Die Abschürfung war nach dieser Behandlung gut sichtbar und fühlte sich auch erstaunlich glatt an.
Auf dem folgenden Foto sieht man mal den geschundenen Korpus.

Cabronita_Tele_07.jpg


Korpuslack mattieren:

Das vorige Foto zeigt auch den mattierten Korpus ganz gut…es glänzt zwar noch, aber eben nicht mehr neu.
Fürs Mattieren habe ich mal mit Schleifvlies begonnen.

Schleifvlies.jpg

Fehler dabei: Der Korpus war zwar matt, aber da das Vlies zu grob war, hatte ich einige Schleifspuren im Korpus, welche nicht sehr schön waren.

Mit einem normalen Küchenschwamm (raue Seite) habe ich dann den gesamten Korpus nachbearbeitet und die Spuren vom Schleifvlies ganz gut beseitigen können.
Küchenschwamm.jpg


Da mir der Lack dann aber zu matt war, musste ich irgendwie wieder ein wenig aufpolieren. Dafür habe ich eine Politurpaste genommen, welche ich auch für mein Motorrad für die Felgen verwende.

Politurpaste.jpg

Die Politur habe ich allerdings nicht mit einem weichen Tuch gemacht, sondern mit eben dem Küchenschwamm.
Ergebnis: Ein halbmatter Korpuslack ohne gröbere Schleifspuren. Nicht perfekt geaged, aber für den ersten Versuch bin ich zufrieden.

Halsbearbeitung:

Auch hier hat mir der Betonboden gute Dienste geleistet für die Abschürfung der Kanten.
In die Kopfplattenfront habe ich einige Kratzer mit einem Schraubenzieher gemacht, die mir zwar prinzipiell gut gefallen, aber im Nachhinein einen etwas schalen Beigeschmack haben. Die Kratzer gehen nämlich auch unter die Saiten, was selbst bei unachtsamen Gebrauch nicht sehr wahrscheinlich ist. Das gibt wieder Authentizitätsabzüge.

Cabronita_Tele_10.jpg


Die Halsrückseite wurde nur mit Schleifpapier bearbeitet und das hauptsächlich im Bereich der ersten Bünde…da bin ich am ehesten unterwegs. Ich habe hier so lange geschliffen, bis ich an einigen kleinen Stellen durch den Lack durch war.

Cabronita_Tele_04.jpg


Im Nachhinein und mit einigem Abstand betrachtet hätte ich hier durchaus etwas mehr agen können. Ich denke, die Halsrückseite werde ich nochmals angehen und auch die typischen Spuren am Griffbrett herausarbeiten.

Hardware und Plastikteile altern:

Ich habe hier mit 30%-iger Salzsäure und mit Kaliumpermanganat gearbeitet.
Lustig hierbei war der Dialog mit der netten Apothekerin:
Ich: „Ich bräuchte bitte 30%-ige Salzsäure.“
Sie: „Ja, haben wir. Darf ich fragen wozu Sie die brauchen?“
Ich: „Ahm, um eine Gitarre zu altern!“
Ich habe da mal einen etwas seltsamen Blick geerntet und dann weiter erklärt:
Ich: „Naja…das ist derzeit so ein Mode-Ding in der Musikerszene. Mit den Säuredämpfen lassen sich Metallteile sehr gut anrosten.“
Sie: „Aha…man lernt nie aus.“ Aber immer noch skeptischer Blick.
Ich: „Dann würde ich bitte auch noch Kaliumpermanganat brauchen…“
Blick wird noch skeptischer…
Ich: „…für’s Vergilben der Plastikteile.“

Naja…ich hab dann alles bekommen und hätte in dem Moment gerne die Gedanken der Dame gelesen ;-)

Die wichtigsten Utensilien beim Umgang mit Salzsäure und Kaliumpermanganat sind aber folgende:

Schutzbrille.jpg Latexhandschuhe.jpg


Sämtliche Metallteile (auch das danach montierte Düsenberg Tremolo) wurden mit der Salzsäure behandelt. Dazu hab ich eine gewöhnliche flache Tupperbox bodenbedeckt mit der Salzsäure gefüllt. Die Metallteile habe ich in kleinere Glasbehälter gegeben und in die Box mit der Säure gestellt (kein direkter Kontakt der Säure mit dem Metall). Danach Deckel auf die Tupperbox und auf den Balkon gestellt.

Nach einer Stunde hab ich den Fortschritt kontrolliert, wobei da allerdings noch keine Veränderung sichtbar war.
Nach 2 Stunden zeigten sich erste Spuren in Form einer leichten grünlichen Schicht. Zum Test habe ich dann eine Mechanik mal rausgenommen, unter fließendem Wasser gereinigt und getrocknet. Der grüne Belag ließ sich leicht entfernen und darunter war ein – noch fast nicht wahrnehmbares – „Anlaufen“ des Metalls zu sehen. Da mir der Effekt noch zu wenig war ging die Mechanik zurück ins Säure-Dampfbad.
Diesen Vorgang habe ich jede Stunde wiederholt und nach etwa 5 Stunden hatte ich das gewünschte Resultat.

Bei den Pickups habe ich mir nicht die Mühe gemacht, die Kappen abzulöten, sondern habe sie als Ganzes in die Tupperbox gegeben. Dies war vielleicht nicht die beste Idee, da die Säuredämpfe ja auch den Pickupdraht angreifen können. Ich hatte allerdings Glück, denn die Fidelitrons funktionieren noch immer einwandfrei.

Am besten erkennt man das Ageing-Resultat am Potiknopf, an den Pickups, am Vibrato und an den Schrauben. Bei den Mechaniken ist der Effekt zwar erkennbar, aber etwas schwächer. Dennoch bin ich mit dem Resultat zufrieden.

Cabronita_Tele_02.jpg


Cabronita_Tele_08.jpg


Cabronita_Tele_09.jpg


Das vergilbte Schlagbrett kommt auf den Fotos leider nicht so gut zur Geltung…licht wohl am Licht.

Wie gesagt, habe ich hierfür Kaliumpermanganat (in Pulverform) genommen.
Ich habe etwa einen Esslöffel voll in ¼ Liter Wasser aufgelöst, was eine tiefviolette Lösung ergibt. Das Schlagbrett habe ich auf ausreichend Zeitungspapier gebettet und dann mit einem Schwamm die Lösung aufgetragen, so dass die gesamte Oberfläche bedeckt war.
Nach etwa 2 Stunden zeigte sich genau null Verfärbung…Ratlosigkeit….

Vermutung: Das Pickguard war nicht ganz sauber bzw. die Oberfläche zu glatt.
Mit einem Küchenschwamm (raue Seite) und etwas Spülmitte wurde die Oberfläche gereinigt und dabei leicht aufgeraut…danach ein erneuter Versuch mit der violetten Lösung. Nach 2 Stunden zeigten sich erste Verfärbungen und nach weiteren 2 Stunden war’s fertig.

Im Nachhinein gesehen hätte ich auch hier eine etwas längere Behandlung für eine stärkere Vergilbung durchführen sollen…vielleicht hole ich das noch nach.

Offene Holzstellen verdrecken:

Nach dem Abschürfen leuchtet einem – speziell am schwarzen Korpus – das blanke helle Holz entgegen. Das sollte natürlich ebenfalls verdreckt aussehen.
Abhilfe schaffte wieder das Kaliumpermanganat. Am folgenden Foto der Kopfplatte sieht man das sehr gut.

Cabronita_Tele_03.jpg


Alles wieder montieren inkl. Düsenberg-Vibrato und Rollensteg:

Da ich generell auf Bigsby-Style-Vibratos stehe, habe ich natürlich auch auf diese Gitarre eines montiert…im aktuellen Fall ein System von Düsenberg. Die Kombination mit einem Rollensteg hat sich auch schon auf meinen anderen Gitarren bewährt.

Da der Rollensteg etwas höher war, als die ursprüngliche Bridge, musste ich in die Halstasche ein kleines Furnierstück einbauen und so den Halswinkel etwas erhöhen, was aber kein wirkliches Problem war.

Die Löcher der ursprünglichen Bridge sind natürlich gut sichtbar aber erstens stört das meiner Meinung nach nicht auf der zerschundenen Cabronita und zweitens war ich zu faul, um diese zu verschließen ;-)

Nun gut, das war’s…noch ein paar Bilder zum Schluss….

Cabronita_Tele_05.jpg


Cabronita_Tele_06.jpg


Cabronita_Tele_01.jpg



Bin gerne bereit für Fragen und Diskussionen!

Cheers,
Boogie
 
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Reaktionen: 4 Benutzer
Ich finde es gut gelungen! :great:
Hast doch erst ein Review drüber geschrieben oder?
 
Ja, das Review hab ich gestern reingestellt.
Die Gitarre hab ich allerdings schon länger...und die ganze Ageing-Prozedur wäre im Review unpassend gewesen.
 
Das ist richtig! :)
Hatte mich gefragt, ob es die selbe Cabronita war, über die ich gestern las... :D

Eine Cabronita hätte ich nämlich auch sehr gerne; allerdings eine Thinline. Würde ich für Country und den nicht allzu stark verzerrten Rock nutzen.
 
Schaut gar nicht schlecht aus.
Die weißen Plastikteile wirken aber noch ziemlich neu bzw. stechen heraus. Ich könnte mir vorstellen, dass ein regelmäßiges Sonnenbad für einen gelblicheren Farbton sorgt.
 
Gefällt mir ziemlich gut :great:

und hätte ich deinen post vor meinen relic-versuchen gelesen, hätte ich bestimmt einiges besser und schneller machen können :ugly:

aber es gibt ja immer ein erstes mal ;)
 
:great: Cool Fast so wie bei meiner Jaguar :D die nächsten Tage ist meine neue Bullet Strat dran. :evil:
 

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