Unterschied zwischen CVT / SLS / Powervoice / Estill

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Tonia
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Und schon meine nächste Frage. :)

Ich stoße hier im Forum immer wieder auf diverse Unterrichtskonzepte wie Estill, Speech Level, Powervoice, CVT, usw.

Gibt es hier halbwegs klare Unterteilungen wo der Unterschied besteht? Habe leider mit der Suchfunktion nichts gefunden was all diese Konzepte gegenüberstellt, sondern lediglich einzelne Threads zu den Konzepten.

Danke und viele Grüße
Tonia
 
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In a nutshell:

CVT steht für Complete Vocal Technique und ist ein System, das von der Dänin Cathrine Sadolin entwickelt wurde. Als grundlegende Elemente des Gesangs definiert es Stütze, (notwendigen) Twang und die Entspannung von Kiefer und Lippen. Nach CVT gibt es vier grundlegende Stimmgebungsmodi: Neutral (entspricht in etwa der kopfigen Randstimme), Curbing (entspricht in etwa der Mischstimme, also der kopfigen Vollstimme), Overdrive (entspricht in etwa dem Belting) und Edge (entspricht einer stark getwangten Randstimme).


Beim Estillsystem wird der Gesangsapparat quasi in seine einzelnen Elemente "zerlegt" und evaluiert, welche Funktion jedes einzelne einnimmt. Die Fragestellungen sind also: wie klinge ich, wenn mein Kehlkopf sich senkt oder hebt, mit geschlossenem oder offenen Gaumensegel, mit gekipptem oder gerade gestelltem Schildknorpel usw. In einem zweiten Schritt werden dann diese Einzeleffekte wieder zu Klangqualitäten "zusammengeführt", indem man beispielsweise sagt: tiefer Kehlkopf, dünne Stimmlippen, weicher Stimmeinsatz, geschlossenes Gaumensegel und leichter Twang führen zu einem Opernklang. Estill lehrt keine Stütze.

Bei SLS (Speech Level Singing) wird die Einstellung des gesamten Gesangsapparates auf die Sprechlage eingestellt, um so ein möglichst entspanntes Singen zu gewährleisten. Weitere Details kann vielleicht Kenshi nachliefern.

Powervoice ist eine einfache Zusammenstellung an Skalen- und Intervallübungen und stellt im Wesentlichen eine Übertragung alterhergbrachter, klassischer Lehrmethoden auf den Pop- und Rockgesang dar.
 
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Hallo Foxx,

vielen Dank für diesen Überblick. :)
Ich glaube ja persönlich das es nicht "DIE" eine Technik gibt, sondern jeder für sich sehen muss was für einen funktioniert und sich umsetzten lässt. Daher bin ich prinzipiell immer allem gegenüber aufgeschlossen und nutze dann einfach die Teile eines Konzepts die zu mir passen. :)
Da ist so ein grober Überblick der verschiedenen Lehrmethoden und Ansätze echt super.

Viele Grüße
Tonia
 
Daher bin ich prinzipiell immer allem gegenüber aufgeschlossen und nutze dann einfach die Teile eines Konzepts die zu mir passen. :)

Das kann man als erfahrener Vocalist auch ruhig probieren. Als weniger erfahrener Sänger oder Anfänger kann das nach hinten losgehen. Die meisten Methoden verkaufen keine "Einzelartikel", sondern ein aufeinander abgestimmtes - auch terminologisches - Konzept, was ineinander greift.

Wer alles vermischt, läuft die Gefahr der Inkompatibiltät. Das ist so, als würdest du drei Smartpones von verschiedenen Herstellern auseinanderbauen und versuchen, dir ein einzelnes daraus zu konstruieren. Die Grundtechnologie ist bei allen Geräten ähnlich - aber die Teile passen nicht zusammen.
 
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Hier mal, nach Fox's sehr, sehr gutem Beitrag, meine Nusschalen, gefüllt mit Pros und Cons:

CVT steht für Complete Vocal Technique und ist ein System, das von der Dänin Cathrine Sadolin entwickelt wurde. Als grundlegende Elemente des Gesangs definiert es Stütze, (notwendigen) Twang und die Entspannung von Kiefer und Lippen. Nach CVT gibt es vier grundlegende Stimmgebungsmodi: Neutral (entspricht in etwa der kopfigen Randstimme), Curbing (entspricht in etwa der Mischstimme, also der kopfigen Vollstimme), Overdrive (entspricht in etwa dem Belting) und Edge (entspricht einer stark getwangten Randstimme).

+Sehr ausführliche Erklärungen zur Erzeugung verschiedener Sounds
+Gut wenn man sein Soundrepertoire erweitern möchte

-KEINE komplette LEHRMETHODE, eher eine Übersicht über die "Topographie" des Gesangs
-Teilweise sehr widersprüchlich zu anderen Konzepten
-Verwirrende, nur im CVT vorkommende Begriffe


Beim Estillsystem wird der Gesangsapparat quasi in seine einzelnen Elemente "zerlegt" und evaluiert, welche Funktion jedes einzelne einnimmt. Die Fragestellungen sind also: wie klinge ich, wenn mein Kehlkopf sich senkt oder hebt, mit geschlossenem oder offenen Gaumensegel, mit gekipptem oder gerade gestelltem Schildknorpel usw. In einem zweiten Schritt werden dann diese Einzeleffekte wieder zu Klangqualitäten "zusammengeführt", indem man beispielsweise sagt: tiefer Kehlkopf, dünne Stimmlippen, weicher Stimmeinsatz, geschlossenes Gaumensegel und leichter Twang führen zu einem Opernklang. Estill lehrt keine Stütze.

+Sehr präzise, fast logopädische Herangehensweise
+Gut um einzelne Probleme zu beheben

-Sehr verkopft
-Selbstständige Arbeit des Schülers fast unmöglich

Bei SLS (Speech Level Singing) wird die Einstellung des gesamten Gesangsapparates auf die Sprechlage eingestellt, um so ein möglichst entspanntes Singen zu gewährleisten. Weitere Details kann vielleicht Kenshi nachliefern.

Kann er. ^^

Speechlevel Singing ist im Grunde eine Gesangsmethode die versucht mit minimalem Technikaufwand zu singen und als Ausklangsklang dafür den Sprachklang. Übermäßige, extreme Kehlbewegungen sollen beim Gesang vermieden werden - die Übungen sind jedoch bisweilen sehr extrem.
Charakteristisch ist das frühe und viel geübte Wechseln in die Kopfstimme.
A & O für guten Gesang ist hier der saubere Stimmbandschluss.

+Sehr entspanntes, simples Verfahren
+Einfache Anwendbarkeit durch den Schüler

-Wenig Fokus auf Stütze und Atmung
-Nicht unbedingt für Anfänger geeignet



Powervoice ist eine einfache Zusammenstellung an Skalen- und Intervallübungen und stellt im Wesentlichen eine Übertragung alterhergbrachter, klassischer Lehrmethoden auf den Pop- und Rockgesang dar.

Powervoice ist Gift für die Stimme und didaktischer Blödsinn. Da werden Ursache und Wirkung teilweise so kuriose verdreht, dass einem schlecht wird. :-/
 
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Powervoice ist Gift für die Stimme

Das würde ich so nicht sagen. Manche Übungen sind wirklich gut - leider hapert es aber an der Umsetzung, sie werden schrecklich vorgesungen und teilweise falsch erklärt. Fürs Selbststudium und für Anfänger ist Powervoice nix, da gebe ich dir recht; man kann sich durchaus die Stimme damit zerschießen. Vor allem, wenn man versucht, den Vorsänger nachzuahmen (Balhorn himself??), wobei das Nachahmen des Klangs leider auch unbewußt geschehen kann - denn der kräht und quetscht und drückt, was das Zeug hält, und klingt einfach furchtbar.
Wenn man aber schon Erfahrung mit seiner Stimme hat, ist manches daraus gar nicht so schlecht.
Es gibt sogar eine Powervoice-Übung, die zu meinen persönlichen Lieblingsübungen gehört; wunderbar für die Atemkondition. Mache ich immer wieder mal.
Von meinen Schülerinnen kriegt die bisher niemand komplett hin, was aber wieder nur beweisen würde, dass die Methode nix für Anfänger ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr schöne Zusammenfassung von Foxx. Ein paar Sachen die mir noch einfallen.

Generell hat keines dieser Systeme irgendwelche "magischen Tricks" oder macht praktisch großartig irgendwas anderes (auch wenn das die Autoren natürlich immer gerne behaupten). Was "am besten" ist, ist deshalb immer sehr individuell. Aufgrund der schon angesprochenen, teilweise sehr unterschiedlichen, Begrifflichkeiten, ist es gerade für Anfänger nicht unbedingt ratsam gleich mehrere auf einmal zu benutzen. Als Fortgeschrittener muss man halt wissen, dass oft die gleichen Dinge einfach nur anders genannt werden und kriegt dann meist auch sehr schnell raus, was gemeint ist.

In Sachen Unterschiede kann man vielleicht noch sagen, dass CVT wohl insgesamt das umfassendste ist, dafür aber auch sehr wenig didaktisch angelegt ist, was Kenshi ja auch erklärt hat. SLS stellt von der Technik her z.B. eine "Untermenge" von CVT dar, weil eine ganz bestimmte Art propagiert wird, wie gesungen werden soll (eben "speech-like" mit wenig Stütze und neutralem Kehlkopf), während CVT halt alle möglichen Arten von Klangformung, Kehlstellung usw. präsentiert.

SLS ist wahrscheinlich das am meisten kritisierte System von allen (man findet bei fast jedem anderen Programm einen Seitenhieb darauf). Das liegt vor allem daran, dass SLS eine starke Ausrichtung auf den "commercial sound" hat, der heute in der Pop-Musik sehr gängig ist. Stark gestützter Gesang (Belting) oder starke Klangformung (klassischer Gesang) wird bei SLS vernachlässigt. Gleiches gilt für Effekte (Anzerren, Screaming, Growling, etc.). SLS gilt daher als Pop/RnB-fokussiert und eher wenig geeignet für härteren Rock/Klassik.

Ansonsten würde ich Foxx und Kenshi in so ziemlich allen Punkten beipflichten.
 
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Das kann man als erfahrener Vocalist auch ruhig probieren. Als weniger erfahrener Sänger oder Anfänger kann das nach hinten losgehen. Die meisten Methoden verkaufen keine "Einzelartikel", sondern ein aufeinander abgestimmtes - auch terminologisches - Konzept, was ineinander greift.

Da hast du sicherlich recht. Deswegen ist diese Übersicht klasse. So kann ich mal sehen was mir eventuell im Moment am meisten bringt... ganz blutiger Anfänger bin ich ja zum Glück nicht mehr.

Stark gestützter Gesang (Belting) oder starke Klangformung (klassischer Gesang) wird bei SLS vernachlässigt. Gleiches gilt für Effekte (Anzerren, Screaming, Growling, etc.). SLS gilt daher als Pop/RnB-fokussiert und eher wenig geeignet für härteren Rock/Klassik.

Hmm... das SLS dann im Pop größeren Anklang findet, empfinde ich dann schon als seltsam. Gibt immerhin einige Pop-Interpreten die ohne Belting in ihren Songs definitiv aufgeschmissen wären.
 
@ Kenshi & broeschies: Danke für Eure Ergänzungen und Einschätzungen! :)


Zum Thema Powervoice: Ich hatte im obigen Beitrag bewusst keine Wertung vorgenommen, stehe dem Werk aber ebenfalls sehr kritisch gegenüber, wenngleich ich, wie auch Bell, einige Übungen nützlich finde. Ich gehe aber auch konform mit der Einschätzung, dass das Buch vom Aufbau her nicht gelungen ist und einige Aussagen und Inhalte meiner Ansicht nach in der Tat einfach schlecht oder gar falsch dargelegt werden. Ich habe schon zweimal Freunden, die sich das Buch gekauft haben, entschieden davon abgeraten, damit autodidaktisch zu lernen.

- - - Aktualisiert - - -

Da immer wieder nach den verschiedenen Systemen gefragt wird, würden wir gerne einen kurzen FAQ-Artikel erstellen, der solche "Nutshell"-Beschreibungen zu jedem der Systeme in knapper, neutraler Form beinhaltet.

@ Kenshi und broeschies: Dürfte ich Eure Erklärungen hier aus dem Thread ebenfalls dafür verwenden? :)


Wer hat denn evtl. noch Kenntnis von den übrigen kommerziellen Systemen? Neben den genannten haben zumindest noch Mannings Singing Success, Luntes TVS und in deutschen Landen noch VSS von Kasper Relevanz, würde ich sagen. Mit denen hab ich mich allerdings bislang nicht beschäftigt.
 
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Ken Templin gibts noch. ^^

Mit Singing Success hab ich gearbeitet, da kann ich mal ne nutshell zu schreiben. VSS hab ich von den Videos mal Reverse-Engineered, weiß aber nicht inwiefern das nützlich ist.
 
@ Kenshi und broeschies: Dürfte ich Eure Erklärungen hier aus dem Thread ebenfalls dafür verwenden? :)
Natürlich, gute Idee. Ja, Ken Tamplin gibt es noch. Da sind die Meinungen recht geteilt, meine Erfahrungen sind allerdings vor allem aus zweiter Hand. TVS benutze ich halt selber.
 
Guten Morgen,

Mich würde auch "Vocalpower" (Mischa Züwerink) "in a nutshell" interessieren. Komme eben von einem seiner Workshops zurück und bin noch zu unsortiert um das für mich zusammenzufassen. So weit ich ihn verstanden habe, basiert sein Konzept auf dem des SLS, wobei er aber sagt, dass er die Lehrmethode nicht zu 100% anwendet, genauer geht er nicht auf die Unterschiede ein. Vielleicht hat einer von euch Erfahrung mit seiner Arbeit, ich würde sie dann sehr gerne lesen.

Viele Grüsse, Annette
 
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Es gibt sogar eine Powervoice-Übung, die zu meinen persönlichen Lieblingsübungen gehört; wunderbar für die Atemkondition. Mache ich immer wieder mal.
Von meinen Schülerinnen kriegt die bisher niemand komplett hin, was aber wieder nur beweisen würde, dass die Methode nix für Anfänger ist.

Welche denn, wenn ich fragen darf? ;)
 
"nutshell schreiben", " Reverse-Engineered".... Hääääh?

Systeme gibt es genau so viele wie es LehrerInnen gibt.
Irgendwann schreib ich dann mal ein Buch über die "Shana-Methode".
Und natürlich kommt dann auch meine eigene Bibel - Das wollte ich schon immer ;-)
 
Ach Gott ja, ich erinnere mich. Irgendwann geht einem die Puste aus!! :D
 
Klar darfst du :)
Nennt sich Caruso-Übung, Track 24 bzw. 49 auf der Begleit-CD.

Nachdem ich meine Powervoice CD wieder rausgekramt habe... die Übung ist echt krass. Ich schaffe die Übung gerade so, aber da muss ich sehr viel mehr Luft holen, als ich normalerweise zum Singen benötige. Das wird geübt!

Übrigens, wenn man nach Caruso-Übung googelt, kommt man zu einer Atemübung für Trompeter...
 
Nachdem ich meine Powervoice CD wieder rausgekramt habe... die Übung ist echt krass. Ich schaffe die Übung gerade so, aber da muss ich sehr viel mehr Luft holen, als ich normalerweise zum Singen benötige. Das wird geübt!

Übrigens, wenn man nach Caruso-Übung googelt, kommt man zu einer Atemübung für Trompeter...

Beschreibt doch mal bitte die Übung, das interessiert mich jetzt ;)
 

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