Was ist ohne Verfall

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Vincent Stone
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Hallo! Ich möchte noch einen Text zur Diskussion stellen, diesmal einen unfertigen. Einige Rhythmen stimmen noch nicht, aber das GerĂŒst steht.
Meine Frage an Euch, die ich in diesem Zusammenhang stellen möchte, ist: Haltet Ihr diesen Text fĂŒr vertonbar? Wenn ja, mit was fĂŒr einer Musik?

Was ist ohne Verfall

1. Wir lieben uns, das ist ja klar
Doch schon bald sind wir beide nicht mehr da
Was bleibt sind unsere Kinder, ein paar TrÀnen
die werden dann auch bald vergehen

Und der Baum bei dem wir saßen
und der Tisch an dem wir aßen
das Dach das uns vor Regen schĂŒtzte
das ist schon so bald Geschichte

und auch die Geschichte vergeht
nichts bleibt bestehen
und zuletzt gar die Sterne im All
auch ihr Schicksal ist der Verfall

Refrain: Nur die Liebe ist ewig, sie ist ohne Verfall
denn sie wandelt sich stetig und ist ĂŒberall

2. und steh ich am Ozean, sehe die Wellen schlagen
mich erinnernd an Schicksale lÀngst vergangener Tage
und seh ich die Wolken trÀge treibend dahin
und die Vögel die zwitschern mit verborgenem Sinn
und sogar die Sonne die so stetig uns brennt
das alles ist vergÀngliches Element

Refr.

3. Was ist ohne Verfall, fragst Du,
gehört Deine Liebe dazu?
nein, meine Liebe ist mein
und alles was mein fÀllt dem Verfall anheim
ich hab keine Liebe denn die Liebe hat mich
und sind wir ihr Teil dann sind auch wir ewig

Refr. Denn die Liebe...
 
Eigenschaft
 
Hallo Vincent Stone,

warum sollte der Text nicht vertonbar sein? Jeder Text ist vertonbar. Mit welcher Musik, ist wohl Geschmacksache.

Ich finde den Text von der Grundidee her okay. Die zweite Strophe ist dir recht gut gelungen. Die anderen Zeilen wirken dagegen "um den Reim" konstruiert. Es ist immer ungĂŒnstig, wenn ein Text so klingt, als sei der primĂ€re Zweck einer Zeile der Reim am Ende der nĂ€chsten Zeile. Und dann sind einige Reime auch unrein.

Beispiel:

und zuletzt gar die Sterne im All
auch ihr Schicksal ist der Verfall

[...]

und steh ich am Ozean, sehe die Wellen schlagen
mich erinnernd an Schicksale lÀngst vergangener Tage
und seh ich die Wolken trÀge treibend dahin
und die Vögel die zwitschern mit verborgenem Sinn
und sogar die Sonne die so stetig uns brennt
das alles ist vergÀngliches Element

Nun ja - mit einer Haltbarkeit irgendwo zwischen 11 Milliarden bis 3,5 Billionen Jahre stehen die Sterne und die Sonne ganz gut da in Sachen BestĂ€ndigkeit. Aber Schwamm drĂŒber, die Aussage stimmt ja theoretisch.

Die Lehre von den Elementen hast du dir allerdings ziemlich frei zu deinen GUnsten ausgelegt.

  • Ozean, Vögel, Wolken und Sonne sind kein Element, sondern bestehen höchstens aus mehreren (chemischen) Elementen wie Wasserstoff, Sauerstoff etc..
  • Nach der antiken Naturphilosophie heißen die Elemente Feuer, Wasser, Erde, Luft - nicht Ozean, Wolken, Vögel, Sonne. Mit sehr viel Toleranz könnte man Sonne, Ozean und Wolken zwar irgendwie mit den Elementen in Verbindung bringen. Aber die Vögel haben da nichts zu suchen.
  • Mehrere grundverschiedene Sachen einer AufzĂ€hlung (plural) können nicht "ein Element" (Singular) sein.

Du hast dir hier also grammatikalisch, philosophisch und/oder naturwissenschaftlich einiges durcheinander gewĂŒrfelt, nur um ein paar Reime zu fabrizieren. So sollte man es nicht machen.

Ungewöhnlich ist auch, dass Strophe 1 aus drei Vierzeilern besteht, die Strophen 2 und 3 aber jeweils nur noch aus einem Sechszeiler. Klar muss kein Song zwingend ein rigides, sich wiederholendes Versmaß haben. Eine kĂŒnstlerische Notwendigkeit sehe ich hier aber nicht.

Bei der dritten Strophe habe ich den Eindruck, dass du dich komplett verzettelst:

3. Was ist ohne Verfall, fragst Du,
gehört Deine Liebe dazu?
nein, meine Liebe ist mein
und alles was mein fÀllt dem Verfall anheim
ich hab keine Liebe denn die Liebe hat mich
und sind wir ihr Teil dann sind auch wir ewig

Es wirkt, sorry schonmal, als hĂ€ttest du noch ein paar Buchstaben in der Scrabble-TĂŒte gehabt, die du unbedingt noch unterbringen musstest. Ohne dabei darauf zu achten, was du eigentlich sagen willst. Erst sagst du recht resolut "Meine Liebe ist mein", dann verfĂ€llt sie, und eine Zeile spĂ€ter hast du plötzlich sowieso schon mal gar keine Liebe und am Ende ist dann doch ewig. Auch der Satzbau ist mehr als stokelig ("und alles was mein fĂ€llt dem Verfall anheim": fĂ€llt/Verfall = Doppelmoppel)

Fazit: Aus der Idee könntest du wesentlich mehr machen. Leider hat dich das Reimdiktat nach einem zumindest noch ganz passablen Anfang vom Weg abgebracht und am Ende in die komplette Sinnfreiheit gefahren. Bitte noch einmal.
 
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Hallo Vincent,

nochmal: Du schreibst echt schön, finde ich.
Ich schreibe manchmal Ă€hnlich, und suche Wege wie ich das vertont krieg. Ich glaube da ist es wichtig sich von der Norm zu befreien und dem eigenen GespĂŒr nachzugehen.

Beim letzten Wort fiel mir spontan "ewiglich" ein, dann tÀt es sich gleich reimen...?

Gruß, -sts-
 
Dein Text gefÀllt mir gut. Eigentlich sehr gut. Aber etwas stört mich.

Und das drĂŒck sich am besten mit dem Wort "Verfall" aus. Es gibt viele BILDER fĂŒr Verfall. Und originĂ€re Bilder sind immer ein Beweis, das die Gedanken nicht intellektuell, sondern emotional geprĂ€gt sind.

Aber bei Dir hat das abstrakte Wort "Verfall" es sogar in den Titel geschafft. Ich frage mich - ehrlich gesagt -. ob du an dieser Stelle keine emotionale Spannkraft mehr hattest. Oder hat Dich das Bildhafte allmĂ€hlich so bedrĂŒckte, dass Du mit der Abstraktion emotional Abstand gesucht hast?

Ich meine, an den Stellen, wo du abstrakte Worte benutzt ("Verfall" oder "vergĂ€ngliches Element"), wird es fĂŒr mich unmusikalisch. Mit etwas Erfahrung fĂŒhlt man etwas Seltsames: abstrakte Zeilen klingen gesungen echt anders als bildhafte Zeilen. Das muss nicht ihr Todesurteil sein. Aber falls man sich starke EmotionalitĂ€t an dieser Stelle wĂŒnscht, bleibt man mit bildlosen Gedanken unter den eigenen Erwartungen.

Willst Du mit solchen nĂŒchternen Worten das Publikum vor allzu großem Schmerz bewahren?

Allerdings gibt es einige SĂ€nger und noch viel mehr Schauspieler, die machen aus nĂŒchternen Fragen, also aus der Not eine Tugend....Aber die meisten SĂ€nger klingen mMn bei abstrakten Gedanken eher etwas...Ă€hm... rat- und saftlos.

Lg

@antipasti
Du hast dir hier also grammatikalisch, philosophisch und/oder naturwissenschaftlich einiges durcheinander gewĂŒrfelt, nur um ein paar Reime zu fabrizieren. So sollte man es nicht machen.

Warum nicht? - Ein kĂŒnstlerisches Werk ist kein wissenschaftliches. Und wissenschaftliche Werke sind nicht in Stein gemeiselt. Allein letzterer Gedanke reizt mich manchmal, scheinbaren Unsinn zu schreiben. Allen "wissenden" BĂŒrgern zum Trotz! Mit der siegesgewissen Ahnung, auch ĂŒber Ungereimtes Gleichgesinnte anzusprechen.
 
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@antipasti


Warum nicht? - Ein kĂŒnstlerisches Werk ist kein wissenschaftliches. Und wissenschaftliche Werke sind nicht in Stein gemeiselt. Allein letzterer Gedanke reizt mich manchmal, scheinbaren Unsinn zu schreiben. Allen "wissenden" BĂŒrgern zum Trotz! Mit der siegesgewissen Ahnung, auch ĂŒber Ungereimtes Gleichgesinnte anzusprechen.

Das ist auch okay. Auch ich schreibe gern Unsinn. Ich verlasse mich beim Lesen auf meine Intuition, die mich natĂŒrlich tĂ€uschen kann. Das Abstrakte, Irrwitzige oder Unsinnige kommt bei mir in diesem Fall nicht in letzter Konsequenz an.

Aber natĂŒrlich: das ist mein subjetives Empfinden und ich kann mich da durchaus auf dem Holzweg befinden.
 
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Hallo Jongleur! Vielen Dank fĂŒr Deine konstruktive Kritik.
Das Wort "Verfall" ist der Beginn des Gedichtes. Es ist eine Antwort auf "Wir sind Helden" wo es in einem Lied heißt: "alles, was ohne Verfall ist." Und an diesem Satz bin ich - aus philosophischen Interesse - hĂ€ngengeblieben, und hab mir gedacht, ja, aber was ist denn ohne Verfall. Und so kommt dieses Gedicht zustande, daß mir so noch nicht gefĂ€llt, weil so viele Rhythmen holpern. Eigentlich nehm ich auch nicht gerne fremdes zum Anlaß, das wird meist nichts... aber hier dachte ich mir, vielleicht lĂ€ĂŸt sich daran ja was arbeiten - es muß ja noch dran gearbeitet werden.
Also stelle ich hier diesen unfertigen Text hinein, als Kontrast zu einem Anderen, der schon fertig war, und da nĂŒtzt mir die Kritik nicht mehr wirklich was, weil wenns fertig ist, vertont und aufgenommen, dann uß ich auch nichts mehr Ă€ndern...

Es ist also ein abstraktes Thema, dem man Bilder "leihen"muß, um es anschaulich zu machen. Es ist ein weiter Weg, und auch, wenn ich immer wieder auf den Text raufgucke, noch weiß ich nicht, wo ich anfangen kann, zu Ă€ndern. Eigentlich ist schon der erste Satz unstimmig, der zweite unrhythmisch, und ob mit einem anderen Einstieg der Rest haltbar bleibt, weiß ich noch nicht. Eigentlich wollte ich dem Vorschlag von Antipasti folgen, und eine ĂŒberholte Version spĂ€ter einstellen, das kann aber dauern...
Bis dahin vielen Dank fĂŒr Euer Interesse.

Ach ja, zum Thema reiner Reim, unreiner Reim. "ewig" auf "lich" ist natĂŒrlich ein unreimer Reim, und so könnte man ewiglich schreiben. Ich fĂŒr meinen Teil verzichte in meinen Texten darauf, reine Reime zu machen, sie engen mich zu sehr ein. Solange die Worte der der Sprache innewohnenden Melodie folgen, genĂŒgt mir die Vokalharmonie. Mein text ist leider kein gutes Beispiel, wegen der Unstimmigkeiten. Seht ihr das grundsĂ€tzlich anders?
 
Naja, mich stört das alles nicht wirklich-unrythmisches Sprachgeschehen, reine/unreine Reime.
Ich finde, glaube ich, das Thema gut, die Frage was bleibt, weil es uns alle unweigerlich einholen wird.
Vielleicht kommt der Anfang wirklich etwas salopp daher.
Ich finde es immer am Wichtigsten, daß der Inhalt transportiert wird.
 
Hi Vincent,

Manche Zeilen Anderer berĂŒhren mich ganz eindeutig, weil ich mich wohl nicht traue, sie zu schreiben, obwohl ich sie sofort als wahr erfĂŒhle. Etwa wenn Randy Newman schreibt: es ist schön , wenn die Kinder zu Besuch kommen / und genau so schön, wenn sie wieder gehen.

Und dann wiederum berĂŒhren mich Zeilen eindeutig nicht, weil ihr Klang auf mich unnatĂŒrlich wirkt. "Du fragst: ist deine Liebe ohne Verfall?" wĂ€re so eine Zeile. Ich stell mir die Ă€ngstlich-erwartungsvolle Augen einer Frau vor... und dann diese Formulierung! -

Dann doch lieber ein: wirst du mich auch ewig lieben? Hinter dieser Frage stĂŒnde allerdings fĂŒr mich kein philosophischer Wissensdurst, sondern Unsicherheit oder gar Angst.

Soviel zur intellektuellen, sperrigen EinfĂŒhrung des Problems in Form einer angeblich Frage der Geliebten.

Wenn ich in mich lausche, finde ich glaubwĂŒrdigere AnlĂ€sse, nach der Ewigkeit der Liebe zu fragen. - Was ist mit einem " ich liebe Dich" auf den Lippen eines Sterbenden. Was ist mit den Skeletten zweier Liebenden, die beim Liebesakt von einer Giftgaswolke ĂŒberwĂ€ltigt wurden?

Gut, dich veranlasste "Wir sind Helden", einmal ernsthaft ĂŒber deren schnoddrige Zeile "alles, was ohne Verfall ist" nach zu denken. Und du findest als einzigen Beleg fĂŒr deren Richtigkeit ...die Liebe.

Als Beweis fĂŒr Deine These prĂ€sentierst Du 2 PhĂ€nomene:

 sie ist immer im Wandel

 sie ist ĂŒberall

"Wandel" ist fĂŒr mich allerdings Kommen und Gehen, Wachsen und eben auch Verfall. Aus Liebe wird Hass, aus Hass GleichgĂŒltigkeit. Auf GleichgĂŒltigkeit folgt Vergessen - ein guter NĂ€hrboden fĂŒr neue Liebe.

Und wenn du das Universum fĂŒr endlich hĂ€ltst, wer soll sich dann wo noch lieben?

Ich glaube, da hat sich Dein Kopf in eine Zeile verbissen, die wohl eher locker und fluffig klingen sollte, als wahr. FĂŒr mich hast du eine schwach sinnigen Zeile schwach sinnig begrĂŒndet. (Immer wenn ich auf derartig dĂŒnnem Eis weiter texte, fĂŒhle ich eine hölzerne Leblosigkeit, die erst weicht, wenn ich nach einer neuen PrĂ€misse suche...falls ich ĂŒberhaupt noch Lust dazu habe).

-----

Aber ganz so einfach ist es dann doch wieder nicht. Keiner will sterben. Alle wollen wir ewig liebenswert sein. Der grĂ¶ĂŸte Teil deines Textes sagt, dass das unmöglich ist. Zwischen DIESEN Zeilen begegnen wir uns, ahne ich Deinen und meinen Schmerz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Philosophie dahinter ist nicht weiter fraglich. Sie Ă€ußert sich auch im folgenden (beinahe) Haiku:

Von allen Dingen das Blatt im Wind
allein hat wahre BestÀndigkeit
denn es weht hierhin und dorthin

Diese Gedanken gehen auf Laotse zurĂŒck und stehen in der Tradition des Taoismus.
Es sind keine schwachsinnigen Gedanken. Die Liebe ist ewig, das Universum nicht. Das geht zwar nicht mit kurzgedachter Logik zusammen, hat aber Wahrheit.
Etwas ganz anderes ist die Frage, ob der Text kĂŒnstlerisch gelungen ist.
 
Hallo Vincent,

ich unterscheide zwischen schwachsinnig (umgangssprachlich blöd) und schwach sinnig (der Sinn ist fĂŒr mich schwach wahrnehmbar). FĂŒr mich leuchtet also wenig Sinn aus "alles, was ohne Verfall ist". Was ja durchaus am Betrachter liegen kann. Aber mit "blöd" werte ich grundsĂ€tzlich keine fremden Gedanken ab. Das verbietet mir mein Respekt. Wollte dich auf gar keinen Fall beleidigen.

Wenn fĂŒr Dich die Liebe grĂ¶ĂŸer ist als das Universum, respektiere ich das ebenfalls. :)

Mich erinnert die zitierten BestĂ€ndigkeit (falls es Dich interessiert) an die Wahrhaftigkeit einer Handlung oder Existenz. Nicht an ihre UnvergĂ€nglichkeit. Aber das ist Ansichtssache. - Und wohin Deine Assoziationen Dich fĂŒhren, geht mich nichts an.

Was kĂŒnstlerisch gelungen ist, kann und mag ich nicht entscheiden. Ich schrieb die ganze Zeit nur darĂŒber, ob mich etwas berĂŒhrt. Und meine ErklĂ€rungsversuche, falls nicht.

Gruss
 
Ob Wahrhaftigkeit eine Form von UnvergÀnglichkeit ist, oder UnvergÀnglichkeit ein Bestandteil der Wahrhaftigkeit, oder Wahrhaftigkeit und UnvergÀnglichkeit nicht einander bedingen, das sei mal dahingestellt...:)
 

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