Was ist zu bedenken beim Ändern von Tonarten?

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Hallo an alle,

in unserer Band gelangen wir gelegentlich an den Punkt, an dem wir Tonarten ändern. Gründe dafür sind z. B.:
- Gesang des 'Originals' ist zu hoch/ tief für unsere Gesangsleute
- Übergang zwischen zwei Songs im Medley soll angeglichen werden
- ...

Ich spiele Keyboard und erstelle die Sheets, welche für die Gesamte Band die Grundlage bilden. Das Transponieren ist soweit auch klar.

Ich stelle mir die Frage nach den Parametern, die zu beachten sind:
- z. B. wenn die Einzeltöne der Akkorde so tief liegen, dass sie bei Gitarre und Bass zu einem unschönen Lagenwechsel führen
- Höhenlagen von Instrumenten wie Trompete und Saxophon
- ....

Was ist da noch zu berücksichtigen? Und wo kann man sowas übersichtlich zusammengefasst finden?
Lässt sich das nur durch X Ehrenrunden schmerzhaft lernen?

Grüße,
bimfood
 
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Ich stelle mir die Frage nach den Parametern, die zu beachten sind:
- z. B. wenn die Einzeltöne der Akkorde so tief liegen, dass sie bei Gitarre und Bass zu einem unschönen Lagenwechsel führen
Bei Gitarren kann insbesondere Tieferlegen dazu führen, dass man komplett andere Akkordgriffe verwenden muss. Es ändern sich alle Voicings und der Gesamtsound, besonders bei Akkordgriffen mit Leersaiten. Mein Paradebeispiel dafür ist Sweet Home Alabama: Ist im Original (G-Dur) vielen Sängern zu hoch, aber Runterschieben z.B. nach F zerstört das Riff vollständig. Es kann funktionieren, die Gitarre tiefer zu stimmen, aber das geht nicht beliebig weit, und vor allem nicht live. Man braucht dazu für jede Stimmung eine eigene Gitarre.
Höhertransponieren geht prinzipiell immer (Barré, Kapodaster), aber auch da ändert sich was am Sound (finde ich). Muss man wollen.
- Höhenlagen von Instrumenten wie Trompete und Saxophon
Nicht nur die Höhenlagen, auch die Tiefen sind bei Blasinstrumenten begrenzt. Die tiefsten Töne klingen häufig nicht wirklich gut (blööööök!) oder sind schwer zu kontrollieren.
Lässt sich das nur durch X Ehrenrunden schmerzhaft lernen?
Ich würde das mit der Band abklären, bevor ich mich an die Fleißarbeit mache. Wenn die Band in der Lage ist, einen Song mal eben schnell zwei, drei Halbtöne tiefer anzuspielen (muss ja nicht gleich perfekt sein), dann merkt man schnell, ob die einzelnen Parts klappen werden und wie das Gesamtergebnis etwa sein wird.

Manchmal wird man einfach akzeptieren müssen, dass diese Band dieses Lied nicht ordentlich spielen kann.
 
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Was ist da noch zu berücksichtigen? Und wo kann man sowas übersichtlich zusammengefasst finden?
Lässt sich das nur durch X Ehrenrunden schmerzhaft lernen?
Ideal wäre es natürlich, vor der Bandprobe mit den einzelnen Instrumentalisten Möglichkeiten, Grenzen und Alternativen beim Transponieren abzustimmen. Es muss ja noch spielfähig sein und, wenigstens mit dem Keyboard, zusammen klingen.

Instrumente für Akkordbegleitungen erlauben manchmal invertierte Akkorde, so dass es immer noch gut klingt und spielbar ist.

Die Frage ist bei jedem Stück: woran erkennt man es, selbst bei störendster Umgebung?

Intros:
  • an einem oder wenigen charakteristischen Akkorden ("It's been a hard days night", Beatles) ?
  • an einer charakteristischen Melodie ("I can't get no-o-o-o..", Rolling Stones) ?
  • an einem charakteristischen Instrument (Intro-Bass: "Another one bites to dust", Queen) ?
  • an einem charakteristischem Rhythmus ("We will rock you", Queen) ?
Refrain o.Ä.:
  • die Mitgröler, wie "Atemlos", "Alice, wtf is Alice?", "We are the champions" usw.
Diese Charakteristika sollten bestehen bleiben ... das hilft dem Wiedererkennungswert.


Für eigene Stücke ist man natürlich frei.
 
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Danke für die umfangreichen Antworten.

Ich hatte es schon befürchtet - um viel Abstimmerei kommt man nicht drumherum.

Erschwerend kommt in unserem Fall hinzu, dass die Bandmitglieder einen stark unterschiedlichen Erfahrungsgrad haben. Das macht es kommunikativ nicht einfacher.
 
Eine andere Idee noch: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man den Tonumfang seiner Stimme nach oben durchaus um einige Halbtöne erweitern kann. Ich weiß nicht, wie ausgebildet eure Sänger sind, aber falls die bisher mehr oder weniger drauflos gesungen haben und noch nie Unterricht hatten, würden ein paar Gesangsstunden vielleicht den einen oder anderen Song in Originallage ermöglichen.
 
Ich hatte es schon befürchtet - um viel Abstimmerei kommt man nicht drumherum.
Schon, aber man kann ja mit dem Minimum anfangen. Z.B.:
  • Skalenumfänge vom niedrigsten bis zum höchsten Ton
  • ebenso, aber mit Fokus auf den typischen Bereich (also ohne Ausreißer)
Erschwerend kommt in unserem Fall hinzu, dass die Bandmitglieder einen stark unterschiedlichen Erfahrungsgrad haben. Das macht es kommunikativ nicht einfacher.
Vielleicht hilft es hier, entsprechende Vereinfachungen vorzunehmen? Es ist ja oft so, dass es viele Varianten gibt, die dem Original zum Verwechseln ähnlich sind, komplizierte ebenso wie einfache :cool:
 
wie ausgebildet eure Sänger sind
naja.... das ist ne Kirmeskapelle :biggrinB::eek2: ... von ausgebildet kann da nicht die Rede sein. Eher von Freude am Kirmesfeiern und da sind die meisten ganz vorne dabei. :D Ein bisschen Elbstironie ist bei dieser Formulierung also eingeflossen. So schlimm isses auch nicht.
Vielleicht hilft es hier, entsprechende Vereinfachungen vorzunehmen
das machen wir so
 
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vielleicht sollte man auch noch berücksichtigen, daß Tonarten Stimmungen transportieren, die alten Komponisten hatten das noch drauf, da gab es Tonarten, die hat man für ein Requiem benutzt, nie für einen fröhlichen Tanz und umgekehrt.

Fällt zwar bei heutiger Popmusik nicht mehr so auf, aber die Tendenz bleibt.
 
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Bei Gitarren ... ... ... ändern sich alle Voicings und der Gesamtsound, besonders bei Akkordgriffen mit Leersaiten.
Ich würde das Transponieren deswegen zusammen mit dem Gitarristen machen.
Manche Songs gehen in einer oder zwei anderen Tonarten auch ganz gut, aber eben nicht in jeder...
Außerdem kann man aus Gitarristensicht ganz gut bis zu fünf Halbtöne hochgehen (und je nachdem auch vielleicht tiefer singen) wenn man einen Kapodaster benutzt. Ok, sieht nicht besonders virtuos aus, aber wenn "Sweet Home" nunmal zu hoch ist...
Und falls die Gitarristin Strat spielt - runterstimmen auf Es klingt sowieso besser, D geht auch ;) Wenn ihr immer tiefer stimmt empfielt es sich, dickere Saiten aufzuziehen (010 statt 009, 011 statt 010, usw...) :hat:
 
Je nach Besetzung lohnt auch ein Blick in die Low-Intervall-Limits:

1624413004587.png

Tiefer als in der Tabelle angegeben sollten die jeweiligen Intervalle auch nach dem Transponieren nicht auftreten, sonst klingt es grummelig.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Je nach Besetzung lohnt auch ein Blick in die Low-Intervall-Limits:
Tiefer als in der Tabelle angegeben sollten die jeweiligen Intervalle auch nach dem Transponieren nicht auftreten, sonst klingt es grummelig.
Danke für diesen Hinweis.
Dem werde ich nachgehen. Ist für mich ein neuer Gedankenanstoß. Ich tue mich schwer das auf anhieb zu verstehen.

Auf was beziehen sich die Intervalle? Wie funktioniert das in der praktischen Anwendung?
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ich würde das Transponieren deswegen zusammen mit dem Gitarristen machen.
So handhabe ich das zur Zeit.
Heißt dann wohl, wenn ich es abkürzen will, selbst Gitarre spielen zu lernen :D
Beitrag automatisch zusammengefügt:

vielleicht sollte man auch noch berücksichtigen, daß Tonarten Stimmungen transportieren, die alten Komponisten hatten das noch drauf, da gab es Tonarten, die hat man für ein Requiem benutzt, nie für einen fröhlichen Tanz und umgekehrt.
Wo findet solche Angaben? Gibt es dazu Tabellen oder eine zusammenfassende Publikation?
Das erinnert mich gerade an Goethes Farbenlehre.... :)
 
Auf was beziehen sich die Intervalle? Wie funktioniert das in der praktischen Anwendung?

Wenn Du z.B. einen Fmaj7 in der 3. Umkehrung spielst (also so, daß die maj7 unten liegt), dann ist das Intervall der kleinen Sekunde gerade noch in den Low Intervall Limits drin. Wenn Du den Akkord um eine große Terz nach unten transponierst (nach Dbmaj7), liegst die kleine Sekunde schon unterhalb der Limits. Das wäre zu tief und beginnt zu grummeln. Die Lösung wäre, den Akkord in der Grundstellung zu spielen, dann liegt man wieder innerhalb der Limits.
1624618766494.png


Das ganze ist natürlich cum grano salis zu verstehen. Der klassische G-Dur Lagerfeuer-Gitarrenakkord 320033 unterschreitet die Limits z.B. auch, und man spielt ihn trotzdem. 3554333 klingt aber weniger grummelig. Das hängt manchmal auch vom Instrument ab, das man spielt. Ein Bösendorfer Imperial klingt im tiefen Bereich vielleicht noch etwas durchsichtiger als ein Kleinklavier. Besonders aufpassen muß man bei Bläsersätzen. Hinhören ist gefragt.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Danke McCoy,

hinhören ist die Variante, die ich aktuell beim setzen der Akkorde parktiziere.
Gut eine Leitplanke bzw. nen Indikator für die Grenzen zu kennen.
 
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Der klassische G-Dur Lagerfeuer-Gitarrenakkord 320033 unterschreitet die Limits z.B. auch, und man spielt ihn trotzdem
Das ist richtig.
Deswegen spielt jeder mit ein bisschen Gespür, bewußt oder unbewußt, genau aus diesem Grund bei diesem Akkord die 4 hohen Saiten stärker als die 2 tiefen.

LG
Thomas
 
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Deswegen spielt jeder mit ein bisschen Gespür, bewußt oder unbewußt, genau aus diesem Grund bei diesem Akkord die 4 hohen Saiten stärker als die 2 tiefen.
Und der Anfänger, der von den Powerchords her kommt, haut immer kräftig auf die 3 tiefen Saiten ... :ugly:

Viele Grüße,
McCoy
 
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Gibt es dazu Tabellen oder eine zusammenfassende Publikation?

Ja, z.B. im Artikel "Tonartencharakteristik" im Lexikon der Harmonielehre von Amon. Einen guten Überblick mit vielen historischen Quellenzitaten bietet die Seite KölnKlavier: Sammlung historischer Quellen: Tonartencharakteristik.
Dass Tonarten auf bestimmten Instrumenten eine bestimmte Charakteristik haben, ist zwar unbestritten - das hat aber mit rein physikalischen Bedingungen zu tun, die sich z.B. sowohl dem allgemeinen Tonumfang, als auch dem speziellen Resonanz- und Schwingungsverhalten in unterschiedlichen Registern, und der damit verbundenen Tonerzeugung/Spieltechnik ergeben.

Das Thema ist allerdings für dich von geringem praktischen Wert, weil sich die Aussage "... da gab es Tonarten, die hat man für ein Requiem benutzt, nie für einen fröhlichen Tanz und umgekehrt." auf den rein spekulativen bzw. esoterischen Aspekt des Themas bezieht, nämlich die Tonartensymbolik. Die hat nichts mit akustisch relevanten Erscheinungen zu tun, sondern ist pure Metaphysik und letztlich eine reine Glaubensfrage.
Denn wie z.B. Amon (Lexikon Harmonielehre, S. 294ff) feststellt, läßt sich für jedes Beispiel ein Gegenbeispiel finden, so dass es im historischen Rückblick immer nur um die Frage gehen kann, ob sich am Werk eines bestimmten Komponisten nachweisen läßt, dass er möglicherweise an eine bestimmte Art der Tonarten- oder Tonsymbolik geglaubt hat - oder eben auch nicht.

Und der Anfänger, der von den Powerchords her kommt, haut immer kräftig auf die 3 tiefen Saiten ... [...] 3554333 klingt aber weniger grummelig.

Was meist unproblematisch ist, weil der normale PC-Klopper in der Regel Verzerrungen im Klang nicht nur toleriert, sondern sogar bevorzugt - und beim 3-2-0-0-0-3-Akkord kommt es durch die tiefe Terz im Gehör zu Verzerrungen, sogar ganz ohne Verstärkertechnik! Dass der Oktavlagengriff (3-5-5-4-3-3) "weniger grummelig" klingt, ergibt sich aus der unproblematischen Quinte (6/3-5/5) als tiefstem Intervall. Und auch die Quarte (5/5-4/5) ist bereits oberhalb der kritischen Zone.
Die "Low Intervall Limits" entsprechen ja ungefähr den neurophysiologischen Bereichen der sogenannten "kritischen Bänder", d.h. den Lagen, in denen auch "rein rechnerisch" konsonante Intervalle im Gehör dissonante Verzerrungen erzeugen.
 
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Denn wie z.B. Amon (Lexikon Harmonielehre, S. 294ff) feststellt, läßt sich für jedes Beispiel ein Gegenbeispiel finden, so dass es im historischen Rückblick immer nur um die Frage gehen kann, ob sich am Werk eines bestimmten Komponisten nachweisen läßt, dass er möglicherweise an eine bestimmte Art der Tonarten- oder Tonsymbolik geglaubt hat - oder eben auch nicht.
Das Transponieren ist aber eine faszinierende Sache. Wenn man einmal die Tonart weglässt und ein Stück nur in Intervallen betrachtet, dann ergibt sich ja theoretisch von jedem beliebigen Anfangston aus genau das selbe. Aber trotz der gleiche Abstände der Töne zueinander ist die Wirkung doch manchmal seltsam. Natürlich wird auch ein gewisser Teil persönliches Empfinden sein, nicht jeder mag jeden Ton, aber ein gewisser Anteil wird wohl auch sein das Halbtöne eben doch nicht immer genau gleiche Halbtöne sind. Und dann ist das Ergebnis im Zweifel ein anderes. Auch wenn es nur Minimal ist, ist es erstaunlich wie genau wir so etwas hören können.

"... da gab es Tonarten, die hat man für ein Requiem benutzt, nie für einen fröhlichen Tanz und umgekehrt." auf den rein spekulativen bzw. esoterischen Aspekt des Themas bezieht, nämlich die Tonartensymbolik. Die hat nichts mit akustisch relevanten Erscheinungen zu tun, sondern ist pure Metaphysik und letztlich eine reine Glaubensfrage.
Aber so Esoterisch ist es eigentlich finde ich nicht. Wir sind es gewohnt das ein feierlicher Einzug in Dur gespielt wird, in Moll wäre es ja grundsätzlich nicht falsch. Da es aber unserer gesamten Hörgewohnheiten und Erfahrungen widerspricht, da werden wir es als befremdlich wahrnehmen.
 
Der klassische G-Dur Lagerfeuer-Gitarrenakkord 320033 unterschreitet die Limits z.B. auch
Den habe ich jahrelang aus Faulheit 3x0003 (Finger auf E-Saite dämpft die A-Saite) gespielt - jetzt kann ich behaupten es wegen des Low Intervall Limits der Terz zu machen :D
 
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