Welcher Jammerhaken taugt was und wozu?

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Ich habe zwar Jahrzehnte als Basser neben Gitarristen auf der Bühne gestanden, mit Westerngitarren Straßenmusik gemacht und inzwischen selbst einige E-Gitarren besessen, aber ein Mysterium noch nicht ergründet, weil niemand in meinem Bekanntenkreis (außer UJR, aber den traue ich mich nicht zu fragen) das hatte: den Jammerhaken...
Vom Floyd Rose weiß ich, dass das Ding zwar stimmstabil ist, aber wehe, es reißt eine Saite.
Der Hebel der Stratocaster dient Hörensagen zufolge dazu, einmal gewaltig aufzuheulen und dann die Gitte ordentlich zu verstimmen.
Das Bigsby soll eher so eine prinzipiell hässliche Fehlkonstruktion sein...

Im Ernst, gibt es dem noch etwas hinzuzufügen? Wenn ja, bitte!
Gibt es einfache Tricks für den jeweiligen Hebel?
Was ist livetauglich, fürs Homestudio, kann man so einen Haken überhaupt gebrauchen?

Wäre schön, die Stimmen erfahrener "Jammerer" zu hören!
 
Eigenschaft
 
Ein modernes und gut eingestelltes Tremolo einer Strat bleibt genauso stimmstabil. Einzig heftige dive bombs sind eher was für ein FR.
Was Du wohl meinst, sind die …*sagen wir mal …*"historisch korrekten" Jammerhaken, die meistens sowieso festgesetzt werden. Ja, die verstimmen sich wohl schnell ;) :D.

Ich habe Gitarren mit beiden. Für Melodien a la Jeff Beck benutze ich lieber meine Strat. Keine Ahnung warum. Das Tremolo reagiert da einfach anders. Ist aber Geschmacksache.

Bigsby habe ich noch nie gespielt. Hat mich auch nie interessiert, weil es mir schon rein optisch nicht gefällt. Was ich noch gerne ausprobieren würde, wäre das "Zero Irgendwas" von Ibanez. Sollte mir eine bezahlbare gebrauchte und damit ausgerüstete Gitarre über den Weg laufen, werde ich irgendwann zuschlagen :).
 
Also die ZR Tremolos von Ibanez halten die Stimmung auch, wenn eine Saite reißt. Dafür muss das Tremolo aber gut eingestellt sein ;)
 
Das Problem bei Strats ist - aus meiner Sicht - nicht die Konstruktion des Jammerhaken sondern Reibung der Saiten. Stringtree, die Kerben im Sattel (? Nut) usw. Hier kann man jedoch sehr gut mit "Gleitmitteln" Abhilfe schaffen bzw. Staggered Tuners einbauen, die den Winkel erhöhen und einen Stringtree überflüssig machen.

Meine Jeff Beck mit Roller Nut und Staggered Tuners bleibt fast von alleine in Tune, meine Custom Shop 60s Relict braucht da schon etwas mehr "Pflege", die ich ihr bei jedem Saitenwechsel angedeihen lasse. Die Kerben im Sattel reinigen, Stringtree und Tremolo Reiter mit "Gleitmittel" versorgen.

Schaue mal hier: http://www.fendercustomshop.com/index.php/custom-life/master-built-stories/ Story: Lubing the Saddles, Nut, and String Tree

Ich nehme dieses hier, hält ewig !!! https://www.thomann.de/de/ghs_graphit_all_guitar_lube.htm

Damit bleibt auch die Strativari in Tune ;) und man merkt die Maßnahme schon beim Stimmen ... kein hackeln, knacksen usw...

Gruß
Martin
 
na ja, die Aufhängung spielt auch eine Rolle. Da kann es nämlich auch klemmen. Aber das mit dem Sattel und den Mechaniken ist natürlich genauso wichtig. Das ist klar.
 
>> (außer UJR, aber den traue ich mich nicht zu fragen):

Ja warum denn, beisst der? Im Ernst, das ist doch keine Schande, und ich persönlich fühle mich auch eher geehrt, wenn mich einer um Rat fragt.

>> Vom Floyd Rose weiß ich, dass das Ding zwar stimmstabil ist, aber wehe, es reißt eine Saite.

Das kann man so nicht generell sagen. Auch ein FR kann man zB so einstellen, dass es nur entspannt werden kann, dann macht eine gerissene Saite den anderen gar nichts aus. Ich mach das mit einem kleinen Holz, das ich vor dem Tremoloblock in die Fräsung klebe, dann kann der Block sich da in Ruheposition abstützen. Eddie van Halen hat sein FR seit jeher auf dem Korpus aufliegend eingestellt, das hat die gleiche Wirkung. Funktioniert aber meist nicht, wenn das Tremolo hinten unterfräst ist, weil man es dann zu tief legen müsste. Daher auch meine Methode, da kann man die Höhenverstellschrauben beliebig einstellen. Weiterer Vorteil des aufliegenden Tremolos: das Stimmen geht viel schneller, weil sich die Saiten nicht jedesaml gegenseitig beeinflussen. Dafür gibts beim schwebenden Trem auch Tricks, aber das ist halt schon ein bisschen umständlicher, ebenso wie das Saitenwechseln. Ungeschlagen ist dafür die Stimmstabilität und der Umfang der Dive-Bombs bis zu Saitenschlabbern.

>> Der Hebel der Stratocaster dient Hörensagen zufolge dazu, einmal gewaltig aufzuheulen und dann die Gitte ordentlich zu verstimmen.

Kann ich nicht bestätigen, es ist allerdings eine ziemliche Frickelei und mit viel Rumprobieren verbunden, bis man den Bogen raus hat. Der Grundsound ist halt speziell und mMn nur mit einem solchen Tremolo zu erreichen. Es sagt schon alles, wenn ich mal aufzähle, was bei mir dazu gehörte, um die Verstimmungen zu beseitigen: Locking Mechaniken, Sattel aus ungebleichtem Rindsknochen oder Tusq, nur 1 Saitenniederhalter, und der recht hoch und mit Rollen, schräg eingestelltes Federblech, Rillenschrauben von Rockinger - puuuh... es gehört also schon ein bisschen Leidensfähigkeit dazu und das Bedürfnis, genau sowas zu haben. Wenn erst mal alles eingespielt ist, flutschts dann aber ganz gut.

>> Das Bigsby soll eher so eine prinzipiell hässliche Fehlkonstruktion sein...

Auch das halte ich für ein Gerücht. Ganz bestimmte Sachen gehen mit dem Bigsby halt besonders gut, und das sind die leichten Schwebungen von Akkorden, so ein gewisses Schimmern. Gerade wegen des insgesamt eher geringen Verstimmungsumfangs ist der vorhandene Hebelweg sehr sensibel zu nutzen. Weniger brutaler Effekt, dafür sehr musikalisch in der Anmutung. Eine Pest ist halt, dass Gitarren mit Bigsby meistens eine 3+3-Kopfplatte mit gewinkelter Saitenführung haben, das machts nicht einfacher, die ungewollten Verstimmungen zu bekämpfen. Hier gilt ähnliches wie bei der Strat: Sattel und Mechaniken müssen geeignet sein, dazu kommt noch die Bridge, die viele durch ein Modell mit Rollen ersetzen, um die Reibung zu verringern. Andere bemängeln, dass diese Rollen wieder Ton kosten - einen Tod muss man sterben. Ach ja: das Bigsby beeinflusst wohl auch durch seine bloße Anwesenheit etwas den Klang, wegen des vielen Metalls und des anderen Winkels der Saitenführung. Den direkten Vergleich hatte ich aber noch nicht getestet, vielleicht, wenn ich irgendwann mal ne Gretsch... Na und hässlich ist natürlich Geschmackssache, irgendwie siehts schon cool aus. Gerade weil soviel Material und Mechanik für das bisschen Ergebnis verbaut wurde, atmet es doch den Geist der 50ies, wie ein Cadillac mit nutzlosen Heckflossen und einem riesigem V8, aber nur 150 PS und einem Fahrwerk, mit dem man eigentlich nur geradeaus fahren kann.

>>Was ist livetauglich, fürs Homestudio, kann man so einen Haken überhaupt gebrauchen?

Klar doch! Das praktikabelste dürfte für den eher unerfahrenen Tremolojünger ein 2-Point Tremolo sein, wie es zB auf dem Fender American Standard Stratocaster eingebaut ist. Die Messerkanten beseitigen schon mal eine Ursache von Verstimmungen und machen auch die Einstellung einfacher; andererseits gibts kein Gezuchtel mit Inbus-Klemmschrauben usw. wie beim FR. In diese Richtung bzw. noch weiter entwickelt ist das bekannte Wilkinson Tremolo (VS-100), bei dem die Saitenreiter auf der Grundsplatte fixiert werden, aber die Saiten ganz normal wie bei der Strat durch den Block gezogen werden. Auch bei den 2-Point Tremolos bleibt ein sauber gefeilter und möglichst gleitfähiger Sattel essentiell, Locking Mechaniken machens mMn auch leichter. Oft sind die auch gestaggert, dh mit unterschiedlich langen Schäften versehen, dann braucht man oft gar keinen Saitenniederhalter mehr, was auch wieder einen Reibungspunkt eliminiert. Diese modernisierten Vintage-Trems sind jedenfalls ein für die meisten praktikabler Kompromiss aus Wirksamkeit, Bedienbarkeit und Klang.

So, ich hoffe, das war ein Überblick, damit Du Dich über die grobe Richtung orientieren kannst.

Gruß, bagotrix
 
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Ich nehme dieses hier, hält ewig !!!

20 Ocken!!
Haha, das Vintage - Ein Fass ohne Boden, da kannste immer weiter basteln und Geld ausgeben, Verstimmungen um 20 Cent sind immer drin.

Am Besten stellt man es schwebend ein und nach jedem Zug am Arm ist der Kram wieder bereit für schönes Solo mit Bending.
Mein aufliegendes Vintage ist bei Benutzung absoluter Horror. USA Stratocaster.

"Verstimmungsfrei" ist nur Floyd Rose oder ähnliches.
 
Nichts anderes habe ich gesagt... Es braucht mehr Aufmerksamkeit ... Von dem Zeug brauchst du vielleicht 50 ct pro Saitenwechsel und diese 50 ct sind in jedem Fall besser investiert als in ein 80 EUR Kabel (und das ist kein "flaming" gegen Voodoo - daher lasst bitte das Popcorn im Schrank .. ;) ) ....


Achtung Ironie: Wenn du was stimmstabiles haben willst, dann nehme ein Hardtail und ein einen Bodentreter :D ..

Gruß
Martin

---------- Post hinzugefügt um 10:40:55 ---------- Letzter Beitrag war um 10:34:39 ----------

na ja, die Aufhängung spielt auch eine Rolle.

Stimmt, den Teil habe ich unterschlagen .... aber hier gibt es eine ganz gute Anregung dazu ....

Martin
 
Stimmt, den Teil habe ich unterschlagen .... aber hier gibt es eine ganz gute Anregung dazu ....

Martin

Ja, ich denke so holt man das Beste aus dem Tremolo, aber er beweist in dem Video absolut nicht die Verstimmungsfreiheit. Was er meint, ist dass er harmonisch Akkorde vibrieren lassen kann. Nach einem Bending ist er garantiert auch nicht mehr in Stimmung, aber ein Zug am Tremoloarm hilft.

Ich möchte mal ein Video sehen, dass zeigt, wie jemand um 3 Halbtöne taucht, g-Saite zupft, dann ein Bending mit g-Saite und wieder g zupft....

---------- Post hinzugefügt um 11:21:09 ---------- Letzter Beitrag war um 11:05:06 ----------

Ich möchte mal ein Video sehen, dass zeigt, wie jemand um 3 Halbtöne taucht, g-Saite zupft, dann ein Bending mit g-Saite und wieder g zupft....

Hmm, jetzt hab ichs grad selber wieder probiert, hab auch die Fender-Saiten seit vorgestern drauf, und jetzt klappts wieder... ich werd noch verrückt... und halt mich lieber mal raus :rolleyes:
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank!
Auch wenn ich aus Mangel an Kenntnis längst nicht alles sofort nachvollziehen kann, so war das Ganze bisher doch sehr aufschlussreich. Sicher nicht nur für mich!
Danke auch für die Links.
Für mich ist es immer wieder faszinierend, was alles NOCH geht, wenn man an diverse Grenzen stößt. Und ein VibratoTremoloHebel war noch etwas für mich Unerschlossenes... Ich arbeite daran:)
 
ich habe Gitarren mit Floyd Rose, Wilkinson und eine Tele mit Bigsby. Korrekt eingestellt sind alle Systeme verstimmungsfrei, auch bei exzessiver Nutzung (und freischwebend).

Freischwebend heisst allerdings, dass die Stimmung (bei allen Systemen) weg ist, wenn eine Saite reisst. Aber was soll's..., dafür hat man live ein backup.

Der Trick bei Wilkinson und Bigsby ist einfach: Locking Tuner und Graphitsattel.

LG
RJJC
 
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gute Frage … hm

es sieht für mich allerdings nicht so aus, als hätte es irgendwas mit der Intonation zu tun. Der Winkel für die dicken Saiten ist wohl so, dass sie nicht "eintauchen". Die hohen Saiten machen das. Ob das jedoch irgendwelche gravierenden Vorteile hat … kann ich mir kaum vorstellen.
 

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